Buchdruckerwappen
Das Buchdruckerwappen (auch Wappen [der Zunft] der Buchdrucker [und Schriftsetzer] genannt; englisch coat of arms of book printers [and typesetters] guild) ist ein gemeines Zunftwappen, das etwa seit dem 16. und 17. Jahrhundert bei (deutschen) Buchdruckergesellschaften, Buchdruckern und Schriftsetzern in unterschiedlichen Varianten unter anderem zur Kennzeichnung ihres Handwerks gebräuchlich ist; heute gilt es in einem weiten Sinn manchmal als Berufswappen beziehungsweise als Sinnbild der Schwarzen Kunst oder des Druckwesens insgesamt.
Buchdruckerwappensage
Bis in das 20. Jahrhundert werden teilweise über die Herkunft und die Gestaltung eines „echten“ oder „allgemeinen“ Buchdruckerwappens Kontroversen geführt oder irreführende Legenden wiederholt. Noch 1984 kolportiert beispielsweise Gert Oswald im Lexikon der Heraldik die Falschinformation, das Kaiser Friedrich III. im 15. Jahrhundert ein solches Wappen einer vorgeblichen „Zunft der Buchdrucker“ verliehen haben soll,[1] dabei wird in der heraldischen Fachwelt spätestens nach einem Beitrag von Gustav Adelbert Seyler im Siebmacher von 1898 allgemein angenommen, dass diese Verleihung nie stattgefunden hat.[2] Der Heraldiker Berhard Peter faßt 2008-2012 die Informationen Seylers zur Buchdruckerwappensage wie folgt zusammen:
„Das Wappen soll den Buchdruckern und Schriftsetzern von Kaiser Friedrich III. ca. 1460-1470 verliehen worden sein, wobei die Helmzier des Vollwappens von Kaiser Ferdinand I. um 1650 hinzugefügt worden sein soll - eine hübsche Legende, aber weder wahr noch plausibel. Urkundlich ist es jedenfalls nicht nachweisbar. Kaiser Friedrich III. hat im Jahre 1466 aber dem Straßburger Buchdrucker Johannes Mentel oder Mentelin erlaubt, ein persönliches Wappen anzunehmen, das war aber ohne die Buchdrucker-Symbolik, sondern enthielt den Löwen des Schlettstädter Wappens unter Umkehrung der Farben, das Wappentier war aber weder Greif noch Adler, sondern der Löwe. Dessen Enkel, Johannes Schott, schuf die Legende der Verleihung an die Buchdrucker, gepaart mit der unwahren Behauptung, sein Opa habe die Buchdruckerkunst erfunden. Er ließ in alle seine Drucke das großväterliche Wappen mit einer entsprechend irreführenden Umschrift eindrucken, wodurch die Täuschung zum Selbstläufer wurde. 1640 festigte Timotheus Ritzsch in seiner Schrift zum 200. Jubiläum der Erfindung der Buchdruckerkunst die Legende von der kaiserlichen Verleihung, wobei er einen Greifen als Schildbild nennt, wahrer wird die Geschichte dadurch nicht. 1668 wird die Legende weitergesponnen von Sigmund von Birken in Nürnberg (..)[3]“
Darstellung
Die Buchdruckerprotagonisten führen zur Kenntlichmachung des Buchdruckerhandwerks, wie Seyler anhand mehrerer Beispiele zeigen kann, zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Signets, Siegel, Zeichen und Wappen, wobei letztere im Großen und Ganzen nach überlieferten heraldischen Grundsätzen gestaltet sind. Für die Gestaltung eines „allgemeinen“ Buchdruckerwappens gibt es vor dem 15. Jahrhundert keine zweifelsfreie, allgemeingültige, wohldefinierte und einheitliche Wappenbeschreibung. Nach Seyler lassen sich drei Zeiträume unterscheiden, die zu einem verheinheitlichten Buchdruckerwappen hinführen:
- „In dem ersten zeitlichen Abschnitte, der vom 15. bis Ende des 16. Jahrhunderts reicht, finden wir lediglich Signete der einzelnen Buchdruckerreien im Gebrauch, die nur zu einem, fast verschwindend kleinen Theile sich als Berufswappen charakterisieren (..)“[2][5]
- Nach Seyler redet man erst im Laufe des 17. Jahrhundert von dem „Wappen der Buchdrucker“, als sich ein „corporatives Bewußtstein“ bei den Buchdruckern regte und sich in den wichtigen Städten des Deutschen Reichs zunftartige „Gesellschaften“ oder „Societäten“ bilden. Er datiert das Ende dieses zweiten Zeitraums auf das Jahr 1720.[2]
- Den „Ausgangspunkt“ für den dritten Abschnitt eines „allgemeinen Buchdruckerwappens“ verlegt Seyler in das Jahr 1688, als Sigmund von Birken über Buchdrucker- und Schriftsetzerwappen berichtet. Aber erst ab dem 18. Jahrhundert beziehungsweise erst, nachdem der Heraldiker Caspar Bussingius (Bussing/Büsching) im Jahre 1713 in seiner Schrift „kurzgefasste Heroldskunst“ die Ausführungen Sigmund von Birkens dahingehend mißversteht, dass er aus zwei (sic!) Wappen für Drucker und Setzer eines (sic!) für Buchdrucker macht, gleichen sich die Beschreibungen eines allgemeinen Buchdruckerwappens in der Literatur und in den angeferigten Buchdruckerwappenaufrisse sukzessive mehr und mehr an.
Zur Darstellung von Wappen, die auf ein Buchdruckerhandwerk referenzieren, ziehen die Wappenführenden über die Jahrhunderte hauptsächlich folgende Wappenelemente im Wappenschild oder in der Helmzier heran (wobei die einzelnen Elemente im Laufe der Jahrhunderte nicht einheitlich miteinander kombiniert sind):
- Hauptfigur(en): Greif, Adler, Doppeladler, Löwe, Jüngling oder Druckerballen
- Nebenfigur(en): Winkelhaken, Tenakel, Papierbogen (Manuskript), Arm oder Druckerballen
- Nebenattribute: Heiligenschein, Helmkrone, Flug
Datum | nach ... | Wappenbeschreibung | Bild |
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1713 | Caspar Büsching (Büssingius, Büssing) | „Die Buchdrucker haben zum Wapen den zweyköpfigtens schwartzen Reichsadler in Gold, jedoch ohne Krone, welcher in der rechten Klaue einen Winckelhacken, in der linken aber zwey auf einander gesetzte Drucker-Ballen hält. Auf dem Schild stehet ein offener gekrönter Helm, und aus der Krone raget ein halber geflügelter Greiff mit ausgestreckter Zunge herfür, welcher in seinen beiden Forder-Klauen gleichfals ein paar über einander gesetzte Drucker-Ballen hält.“
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1733 | Johann Heinrich Gottfried Ernesti (in: Die Wol-eingerichtete Buchdruckerey)[7] |
„(..) in Gold ein einfacher schwarzer Adler, in der linken Pranke einen Winkelhaken haltend, die rechte ist leer. Gekrönter Spangenhelm: wachsender silberner Greif, zwei aufeinander gelegte Druckerballen haltend. Decken: roth-silbern (..)“[2] | |
1740 | Nürnberger Jubiläums Akten | „(..) ein gekrönter natürlicher fliegender Adler, über dessen Unterkörper ein Band mit der Inschrift Sub . Umbra . Alarnm . Tuarum, über einer Kartusche, die das volle Buchdruckerwappen enthält: im goldenen Schild ein schwarzer Doppeladler, in der Rechten einen Papierbogen (Manuscript), in der Linken den Winkelhaken haltend. Auf dem gekrönten Spangenhelm der wachsende Greif mit den Druckerballen (..) die Farben des Helmkleinods und der Helmdecken sind nicht angegeben; jedenfalls ist der Greif nicht schwarz (..)“[2] | |
1785 | Christian Gottlob Täubel (in: Orthotypographisches Handbuch [..] der Buchdruckerkunst)[8] |
„(..) Das Buchdrucker-Wapen mit einem doppelten Adler vorzustellen ist fehlerhaft, und mit den übrigen historischen Zeugnissen nicht übereinstimmend, ob er gleich in den von den Buchdruckern sogenannten Leipziger und anderen Formatbüchern fast durchgehends mit einem doppelten Adler abgedruckt vorkommt. Der gelehrte D. Lesser hat diesen Fehler in seiner Typogr. jubilans S. 242 schon bemerkt und sagt u. a. ausdrücklich davon: "In dem guldenen Felde eines teutschen Schildes zeigte sich der einfach Adler" etc.(..)“[8]
In dem beigegebenen Kupferstiche hält der Adler in der rechten Kralle das Tenakel mit der Inschrift "Retinaculum, in der linken den Winkelhaken (..)[2] |
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1844 | Alexander von Dachenhausen | Im goldenen Felde ein schwarzer Doppel-Adler mit Heiligenschein, mit rothem Schnabel, rother Zunge und rothen Beinen und Krallen, in der rechten Klaue ein Tenakel mit Manuscript, auf welchem der schwarze Buchstabe „G“ erscheint, in der linken einen Winkelhaken, beides in natürlicher Farbe haltend.
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2010 | Wikipedia | Heraldisch nicht stimmige, aber verbreitete Blasonierung: |
Das „sogenannte Buchdruckerwappen“ (Standort: Wien, Lugeck, Gutenberg-Denkmal)
Buchdruckerwappen versus Buchdruckermarken
Vom allgemeinen Buchdruckerwappen oder seinen direkten Vorläufern sind die Buchdruckermarken zu unterscheiden, die einzelnen Werkstätten, Offizinen und seit dem 16. Jahrhundert auch Verlagen zuzuordnen sind.[9] Sie gleichen gestalterisch manchmal einem Stadt- oder Territorialwappen mit einem Greifen oder einem Basilisken als Schildhalter.
Weblinks
- Zunft-Wappen - Druckergewerbe, Arbeitskreis "Österreichisches Familienregister", AustroArchiv.com – Übersicht über Wappen des Druckgewerbes: Buchbinder, Buchdrucker und Schriftsetzer, Lithographen und Steindrucker, Buchmaler und Graphikdesigner, Papiermacher, Photochemigraphen, Schriftgiesser
Literatur
- Martin Schmeitzel: Typographie Jubilans, das ist Kurzgefasste Historie der Buchdruckerey. Leipzig. 1740/1741
- Hugo Gerard Ströhl: Die Wappen der Buchgewerbe. Wien: Anton Schroll. 1891.
- Eberhard Dilba: Typographie-Lexikon. 2. Auflage. Books on Demand, Norderstedt 2008, ISBN 978-3-8334-2522-6 (PDF).
Einzelnachweise
- ↑ Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 79 (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch. I. Band 7. Abteilung. Gustav Adelbert Seyler: Berufswappen: Buchdrucker Nürnberg: Bauer & Raspe, 1898. Text: S. 23-34
- ↑ Fugger: Spiegel aller Ehren des Erzhauses Österreich von Rudolf von Habsburg bis Maximilians I. Tod etc. II. Bd. V. Buch
- ↑ Bernhard Peter: Besondere Motive: Druckerballen Internet: www.welt-der-wappen.de. Erstellt: 2008-2012. Abgerufen: 13. Januar 2019
- ↑ Karl Faulmann: Illustrirte Geschichte der Buchdruckerkunst. Mit besonderer Berücksichtigung ihrer technischen Entwicklung bis zur Gegenwart. Hartleben, Wien u. a. 1882, S. 330. – London hatte seit 1557 eine Gilde, Leipzig erst 1595 eine Buchdruckerzunft.
- ↑ Caspar Bussing (Bussingius/Büsching): Kurzgefasste Heroldskunst. 1713. S. 509. Zitiert nach: J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch. I. Band 7. Abteilung. Gustav Adelbert Seyler: Berufswappen. Nürnberg: Bauer & Raspe, 1898. Text: S. 26
- ↑ Johann Heinrich Gottfried Ernesti: Die Wol-eingerichtete Buchdruckerey: mit hundert und ein und zwanzig Teutsch- Lateinisch- Griechisch- und Hebräischen Schrifften, vieler fremden Sprachen Alphabeten, musicalischen Noten ... bestellet, und mit accurater Abbildung der Erfinder der löblichen Kunst, nebst einer summarischen Nachricht von den Buchdruckern in Nürnberg, ausgezieret; Am Ende sind (..) Anmerkungen von der Hebräischen Sprach angefüget. Nürnberg. Endter. 1733. (Digitalisat: Google)
- ↑ 8,0 8,1 Christian Gottlob Täubel: Orthotypographisches Handbuch; oder; Anleitung zur gründlichen Kenntniss (..): der Buchdruckerkunst (..) Nebst einem Anhange eines typographischen Wörterbuches. 1785. S. 353 f. (Digitalisat: Google)
- ↑ Wilhelm H. Lange: Buchdruckermarken. In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte. Band 2: Bauer – Buchmalerei. Beck, München 1947, Sp. 1357–1361 (auch in: RDK Labor, digital, abgerufen am 9. März 2016).
Digitale Bibliothek
Das Wappen der Buchdrucker von Alexander von Dachenhausen ist eine ausführliche Beschreibung zur Entstehungsgeschichte des Buchdruckerwappens. Der Artikel erschien im Jahre 1884 im Jahrbuch der k.k. heraldischen Gesellschaft Adler zu Wien.