Spätantike

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Einer der bekanntesten Bauten der Spätantike: die Hagia Sophia im heutigen Istanbul (Baubeginn 325, Neubau unter Justinian I.). Die Minarette wurden erst nach der Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 hinzugefügt.

Spätantike ist eine moderne Bezeichnung für das Zeitalter des Mittelmeerraums im Übergang von der Antike zum Mittelalter. Der Begriff hat sich seit Max Weber (1864–1920) in der Forschung durchgesetzt, der Kulturhistoriker Jacob Burckhardt hatte aber bereits 1853 die Wendung „spätantike Zeit“ gebraucht, die am Ende des 19. Jahrhunderts vom österreichischen Kunsthistoriker Alois Riegl übernommen wurde.[1]

Auch wenn die genaue zeitliche Abgrenzung der Spätantike in der Forschung umstritten ist, gilt als Beginn dieser Übergangsepoche meist der Regierungsantritt des römischen Kaisers Diokletian 284 n. Chr. Das Ende ist Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion. Als grober Rahmen kann gelten, dass die Spätantike im Westen des römischen Reiches mindestens bis zur Ablösung des letzten Kaisers in Italien Romulus Augustulus im Jahre 476 dauert, eher aber bis zum Einfall der Langobarden in Italien 568. Im Osten des Reiches reicht die Epoche entweder bis zum Tod des oströmischen Kaisers Justinian I. 565 n. Chr. oder bis zur arabischen Expansion im 7. Jahrhundert. Die Bezeichnung der Epoche als Spätantike hat dabei den Vorteil, auf den gesamten Mittelmeerraum anwendbar zu sein, während der ebenfalls gebräuchliche Terminus frühbyzantinisch nur den Osten treffend charakterisiert. Im Verlauf der Spätantike durchlief das Oströmische Reich einen Transformationsprozess und musste zuletzt große territoriale Verluste hinnehmen, während die zweite spätantike Großmacht, das neupersische Sassanidenreich, schließlich sogar ganz unterging.[2]

Die Spätantike bildet den letzten Abschnitt des Altertums, der zwar nicht mehr der „klassischen“ Antike angehört, aber auch noch nicht dem Mittelalter zugerechnet werden kann. Sie ist durch ein Nebeneinander von antiken Traditionen und christlich-germanischer Überformung gekennzeichnet. Statt wie früher von einem Niedergang spricht man dabei heute für die Jahre von etwa 300 bis 600 meist neutraler von einer Transformation des antiken Erbes. Ein herausragendes Ereignis dieser Epoche stellt der Siegeszug des Christentums und damit verbunden das langsame Verschwinden vorchristlicher Kulte und Traditionen dar. Auch in der Kunst und der Literatur entsteht durch die Ablösung bzw. Überformung klassischer griechisch-römischer durch christlich geprägte Formen und Themen ein eigener, charakteristischer Stil, der auch orientalische Einflüsse aufweist.

Die Spätantike steht außerdem unter den Zeichen der Reformierung von Heer und Verwaltung durch Diokletian und Konstantin den Großen, der Zementierung der sakralen Stellung des Kaisers, der Völkerwanderung und in deren Folge schließlich der Transformation des westlichen Teils des römischen Reiches in jene germanisch-romanische Welt, die das westliche Mittelalter prägen sollte.

Zeitliche Abgrenzung

Allgemeines

Die zeitliche Abgrenzung der Spätantike ist – wie Epocheneinschnitte allgemein – Gegenstand der geschichtswissenschaftlichen Diskussion und bis zu einem gewissen Grad willkürlich. Die Jahrhunderte zwischen Diokletian und Mohammed stellen eine Übergangsepoche dar, bei der es schwerfällt, eindeutige Schnitte zu setzen. Nicht alle Forschungsrichtungen gewichten die verschiedenen politik-, kunst-, kultur- und religionshistorischen Faktoren des allmählichen Wandels gleich. Zudem gibt es erhebliche regionale Unterschiede, im östlichen Mittelmeerraum hielten sich antike Strukturen fraglos länger als etwa am Rhein oder in Britannien. Für den Beginn wird meist das Jahr 284 n. Chr. (Herrschaftsantritt Diokletians) angegeben, aber auch die Zeit Konstantins mit ihrer religiösen Neuorientierung kann als entscheidender Einschnitt gelten. Hingegen ist das Ende der Spätantike weitgehend offen, da je nach Lehrmeinung und Forschungsinteresse verschiedene Ansätze möglich sind.

Die Frage nach dem „Ende der Antike“

Früher wurde das Ende der Antike oft mit dem Ende des Römischen Reiches im Westen 476 n. Chr. gleichgesetzt (so vor allem die ältere Lehrmeinung, beispielsweise Otto Seeck, anders dagegen bereits Ernst Kornemann und später etwa Adolf Lippold). Diese Vorstellung lässt sich in den Quellen, etwa bei Marcellinus Comes, aber erst gut 40 Jahre später fassen. Es erscheint heute als mehr als fraglich, ob die damaligen Menschen dieses Jahr ebenfalls als Zäsur begriffen haben: Es gab zwar in Ravenna keinen Kaiser mehr, aber dies bedeutete nur, dass die Herrschaftsrechte im Westen nun auf den oströmischen Kaiser übergingen. Noch Justinian I. hat diese Ansprüche auch tatsächlich verwirklichen wollen. In der neueren Forschung wird dem Jahr 476 daher nicht mehr so viel Gewicht beigemessen wie früher (siehe etwa Alexander Demandt, Heinz Bellen, Jochen Martin oder Hartwin Brandt).

Justinian I., Mosaikbild aus San Vitale in Ravenna. Der Kaiser gilt als einer der bedeutendsten Herrscher der Spätantike.

Sehr vereinzelt wird heute schon die Reichsteilung nach dem Tod des römischen Kaisers Theodosius I. im Jahre 395, meist aber erst das Ende der Herrschaft Justinians im Jahre 565 als entscheidende Zäsur gewählt. Justinian stand noch klar in der Tradition der antiken römischen Kaiser, was unter anderem in seiner universalen Herrschaftsauffassung deutlich wird. Er betrieb zudem eine Politik, die wohl auf die Wiederherstellung des Reiches in seinen alten Grenzen abzielte (Restauratio imperii), was in Teilen sogar gelang. Der letzte große Zug der spätantiken Völkerwanderung, der Einfall der Langobarden in Italien, erfolgte 568, nur drei Jahre nach Justinians Tod, so dass die 560er Jahre für den ganzen Mittelmeerraum einen deutlichen Einschnitt markieren. Damit ergeben sich also die Jahre von 284 bis 565 als die derzeit in der deutschsprachigen Forschung gängigste Begrenzung der Epoche.

Nicht wenige Historiker setzen das Ende der Epoche aber deutlich später an, und zwar mit dem Einbruch der Araber in den Mittelmeerraum (siehe auch so genannte Pirenne-These). Diese Einschätzung der Bedeutung des arabischen Vormarsches ist für den Osten zweifellos berechtigt, kaum aber für das Fränkische Reich, denn Pirennes Annahme, islamische Seeräuber hätten die antike „Einheit der Mittelmeerwelt“ als Kultur- und Wirtschaftsraum zerstört, ist spekulativ und gilt heute allgemein als widerlegt. Andererseits: Dass die Kontakte zwischen Ost und West noch zu Beginn des siebten Jahrhunderts recht eng waren, wird heute kaum mehr bestritten,; und da Ostrom sich nach den persischen und arabischen Invasionen ab etwa 610 weitgehend aus dem Westen zurückziehen musste, waren diese zumindest indirekt auch für den Westen bedeutsam. Das letzte antike Monument auf dem Forum Romanum ist die Säule des oströmischen Kaisers Phokas (602–610). Für das Oströmische Reich stellt die arabische Expansion einen massiven Einschnitt dar, da das Imperium nun im Wesentlichen auf Kleinasien und den Balkan beschränkt war und sich unter dem äußeren Druck auch im Innern vieler römisch-antiker Traditionen entledigte. Die spätrömische Phase des Ostreiches endete somit unter Kaiser Herakleios (610–641). Dementsprechend betrachten Forscher wie Stephen Mitchell 284 und 641 als die Epochengrenzen der Spätantike.

Überhaupt herrscht im anglo-amerikanischen Raum mit seiner besonders starken Berücksichtigung des östlichen Mittelmeerraumes die Tendenz vor, das Ende der Antike frühestens mit dem Ende der Herrschaft Justinians anzusetzen, so etwa Averil Cameron und John Bagnell Bury (etwas eigenwillig Arnold Hugh Martin Jones 602 mit dem Tod des Kaisers Maurikios). Die letzten beiden Bände der neuen Cambridge Ancient History behandeln die Jahre von 337 bis 600; die Prosopography of the Later Roman Empire die Zeit von (etwa) 260 bis 641.

Eine Ausweitung der Epoche bis 632/641 erscheint für Ostrom in der Tat sinnvoll und setzt sich zunehmend durch, da wie gesagt erst der Einfall der Araber (siehe dazu Islamische Expansion) den entscheidenden Einschnitt markierte. Die arabischen Truppen eroberten dabei nicht nur den römischen Orient, sondern vernichteten auch das Neupersische Reich der Sassaniden. Das Sassanidenreich war die gesamte Spätantike hindurch als zweite Großmacht neben Rom ein bedeutender Machtfaktor gewesen und wird von manchen Althistorikern (so etwa Josef Wiesehöfer, Erich Kettenhofen, Zeev Rubin oder Michael Whitby) in die Erforschung der Epoche mit einbezogen (vgl. auch Römisch-Persische Kriege).

Betrachtet man nur den römischen Westen, so stellt 476/80 zwar nach wie vor eine wichtige Zäsur dar – unabhängig davon, ob die Zeitgenossen das Ende des westlichen Kaisertums nun als Einschnitt empfanden oder nicht –, dennoch muss man die Zeit Theoderichs des Großen wohl eher zur Antike als zum Mittelalter zählen, so dass es fast unmöglich ist, ein exaktes Datum festzulegen. Bis zum Langobardeneinfall 568 lässt sich antike Kultur in Italien nachweisen; der weströmische Senat verschwindet erst gegen Ende des sechsten Jahrhunderts aus den Quellen. In ähnlicher Weise knüpften auch die frühen Merowinger an das antike Erbe an. Chlodwig (482–511) legte großen Wert auf römische Ehrentitel. Man muss so von einer Übergangsphase sprechen, die je nach Region unterschiedlich lange andauerte.

In Gallien markierte der Übergang der Franken zum Christentum unter Chlodwig und seinen Nachfolgern, in Italien der Einfall der Langobarden insgesamt betrachtet die Anfänge des Mittelalters in diesen Regionen. Das Problem lässt sich auch umkehren: So greifen auch viele Mediävisten, die sich mit dem Frühmittelalter beschäftigen (etwa Friedrich Prinz, Hans-Werner Goetz, Walter A. Goffart, Patrick Geary, Chris Wickham, Herwig Wolfram, Ian N. Wood und andere) rückwärts auf die Spätantike zurück, um die Veränderungen im frühen Mittelalter zu erklären. So fällt die Spätantike zwar vornehmlich in den Arbeitsbereich der Althistoriker, doch während diese eher am Fortbestand und langsamen Auslaufen antiker Strukturen interessiert sind, achten Mediävisten und Byzantinisten naturgemäß eher auf jene Entwicklungen, die in dieser Zeit ihren Anfang nahmen.

Die Problematik liegt letztlich darin begründet, dass die Spätantike eine Epoche des Um- und Aufbruchs war. Einerseits war noch eine Kontinuität zur Antike gegeben, andererseits zeichnete sich bereits die Welt des Mittelalters ab. Diese war mit der Spätantike vor allem durch die Verklammerung der Gesellschaft mit der christlichen Kirche verbunden. Kulturell kann als wichtiger Unterschied zur späteren Zeit der in der Spätantike noch vorhandene Zugriff auf die klassischen Traditionen gelten. Noch im sechsten Jahrhundert blühte die spätantike, an klassischen Vorbildern orientierte Literatur (Boëthius, Cassiodor, Corippus, Prokopios von Caesarea, Agathias). Die mittelalterliche Welt mit ihrer weitaus geringeren Arbeitsteilung verfügte dann nicht mehr über die Kapazität, die klassische Bildung völlig zu bewahren. Der größte Teil der (bis dahin erhaltenen) antiken Literatur wurde im Westen ab dem späteren 6. Jahrhundert nicht mehr gepflegt, wobei allerdings seit dem 8. Jahrhundert einige verloren geglaubte Bücher wieder auftauchten.

Die Existenz von Byzanz in einer „intakten Spätantike“

Das Oströmische bzw. Byzantinische Reich existierte in einer relativ intakten „Spätantike“ bis zum Fall Konstantinopels 1453, da es im Osten zu einem weniger radikalen Abreißen der antiken Tradition gekommen war als im Westen. Die Bewohner des Reiches sahen sich selbst weiterhin als „Römer“ (dagegen ist „Byzantiner“ ein moderner Begriff). Die Byzantinistik und viele Archäologen dieses Kulturraumes bezeichnen daher in etwa den gleichen Zeitraum, der auf dem Boden des Weströmischen Reichs als Spätantike gilt, in Ostrom zugleich auch als frühbyzantinisch. Für den Osten des Imperiums sind beide Begriffe mithin praktisch gleichbedeutend.

Allerdings waren auch in Ostrom trotz größerer Kontinuität die Unterschiede zwischen den Zuständen im vierten bis sechsten Jahrhundert und der dann folgenden mittel- und spätbyzantinischen Zeit sehr erheblich. Das 7. Jahrhundert war eine entscheidende Umbruchszeit. Im Ostreich ist dabei neben der arabischen Expansion auch die endgültige Verdrängung der lateinischen Amtssprache durch das Griechische unter Kaiser Herakleios als signifikanter Einschnitt zu betrachten.

Die Angriffe der Araber führten in Ostrom zudem zum Untergang der spätantiken Senatsaristokratie und zu einem erheblichen Rückgang an antiker Bildung. Zudem brachte der weitgehende militärische und ökonomische Zusammenbruch des Reiches nach 636 auch das endgültige Ende der klassischen Städte (Poleis) mit sich, die seit der Archaik den Mittelmeerraum geprägt hatten. Die Entwicklung der byzantinischen Themenordnung schließlich bedeutete auch im administrativen Bereich einen deutlichen Bruch mit der spätrömischen Tradition. All dies führt viele Forscher dazu, erst ab dieser Zeit des beschleunigten Wandels, als die Spätantike ihr Ende fand, vom „Byzantinischen“ Reich des Mittelalters zu sprechen.

Quellensituation und Forschungsstand

Quellen

Die Quellenlage für die Spätantike ist wohl die beste des gesamten Altertums, vor allem aufgrund der recht reichhaltigen „monumentalen“ Quellen. Allerdings verfügen wir über keine durchgehende Historiografie. Vor allem für das 5. Jahrhundert lassen uns die Quellen recht oft im Stich. Im Folgenden werden nur einige bekanntere Beispiele genannt; es sei auch auf den Abschnitt Soziokultureller Grundriss sowie auf den Artikel zur spätantiken Geschichtsschreibung und zur byzantinischen Geschichtsschreibung hingewiesen.[3]

Die griechischsprachigen Profanhistoriker waren zumeist klassizistisch orientiert, d. h. sie vermieden Begriffe, die nicht bei ihren Vorbildern (vor allem Herodot und Thukydides) zu finden waren; so wurden beispielsweise Goten in Anlehnung an die klassische Ethnografie als „Skythen“ bezeichnet oder die Sassaniden oft als „Meder“. Dies führte auch dazu, dass selbst christliche Profanhistoriker möglichst auf christliche Termini verzichteten.

Die wichtigste lateinische erzählende Quelle ist Ammianus Marcellinus (4. Jahrhundert), ebenso stellen die in griechischer Sprache abgefassten Werke des Prokopios von Caesarea (6. Jahrhundert) eine hervorragende Quelle für die ausgehende Antike dar. Beide können sich auch durchaus mit den „klassischen Autoren“ messen. Profangeschichtliche Werke sind daneben unter anderem von Jordanes, Agathias und Theophylaktos Simokates erhalten; zu nennen ist auch die christliche Universalgeschichte des Gregor von Tours (der sich auch auf heute verlorene Werke stützte, siehe Sulpicius Alexander und Renatus Profuturus Frigeridus). Nützlich, aber problematisch sind auch die überlieferten Bücher der Neuen Geschichte des Zosimos. Daneben sind die Fragmente anderer Historiker von Bedeutung, unter denen Priskos der wichtigste ist; daneben sind unter anderem Eunapios von Sardes, Olympiodoros von Theben, Malchus von Philadelphia, Candidus und Menander Protektor zu beachten.

Beliebt war in der Spätantike auch die so genannte Epitome, also die Kurzfassung eines Geschichtswerks (siehe etwa Aurelius Victor, Epitome de Caesaribus und Eutropius; vgl. auch Enmannsche Kaisergeschichte). Der Anonymus Valesianus ist, trotz der Kürze des Textes, eine wichtige Quelle. Auch spätere mittelbyzantinische Geschichtsschreiber (z. B. Theophanes und Johannes Zonaras) bieten teilweise wichtige Informationen, zumal sie auf teils verlorene spätantike Werke zurückgegriffen haben.

Hinzu kommen in der Spätantike mehrere Kirchengeschichten, die von unterschiedlichem Wert sind und teils auch ausführlich über die politische Geschichte Auskunft geben. Die wohl bedeutendste ist die des Eusebius von Caesarea, der der „Vater der Kirchengeschichte“ ist. Daneben sind noch die Kirchengeschichten des Theodoret, des Sokrates Scholastikos, des Sozomenos, des Euagrios Scholastikos, des Johannes von Ephesos sowie die (nur in Exzerpten erhaltene) des Philostorgios zu nennen. Ebenso sind die theologischen Schriften von Bedeutung, beispielsweise die Werke des Ambrosius und des Augustinus.

In der Spätantike entstanden auch mehrere Chroniken, die zum Teil wichtige Informationen liefern: beispielsweise Marcellinus Comes, Johannes Malalas, Chronicon Paschale, Hydatius von Aquae Flaviae, die (nur fragmentarisch erhaltene) Chronik des Johannes von Antiochia, die Chronik des Victor von Tunnuna und von dessen Fortsetzer Johannes von Biclaro oder die Chronica Gallica. Daneben auch unter anderem syrische – wie die Chronik des Josua Stylites – und armenische Werke, wie das Geschichtswerk des Sebeos. Ebenso beinhalten manche Gedichte oder Epen wertvolle Informationen (siehe etwa Corippus für die justinianische Zeit oder die Werke Georgs von Pisidien für die Zeit des Herakleios). Des Weiteren sind Reden wie die des Libanios, des Synesios von Kyrene, des Symmachus, des Themistios und die Panegyrici Latini sowie eine Fülle von Urkunden (der beste Bestand aus der Antike) zu nennen. Für die ausgehende Spätantike in Gallien stellen die Briefe und Lobreden des Sidonius Apollinaris eine wichtige Quelle dar. Hinzu kommt etwa der Chronograph von 354.

Die Notitia dignitatum (eine Art Staatshandbuch) bietet zahlreiche Informationen über die spätantike (zivile wie militärische) Administration. Auch das Werk De Magistratibus des Johannes Lydos liefert wichtige Details zur spätrömischen Verwaltung. Dazu kommen der Codex Theodosianus von 438 und das berühmte Corpus iuris civilis (der Name ist allerdings nicht zeitgenössisch) aus dem sechsten Jahrhundert. Obwohl die Zahl der gesetzten Inschriften im Verlauf des späteren 3. Jahrhunderts rapide eingebrochen war, stammt dennoch etwa ein Fünftel (ca. 50.000) der heute bekannten lateinischen epigraphischen Zeugnisse aus der Spätantike. Nach 380 nehmen allerdings die Zahl und die Qualität der weltlichen Inschriften im lateinischen Westen noch einmal massiv ab, ohne dass der Grund hierfür klar wäre; im griechischen Osten lässt sich Vergleichbares hingegen erst nach 560 beobachten.[4] Wichtig sind auch Münzfunde und Papyri sowie nicht zuletzt, gerade in den letzten Jahrzehnten, die Befunde der Archäologie.

Forschungsstand

Als problematisch galt die Erforschung der Spätantike lange, wie bereits angesprochen, schon aufgrund der relativ fließenden Grenze zum Mittelalter hin. In der älteren Forschung wurde die Auffassung vertreten, dass die Spätantike ein Zeitalter des moralischen und kulturellen Verfalls gewesen sei (Dekadenztheorie nach Edward Gibbon: Decline and Fall of the Roman Empire; auch Voltaire: Essai sur les mœurs et l’esprit des nations; Assoziation von spät mit Dahinwelken, Verfall). Diese Lehrmeinung war auch noch im 19. Jahrhundert vorherrschend. Noch Otto Seeck vertrat diesen Standpunkt in seinem berühmten Hauptwerk Geschichte des Untergangs der antiken Welt.

Diese sehr negative Bewertung der Spätantike, die nicht zuletzt einer Idealisierung der „klassischen“ Antike geschuldet war, ist jedoch nach Ansicht der meisten Forscher inzwischen obsolet geworden und wird in neueren Darstellungen seit Jahren nicht mehr angeführt; sie ist in populärwissenschaftlichen Darstellungen und im Film aber immer noch verbreitet. Inwieweit der spätantike Staat ein „Zwangsstaat“ gewesen ist, bleibt zwar weiter umstritten, doch die „harte“ Meinung der älteren Forschung kann so sicher nicht mehr akzeptiert werden. Die Studien von John B. Bury (siehe unter anderem sein Standardwerk History of the Later Roman Empire, 2 Bände, 1923), Edward A. Thompson und anderen bereiteten den Boden für eine Neubewertung dieser Epoche, die nun nicht mehr als reine Verfallszeit begriffen wurde. Eine wichtige Vorarbeit stellt auch A. H. M. JonesLater Roman Empire dar, das bis heute ein wichtiger Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit der Epoche ist.

So wird die Ansicht, die Spätantike sei von Dekadenz und vom Untergang des Römischen Reiches geprägt gewesen, in der neueren Forschung eher abgelehnt und kommt selbst in Entwürfen, die das Ende des Westreiches betonen (Heather, Ward-Perkins), nicht mehr als Faktor vor. Vielmehr wird oft die Vitalität der Epoche - vor allem, doch nicht nur im oströmischen Bereich - betont. Klagen in verschiedenen Quellen über angeblichen Sittenverfall, besonders in der Oberschicht, können hingegen kaum verallgemeinert werden, zumal es derlei zu allen Zeiten gab. Allerdings veränderten sich gegenüber der sogenannten „klassischen Antike“ in der Spätantike viele Interessen bzw. verlagerten sich Aktivitäten in Bereiche, die eher für das Mittelalter typisch waren, was mit ein Grund für das abwertende Urteil der älteren Forschung war.[5]

Der entscheidende Paradigmenwechsel in der Forschung zur Spätantike vollzog sich dann in den 1970er Jahren. Damals hat besonders Peter Brown in sehr einflussreichen Arbeiten auf die „Metamorphose“ bzw. „Transformation“ der antiken Welt in dieser Zeit aufmerksam gemacht, wobei er sich vor allem den kulturellen und religiösen Veränderungen sowie dem östlichen Mittelmeerraum widmete; bald folgten diesem Ansatz auch Averil Cameron und andere (siehe auch Transformation of the Roman World). Seit den späten 1980er Jahren dominiert diese Richtung weltweit die Forschungen zur Spätantike. Statt des Later Roman Empire stand nun allgemeiner die Late Antiquity im Vordergrund. Insgesamt hat das Interesse der althistorischen Forschung an der Spätantike in den letzten Jahrzehnten enorm zugenommen. Zwei internationale Spezialzeitschriften – L’Antiquité Tardive (seit 1993) und Journal of Late Antiquity (seit 2008) – widmen sich nur der Zeit zwischen 300 und 700. Vor allem im angelsächsischen Raum sind viele früher selbstverständliche Annahmen und Urteile in Frage gestellt worden. Zentren der aktuellen Spätantike-Forschung sind daneben Frankreich und Deutschland, wobei der internationale Austausch in diesem Bereich ungewöhnlich hoch ist. Das Bild der Epoche, das sich noch immer in den meisten Schulbüchern findet ("Spätrömische Dekadenz"), hat nur noch sehr wenig mit dem gemein, was derzeit an den Hochschulen vertreten wird.

Allerdings darf über die berechtigte Betonung der Kontinuitäten und des kulturellen Aspekts durch die „Brown-Schule“ nicht vergessen werden, dass die Transformationen der Völkerwanderungszeit in vielerlei Hinsicht eben auch mit Gewalt, Zerstörung und ökonomischem Niedergang verbunden war; dies betonten jüngst erst Bryan Ward-Perkins und Peter J. Heather in ihren neuesten Darstellungen, die sich teils wie ein Gegenentwurf zu den Vertretern der Neuinterpretation um Peter Brown und Averil Cameron lesen: Der Wandel während des 5. und 6. Jahrhunderts sei alles in allem sehr wohl eine Veränderung zum Schlechteren gewesen. Beide – Ward-Perkins und Heather – räumen aber ein, dass die Antike im römischen Osten, der erst nach 600 einen ökonomischen Verfall erlebte, deutlich länger gedauert habe als im Westen, wo es im fünften Jahrhundert durch äußere Angreifer zu einem „Ende der Zivilisation“ (Ward-Perkins) gekommen sei.[6]

Die Forschungsliteratur hat inzwischen einen kaum noch zu bewältigenden Umfang erreicht, aber in vielen Punkten konnte bislang dennoch keine Einigkeit erzielt werden. Zu den besonders heftig diskutierten Fragen zählt unter anderem die nach den Prozessen, die im Westen zum Erlöschen des Kaisertums führten. Auch die Pirenne-These findet inzwischen wieder Anhänger, allerdings mit neuen Argumenten. Viele der alten Erklärungen sind inzwischen unhaltbar geworden, doch ist es oft noch nicht gelungen, sie durch überzeugende Alternativen zu ersetzen. Je näher man sich mit der Spätantike befasst, desto offensichtlicher wird die Unmöglichkeit von einfachen Antworten und allgemeingültigen Aussagen.[7]

Geschichtlicher Grundriss

Diokletian – Stabilisierung und Reform

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Antoninian mit dem Bild Diokletians

Mit dem Regierungsantritt Diokletians trat das Römische Reich in seine Spätphase ein.[8] Die vorangegangene Krisenzeit der Soldatenkaiser (235–284/5; siehe auch Reichskrise des 3. Jahrhunderts) hatte das Reich destabilisiert.[9]

Von außen war das Imperium seit den 220er Jahren der ständigen Gefahr eines Mehrfrontenkrieges ausgesetzt. Durch die fast zeitgleich stattfindende Errichtung des persischen Sassanidenreichs, des großen Gegners Roms im Osten (siehe Römisch-Persische Kriege), sowie die Formierung tribaler germanischer Großverbände in der Rheinregion (gentes wie die Alamannen und Franken) verkomplizierte sich die außenpolitische Lage Roms dramatisch. Die Römer verloren seit etwa 230 - erstmals seit Jahrhunderten - zeitweilig die militärische Initiative: Das Sassanidenreich war schlagkräftiger und weitaus aggressiver als das Partherreich, das es ablöste; die Sicherung der Ostgrenze sollte in den folgenden vier Jahrhunderten dauerhaft ein Problem für die Römer darstellen. Die daher notwendige Verlegung vieler Einheiten von Rhein und Donau in den Orient verschlechterte zugleich die Lage an der Nordgrenze des Imperiums. Denn auch die Schlagkraft der neuen germanischen Großverbände lag beträchtlich höher als die der kleineren Stammesgruppen früherer Zeit. An der Donau bedrohten unter anderem die Goten und Sarmaten den römischen Balkanraum.

Die deutlich verschlechterte geopolitische Lage des Imperium Romanum verlangte nach einer Vergrößerung der kaiserlichen Armee, die Finanzierung dieser Maßnahme machte wiederum eine intensivere Nutzung der Ressourcen - vor allem also Steuererhöhungen - notwendig. Die Soldatenkaiser hatten notgedrungen Wege suchen müssen, diese Probleme zu meistern. Im Inneren war es unter ihnen daher teilweise zu einer Handlungsunfähigkeit der Verwaltung gekommen sowie zur zeitweiligen Loslösung von Teilgebieten des Imperiums (siehe Gallisches Sonderreich und Palmyra). Immer wieder hatten zudem einzelne Heeresabteilungen eigene Kaiser ausgerufen; diese Usurpatoren hatten dann Bürgerkriege mit dem jeweils amtierenden princeps geführt, die die Verteidigungskraft des Reiches gegen die äußeren Feinde noch weiter schwächten. Allerdings war es den Kaisern seit Aurelian langsam gelungen, der Krise, die keineswegs alle Bereiche des Imperiums gleichermaßen betroffen hatte, Herr zu werden. Es gelang ihnen, schrittweise auch die Autorität des Kaisertums wieder zu festigen.

Diokletian, im Grunde selbst ein Soldatenkaiser, bemühte sich nun, den römischen Staat weiter zu stabilisieren und zu reformieren. Dabei griff er zahlreiche Ansätze auf, die bereits von seinen Vorgängern als Antwort auf die Krise entwickelt worden waren, und bemühte sich um eine Systematisierung. Mit seinen Reformen lässt die Forschung traditionell und mit gutem Grund den Prinzipat enden, obwohl sie keineswegs einen vollständigen Bruch mit der Vergangenheit darstellten.

So kam es unter Diokletian zu einer grundlegenden Reform der Verwaltung, zu einer stärkeren Zentralisierung und Bürokratisierung. Dies machte sich auch in einem restriktiveren Steuersystem bemerkbar. Die Provinzen wurden verkleinert. Der zivile Sektor wurde grundsätzlich vom militärischen getrennt. An diesem Prinzip wurde dann bis zum Ende der Epoche festgehalten. Auch wurde das Reich in Diözesen eingeteilt, um so eine bessere Verwaltung zu garantieren. Um dem Staat stetig fließende Steuereinnahmen zu sichern, wurde das Capitatio-Iugatio-System (im Wesentlichen handelt es sich um eine Kombination von Kopf- und Grundsteuer, die regelmäßig geschätzt wurde) geschaffen, das die Berechnung der Abgaben erleichterte. Gleichzeitig wurde eine Währungsreform in Angriff genommen, der jedoch wohl kein durchschlagender Erfolg beschieden war.

Zentrales Element der Heeresreform war die Aufteilung in ein Feldheer (Comitatenses) und ein Grenzheer (Limitanei) mit dem Ziel, dass Durchbrüche an der Grenze leichter mit dem Bewegungsheer abgefangen werden konnten (die Trennung zwischen ihnen war allerdings wohl nicht so strikt, wie die Forschung lange annahm). Diese Reformen sollten sich insgesamt bewähren und dem Chaos, das teils noch in der Zeit der Soldatenkaiser geherrscht hatte, ein Ende bereiten, sowie die Grenzverteidigung an Rhein und Donau stärken. Im Osten behauptete sich Rom nun auch gegen die Sassaniden, die 297/298 von Diokletians Caesar Galerius geschlagen und zu einem für sie unvorteilhaften Frieden gezwungen wurden, der bis 337 hielt.

Weniger Erfolg hatte Diokletian allerdings mit dem von ihm erdachten Regierungssystem der Tetrarchie (Viererherrschaft), das je zwei Seniorkaiser (Augusti) und zwei Juniorkaiser (Caesares) vorsah und zudem religiös durch die künstliche Adoption der Götter zementiert wurde. So nahm etwa Diokletian, der auch in diesem System weiterhin die bestimmende Figur war, den Beinamen Iovius an (etwa = Schützling und Abkömmling des Gottes Jupiter).

Vermutlich war diese enge Bindung der Kaiser an die traditionellen Kulte ein Grund für die Durchführung der letzten großen Christenverfolgung, die 303 begann. Allerdings erwies sich die kirchliche Struktur bereits als derart gefestigt, dass sie durch eine Verfolgung nicht mehr zu zerstören war. 311 beendete Galerius in einem Toleranzedikt die Christenverfolgung und sanktionierte die Ausübung der christlichen Religion.

Die Ereignisse in den Jahren nach Diokletians freiwilligen Rücktritt 305 zeigten, dass sich das System der Tetrarchie letztlich nicht gegen die dynastische Idee durchsetzen konnte. Das diokletianische Konzept eines Mehrkaisertums hingegen sollte sich bewähren: außer zwischen 361 und 364 gab es fortan immer mehr als einen Kaiser (Augustus oder Caesar) im Reich.

Konstantin der Große und der Durchbruch des Christentums

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Münze mit dem Abbild Konstantins des Großen

Konstantin der Große, der Sohn des Tetrarchen Constantius Chlorus, setzte sich in dem blutigen Machtkampf durch, der kurz nach dem Rücktritt Diokletians 305 entbrannt war. 306 war er nach dem Tod seines Vaters von dessen Soldaten in York zum Kaiser ausgerufen worden, wurde von den anderen Tetrarchen aber nicht akzeptiert. Zuerst bekämpfte Konstantin Maxentius, den Sohn des Tetrarchen Maximian, der sich ebenfalls gegen die diokletianische Ordnung gestellt hatte. Im Zusammenhang des Machtkampfes zwischen Konstantin und Maxentius kam es 312 zur Schlacht an der Milvischen Brücke und zur Bekehrung Konstantins zum Christentum. Angeblich war ihm vor der Schlacht das Zeichen des Kreuzes erschienen und er hatte seinen anschließenden Sieg unter diesem Zeichen errungen.[10] Damit hatte Konstantin den Westen des Imperiums für sich gewonnen.

Nach 324 war Konstantin Alleinherrscher des Reiches (mit seinen Söhnen als Caesares), nachdem er auch seinen letzten Konkurrenten Licinius, mit dem er sich 313 noch verständigt hatte, ausgeschaltet hatte. Konstantin baute anschließend die Reformen Diokletians weiter aus. In der Verwaltung schuf er neue Hofämter, wandelte den praefectus praetorio in den höchsten Zivilbeamten um und führte zusätzliche Steuern ein. Im militärischen Bereich gehen das Amt des magister militum (Heermeister) und die endgültige Teilung des Heeres in ein Bewegungs- und ein Grenzheer auf ihn zurück. Unter seiner Herrschaft erfolgte auch der am weitesten reichende Schritt eines römischen Kaisers seit der Begründung des Prinzipats durch Augustus: Die Förderung des nur Jahre zuvor noch verfolgten Christentums als staatlich anerkannte und privilegierte Religion.

Konstantins eigenes Verhältnis zum Christentum – das er keineswegs schon zur Staatsreligion erhob – ist in der Forschung weiterhin umstritten. Am ehesten kann man ihn wohl als Anhänger des Christengottes bezeichnen, ohne dass dies etwas über seine Beziehung zu den anderen Kulten aussagen muss. Heiden konnten weiterhin ihre Kulte ausüben und hatten Zugang zu hohen Staatsämtern, wenn auch Christen bevorzugt wurden. Konstantin ließ seine Söhne im christlichen Glauben erziehen, machte der Kirche reiche Geschenke und stärkte die Macht der Bischöfe. Er sicherte des Weiteren die Rhein- und Donaugrenze. Er konnte die Goten in die Schranken weisen und schloss 332 einen Vertrag mit ihnen ab. Außenpolitisch stand das Reich unter ihm so gut da wie seit dem 2. Jahrhundert nicht mehr.

Ein weiteres wichtiges Ereignis in seiner Regierungszeit war die Errichtung einer neuen Hauptstadt: Konstantinopel, die „Stadt des Konstantin“, das Neue Rom, das 330 eingeweiht wurde. Damit verlagerte sich der Schwerpunkt des Reiches nach Osten, in die ökonomisch stärkere Hälfte des Imperiums. Kurz vor dem Beginn eines geplanten Feldzugs gegen das Sassanidenreich verstarb Konstantin in der Nähe von Nikomedia. Er ließ sich, wie zur damaligen Zeit keineswegs unüblich, erst kurz vor seinem Tod taufen.

Das Ende der konstantinischen Dynastie

Der Sassanidenfeldzug Julians

Nach dem Tod Konstantins 337 entbrannte ein blutiger Machtkampf, der die konstantinische Dynastie dezimierte (Säuberung von 337). Konstantins Sohn Constantius II. setzte sich schließlich 353 als Alleinherrscher durch, nachdem er den Usurpator Magnentius in einem sehr verlustreichen Bürgerkrieg geschlagen hatte. Magnentius hatte 350 den Bruder des Constantius, Constans, ermordet. Der dritte überlebende Sohn Konstantins des Großen, Konstantin II., war bereits 340 im Kampf gegen Constans gefallen. Constantius II. setzte nach seinem Sieg zunächst seinen Vetter Gallus als Caesar ein, nach dessen Hinrichtung dann 355 dessen Bruder Julian (s. u.).

Constantius II. förderte im so genannten arianischen Streit die Homöusianer und war bei der Stabilisierung der Grenzen recht erfolgreich, auch wenn die Kämpfe gegen die Perser unter Schapur II. wechselhaft verliefen. Die durch den christologischen Streit entstandene Kluft innerhalb der Reichskirche konnte er aber nicht überbrücken. Für die Zeit ab 353 bis 378 steht uns das letzte große in Latein abgefasste Geschichtswerk der Antike zur Verfügung, die Kaisergeschichte des römischen Offiziers Ammianus Marcellinus. Sein Werk ist aber nicht völlig frei von Parteinahme, vor allem für Julian, den Vetter und Caesar des Constantius. Dieser war auch bei dem von ihm geführten gallischen Heer sehr beliebt, sodass es bald zu Spannungen zwischen ihm und Constantius kam. Julian, der die Rheingrenze wenigstens vorläufig wieder gesichert hatte, wurde 360 von den Truppen in Paris zum Augustus ausgerufen, und nur der bald darauf folgende natürliche Tod des Constantius bewahrte das Reich vor einem neuen Bürgerkrieg.

Den neuen Alleinherrscher Julian, der hochgebildet und auch literarisch aktiv war, nannten später christliche Polemiker Julian Apostata („Julian den Abtrünnigen“), da er kurz nach seinem Herrschaftsantritt im Jahre 361 eine Renaissance des Heidentums einleitete. Diese hatte jedoch keinen nachhaltigen Erfolg, zumal Julians Versuch, aus den vielen Kulten eine vereinheitlichte heidnische Staatskirche zu schaffen, um so das Christentum zurückzudrängen, misslang. Nach dem Tod Kaiser Julians auf einem Feldzug gegen die Sassaniden im Jahr 363, der gleichzeitig eine der größten Militäroperationen der Spätantike darstellte, blieb das Christentum die beherrschende Religion.

Alle nachfolgenden Kaiser waren Christen, auch Julians direkter Nachfolger, der nur kurze Zeit regierende Jovian. Dieser konnte mit den Persern nach dem missglückten Feldzug seines Vorgängers Frieden schließen. Die unter Galerius eroberten Gebiete um Nisibis fielen im Frieden von 363 wieder an die Sassaniden. Der Osten wurde nun immer stärker christianisiert, aber auch der Westen, vor Konstantin weitgehend heidnisch, öffnete sich mehr und mehr dem Christentum, auch wenn es in der Folgezeit zu einer ganzen Reihe von schweren innerkirchlichen Krisen kam. Bereits zur Zeit Konstantins kam es zum Streit bezüglich der Donatisten und der Arianer, später kam im Osten noch das Problem der Monophysiten hinzu. Allerdings hielt sich das „Heidentum“ noch bis zum Ende der Spätantike, befand sich seit dem 4. Jahrhundert freilich auf dem Rückzug (siehe unten „Religiöse Entwicklungen außerhalb des Christentums“).

Außenpolitisch kam das Reich nicht mehr zur Ruhe. Am Rhein und entlang der Donau wurde es von Germanen und später von den Hunnen bedrängt, während im Osten die Gefahr durch die Sassaniden weiter bestand.

Von Valentinian I. bis zum Tod Theodosius’ des Großen

Europa mit den wesentlichen Völkerwanderungsbewegungen

Das Reich wurde seit Kaiser Valentinian I., der Jovian 364 nachfolgte, wieder von je zwei Kaisern regiert. Offenbar sah man sich ansonsten nicht in der Lage, der äußeren Bedrohung Herr zu werden.

Valentinian setzte seinen Bruder Valens im Osten ein und widmete sich selbst intensiv der Grenzverteidigung. Es gelang ihm denn auch, die Rhein- und Donaugrenze nachhaltig zu stabilisieren und mehrere militärische Erfolge zu verbuchen. Währenddessen ereigneten sich im Osten umwälzende Veränderungen. In den 70er Jahren des 4. Jahrhunderts setzte die Völkerwanderung in Europa ein.[11] Die Hunnen, ein Volk aus Zentralasien, überrannten zunächst das Reich der Alanen am Kaspischen Meer und vernichteten um 375 das Gotenreich (Greutungen) Ermanarichs in der heutigen Ukraine. Anschließend drängten sie andere Völkerschaften, darunter auch die Donaugoten (Terwingen), nach Westen ab. Die vor den Hunnen über die Donau geflüchteten Goten unter Fritigern wurden zunächst vom Imperium aufgenommen, revoltierten dann aber aufgrund unzureichender Versorgung. Sie fügten dem Ostkaiser Valens am 9. August 378 in der Schlacht von Adrianopel eine vernichtende Niederlage zu, in der auch Valens fiel. Von manchen Zeitgenossen wurde diese Niederlage bereits als Zeichen des Niedergangs Roms interpretiert.

Gratian, der älteste Sohn Valentinians I. und seit dessen Tod 375 Kaiser im Westen, setzte daher 379 den aus Hispanien stammenden Theodosius als Kaiser im Ostteil des Imperiums ein. Theodosius übernahm denn die schwierige Aufgabe, den Osten des Reiches wenigstens vorläufig wieder zu stabilisieren. 380 erklärte dieser im Edikt Cunctos Populus das Christentum zur Staatsreligion. 382 schloss er einen Vertrag mit den Goten. Sie konnten im Reich bleiben und sollten als Soldaten (foederati) dienen, durften aber autonom bleiben. Dieser Gotenvertrag ebnete den Weg für die Reichsbildungen der Germanen innerhalb des Imperiums, stabilisierte aber vorläufig die Lage, da Theodosius nun wieder über ausreichend Truppen verfügen konnte.

387 folgte ein Vertrag mit Persien in Bezug auf den alten Zankapfel Armenien, das seit Jahrhunderten zwischen den beiden Großmächten umstritten war. Rom erhielt etwa ein Fünftel, Persien den Rest des Landes (das so genannte Persarmenien). Mit dieser Lösung waren beide Seiten offensichtlich zufrieden, denn abgesehen von zwei kurzen Konflikten herrschte bis 502 Frieden zwischen Römern und Sassaniden. Die Ruhe an der Euphratfront sollte dann ein wesentlicher Grund dafür sein, dass die östliche Reichshälfte das fünfte Jahrhundert überstehen konnte. Darüber hinaus betrieb Theodosius eine antiheidnische Kirchenpolitik, für die ihm von den Christen später der Beiname der Große gegeben wurde.

Darstellung Theodosius’ I. auf einer römischen Münze

Im Westen hatten sich währenddessen die Ereignisse überschlagen: Gratian, der einige erfolgreiche Feldzüge etwa gegen die Alamannen geführt hatte, wurde 383 infolge eines Soldatenaufstandes in Britannien, der sich rasch auf das Festland ausgebreitet hatten, in Lyon ermordet. Theodosius konnte sich mit dem Usurpator Magnus Maximus zunächst noch einigen, hat ihn schließlich 388 aber besiegt und hingerichtet. Daraufhin übergab er dem 17-jährigen Valentinian II., dem jüngeren Bruder Gratians, die Herrschaft im Westen. Der faktischen Macht des Heermeisters des Westens, des Franken Arbogast, hatte der junge Kaiser aber wenig entgegenzusetzen. Er fand 392 ein gewaltsames Ende durch Mord oder (wahrscheinlicher) Selbstmord.

Nach mehreren Wochen ohne westlichen Augustus ließ der heidnisch gesinnte Arbogast schließlich den Hofbeamten und Rhetor Eugenius zum Kaiser erheben; dieser verfolgte, obwohl selbst Christ, gegenüber den Altgläubigen eine relativ tolerante Politik. Diese Usurpation wollte Theodosius nicht akzeptieren, so dass er wieder nach Westen marschierte, wo er das Heer des Eugenius Anfang September 394 in der blutigen Schlacht am Frigidus vernichtend schlagen konnte. Eugenius wurde hingerichtet, woraufhin Arbogast sich das Leben nahm. Erst im Nachhinein wurde dieser Bürgerkrieg zu einem religiösen Konflikt umgedeutet. Dennoch: Das Heidentum, das Theodosius bereits 380/381 in mehreren Gesetzen empfindlich beeinträchtigt und durch weitergehende Gesetz in Jahren 391 und 392 verboten hatte, erhielt damit den endgültigen politischen Todesstoß bzw. verlor alle Hoffnung auf offizielle Duldung. Es sollte aber noch mindestens 200 Jahre lang eine beachtliche, allerdings abnehmende Zahl von Heiden im Römischen Reich geben.

Theodosius einte das Reich noch einmal für kurze Zeit, bevor es nach seinem Tod unter seinen Söhnen Honorius (im Westen) und Arcadius (im Osten) 395 zur endgültigen Reichsteilung kam. Die Zeitgenossen nahmen diese Teilung, die nur zufällig die letzte in einer ganzen Reihe war, allerdings nicht als besondere Zäsur wahr. Und tatsächlich wurde die prinzipielle Reichseinheit auch weiterhin betont. Die Gesetze der Kaiser galten jeweils im ganzen Reich und der Westkonsul wurde bis zum Erlöschen des Konsulats unter Justinian ebenso in Ostrom anerkannt wie umgekehrt der östliche im Westreich. Dennoch kam es seit 395 faktisch zu einer immer rascheren Auseinanderentwicklung der beiden Hälften. Der Westen stand dabei offenbar bereits um 400 ökonomisch schlechter da als der Osten.

Von der Reichsteilung von 395 bis zur Eroberung Roms 410

Das römische Reich zum Zeitpunkt des Todes Theodosius I. 395 n. Chr.

Im Osten begann eine Periode relativen Friedens, der nur von gelegentlichen Kämpfen an der Donaufront (Hunnen und Germanen) sowie 420–422 und 441 durch zwei kurze Kriege gegen die Sassaniden gestört wurde. Erst in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts musste sich auch das Ostreich wieder verstärkt der Verteidigung seiner Grenzen zuwenden. Der Osten war wirtschaftlich weiterhin der stärkere Reichsteil und konnte noch immer große Summen Geldes mobilisieren. Der oströmischen Diplomatie gelang es offenbar auch, mehrere Angriffswellen nach Westen „umzuleiten“; allerdings ist sehr fraglich, ob Ostrom bewusst den Westen, dem man wiederholt zur Hilfe eilte, geopfert hat. Vor allem konnte im Osten der Einfluss der Heermeister, die oft barbarischer Abstammung waren, teils eingedämmt und schließlich zurückgedrängt werden. Arcadius und sein Sohn Theodosius II. waren zwar keine fähigen Herrscher, doch funktionierte die Verwaltung des Reiches weiterhin relativ reibungslos. Der zu Beginn der Regierungszeit des Arcadius mit dem Westreich aufgebrochene Konflikt um den Besitz des Illyricum konnte beigelegt werden.

Der erste Kaiser im Westen, Honorius, hatte eine Zeit lang, vom mächtigen Heermeister Stilicho gedrängt, sogar erwogen, gegen das Ostreich militärisch vorzugehen. Als die Reichsgrenze am Rhein zum Jahreswechsel 406/407 endgültig kollabierte (siehe Rheinübergang von 406) und sich eine wahre Flut von Germanen (so etwa Vandalen und Sueben, später auch Burgunden) und Alanen über das Westreich ergoss, musste er jedoch davon Abstand nehmen. 408 wurde Stilicho mit dem Wissen seines Schwiegersohnes Honorius umgebracht. Es zeigte sich wieder einmal, dass die Kaiser allzu mächtigen Militärs misstrauten – und dies nicht immer zu Unrecht.

Der Westen kam nicht mehr zur Ruhe und erlebte einen Kreislauf von finanziell-ökonomischem Niedergang, der die Wehrkraft des Reiches verringerte, und daraus folgenden Invasionen, die zu Einbußen führten, die es den Kaisern noch schwerer machten, Soldaten zu bezahlen. Von Germanen und Hunnen bedroht, zudem immer der Gefahr eines Putsches durch einen Heermeister ausgesetzt und teils von unfähigen Kaisern regiert, verlor das Weströmische Reich nach und nach seine wichtigsten Provinzen an die Germanen. Britannien ging zu Beginn des 5. Jahrhunderts verloren, während sich die weströmische Armee nach dem Tod des Aëtius um die Mitte des 5. Jahrhunderts de facto selbst auflöste. Da eigene Truppen nicht mehr finanziert werden konnten, musste man auf weitaus billigere foederati zurückgreifen, die aber schließlich nicht mehr kontrolliert werden konnten: Im Westen formierten sich ab der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts auf dem Boden des Imperium Romanum germanische Reiche (Vandalen, Westgoten, Franken, Angelsachsen, Ostgoten u.a.).

410 wurde gar Rom, zwar längst nicht mehr Hauptstadt des Westreiches, aber immer noch ein Prestigeobjekt, von den Westgoten unter Alarich geplündert. Dieser war schon zuvor im Ostreich aktiv gewesen, teils auf eigene Faust, teils als Verbündeter Stilichos, und wollte nun im Westreich für sein Volk neues Siedlungsland erkämpfen. Als die Verhandlungen wiederhpolt scheiterten, sah er sich gezwungen, Rom zu plündern, um nicht von seinen eigenen Männern abgesetzt zu werden. Der Fall Roms war ein Fanal – für die Heiden war dies ein untrügliches Zeichen der Götter, die das Reich für die Abkehr vom alten Glauben bestrafen wollten. Augustinus von Hippo schrieb daraufhin sein großes Werk De Civitate Dei („Über den Gottesstaat“), als direkte Antwort auf diese Unterstellung, und auch Orosius versuchte zu beweisen, dass die Katastrophe nichts mit der neuen Religion zu tun habe.

Stabilisierung im Osten und der Zusammenbruch des Westens

Die militärische Katastrophe war für den Westen mit dem Zusammenbruch der Rheingrenze 406 vollkommen, auch wenn die germanischen Heere in der Regel einer entschlossen geführten römischen Armee weiterhin nicht widerstehen konnten. Die wichtigsten Provinzen des Reiches gingen den weströmischen Kaisern (die seit Honorius in Ravenna residierten) verloren, indem die germanischen Foederaten angesichts der Schwäche der römischen Zentralregierung langsam eine faktische Unabhängigkeit von Ravenna erlangten. Die Westgoten wurden 418 in Aquitanien angesiedelt, wo sie dann bald nach 460 das formale Abhängigkeitsverhältnis zum Kaiser lösten. Sie errichteten einen Staat im Staate, was jedoch weitgehend im Einvernehmen mit der einheimischen Aristokratie geschah. Die Germanen traten schrittweise an die Stelle der römischen Zentralgewalt, ohne dass dies zunächst spürbare Folgen für die Bevölkerung der Gebiete gehabt zu haben scheint. Die exakten Modalitäten der Ansiedlung (erhielten sie Land oder einen Anteil an den Steuereinnahmen) werden noch in der Forschung diskutiert.[12] Es existierte seit etwa 455 aber ohnehin kein schlagkräftiges römisches Heer im Westen mehr. Die Westgoten nahmen in den folgenden Jahrzehnten mit den Sueben Hispanien in Besitz, während sich die Franken in der Belgica im Norden Galliens einrichteten.

Die Mittelmeerwelt um 450 n. Chr. Kenntlich sind auch die Siedlungsräume germanischer Stämme innerhalb des Imperium Romanum.

Die Vandalen setzten 429 von Spanien nach Africa über und eroberten 439 Karthago. Sie entrissen so die reichste Provinz des Westreiches dem Zugriff des weströmischen Kaisers, der danach effektiv nur noch über Italien sowie Teile Galliens und Hispaniens herrschte. Die Gefahr der Hunnen unter Attila, die zuvor noch mit dem Westreich kooperiert hatten und diesem dadurch eine wenigstens kleine Ruhepause verschafft hatten, konnte jedoch durch den römischen Heermeister Aëtius, der seit den 430er Jahren der mächtigste Mann des Westreiches war, 451 in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern abgewendet werden. Aëtius hatte dabei aber bezeichnenderweise auch auf germanische Foederati zurückgreifen müssen. Die weströmische Armee war bereits im Verschwinden begriffen und löste sich nach seinem Tod faktisch auf. 454 ließ Kaiser Valentinian III., der letzte Kaiser des Westens aus der theodosianischen Dynastie, den General aus Furcht vor dessen Einfluss umbringen. Diesen Mord musste der Kaiser bald darauf mit seinem Leben bezahlen: Er wurde 455 von früheren Gefolgsleuten des Heermeisters ermordet.

Die nachfolgenden Kaiser im Westen waren zumeist unfähig, wenngleich tatkräftige Herrscher wie Majorian oder Anthemius durchaus bemüht waren, wieder die Initiative im Kampf mit den Barbaren zu gewinnen. Nach dem Ende des Aëtius führte bis 472 der magister militum Ricimer de facto alleine die Reichsgeschäfte im Westen. Er war auch für den Tod mehrerer Kaiser verantwortlich, die sich ihm widersetzten. Ricimer konnte durchaus einige kleinere Erfolge im Abwehrkampf Westroms verbuchen, dennoch wurde Rom 455 von den Vandalen geplündert. Eine große, gemeinsame Operation des West- und Ostreiches gegen die Vandalen scheiterte 468, was zur Anerkennung des nordafrikanischen Vandalenreiches durch Ostrom führte.

Mit der Absetzung des Usurpators Romulus Augustulus 476 durch Odoaker erlosch das weströmische Kaisertum, letzter legitimer Kaiser war allerdings Julius Nepos, der erst 480 in Dalmatien verstarb.[13] Das Westreich war jedoch bereits seit der Reichsteilung, spätestens aber nach dem Zusammenbruch der Rheingrenze, kaum noch lebensfähig gewesen, wenn man auch den Zusammenbruch der kaiserlichen Herrschaft in Italien vielleicht nicht unterschätzen sollte. Dass es im 6. Jahrhundert noch einmal kurzzeitig gelingen sollte, Italien, Nordafrika und das Ostreich zu vereinen, war um 480 kaum abzusehen. In Nordgallien hielt sich aber noch bis 486 ein gallo-römisches Restreich, das von Aegidius (und nach ihm möglicherweise kurzzeitig von Paulus) und Syagrius beherrscht wurde. Die Könige der barbarischen Foederatenreiche sahen nun den oströmischen Kaiser als ihren nominellen Oberherren an.

Denn der Osten des Imperiums, ökonomisch stabil, erwehrte sich weitaus erfolgreicher der äußeren Bedrohung. Kaiser Markian, der 450 die Nachfolge Theodosius’ II. angetreten hatte, verweigerte den Hunnen den Tribut. So kam es allerdings, dass sie ihre Angriffe gegen das Westreich richteten – nicht zuletzt deshalb, weil der Hunnenkönig Attila wusste, dass die oströmischen Balkanprovinzen bereits verwüstet und ausgeblutet waren. Die übrigen Provinzen des Ostens befanden sich aber nicht in Reichweite von Hunnen oder Germanen, da die starke Festung Konstantinopel den Hellespont kontrollierte und ein Übersetzen von Europa nach Asien verhinderte; um seine auf Erfolg beruhende Herrschaft zu wahren, musste Attila daher fast zwangsläufig nach Westen ausweichen. Den traditionellen Vorwurf, Ostrom habe den Westen bewusst den Barbaren ausgeliefert (siehe oben), hat die moderne Forschung angesichts der wiederholten Hilfsversuche Konstantinopels inzwischen in der Regel fallen gelassen. An der römischen Ostgrenze konnte mit den Sassaniden, die selbst von hunnischen Völkern bedroht wurden, bis 502 Frieden gehalten werden, was eine große Entlastung darstellte, da die Regierung in Konstantinopel daher ungestört auf die Einkünfte der reichen Orientprovinzen zurückgreifen konnte.

Das daher ökonomisch leistungsfähigere und dichter bevölkerte Oströmische Reich konnte sich im Gegensatz zum Weströmischen Reich behaupten. Offenbar gelang es dem Staat hier zudem bereits früh, weitaus besser auf seine Ressourcen zurückzugreifen. Im fünften Jahrhundert betrugen die östlichen Staatseinnahmen ein Vielfaches der westlichen. Kaiser Leo I. schaltete zudem mit Hilfe des späteren Kaisers Zenon den gotischen Heermeister Aspar aus. Viele germanische Soldaten in römischen Diensten wurden in der Folge erschlagen, und die Kaiser griffen bei der Rekrutierung fortan wieder weitaus stärker auf Reichsangehörige zurück. Diese stammten meist aus jenen Gebieten, die am wenigsten romanisiert waren. Zenon, der selbst Isaurier war, konnte dann nicht zuletzt mit Hilfe dieses halbbarbarischen Volkes die militärische Lage des Oströmischen Reiches weiter verbessern. Er legte damit den Grundstein für die Vormachtstellung, die die Kaiser des folgenden Jahrhunderts im Mittelmeerraum einnehmen sollten.

Zenon schloss 488 einen Vertrag mit dem Ostgotenkönig Theoderich und schickte ihn im Jahre 489 nach Italien. Die Hintergründe sind allerding trotz scheinbar eindeutigen Aussagen der Quellen mittlerweile umstritten. Der Kaiser profitierte jedenfalls insofern, als er eine potentielle Gefahr umleitete, während Theoderich Zugriff auf neues und reiches Siedlungsland erlangte. Theoderich, den man später aufgrund seiner Leistungen „den Großen“ nannte, gelang es binnen vier Jahren, das gesamte Land unter seine Kontrolle zu bringen. 493 ermordete er Odoaker und regierte nun formal als Statthalter des Kaisers in Italien, wobei er jedoch eine sehr eigenständige Politik betrieb. Im Ostgotenkönigreich hielt man allerdings an der römischen Verwaltungspraxis fest und hielt auch den Senat weiterhin in Ehren, während das Land kulturell eine späte Blütezeit erlebte (siehe auch Boëthius).

Das sechste Jahrhundert: Oströmische Hegemonie

Im Osten dauerte die Antike bis ins siebte Jahrhundert, und der Einfluss des noch immer römisch-antik geprägten Reiches auf die Geschicke im Westen war im ganzen sechsten Jahrhundert erheblich. Kaiser Anastasios I. befreite den oströmischen Staat kurz vor 500 vom Einfluss der Isaurier und hinterließ aufgrund einer klugen Wirtschaftspolitik seinen Nachfolgern den gewaltigsten Staatsschatz in der römischen Geschichte. Er bekämpfte erfolgreich Usurpationsversuche und betonte in der Religionspolitik die Unterschiede zur päpstlichen Position. Erst sein Nachfolger Justin I. beendete 519 das Akakianische Schisma, das die Kirchen von Konstantinopel und Rom etwa 30 Jahre lang getrennt hatte. Er verschärfte durch diese Wiederannäherung an den Westen aber den Konflikt mit den Monophysiten.

Die spätantike Welt um 560 n. Chr.: Ostrom auf dem Höhepunkt seiner Macht.

Justins Neffe Justinian I., eine der großen Herrschergestalten der Spätantike, konnte dann seit 534 eine offenbar großangelegte Restaurationspolitik betreiben. Diesem Versuch der Wiederherstellung des Imperiums war ein zwar nur beschränkter, aber dennoch zunächst erstaunlicher Erfolg beschieden: Mit Nordafrika, Italien und Südspanien wurden die Kerngebiete des Reiches wieder der römischen Herrschaft unterworfen. Allerdings gingen wichtige Teile Italiens, das erst nach harten Kämpfen erobert worden war, bald nach Justinians Tod wieder an die Langobarden verloren. Zudem wurde das Reich seit 541 von einer verheerenden Pest heimgesucht, was offenbar zu einer demografischen und – daraus folgend – ökonomischen wie militärischen Krise führte. Im Osten musste sich Justinian außerdem gegen die Perser zur Wehr setzen, deren König Chosrau I. sich zum großen Gegenspieler des Kaisers entwickelte. Dennoch erlebte die spätantike Kultur unter Justinian einen letzten Höhepunkt. Die auf seinen Befehl hin vorgenommene Kodifikation des römischen Rechts erwies sich als dauerhafte Errungenschaft und der kaiserliche Machtanspruch wurde auch von den meisten verbliebenen Germanenreichen (möglicherweise mit Ausnahme des Frankenkönigs Theudebert I.) akzeptiert. Als Justinian 565 nach 38-jähriger Herrschaft starb, war Ostrom ungeachtet aller Krisensymptome die Vormacht der Mittelmeerwelt.

Im Oströmischen Reich bestand das Imperium Romanum staatsrechtlich fort. Ebenso lebte dort die Zivilisation der Antike weiter. Das kulturelle Leben im Osten erfuhr in den nachfolgenden Jahrhunderten aber einen Wandel und das Reich ging schon recht bald nach Justinian, der als letzter Kaiser Latein zur Muttersprache hatte, eigene Wege. Eine Reihe innerer Reformen ließen das Reich langsam seinen spätrömischen Charakter verlieren. Hinzu kam der stetig zunehmende äußere Druck. Zwischen 540 und 630 befand sich Ostrom die meiste Zeit in einem immer verbissener geführten Krieg mit dem Sassanidenreich, der nur von zwei kurzen Friedensperioden (562 bis 572 und 591 bis 602) unterbrochen wurde (siehe Römisch-Persische Kriege). Anderthalb Jahrzehnte nach dem Sturz von Kaiser Maurikios, der 591 einen günstigen Frieden mit Persien schließen konnte und recht erfolgreich gegen Awaren und Slawen auf dem Balkan vorgegangen war, gingen die Balkanprovinzen weitgehend an Awaren (und Slawen) verloren (siehe Landnahme der Slawen auf dem Balkan). Der letzte Kaiser, der noch aktiv und wirksam in die Geschicke des Westens eingreifen konnte, war der in den Quellen übel beleumundete Phokas.

Das siebte Jahrhundert: Der „Untergang“ der Alten Welt

Solidus des Herakleios mit seinen Söhnen Konstantin III. und Heraklonas.

In den ersten Jahren des 7. Jahrhunderts tobte der „letzte große Krieg der Antike“ (James Howard-Johnston). Die Sassaniden eroberten von 603 bis 619 zeitweilig Ägypten, Syrien und Teile Kleinasiens. Das Ostreich schien kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen. Nur unter größten Anstrengungen gelang es schließlich Kaiser Herakleios im Jahr 622 eine erfolgreiche Gegenwehr einzuleiten. Die Perser, die noch 626 vergeblich Konstantinopel belagert hatten, wurden Ende 627 in der Schlacht von Ninive entscheidend geschlagen. Großkönig Chosrau II. wurde daraufhin im Februar 628 entthront und ermordet. Die Sassaniden traten die eroberten Gebiete wieder an Ostrom ab, während Persien im Chaos versank.

Das militärisch und ökonomisch erschöpfte Oströmische Reich konnte der in den 30er Jahren des 7. Jahrhunderts beginnenden Expansion der Araber nur noch wenig entgegensetzen. Die Oströmer unterlagen 636 in der Schlacht am Jarmuk und verloren in den folgenden Jahren wiederum ihre Ost- und Südprovinzen, diesmal aber endgültig.[14] Zuletzt fiel 698 auch das oströmische Karthago. Die Reste des jetzt gänzlich gräzisierten Reiches befanden sich in den folgenden Jahrzehnten in einem verzweifelten Abwehrkampf, so dass die Kaiser den Westen weitgehend sich selbst überlassen mussten. Um die Mitte des 7. Jahrhunderts (nicht jedoch unter Herakleios, wie noch die ältere Forschung annahm) entstand aufgrund der unablässigen Abwehrkämpfe die Themenordnung, in der militärische und zivile Aufgaben gebündelt wurden. Die kurzzeitige Verlegung der kaiserlichen Residenz nach Italien unter Konstans II. blieb Episode. Auch das kulturelle Leben veränderte sich: So gingen viele Städte unter, andere wandelten sich zu wesentlich kleineren, befestigten Siedlungen – das kastron stellte nun in vielen Teilen des Reiches den einzigen urbanen Lebensmittelpunkt dar.

Als sich die Lage im späten achten Jahrhundert wieder stabilisiert hatte, war aus dem spätantiken Ostrom endgültig das mittelalterliche, griechische Byzanz geworden, das sich noch Jahrhunderte behaupten konnte. Die Perser hingegen wurden 636/37 und 642 von den Arabern vernichtend geschlagen. Der letzte Großkönig Yazdegerd III. wurde 651 ermordet, womit das Sassanidenreich aufhörte zu bestehen.

Von der antiken Welt ins Mittelalter

Im Verlauf des sechsten Jahrhunderts kam es im Westen zu einer langsamen Transformation hin zu einer germanisch-romanischen Welt.[15] In Britannien ging die römische Kultur allerdings wohl schon bald nach der Eroberung durch die Angeln, Sachsen und Jüten unter, die ursprünglich nach dem Abzug der kaiserlichen Truppen um 407 von der römischen Bevölkerung als Föderaten ins Land gerufen worden waren. Nur in Wales wurden noch im 6. Jahrhundert lateinische Inschriften gesetzt. Das nach der Hauptstadt Tolosa (Toulouse) benannte Tolosanische Reich der Westgoten, das sich seit dem späten 5. Jahrhundert auch auf ganz Hispanien ausbreitete, ist hingegen in vielerlei Hinsicht ein Beispiel für die Symbiose von spätrömischer Gesellschaft und germanischer Herrschaft. Die Westgoten verloren den größten Teil Galliens bereits 507 an die Franken und zogen sich weitgehend auf die Iberische Halbinsel zurück. Hauptstadt wurde nun Toledo (Toledanisches Reich). Ihr Reich wurde indes im frühen 8. Jahrhundert von den nach Norden drängenden Muslimen überrannt und ausgelöscht. Das von Geiserich in Nordafrika begründete Reich der Vandalen erlebte im 5. Jahrhundert eine Blüte, geriet dann aber unter immer stärkeren Druck durch maurische Stämme und fiel 533 dem Angriff einer oströmischen Armee unter Belisar zum Opfer.

In Italien hatte der Ostgote Theoderich der Große sein Reich weiterhin nach römischem Muster führen lassen, doch verschwand das Ostgotenreich um die Mitte des 6. Jahrhunderts im Zuge der von Justinian I. eingeleiteten Restauratio imperii (siehe Gotenkrieg). Als die Langobarden dann 568 große Teile Italiens eroberten, war dies die letzte germanische Reichsgründung auf weströmischem Boden und damit zugleich das Ende der großen Völkerwanderung. Der weströmische Senat verschwand am Ende des Jahrhunderts aus den Quellen.

Nur eine einzige der germanischen Reichsgründungen der ersten Stunde hatte letztlich dauerhaften Bestand, das Frankenreich der Merowinger. Wohl im Jahre 498 hatte sich der Frankenkönig Chlodwig I. taufen lassen und damit das römische Erbe in Gallien angetreten. Die Geschichte des Frankenreiches geht bereits fließend ins Mittelalter über, sodass es schwer fällt, hier klare Schnitte zu setzen (siehe auch Gallo-römische Kultur).

Denar mit dem Abbild des Merowingers Chlothar I., der als der letzte spätantike Frankenkönig gilt.

Noch lange akzeptierten die Germanenreiche in der Regel die oströmische Oberhoheit. Ihre Herrscher bemühten sich um kaiserliche Anerkennung und die Verleihung römischer Titel. Ein Symbol dafür, dass nur der Kaiser und der sassanidische Großkönig wahrhaft souveräne Monarchen waren, war unter anderem das Privileg, das Herrscherbild auf Goldmünzen zu prägen. Im sechsten Jahrhundert wurde dies auch noch von den meisten Germanenkönigen akzeptiert. Sie setzten ihr eigenes Porträt nur auf die Silbermünzen. Nur der Merowingerkönig Theudebert I. ließ Goldmünzen mit seinem Bildnis prägen. All dies änderte sich erst grundlegend, als die Kaiser seit etwa 600 durch die Angriffe der Perser und Araber zu sehr geschwächt waren, um weiter im Westen aktiv zu werden. Der Fernhandel im Mittelmeerraum nahm dann im 7. Jahrhundert an Bedeutung rapide ab; ob dies direkt oder indirekt eine Folge der islamischen Expansion war, ist in der Forschung nach wie vor umstritten. Die arabischen Invasionen zerstörten jedenfalls endgültig die freilich nur noch bedingt gegebene Einheit der Mittelmeerwelt (siehe auch Islamische Expansion und vgl. Pirenne-These). Auch die Kontakte zwischen Konstantinopel und dem Westen lockerten sich nun zusehends.

Das Frühmittelalter nahm in den folgenden Jahrzehnten langsam Gestalt an. Im Westen kam es parallel zu einem schleichenden kulturellen Niedergang, wie unter anderem am Rückgang der Schriftlichkeit oder dem Verfall der Städte ersichtlich. Oft wurde antikes Schriftgut nur in Klöstern wie Cassiodors Vivarium gerettet, wobei der Schwerpunkt auf dem Erhalt christlicher Werke lag. Viele Regionen des ehemaligen Reichs fielen in völlige Überlieferungslosigkeit zurück, so dass die Rede von dunklen Jahrhunderten zwischen ca. 560 und 800 nicht unberechtigt ist, auch wenn es große regionale Unterschiede gab. In der neueren Forschung wird betont, dass teils auch durchaus eine gewisse Kontinuität gegeben war.[16]

Völlig entschwunden waren die Antike und die klassische Zivilisation dem Mittelalter nicht, wenn es auch unbestreitbar zu einem dramatischen Verlust an Kulturgütern und einem Niedergang der materiellen Kultur kam, der jedoch regional unterschiedlich ausgeprägt war und im Westen früher auftrat als in Ostrom. Dennoch fungierte gerade die Kirche als Übermittler des (freilich nun christlich tradierten und oft gefilterten) antiken Bildungsguts (vgl. unter anderem bereits Augustinus, Boëthius, Cassiodor), wobei man sich vor allem auf Isidor von Sevilla und Martianus Capella stützte. Es kam zwar zu einer deutlichen Umorientierung der Bildung (weg von der klassischen Paideia und hin zu biblischen Inhalten), doch bewirkte dies auch gleichzeitig eine relative kulturelle Einheitlichkeit der frühmittelalterlichen Welt. Diese Einheitlichkeit erstreckt sich freilich fast nur auf jene Zeugnisse der spätantiken christlich-mönchischen „Hochkultur“, die spätere Jahrhunderte der Überlieferung würdig fanden.

Andererseits ist für die nachfolgende Zeit oft nicht einmal das Fortbestehen der wichtigen Bistümer gesichert. Köln weist etwa eine Lücke in seiner Bischofsliste zwischen etwa 400 bis in die Mitte des 6. Jahrhunderts auf. Dennoch scheint die materielle und wirtschaftliche antike Kultur mancherorts auch im Norden, zum Beispiel in Trier, länger weitergelebt zu haben, als dieses Dunkel der Geschichte erwarten lässt. Schon der Umstand, dass viele römische Ortsnamen gebräuchlich blieben, ist ein Zeichen für Kontinuität. Das Mittelalter erhob sich nicht überall zur gleichen Zeit aus diesem relativen Dunkel. Das fränkische Mittelalter mit der merowingischen Reichsgründung und dynastischen Konsolidierung auf den Fundamenten der spätrömischen Verwaltungsstrukturen setzte bereits sehr früh ein. Römische Städte weiter im Norden und Nordosten hatten dagegen oft ein anderes Schicksal. So wird Wien (spätantik Vindomina oder Vindomana) zuletzt bei Jordanes in seiner Gotengeschichte genannt und erst 881 ist von der Stadt (nun Wenia) wieder die Rede.

Siehe auch: Ende der Antike

Soziokultureller Grundriss

Kulturelles Leben

Rat der Götter. Illustration zu Vergils Aeneis in einem Codex des 5. Jahrhunderts.

Die spätantike Literatur zeigte lange Zeit kaum qualitative Anzeichen des Niedergangs. Mit der weitgehenden Umstellung der Buchproduktion von Papyrus auf Pergament um 400 (ganz verdrängt wurde die Schriftrolle erst im 6. Jahrhundert) waren bestimmte Autoren, deren Werke nicht kopiert wurden, von der Überlieferung ausgeschlossen. Im Osten brach die Kontinuität der klassischen Bildung aber auch im Frühmittelalter nie vollständig ab (siehe Bücherverluste in der Spätantike). Gerade die syrische Literatur brachte in der Spätantike einige bedeutende Werke hervor. In der lateinische Literatur ragen das letzte große lateinische Geschichtswerk der Antike, die Res gestae des Ammianus Marcellinus (um 395), und die Dichtungen Claudians heraus, obwohl beide aus dem hauptsächlich griechischsprachigen Osten stammten. Im Bereich der lateinischen Geschichtsschreibung hatten man sich in der Zeit zwischen Tacitus und Ammianus vornehmlich auf Kaiserbiographien (im Anschluss an Sueton sind hier Marius Maximus sowie die um 400 entstandene und sehr umstrittene Historia Augusta zu nennen) und kurze Geschichtsabrisse (sogenannten Breviarien, siehe auch Enmannsche Kaisergeschichte) beschränkt. Neben Ammianus verfassten aber im späten 4. und frühen 5. Jahrhundert auch Virius Nicomachus Flavianus, Sulpicius Alexander, Renatus Profuturus Frigeridus sowie noch im frühen 6. Jahrhundert Quintus Aurelius Memmius Symmachus lateinische Geschichtswerke in der klassischen Tradition, die aber verloren gegangen sind.[17] Der letzte lateinische Epiker von Rang war dann Corippus, der im 6. Jahrhundert das stilistisch eng an Vergil orientierte Werk Johannis verfasste.[18]

Auch in Gallien und Spanien blühte noch lange eine stark rhetorisch geprägte Dichtkunst, etwa die des Ausonius. Der Gallo-Römer Sidonius Apollinaris schrieb Lobreden und Briefe, die einen detaillierten Einblick in die Endphase der gallo-römischen Kultur ermöglichen. Etwa hundert Jahre später markiert das Werk des Venantius Fortunatus dann den Übergang von der spätantiken zur frühmittelalterlichen lateinischen Dichtung. Um 600 sammelte Isidor von Sevilla, der letzte große lateinische Gelehrte der Spätantike, das ihm noch erreichbare Wissen des Altertums und vermittelte es damit in Grundzügen der mittelalterlichen Welt.

Mittelalterliche Illustration Anicius Manlius Severinus Boëthius’

Die christliche Philosophie brachte mit den Schriften des Kirchenvaters Augustinus und dem Trost der Philosophie des Boëthius Werke von weltliterarischem Rang hervor. Eusebius von Caesarea begründete das Genre der Kirchengeschichte, an das mehrere christliche Autoren anschlossen, zuletzt Ende des 6. Jahrhunderts Euagrios Scholastikos. Zu nennen sind auch die Werke des Orosius. Der berühmte und hochgebildete Rhetor Marius Victorinus konvertierte 355 unter großem Aufsehen zum Christentum und widmete sich anschließend etwa der Kommentierung des Neuen Testaments. Die Literatur setzte sich vielfach auch zum Ziel, die klassischen römischen Texte durch gleichwertige christliche Gegenentwürfe zu ersetzen, wie Prudentius mit seinem Werk Psychomachia. Man schuf aber auch neue Formen (etwa die Hymnen des Ambrosius und die Werke des Arator). Im Gegenzug versuchten Vertreter der „alten“ Bildung, diese in philologischer Arbeit zu bewahren und zu sammeln, wenn auch Christen daran beteiligt waren. Zu den Vertretern der alten Bildung gehörte beispielsweise Quintus Aurelius Symmachus und der Symmachuskreis, zu dem unter anderem Virius Nicomachus Flavianus und Vettius Agorius Praetextatus zu rechnen sind, Donat, Servius und Macrobius. Der Nordafrikaner Martianus Capella unternahm nach 470 einen letzten Versuch, das pagan-römische Wissen in einer großen Götterallegorie zusammenzufassen. Der absolute Wahrheitsanspruch des Christentums hatte jedoch einen nachhaltigen Einfluss auf die Überlieferung.

Die griechische Geschichtsschreibung florierte während der gesamten Kaiserzeit und auch in der Spätantike. Eunapios von Sardes (der auch eine Biographiesammlung von Philosophen verfasste), Olympiodoros von Theben, Priskos und andere Autoren schrieben im 5. Jahrhundert bedeutende Geschichtswerke in der klassischen Tradition, die aber nur noch fragmentarisch erhalten sind. Zosimos verfasste um 500 seine Historia Nea unter Rückgriff auf Eunapios und Olympiodoros, er kam qualitativ aber nicht an den bedeutenderen Ammianus heran. Der bedeutendste griechische Historiker der Spätantike war sicherlich Prokopios von Caesarea, der große Chronist der Zeit Justinians. In Ostrom wurde die antike Geschichtsschreibung von Agathias, Menander Protektor und schließlich von Theophylaktos Simokates noch bis ins frühe 7. Jahrhundert gepflegt, bevor sie schließlich im Zuge des Niedergangs der antiken Kultur infolge der Abwehrkämpfe Ostroms gegen die Araber erlosch (siehe Byzantinische Geschichtsschreibung). Im Osten des Reiches sind daneben besonders die Redner Libanios und Themistios hervorzuheben, während hier im Bereich des Neuplatonismus bis weit ins 6. Jahrhundert hinein eine Fülle von philosophischen Werken entstanden. Neben Plotin (der zeitlich gesehen strenggenommen noch nicht zur Spätantike zählt) seien hier Porphyrios, Proklos, Iamblichos von Chalkis, Isidoros und Damaskios genannt. Der große Aristoteleskommentar des Simplikios (um 550) gilt als die letzte bedeutende Leistung der antiken Philosophie. Nach der Schließung der platonischen Akademie durch Justinian I. im Jahre 529 ging auch die heidnische Philosophie langsam ihrem Ende entgegen. In Harran hielt sich jedoch noch über längere Zeit eine heidnisch-philosophische Schule, und die Schule von Alexandria bestand bis ins frühe 7. Jahrhundert. Noch unter Justinian war es auch in kleineren Städten möglich, eine fundierte rhetorische und literarische Ausbildung zu genießen. Das spätantike Bildungsideal war dabei stark konservativ geprägt.

Sogenanntes Barberini-Diptychon mit der Darstellung von entweder Anastasios I. oder (wahrscheinlicher) Justinian I. als triumphator omnium gentium

Gleichzeitig setzte sich, wie gesagt, das Buch (Codex) zunehmend gegenüber der Schriftrolle durch, und es entstanden neue Bautypen wie etwa die christliche Basilika, die ältere Formen aufnahm und weiterführte. Während die Zahl der öffentlichen Neubauten insgesamt langsam zurückging (auch aufgrund des Verschwindens der lokalen Eliten, die sich früher durch Stiftungen von Nutzbauten verewigt hatten), stieg die Zahl der Kirchenbauten seit der Christianisierung des Reiches naturgemäß an. Neben lokalen Aristokraten, Statthaltern und Bischöfen traten dabei auch die Kaiser als Bauherren auf. Höhepunkt war dabei zweifellos die Hagia Sophia, deren von Justinian veranlasster Neubau mit seiner gewaltigen Kuppel die letzte große Leistung der antiken Architektur war. Von Bedeutung war auch in der Spätantike die Mosaikkunst, auch wenn in der Kunst insgesamt (im Vergleich zur „klassischen Antike“) einfachere Formen dominierten. Der in der bildenden Kunst seit etwa 300 dominierende entindividualisierte, frontale Darstellungsstil (man vergleiche etwa die Kaiserporträts Caracallas mit denen Valentinians II. oder Leos I.) wird dabei oft mit orientalischem Einfluss erklärt. Während sich das handwerkliche Niveau der Werke in den Kaiserresidenzen und oft auch in den Provinzhauptstädten noch bis ins 6. Jahrhundert weitgehend halten ließ, ist ansonsten ein Niedergang kaum zu leugnen. Oft war man nicht mehr in der Lage, verfallene oder zerstörte Bauwerke aus älterer Zeit in alter Schönheit zu erneuern; offenbar fehlte es auf dem flachen Land hierfür nun an den entsprechenden Kenntnissen.[19] Und obwohl auch im 5. und 6. Jahrhunderten durchaus noch Inschriften gesetzt wurden, waren diese vor allem im Westen außerhalb der Metropolen in der Regel weit entfernt vom Standard früherer Jahrhunderte.

Im Westen setzte bereits im 5. Jahrhundert ein Transformationsprozess ein, der langsam durch die Entstehung „barbarischer“ Reiche auf dem Boden des Imperiums zum Übergang ins Frühmittelalter führte. Dieser Prozess fand spätestens im frühen 7. Jahrhundert seinen Abschluss. Die Germanen versuchten aber keineswegs, die römische Kultur zu beseitigen, wie die römische Verwaltungspraxis Theoderichs des Großen oder die Rechtspraxis der Westgoten zeigt. Dies gilt auch für andere Bereiche: Forscher wie Guy Halsall oder Michael Kulikowski vertreten sogar die These, viele scheinbar „barbarische“ Elemente der materiellen Kultur seien in Wahrheit Neuentwicklungen, die aus dem Imperium Romanum selbst stammten und eine neue militärische Elite kennzeichneten, die auch Römer umfasste (ob sich diese Interpretation durchsetzen wird, bleibt abzuwarten).

Dennoch waren die Grenzen fließend. Im Osten wurden deutlich mehr Elemente der antiken Kultur bewahrt als im Westen.[20] Insgesamt waren die regionalen Unterschiede erheblich. Für Italien etwa waren besonders der zweite Gotenkrieg (seit 541) und der Einfall der Langobarden 568 von Bedeutung, für Britannien schon die angelsächsische Invasion um 440 und für Syrien erst das 7. Jahrhundert. Spätestens der Einbruch der Perser und Araber in den römischen Orient zu Beginn des 7. Jahrhunderts zerstörte dann die kulturelle Einheit der Mittelmeerwelt (siehe Islamische Expansion), die das Altertum über die Jahrhunderte seit der Errichtung des römischen Weltreiches geprägt hatte. Die Antike wurde damit endgültig vom Mittelalter abgelöst.

Sprachen in Ost und West

Im Westen hatte sich das Lateinische fast völlig durchgesetzt. Die griechischsprachigen Gebiete in Italien und auf Sizilien verschwanden, die Kenntnis des Griechischen ließ auch in der Oberschicht ab etwa 400 spürbar nach. Erst nach den Eroberungen Justinians I. kam es zu einer erneuten Gräzisierung einiger Regionen. Doch als der hochgebildete spätere Papst Gregor der Große im späten 6. Jahrhundert als Gesandter in Konstantinopel weilte, hatte er bereits mit Verständigungsproblemen zu kämpfen. In einigen Gebieten des Westens hatten neben der lateinischen Amtssprache andere Sprachen überlebt, z. B. Britannisch und Baskisch. Ob aber der Kirchenvater Augustinus um 400 wirklich die alte semitische Sprache der Karthager meinte, wenn er davon sprach, dass in Nordafrika noch immer Punisch gesprochen werde, ist umstritten.

Die lateinische Sprache des Westens begann sich während der Spätantike zu verändern. Während in der Literatur noch im sechsten Jahrhundert hochsprachliche Werke in klassischem Latein entstanden, entwickelte das einfache Volk Dialekte, die zur Grundlage der späteren romanischen Sprachen werden sollten.

Im Osten (wo daneben in weiten Gebieten Syrisch und Koptisch gesprochen wurde) war Griechisch seit langem die vorherrschende lingua franca. Im Heer, am Hof, in der Verwaltung sowie in Moesien und Illyrien sprach man aber auch hier noch lange Latein. Umstritten ist, ob es in Dakien eine Kontinuität der lateinischen Sprache gab. Durch die Eroberungen Justinians wurden mit Italien, Nordafrika und Südspanien westliche lateinischsprachige Gebiete wieder ins Imperium integriert. Allgemein ging allerdings die Verbreitung der zweiten Bildungssprache in den Oberschichten (im Westen Griechisch, im Osten Latein) zurück, wenngleich man im Osten nachweislich noch unter Justinian eine fundierte Ausbildung in lateinischer Literatur und Sprache erfahren konnte. Damals entstanden im Osten auch noch wichtige lateinische Werke (Corippus, Jordanes).

Erst unter Herakleios wurde Griechisch hier zur alleinigen Amtssprache erhoben. Seit dieser Zeit vertiefte sich aufgrund der Sprachbarriere auch die Kluft zwischen Byzanz und dem lateinischen Westen. Dabei unterschied sich das Griechisch der mittelbyzantinischen Zeit bereits in vielem (Aussprache wie Grammatik) stark vom Altgriechischen.

Gesellschaftsstruktur

Seitdem Caracalla im Jahr 212 allen freien Reichsbewohnern das römische Bürgerrecht verliehen hatte (Constitutio Antoniniana), fiel die einstmals wichtige Unterscheidung zwischen Bürgern und Nicht-Bürgern weg. Die spätantike Gesellschaft war nun grundsätzlich unterteilt in die kleine Gruppe der potentes (der „Mächtigen“) und den Rest der Bevölkerung, die humiliores. Insbesondere juristisch war diese Unterscheidung von Bedeutung, da die potentes weitaus mildere Strafen zu erwarten hatten.

Unter den potentes stellten die Senatoren eine besonders privilegierte Gruppe dar. Seit Constantius II. genoss der Senat Konstantinopels dabei dieselben Vorrechte wie der Roms. Ging man dabei früher oft davon aus, dass sich die Aristokraten auf ihre Landsitze zurückgezogen hätten, so konnte inzwischen die Existenz palastartiger Stadthäuser nachgewiesen werden. Die Senatoren unterteilten sich wiederum in verschiedene Rangstufen (clarissimi, spectabiles und illustres), die noch unter Justinian von Bedeutung waren. Der entscheidende Schub in der Christianisierung der Amts- und Bildungsträger erfolgte bereits in der Zeit zwischen den 60er und 80er Jahren des 4. Jahrhunderts.[21] Der Senat in Rom wurde im Verlauf des 4. Jahrhunderts immer mehr „christianisiert“, auch wenn Heiden ihn ihm wenigstens bis zum Beginn des 5. Jahrhunderts noch eine nicht unbedeutende Gruppe stellten.[22] Offenbar wurden Grundbesitzer und städtische Oberschicht recht gezielt missioniert. Christen sind als viri clarissimi vor allem unter Aufsteigern aus den Provinzen oder unter anderen Nutznießern kaiserlicher Protektion auszumachen; wahrscheinlich sahen sich die sozialen Aufsteiger den heidnischen Traditionen kaum verpflichtet.[23]

Im frühen 4. Jahrhundert verschwand die Bezeichnung „Ritterstand“ und wurde durch neue soziale Kategorien wie perfectissimi etc. ersetzt. Die lokale Aristokratie, die curiales, erlebte seit dem 3. Jahrhundert, wohl aufgrund steigender fiskalischer Belastungen, einen langsamen Niedergang. Man versuchte daher, sich seinen Verpflichtungen dadurch zu entziehen, dass man Kleriker wurde, in kaiserliche Dienste trat oder sich auf Landgüter zurückzog und sich auf diese Weise der kollektiven Haftung für das städtische Steueraufkommen entzog. Dies gelang aber nur einer Minderheit, so dass die Unterschiede innerhalb der Reichsaristokratie stark zunahmen. Der kleine Kreis der wirklich Mächtigen und Reichen dominierte nun auch die Politik der jeweiligen Heimatstädte, während die curiales immer mehr an Bedeutung verloren. Jüngst wird in der Forschung übrigens auch eine andere Erklärung für die so genannte Curialenflucht erwogen: Es sei gerade der Aufstieg der wohlhabendsten curiales in die Reichsaristokratie gewesen, der andere, ärmere Grundbesitzer an ihre Stelle treten ließ und dadurch aufgrund der kollektiven Haftung den Steuerdruck verstärkte. Die zunehmende Schwäche der lokalen Curien wäre dann ein Nebeneffekt des sozialen Aufstiegs ihrer reichsten Mitglieder gewesen.

Kunstvolle Mosaiken wie dieses aus dem 6. Jahrhundert (Lin am Ohridsee, Albanien) zeugen vom Vorhandensein von Wohlstand noch in dieser Zeit.

Das Ausmaß des in der Hand weniger Aristokraten vereinigten Privatvermögens scheint im Westen sehr viel größer gewesen zu sein als im Osten. Das mag ein Grund für die höheren Steuereinnahmen im Ostreich gewesen sein, da die Mächtigen sich ihren finanziellen Verpflichtungen recht leicht entziehen konnten. Während das westliche Kaisertum nicht zuletzt aus Geldmangel unterging, arrangierte sich der reiche italische Senatsadel auch mit den Goten und verlor erst um die Mitte des sechsten Jahrhunderts seine ökonomische Grundlage. Die Oberschicht war stolz auf ihren Status und ihre klassische Bildung (paideia), die weiterhin als Zeichen der Standeszugehörigkeit galt und zuletzt zusammen mit ihr verschwand (im Westen im sechsten, im Osten erst im siebten Jahrhundert). Von mehreren Autoren (Christen wie Heiden) wird der Sittenverfall der Oberschicht und deren Verschwendungssucht beklagt, wobei ähnliche Vorwürfe bereits seit der spätrepublikanischen Zeit erhoben wurden.

Wie die Rolle der Sklaven einzustufen ist, bleibt in der Forschung umstritten, allerdings ist davon auszugehen, dass es keinen wirklichen Bruch gegenüber der vorherigen Praxis gegeben hat, und die Sklaverei auch weiterhin wohl eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat, die nach Ansicht der neueren Forschung aber nicht überschätzt werden darf.

Wirtschaft

Im Westen des Imperiums war zwar ein gewisser Bevölkerungsrückgang festzustellen, aber dieser setzte wohl erst im 5. und 6. Jahrhundert in voller Stärke ein, während die Verhältnisse im 4. Jahrhundert vermutlich sogar günstiger waren als in der Soldatenkaiserzeit. Die großen Städte, vor allem Rom, Karthago, Trier, Konstantinopel, Antiochia und Alexandria, standen noch lange in Blüte und verfielen im Westen erst nach den Eroberungen durch die Germanen, im Osten noch später.[24] Westrom erlebte, bedingt oder verstärkt durch die Einfälle der Germanen, im 5. Jahrhundert einen (regional aber unterschiedlich ausgeprägten) wirtschaftlichen Niedergang. Hinzu kam, dass die reichsten Gebiete (vor allem Nordafrika) nun dem Zugriff der Westkaiser entzogen waren.

Von kaum zu überschätzender Bedeutung für die ökonomische und demografische Entwicklung war dann schließlich die so genannte Justinianische Pest, die seit 542 den gesamten Mittelmeerraum heimsuchte und zahllose Opfer forderte. Für Italien markiert daneben der zweite Gotenkrieg (541–552) einen Einschnitt. Die langwierigen, gnadenlosen Kämpfe ruinierten das einstige Kernland des Imperiums. So entging etwa die Stadt Rom, die um 530 noch immerhin etwa 100.000 Einwohner gehabt haben dürfte, nur knapp der vollständigen Zerstörung. Allerdings erschien Italien trotz allem den Langobarden noch 568 als lohnendes Ziel. Dass dort nach über 30 Jahren voller Krieg und Plünderung noch immer Beute winkte, belegt vor allem, wie reich die Halbinsel zuvor gewesen sein muss.

Dem Osten erging es lange Zeit wesentlich besser als dem Westen, auch aufgrund der Tatsache, dass die wichtigen Industrien und Handelszentren im Osten lagen. Dort endete auch die Seidenstraße und es gab einen regen Handelsaustausch mit Persien. Die griechisch-römische Ökumene setzte „zivilisiertes“ Leben mehr oder weniger mit dem Leben in der Stadt gleich. Zur Zeit Justinians war Konstantinopel mit gut 500.000 Einwohnern (vor dem Pestausbruch) die bedeutendste Stadt des Mittelmeerraums. Einige Gebiete des Reiches – etwa Ägypten oder Palästina – erlebten noch im 6. Jahrhundert eine ökonomische Blüte. Der offensichtliche Niedergang der curiales (s. o.) darf daher nicht einfach mit einer allgemeinen Krise der Städte gleichgesetzt werden. In vielen Städten des Ostens lassen sich noch unter Justinian I. private Stifter großer Gebäude nachweisen. Offenbar war die lokale Elite in den Städten nicht verschwunden, sondern sie übte ihren Einfluss nun in einer Form aus, die in den Quellen weniger Spuren hinterließ als früher.

Die römischen Handelskontakte reichten bis in das (im 4. Jahrhundert christianisierte) Reich von Aksum im heutigen Äthiopien und nach Südarabien, während die Handelsverbindungen über Persien nach Zentralasien und weiter nach China von den Sassaniden kontrolliert wurden. Römischen Versuche, am Horn von Afrika den persischen Einfluss zurückzudrängen bzw. neue, von den Sassaniden unabhängige Handelsrouten einzurichten (siehe dazu Theophilos der Inder und Ella Asbeha), scheiterten jedoch. Persische Händler etwa beherrschten den Handel mit chinesischer Seide im Indischen Ozean, wofür Ceylon ein wichtiger Umschlagplatz war. Die spätrömische Goldwährung, der Solidus, blieb im Mittelmeerraum bis ins Hochmittelalter der Standard und spielte auch im Fernhandel eine wichtige Rolle. Im Imperium kursierten nach modernen Schätzungen mehrere Millionen dieser Münzen; ärmere Römer konnten von etwa 3 Solidi pro Jahr leben. Im Orient war daneben die sassanidische Silberdrachme weit verbreitet; sie wurde im 7. Jahrhundert von den Arabern übernommen.

Die in der älteren Forschung (A. H. M. Jones) teils vertretene Ansicht, die spätantike Wirtschaft habe zu wenig Produzenten und zu viele Konsumenten gehabt, ist inzwischen in Frage gestellt worden. Auch die Annahme, dass die Menschen unter einer stetig zunehmenden fiskalischen Belastung gelitten hätten, wie vor allem die Klagen in den Quellen nahelegen, scheint durch Papyrusfunde und archäologische Grabungen widerlegt zu werden. Von einer allgemeinen Wirtschaftskrise während der gesamten Spätantike kann jedenfalls nicht ausgegangen werden. Die Verhältnisse waren je nach Zeit und Ort zum Teil grundverschieden und besonders im Osten noch lange viel günstiger als im Westen. Die besonders wohlhabende und einflussreiche Familie der Apionen in Ägypten etwa, deren Geschichte recht gut belegt ist, konnte offenbar lukrative Geschäfte betreiben.

Das private Vermögen verteilte sich auf eine relativ kleine und wohlhabende Oberschicht (s. o.), die sich zwar gerne auf prächtige Landgüter zurückzog, was früher teils als ein Indiz für eine beginnende Feudalisierung gedeutet wurde, zugleich aber auch in den Städten präsent blieb. Dem gegenüber galt der Großteil der Bevölkerung als arm, was bedeutete, dass man nicht von seinen Pfründen oder seinem Grundbesitz leben konnte, sondern für seinen Broterwerb selbst arbeiten musste. Daher wird diese Vorstellung von einer simplen Unterteilung in „Arm“ und „Reich“ der komplexen Realität kaum gerecht, wenngleich in den Quellen teils - wie zu allen Zeiten - der Vorwurf der Verschwendungssucht erhoben wird.

Zahlreiche kaiserliche Gesetze bestimmten, dass die Söhne an den Beruf des Vaters gebunden sein sollten. Im Prinzipat war es noch fast selbstverständlich gewesen, den Beruf der Vorfahren zu erben. Die gesteigerte soziale Mobilität in der Spätantike scheint durch diese Maßnahmen, die offenbar das Rad der Zeit zurück drehen sollten, aber nicht wesentlich verringert worden zu sein. So war Kaiser Justin I. ein einfacher Bauernsohn, der es bis an die Spitze des Staates schaffte.

Auf dem Land galt für die Pächter der Großgrundbesitzer in der Regel die Bindung an das zu bearbeitende Stück Land, die so genannte Schollenbindung (siehe Kolonat). Diese Maßnahme sollte die Bearbeitung des Bodens sichern und damit dem Staat stabile Einnahmen garantieren. Eine generelle, reichsweite Verarmung der Kleinbauern und ihre grundsätzliche Verdrängung durch die Colonen lässt sich dabei nicht konstatieren. Auf dem Land, vor allem in Gallien, kam es jedoch vereinzelt zu Aufständen der so genannten Bagauden, deren Ursachen allerdings umstritten sind. Vielleicht handelte es sich dabei um Reaktionen auf germanische Plünderungszüge. Insgesamt kennen wir für die Spätantike auch unter Einrechnung von städtischen Revolten weniger Fälle von sozialen Unruhen als für die früheren Phasen der römischen Geschichte.

Kaisertum und Verwaltung

Der Kaiser nahm im spätrömischen Reich spätestens seit Diokletian eine sakrale Stellung ein, nicht unähnlich der eines Vizekönigs Gottes auf Erden (näheres dazu im Artikel Kaiser). Auf Portraits und Münzen verloren sich bereits seit Diokletian die individuellen Züge der Herrscher gegenüber der Betonung der Entrückung und Sakralität ihres Amtes. Das zunehmend übersteigerte Hofzeremoniell erreichte seine Vollendung dann unter Justinian. Dennoch kann nicht von einer „orientalischen Zwangsherrschaft“ gesprochen werden, denn faktisch hatten die spätantiken Kaiser nicht mehr Befugnisse als ihre Vorgänger. Außerdem sollte die Beeinflussung mehrere Kaiser durch Heermeister, einflussreiches Hofpersonal und Verwaltungspersonen sowie durch kirchliche Würdenträger, nicht unterschätzt werden. Manche Kaiser waren zudem in sehr jungen Jahren auf den Thron gelangt und standen somit unter dem Einfluss ihrer Berater.

Büste des oströmischen Kaisers Theodosius II.

Der spätantike Herrscher war immer noch an das altrömische Prinzip der Fürsorgepflicht gebunden, und neue Kaiser wurden weiterhin durch Akklamation erhoben. Das Kaisertum war weiterhin formal nicht erblich. Um die Nachfolge von Verwandten zu sichern, wurde meist versucht, diese im Vorfeld bereits als Mitkaiser an der Macht zu beteiligen (z. B. Justinian durch Justin I.). Zudem war die Gesetzesherrschaft keineswegs suspendiert, wie oft mit dem Begriff des Dominats in der älteren Forschung suggeriert wurde. Vielmehr zeigen zahlreiche Erlasse in den Codizes, dass die Kaiser sich weiterhin an das Recht als solches gebunden fühlten (siehe beispielsweise die Äußerung im Codex Iustinianus, 1,14,4).

Eine übliche Praxis in der Spätantike war die Ernennung eines Mitkaisers (Caesar) neben dem Hauptkaiser (Augustus) oder die Trennung des Herrschaftsbereiches zwischen zwei Augusti, wie etwa zwischen Valentinian I. und Valens. Die Einheit des Reiches blieb davon jedoch unberührt, da die Gesetze eines Kaisers auch für die andere Reichshälfte Gültigkeit besaßen. Erst nach dem Tode Theodosius’ I. wurde aus der verwaltungstechnischen Teilung auch eine faktische. Allerdings blieb die Vorstellung von einer Reichseinheit bis weit über das Ende des westlichen Kaisertums hinaus lebendig und wirksam, und noch bis ins 7. Jahrhundert wurde immer wieder die Erhebung eines neuen Augustus des Westens und somit eine Erneuerung des Mehrkaisertums diskutiert.[25]

Im Inneren zeichnete sich ein Trend zur stärkeren Zentralisierung der Verwaltung ab. Vor allem Konstantin schuf zahlreiche neue Hofämter. Das altehrwürdige Konsulat, das schon seit Augustus kaum noch wirkliche Macht beinhaltet hatte, blieb zwar bis 542 erhalten, hatte aber keinerlei politischen Einfluss mehr.

Die Teilung von ziviler und militärischer Gewalt, die in Rom zuvor unbekannt gewesen war, ist ein typisches Phänomen der Spätantike. Dabei war die zivile Hierarchie seit Diokletian und Konstantin im Wesentlichen die folgende: Direkt dem Kaiser unterstellt waren die Prätorianerpräfekten (Singular: praefectus praetorio). Die von diesen verwalteten Präfekturen zerfielen in Diözesen, denen Vikare vorstanden, und die ihrerseits aus Provinzen bestanden. Die Basiseinheit blieb bis ins sechste Jahrhundert die Stadt (polis bzw. civitas), wobei die traditionellen urbanen Ämter seit dem 4. Jahrhundert an Bedeutung verloren. Dennoch blieb die städtische Selbstverwaltung weitgehend erhalten.

Der spätrömische Hof (comitatus) umfasste eine Vielzahl von Beamten, von denen die wichtigsten zum Hofrat (consistorium) gehörten. Zu den wichtigsten Hofbeamten zählten neben dem magister officiorum, dem Leiter der Verwaltung, der comes sacrarum largitionum, der für die Reichsfinanzen zuständig war, und der praepositus sacri cubiculi. Letzterer war meist ein Eunuch und leitete den kaiserlichen Haushalt, wodurch er oftmals den Zugang zum Kaiser kontrollieren konnte. Der quaestor sacri palatii war der Leiter der kaiserlichen Kanzlei. Er war in der Regel ein Jurist, da er auch mit der Abfassung kaiserlicher Gesetze beauftragt war. Außerdem publizierte er kaiserliche Edikte und bewahrte die Kopien auf. Personen, die sich auf ihren Posten besonders hervorgetan hatten, wurden teils auch mit dem hohen Ehrentitel eines Patricius ausgezeichnet. Mitglieder der höchsten senatorischen Rangklasse wurden mit dem Titel vir illustris ausgezeichnet.

Die Bürokratie gewann in der Spätantike insgesamt an Umfang, ebenso der Steuerdruck. Dieser Faktor wurde aber von der älteren Forschung wohl überschätzt, denn verglichen mit modernen Vorstellungen kann auch der spätrömische Staat als eindeutig unteradministriert gelten. Die Probleme entstanden öfter aus einem Zuwenig als aus einem Zuviel an Verwaltung. Zwar umfasste die Reichsadministration um 400 etwa drei- bis viermal so viele Mitarbeiter wie während des Prinzipats, doch kamen auf diese gut 30.000 „Beamten“ über 70 Millionen Einwohner. Jedes Mitglied der Verwaltung war also im Schnitt für über 2000 Menschen zuständig. Zudem war die Verwaltung faktisch weitaus weniger hierarchisch gegliedert, als es bei oberflächlicher Betrachtung den Anschein hat, zumal nicht nur lokale Strukturen bestehen blieben, sondern auch das alte Recht jedes freien Bürgers, sich unter Umgehung aller Instanzen direkt an den Kaiser zu wenden, bis zuletzt nicht angetastet wurde.

Einem erhaltenen Gesetz Justinians (Cod. Iust. 1,27,1) verdankt man Kenntnisse um die Kosten der zivilen Verwaltung: Der 534 vom Kaiser neu eingesetzte praefectus praetorio von Africa verfügte demnach über insgesamt 396 Mitarbeiter, die jährlich zusammen 4172 solidi erhielten, während der Präfekt selbst alleine fast doppelt so viel bekam, nämlich 7200 solidi, was einem Viertel des Gesamtetats seiner Präfektur entsprach. Demselben Gesetz lässt sich entnehmen, dass das Jahresgehalt eines nordafrikanischen Provinzstatthalters unter Justinian bei 448 solidi lag; er verfügte über jeweils 50 Mitarbeiter, die insgesamt nur 160 solidi verdienten. Zum regulären Gehalt kamen allerdings teils sehr große Summen hinzu, die Bittsteller als Schmiermittel zu zahlen hatten; solange diese Art der Korruption ein bestimmtes Maß nicht überschritt, wurde sie nicht als anstößig empfunden, sondern galt als selbstverständlich.

Im Westen verlor Rom bald nach 300 endgültig seine zentrale Stellung als Kaiserresidenz, nicht jedoch die Stellung als symbolische Hauptstadt des Imperiums. Schon längst residierten die Kaiser näher an den gefährdeten Grenzen, etwa in Trier oder in Sirmium. Im Westen wurde zunächst Mailand, schließlich das aufgrund seiner geografischen Lage lange als uneinnehmbar geltende Ravenna Hauptstadt des Westreiches. Im Ostreich hingegen residierten die Kaiser seit Theodosius I. nunmehr dauerhaft in Konstantinopel.

Die spätrömische Armee

Auch die spätrömische Armee wandelte sich. Das Heer wurde um 300 endgültig in ein Marsch- (comitatenses) und ein Grenzheer (limitanei) unterteilt. Die ältere Auffassung, wonach es sich bei letzteren um militärisch fast wertlose Milizionäre gehandelt habe, wird mittlerweile zunehmend in Frage gestellt; der Unterschied zwischen Bewegungs- und Grenzheer dürfte in der Praxis auch geringer gewesen sein, als es die ältere Forschung annahm. Vor allem im Westen wurde das römische Heer (zumindest ist dies die traditionelle Sichtweise) durch die stetige Aufnahme von Germanen zunehmend „barbarisiert“. Allerdings geben die Quellen praktisch keine Hinweise darauf, dass die Barbaren im regulären Heer illoyal gewesen wären, solange sie ihren Sold erhielten. Insgesamt kam es nun sogar viel seltener zu Rebellionen als während des Prinzipats. Eine entschlossen geführte römische Armee konnte noch im 6. Jahrhundert auch zahlenmäßig überlegene barbarische Heere schlagen. Die zentrale Schwierigkeit bestand eher darin, die immensen Kosten, die mit dem Unterhalt der regulären kaiserlichen Truppen verbunden waren, auf Dauer zu decken. Dies gelang in Ostrom weitaus besser als im Westen.

Ein Problem stellten die unter eigenen Anführern kämpfenden Foederaten dar, die vor allem im Westen immer mehr an Bedeutung gewannen, da sie weitaus billiger waren als reguläre Einheiten, die aber zugleich vom Kaiser immer schlechter kontrolliert werden konnten. Vermutlich wurde schon den Westgoten bei ihrer Ansiedlung in Aquitanien zugestanden, „ihren“ Anteil am Steueraufkommen selbst einzutreiben. In Westrom mündete dieser Prozess schließlich im 5. Jahrhundert in der faktischen Selbstauflösung des regulären Heeres, da im Westen zuletzt die finanziellen Mittel zum Unterhalt fehlten. Die germanischen Truppen traten nun an die Stelle des weströmischen Heeres, und ihre Anführer übernahmen schließlich die Rolle des Staates, der aus ihrer Sicht überflüssig geworden war. Gleichzeitig entstanden ab etwa 400 in Ost und West private Haustruppen, die Feldherren oder sogar reiche Privatleute unterhielten, die sogenannten bucellarii.

Einige Forscher vermuten, dass in diesem Zusammenhang die blutige Schlacht am Frigidus 394, in der Theodosius I. den Usurpator Eugenius besiegte, einen Wendepunkt markiert habe. Damals starben nicht nur zahllose germanische Hilfstruppen beider Seiten, sondern es fanden auch die besten Einheiten des regulären weströmischen Heeres den Tod. Diese konnten offenbar nicht mehr ersetzt werden, wenngleich die Heeresstärke zum Zeitpunkt des Todes Theodosius’ I. noch relativ hoch lag. Allerdings mussten in der darauffolgenden Zeit mehrere Einheiten im Westen neu aufgestellt werden, was wohl zu Lasten der Qualität dieser neuen Einheiten ging. Danach waren die Kaiser in Westrom viel stärker auf den Einsatz barbarischer Foederaten angewiesen als die Kaiser im Osten.

Während die Besoldung der Truppen den zivilen Beamten oblag, sah die militärische Hierarchie des spätantiken Reiches grob aus wie folgt: Nur dem Kaiser (bzw. den Kaisern) unterstellt war der magister militum (bzw. die magistri militum, denn es gab zumindest in Ostrom meist mehrere). Dann folgten die comites (Einzahl: comes) und die lokalen Kommandeure in den Provinzen, die duces (Einzahl: dux).

Eine Seite aus einer mittelalterlichen Kopie der Notitia dignitatum

Die strikte Trennung des militärischen vom zivilen Bereich wurde erst um 600 wieder aufgegeben. In den Exarchaten, die die oströmischen Kaiser im späten sechsten Jahrhundert in Karthago und Italien einrichteten, waren beide Bereiche wieder vereint. Im Heer selbst nahm die Bedeutung der Reiterei, besonders der Panzerreiterei (kataphraktoi) immer mehr zu und spielte bald eine größere Rolle als die Infanterie.

Die Truppenstärke der spätrömischen Armee ist in der Forschung umstritten, da die Quellen auch nicht eindeutig sind.[26] Insgesamt wurde jedoch die Anzahl der Legionen unter Diokletian erhöht (auf etwa 60), wobei jedoch gleichzeitig ihre Truppenstärke abnahm. Statt der alten Sollstärke von 6000 Mann dienten nun nur noch 1000 in einer Legion, und auch diese Zahl wurde faktisch selten erreicht. In der Folge verlor die Legion immer weiter an Größe und verschwand zuletzt wohl ganz, auch wenn vereinzelt noch unter Kaiser Maurikios so bezeichnete Einheiten erwähnt werden.

Lactantius schreibt, Diokletian habe die Stärke der Armee vervierfacht (De mortibus persecutorum, 7,2). Diese Darstellung ist jedoch nicht sehr glaubhaft, da Lactantius wohl einfach das Schema der Tetrarchie auf die Armee überträgt. Im 4. Jahrhundert dürfte die Heeresstärke jedenfalls in etwa bei 400.000 Mann gelegen haben, womit sie etwas höher lag als in der frühen und hohen Kaiserzeit. Nach den Angaben der Notitia dignitatum lag die Sollstärke um 400 bei etwa 600.000 Mann. Agathias errechnete dann um 570 eine Sollstärke von 645.000 (5,13,7). Wie er zu dieser Schätzung kam, ist unklar, doch dürfte er das nicht mehr existierende Westheer miteingerechnet haben. Zur Zeit Justinians dienten seinen Angaben nach jedenfalls nur noch 150.000 Mann (5,15) in der oströmischen Armee. Diese Zahl ist jedoch vermutlich deutlich zu niedrig angesetzt (wahrscheinlich zählte Agathias nur die comitatenses). In der Forschung wird eher von der doppelten Stärke ausgegangen. Damit wäre Justinians Armee in etwa ebenso groß gewesen wie die des Augustus.

Insgesamt wurde die Heeresstärke der spätrömischen Armee zwar erhöht, sie war jedoch angesichts der vielfältigen Aufgaben kaum ausreichend, zumal sie oft an den Grenzen gebunden war. Daher mutet es auch wenig verwunderlich an, wenn die meisten spätantiken Militäroperationen mit vergleichsweise wenig Männern durchgeführt wurden. Kaiser Julians Feldzug gegen die Sassaniden war mit ca. 65.000 Mann (die teils deutlich höheren Zahlenangaben in den Quellen sind weniger wahrscheinlich) eine der größten Militäroperationen der Spätantike.[27] Insgesamt wurden die größten römischen Armeen meist an der Ostgrenze eingesetzt. Stilicho operierte 40 Jahre nach Julian im Westen mit nur etwa 20.000 Mann, während Belisar 533 mit wohl etwas mehr als 15.000 Elitesoldaten gegen die Vandalen zog, nachdem er drei Jahre zuvor noch deutlich über 30.000 Kämpfer gegen die Sassaniden ins Feld geführt hatte. Kaiser Anastasios I. mobilisierte noch 503 über 50.000 Mann zur Abwehr eines persischen Angriffs, und in den 550er Jahren operierten sowohl in Italien als auch im Kaukasus römische Armeen mit jeweils gut 30.000 Soldaten. Mitunter konnten im Orient noch weitaus größere Verbände aufgestellt werden, deren Schlagkraft dann allerdings meist begrenzt war. Noch das kaiserliche Heer, das sich 636 den Arabern stellte und vernichtet wurde, dürfte mehrere zehntausend Mann umfasst haben.

Die Kirche

Die über effiziente Verwaltungsstrukturen verfügende Kirche (siehe auch Alte Kirche) festigte in der Spätantike ihre Stellung. Bereits Konstantin der Große hatte die Kirche gefördert, sodass diese nun auch über wirtschaftliche Macht verfügte, die sie unter anderem auch für die Armenversorgung nutzte. Durch staatliche Privilegien wurde sie auch für die Oberschicht des Reiches interessant, und indem sich seit dem 4. Jahrhundert die Kindstaufe durchsetzte, während Apostasie (Abfall vom Glauben) bald mit dem Tod bedroht wurde, war es schließlich kaum noch möglich, sich frei für oder gegen das Christentum zu entscheiden. Es kam jedoch trotz oder wegen der steigenden Macht der neuen Religion bald zu mehreren Kontroversen innerhalb der Kirche: Weniger das Heidentum, das aber noch im 5. und 6. Jahrhundert durchaus aktiv war, als vielmehr theologischen Differenzen (besonders bzgl. der Natur Christi) innerhalb der Kirche erschwerten die innere Festigung (siehe Erstes Konzil von Nicäa, Arianismus, Nestorianismus, Monophysitismus). Auch die fünf ökumenischen Konzile der Spätantike konnten hier keine Einigung erreichen.[28]

Älteste bekannte Darstellung des Augustinus in der Tradition des Autorenbildes (Laterankirche, 6. Jh.).

Dabei muss beachtet werden, dass in jener Zeit Religionsfragen nicht nur von einem kleinen Zirkel von Theologen besprochen wurden, sondern dass diese Diskussion mit Leidenschaft auch in den unteren Bevölkerungsschichten debattiert wurde. Schließlich ging es um das persönliche Heil des Einzelnen. Wer einer falschen Lehre anhing, dessen Seele war verloren. Die Feststellung des „orthodoxen“ Standpunktes war also von entscheidender Bedeutung für die Gläubigen. Hinzu kamen verunsichernde Ereignisse wie die kurzfristige heidnische Renaissance unter Kaiser Julian oder der Schock der Plünderung Roms 410, auf den Augustinus von Hippo, Orosius und andere literarisch reagierten. Bis zum Ende der Epoche (und vor allem im Osten darüber hinaus) bestimmten theologische Auseinandersetzungen, die meist untrennbar mit Machtfragen verknüpft waren, die Geschichte in entscheidendem Maße mit. Indem das Christentum zur Religion von Kaiser und Reich (dem Imperium sanctum) wurde und Christus zum Kosmokrator, der als eine Art himmlischer Kaiser gedacht wurde, musste es sich der Welt anpassen und erfuhr eine massive Transformation. Unter anderem wurde es notwendig, Gewalt theologisch zu begründen, da auch das nunmehr christliche Imperium weiterhin militärische Konflikte ausfocht. Besonders Augustinus entwickelte daher, aufbauend auf der alten römischen Vorstellung des bellum iustum, eine theologische Rechtfertigung des Krieges. Neben dieser Entfernung vom altchristlichen Gebot der Nächstenliebe erregte vor allem die zunehmende Verweltlichung der Kleriker und der rasant wachsende Reichtum der Kirche vielfach Befremden und Widerspruch.

Daneben ist es falsch zu glauben, dass das Heidentum mit der konstantinischen Wende verschwand. Es hielt sich trotz der antiheidnischen Gesetzgebung der Kaiser Gratian und Theodosius I. noch lange Zeit auf dem flachen Land, vor allem im Westen, und erfreute sich auch bei Teilen der gebildeten Aristokratie noch großer Beliebtheit. Um 400 dürften es noch ungefähr genau so viele Christen wie Heiden gegeben haben, wobei die Christianisierung regional unterschiedlich verlief. Die Städte waren stärker christianisiert, während auf dem Land die Entwicklung langsamer voran schritt: Oft wurden in Gallien und Italien Missionare erschlagen, wenn sie Bauern an Opfern für die Erntegötter hindern wollten, und noch im frühen 6. Jahrhundert konnte der Heide Zosimos ein Geschichtswerk schreiben, in dem den Christen die Schuld am Niedergang Roms gegeben wurde. Den letzten offiziell geduldeten heidnischen Tempel, das berühmte Isis-Heiligtum von Philae, ließ erst Justinian um 537 schließen. Unter Kaiser Tiberios I. kam es 579 zu einem Heidenaufstand in Syrien, und erst 599 ließ Papst Gregor der Große die zahlreichen Altgläubigen Sardiniens durch Folter und Kerkerhaft zur Taufe zwingen. Auf oströmischem Territorium trafen noch die arabischen Eroberer im 7. Jahrhundert auf Regionen und Städte, die noch immer vom alten Polytheismus geprägt waren. Zugleich hingen nicht wenige Menschen sowohl dem Christentum als auch den alten Kulten an, ohne den Absolutheitsanspruch der Kirche zu beachten. Oft wird angenommen, dass damals Marienkult und Heiligenverehrung christliche Zugeständnisse an die polytheistischen Neigungen der Mehrheit darstellten, die nach Entsprechungen für die antiken Muttergottheiten (Isis, Kybele) und nach eigenen Göttern für bestimmte Probleme und Bereiche verlangte. Nicht wenige ehemalige Nichtchristen dürften zudem bewusst und unbewusst Elemente und Denkweisen der alten Kulte auch nach ihrer Konversion beibehalten haben. So stellten die Heiden spätestens seit etwa 400 eine immer kleiner werdende Minderheit dar, aber die alten Religionen hinterließen deutliche Spuren im Christentum.

In der Spätantike entwickelte sich auch das Amt des Bischofs von Rom hin zum Papsttum. Den entscheidenden Schritt in diese Richtung tat Gregor der Große, der zugleich als der letzte spätantike Kirchenlehrer und der erste mittelalterliche Papst gelten kann.

Im Osten, genauer gesagt in Ägypten, nahm mit Antonius dem Großen gegen Ende des 3. Jahrhunderts das Mönchtum seinen Anfang, das sich gegen Ende des 4. Jahrhunderts langsam im Reich ausbreitete. Für die Entwicklung des Klosterwesens war daneben insbesondere Pachomius bedeutsam. Die Jahre zwischen etwa 300 und 600 waren durch das Auftreten der „Holy Men“ (Peter Brown) geprägt, charismatischer Einzelner, die besonders in Ostrom als Säulenheilige und Eremiten für Aufsehen sorgten. Vermutlich stellte dieses Phänomen eine Reaktion auf die zunehmende Verweltlichung des Christentums dar, die der Preis für die Allianz mit dem römischen Staat war (siehe oben). Anders als im Westen gelang es einzelnen Heiligen Männern im Osten, die Autorität der Bischöfe zeitweise empfindlich in Frage zu stellen.

Die erstarkte Stellung der Kirche kam auch dadurch zum Ausdruck, dass sich verstärkt befähigte Personen gegen den Staatsdienst und für den Dienst in der Kirche entschieden, zumal Kleriker seit dem 4. Jahrhundert bedeutende Privilegien wie etwa Steuerfreiheit genossen. Dazu gehörten der ehrgeizige und energische Ambrosius, dem es gelang, auf die Kaiser Gratian und Theodosius I. Einfluss zu nehmen, sowie am Ende der Epoche Gregor der Große.

Außerhalb des Imperiums waren Christen im persischen Mesopotamien relativ zahlreich vertreten, ebenso im Kaukasusraum. Das Reich von Aksum wurde im 4. Jahrhundert christianisiert (siehe Ezana) und bildete seitdem einen der Drehpunkte der römischen Diplomatie in diesem Raum. Auch existierten christliche Gemeinden in Südarabien. Die Christianisierung der Germanen erfolgte jedoch zumeist durch deren Übernahme des arianischen Bekenntnisses (siehe etwa Ulfila), wenn auch später oft der Übertritt zum Katholizismus erfolgte; eine Ausnahme waren die Franken, die offenbar direkt zum katholischen Glauben konvertierten.[29]

Dem Mittelalter rettete die Kirche, die sich im 4. Jahrhundert langsam zur Reichskirche entwickelte, wenigstens Teile des antiken Wissens (wenngleich sie zugleich auch Mitschuld am Verschwinden missliebiger Schriften trug). Als die römische Armee und das römische Beamtenwesen im Westen nach und nach verschwanden, blieb die Kirche bestehen und trat im 5./6. Jahrhundert zunehmend an die Stelle des dort nicht mehr funktionsfähigen Staates.

Religiöse Entwicklungen außerhalb des Christentums

In der Spätantike gelang nicht nur dem Christentum der Durchbruch zur dominierenden Religion im römischen Reich, es kamen auch neue Religionen auf, während sich bereits etablierte Religionen weiterentwickelten.

Münze des Kaisers Probus (276–282) mit Sol Invictus auf der Quadriga

Das „Heidentum“ blieb wenigstens bis ins späte 4. Jahrhundert eine durchaus lebendige Kraft im römischen Reich. Im Streit um den Victoriaaltar, den der römische Stadtpräfekt Quintus Aurelius Symmachus und Bischof Ambrosius von Mailand im Jahr 384 austrugen, kamen die gegensätzlichen Positionen von Christen und Heiden noch einmal symptomatisch zum Ausdruck. Auch um 600 waren die alten Kulte keineswegs überall verschwunden (s. o.). Diese Religionen waren anders als die Kirche nicht zentral organisiert, sondern stellten vielmehr eine synkretistische Vielfalt verschiedener Glaubensvorstellungen dar. Neben den Kulten, die man zur traditionellen römischen Religion zählen kann, waren vor allem die aus dem Osten stammenden Mysterienkulte von Bedeutung (näheres siehe dort). Ebenso erfreute sich der Sonnengottkult beträchtlicher Beliebtheit; so war auch Konstantin der Große lange Zeit ein Anhänger Sols. Daneben hatte besonders im römischen Heer Mithras eine größere Anzahl von Anhängern; Mithras und Sol wurden dabei oft miteinander verbunden: Der Haupttempel des Sol Invictus Mithras in Baalbek wurde erst unter Justinian I. durch ein Feuer zerstört. Auch der Synkretismus sowie der Neuplatonismus hatten eine besondere Bedeutung für das spätantike Heidentum, wobei oft zwischen Philosophie und Religion nicht streng unterschieden wurde.

Das Heidentum hielt sich noch lange Zeit, besonders bei der Landbevölkerung. Bereits in der Antike war deshalb die (falsche) Herleitung des Ausdrucks paganus (Nichtchrist) von „Landbewohner“ üblich. Auch Teile der Senatsaristokratie und verschiedene philosophischen Kreise blieben noch längere Zeit heidnisch; die Zahl der Heiden nahm ab dem 4. Jahrhundert jedoch deutlich ab (siehe den Abschnitt zur Kirche).[30] Allerdings gab es durchaus viele Kontakte zwischen der altgläubigen und der christlichen Gedankenwelt, die sich auch gegenseitig beeinflussten. So verwundert es auch nicht, dass die Christen, beeinflusst durch die Sonnenkultideologie, in Jesus bald die „Sonne der Gerechtigkeit“ sahen.[31]

Manichäer aus einem Manuskript von Khocho, Tarimbecken.

Ein besonderes Phänomen der Spätantike stellt der Manichäismus dar. Begründet wurde er im 3. Jahrhundert vom Perser Mani, der sich Aspekte verschiedener Religionen (wie des Christentums, aber auch des Zoroastrismus (s. u.) und des Buddhismus) bediente. Beim Manichäismus handelte es sich um eine dualistische Buchreligion (Gut und Böse, Licht und Dunkelheit gelten als in einen ewigen Kampf verwickelt), die sich bald zu einer einflussreichen Glaubensrichtung entwickelte und in Persien anfangs gefördert wurde. Der neue Glaube fand von Spanien bis Zentralasien Anhänger, die aber im Römischen Reich und in Persien teils Verfolgungen ausgesetzt waren.

Im persischen Sassanidenreich, wo Christen ebenso wie Juden und Manichäer lebten, war die vorherrschende und von den Großkönigen bevorzugt geförderte Religion der Zoroastrismus. Allerdings sind viele Aspekte dieser Religion in der Forschung umstritten, da die meisten Zeugnisse aus nachantiker Zeit stammen. Es ist auch nicht restlos geklärt, ob man den Zoroastrismus als regelrechte „Staatsreligion“ bezeichnen kann, wie dies in der älteren Forschung oft der Fall war. In der neueren Forschung tendiert man zu einer vorsichtigeren Einschätzung, da andere Kulte von den Sassaniden in der Regel geduldet wurden. Dennoch war der Zoroastrismus (bzw. Mazdaismus) bis zum Einbruch des Islam die einflussreichste Religion im Iran. Daran änderte die Existenz zahlreicher christlicher Gemeinden im Westen des Reiches ebenso wenig wie die religiös-sozialrevolutionäre Bewegung der Mazdakiten, die das Reich in den Jahrzehnten um 500 erschütterte.

Das Judentum litt in der Spätantike weiter unter der Diaspora. Die meisten römischen Kaiser waren den Juden (trotz diverser abfälliger Bemerkungen in der Gesetzgebung) nicht wirklich feindlich gesinnt, jedenfalls solange die öffentliche Ordnung nicht tangiert wurde. Es bestanden allerdings erhebliche Spannungen zwischen Juden und Nichtjuden. Mehrere christliche Kaiser beschränkten die jüdische Religionspraxis oder verboten den Neubau von Synagogen. Dennoch blieb das Judentum nach 391/92 die einzige erlaubte nichtchristliche Religion im Imperium Romanum. Mehrere christliche Kaiser bestanden auch auf gewissen Schutzvorschriften für Juden, die aber trotzdem vereinzelten Übergriffen ausgesetzt waren. Bereits 429 wurde die Institution des „Patriarchen der Juden“ aufgehoben und Palästina in vier Provinzen unterteilt. Die Kirche lehnte jedoch die Aufnahme von zwangsbekehrten Juden (theoretisch) strikt ab. Ein spezielles Problem stellten die Samaritaner dar, eine jüdische Splittergruppe, die wiederholt Konflikte mit der römischen Zentralgewalt austrug und besonders unter Justinian I. in blutige Kämpfe mit kaiserlichen Truppen verwickelt war (siehe Julian ben Sabar).

Auch der Islam hat seine Wurzeln im religiösen Denken der Spätantike und war stark von Christen- und Judentum sowie wahrscheinlich auch vom Zoroastrismus beeinflusst. Die extreme Position einiger Gelehrter (v. a. Karl-Heinz Ohlig), die die Existenz Mohammeds bezweifeln und den Islam für eine christliche Häresie halten, die sich erst um 800 zu einer eigenständigen Religion entwickelt habe, hat sich bislang nicht durchgesetzt.

Insgesamt war der allgemeine religiöse Trend in der frühen Spätantike hin zum Henotheismus bzw. Monotheismus unverkennbar, wovon das Christentum beträchtlich profitierte. Das Christentum bot mit seiner Erlösungsbotschaft auch eine verlockende Alternative, zumal die Kirche karitativ tätig war. Selbst der letzte heidnische Kaiser des Gesamtreiches, Julian, bewunderte diesen Aspekt und versuchte vergeblich, dies auch innerhalb seiner (vielleicht) geplanten „heidnischen Staatskirche“ einzubauen. Dem missionarischen Impetus waren die heidnischen Kulte, spätestens seit der massiven staatlichen Förderung des Christentums seit Konstantin, letztendlich nicht mehr gewachsen. Ihr langer Fortbestand als Minderheitenreligion warnt allerdings davor, den alten Kulten jede Lebenskraft abzusprechen – dies entspricht vielleicht eher der Sicht der christlichen Sieger als der Realität.

Zeitleiste

Entwicklung bis zum Frühmittelalter
  • 284: Regierungsantritt Diokletians. Reichsreform und erfolgreiche Stabilisierung der Grenzen.
  • 285: Ernennung Maximians zum Caesar.
  • 286: Maximian wird zum Augustus im Westen ernannt.
  • 293: Constantius Chlorus wird im Westen, Galerius im Osten zum Caesar erhoben (Römische Tetrarchie).
  • 298: Galerius gelingt ein wichtiger Sieg über die Sassaniden, der im Frieden von Nisibis zu erheblichen Gebietsgewinnen für die Römer führt.
  • 1. Mai 305: Rücktritt Diokletians, der auch Maximian zu diesem Schritt zwingt.
  • 306: Tod des Constantius Chlorus. Konstantin der Große wird in York zum Kaiser ausgerufen. Zusammenbruch der tetrarchischen Ordnung.
  • 308: Kaiserkonferenz von Carnuntum, die jedoch keine dauerhafte Lösung bringt.
  • 311: Galerius toleriert im Osten des Reiches offiziell die Christen (Toleranzedikt von Nikomedia).
  • 28. Oktober 312: Schlacht bei der Milvischen Brücke; Sieg Konstantins über Maxentius und Bekehrungserlebnis.
  • 313: Mailänder Vereinbarung: Die Christen werden durch Licinius und Konstantin offiziell toleriert.
  • 324: Alleinherrschaft Konstantins nach dem Sieg über Licinius bei Chrysopolis.
  • 325: Erstes Konzil von Nicäa.
  • 337: Taufe und Tod Konstantins in Achyrona, einer Vorstadt von Nikomedia. Im Anschluss daran kommt es zu einer Reihe von Morden, die die konstantinische Dynastie dezimieren. Constantius II. erhält 338 den Ostteil des Reiches, seine Brüder Constans und Konstantin II. den Westen.
  • 337/38: Zwischen Rom und Persien brechen erneut Kampfhandlungen aus, die sich über Jahre hinziehen. 350 kommt es zu einer Waffenpause, die von den Persern 359 gebrochen wird.
  • 340: Constans ist im Westen Alleinherrscher, wird aber 350 von Magnentius umgebracht.
  • 351: Sieg Constantius’ II. bei Mursa über den Usurpator Magnentius. Nach dem Selbstmord des Magnentius 353 ist Constantius II. Alleinherrscher.
  • 361: Kaiser Julian zieht gegen Constantius, der jedoch vor dem Zusammenstoß stirbt, und Julian angeblich zu seinem Nachfolger ernannt hat. Letzte Renaissance des Heidentums.
  • 363: Tod Julians während seines Persienfeldzugs. Jovian folgt ihm nach und schließt einen Friedensvertrag mit den Sassaniden, durch den die unter Galerius eroberten Gebiete wieder an Persien fallen.
  • 364: Valentinian I. wird Kaiser. Er führt erfolgreich Feldzüge gegen die Germanen am Rhein und setzt seinen Bruder Valens als Kaiser im Osten ein.
  • Ab 375: Beginn der Völkerwanderung im engeren Sinne. Die Hunnen vernichten des Reich der Ostgoten in Südrussland. Gratian wird Kaiser im Westen.
  • 376: Donauübergang der Goten und Aufnahme ins Römische Reich.
  • 378: Schlacht von Adrianopel. Strategische Fehler führen zur Vernichtung des Großteils des römischen Heeres im Osten und zum Tod des Valens.
  • 379: Gratian setzt Theodosius als Kaiser im Osten ein.
  • 382: Gotenvertrag. Theodosius siedelt die Donaugoten als Foederaten auf römischem Boden an.
  • 388: Theodosius lässt den Usurpator Magnus Maximus, der sich nach der Ermordung Gratians 383 im Westen behaupten konnte, hinrichten und überträgt Valentinian II. den Westen.
  • 384: Streit um den Victoriaaltar.
  • 392: Valentinian II. stirbt unter unklaren Umständen, Eugenius wird von Arbogast zum Kaiser im Westen erhoben.
  • 394: Theodosius marschiert in den Westen und wirft die Erhebung des Eugenius in der blutigen Schlacht am Frigidus nieder. Dies bedeutet zugleich den endgültigen Triumph des Christentums. Ein letztes Mal wird die Reichseinheit verwirklicht.
  • 17. Januar 395: Tod Theodosius’ des Großen und anschließende „Reichsteilung“. Sein Sohn Arcadius erhält den Osten, sein anderer Sohn Honorius den Westen. Es kommt in der Folgezeit zu latenten Spannungen zwischen den beiden Reichen. Raubzüge der Goten unter Alarich I. auf dem Balkan.
  • Neujahrsnacht 406/407: Rheinübergang von 406 und Zusammenbruch der Rheingrenze. Germanische Gruppen ziehen in großer Zahl nach Gallien und Spanien (nach Ansicht einiger Forscher geschah dies bereits ein Jahr früher).
  • 24. August 410: Plünderung Roms durch die Goten unter Alarich. Endzeitstimmung im Westreich.
  • 418: Ansiedlung der Westgoten als römische Foederaten in Aquitanien.
  • 439: Einnahme Karthagos durch die Vandalen unter Geiserich und damit für fast 100 Jahre Verlust der Provinz Africa.
  • 451: Einbruch der Hunnen in den Westen des Römischen Reiches. Der Heermeister des Westens, Aëtius, stoppt Attila in Gallien.
  • 455: Plünderung Roms durch die Vandalen.
  • 468: Eine gemeinsame Aktion west- und oströmischer Truppen gegen das Vandalenreich scheitert katastrophal.
  • 476: Absetzung des Romulus Augustulus durch den Germanen Odoaker. Ende des weströmischen Kaisertums.
  • 480: Tod des letzten von Ostrom anerkannten Kaisers, Julius Nepos.
  • 482–511: Chlodwig I. begründet das merowingische Frankenreich.
  • 493–526: Theoderich der Große herrscht über das ostgotische Italien.
  • 527–565: Justinian I. herrscht über Ostrom.
  • 529: Schließung der athenischen Akademie.
  • 533: Rückeroberung Nordafrikas durch oströmische Truppen.
  • 535–552: Rückeroberung Italiens durch kaiserliche Armeen.
  • 542: Ausbruch der Pest im Mittelmeerraum.
  • 552: Rückeroberung Südspaniens durch oströmische Truppen.
  • 568: Einfall der Langobarden in Italien. Ende der Völkerwanderung.
  • Um 580: Beginn der slawischen Landnahme auf dem Balkan.
  • 602/3–628: Letzter Krieg zwischen Ostrom und den Sassaniden. Herakleios gelingt es schließlich, die Perser zu schlagen.
  • Um 625: In Ostrom löst Griechisch endgültig Latein als Amtssprache ab.
  • 632: Tod Mohammeds und Beginn der islamischen Expansion.
  • 636: Die Schlacht am Jarmuk führt in der Folge zum Verlust des römischen Orients (Syrien und Ägypten) an die Araber.
  • 651: Ermordung des letzten sassanidischen Großkönigs: Ende des Perserreiches.
  • 661: Kaiser Konstans II. verlegt die oströmische Residenz vorübergehend nach Sizilien.
  • 693: In den für den Islam eroberten Gebieten werden erstmals neue Münzen geprägt, nun mit islamischen Motiven. Bald darauf wird Griechisch als Amtssprache offiziell durch Arabisch ersetzt.
  • 698: Karthago fällt an die Araber
  • 711: Untergang des Westgotenreichs in Spanien, Ende der Herakleischen Dynastie in Byzanz

Siehe auch

Literatur

Quellen in Auswahl

Sekundärliteratur in Auswahl

Die Sekundärliteratur bezüglich der Spätantike ist äußerst umfangreich, weshalb im Folgenden auch nur eine Auswahl genannt werden kann. Es sei nachdrücklich auf die Bibliographien der entsprechenden Werke hingewiesen (speziell der betreffenden Bände der Cambridge Ancient History und auf das Reallexikon für Antike und Christentum) und auf die Literaturangaben in den Artikeln, auf die im Text verwiesen wird. An Fachzeitschriften sind speziell zu nennen Antiquité tardive (1993ff.) sowie Journal of Late Antiquity (2008ff.).

Darstellungen älteren Datums

Lesenswert ist noch immer Edward Gibbons The History of the Decline and Fall of the Roman Empire, wenngleich dieses klassische Werk aus dem späten 18. Jahrhundert natürlich in keiner Weise den heutigen Forschungsstand wiedergibt.

Die umfassendste deutsche Darstellung stammt aus der Feder des Historikers Otto Seeck. Sie ist jedoch stark von dessen sozialdarwinistischer Grundanschauung geprägt und zudem in Teilen völlig veraltet.

  • Otto Seeck: Geschichte des Untergangs der antiken Welt. Verbesserte Auflage. 6 Bände, Stuttgart 1921, Nachdrucke Darmstadt 1966 und 2000.

Zwei weitere, auch heute noch nützliche Werke älteren Datums, die ebenfalls ganz aus den Quellen gearbeitet wurden und, wenn auch in Teilen überholt, immer noch als Standardwerke betrachtet werden, wurden von Ernst Stein und John B. Bury verfasst.

  • Ernst Stein: Geschichte des spätrömischen Reiches. Band 1, Wien 1928.
    Stein, der nach den Nürnberger Gesetzen als Jude galt und vor den Nazis fliehen musste, weigerte sich dann, sein Werk nochmals in deutscher Sprache erscheinen zu lassen. Es existiert jedoch eine französische Übersetzung, die auch einen zweiten, posthum erschienenen Teil umfasst: Histoire du Bas-Empire. Bearbeitet von Jean-Rémy Palanque. 2 Bände, Paris/Brüssel/Amsterdam 1949 (Band 2) und 1959 (Band 1), Nachdruck 1968.
  • John Bagnell Bury: History of the Later Roman Empire. From the death of Theodosius I. to the death of Justinian. 2 Bände, New York 1958 (Nachdruck der Ausgabe von 1923). Burys Werk stellt die ausführlichste englische Darstellung der politischen Geschichte zwischen 395 und 565 dar und ist auch heute noch sehr nützlich, besonders aufgrund der Nähe zu den Quellen.

Moderne Darstellungen

  • Glen Bowersock u. a.: Late Antiquity. A guide to the postclassical World. Cambridge (Massachusetts) 1999, ISBN 0-674-51173-5.
    (Ausgezeichneter, gut lesbarer Überblick über den aktuellen Forschungsstand zur Spätantike [aus der Sicht der „Brown-Schule“] mit einem nützlichen Lexikonteil.)
  • Hartwin Brandt: Das Ende der Antike. Geschichte des spätrömischen Reiches. 2. Aufl. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51918-0.
    (Knapper und konservativer, aber dennoch informativer und preislich günstiger Überblick über die Zeit von Diokletian bis Justinian.)
  • Peter Brown: The World of Late Antiquity AD 150–750. New York 1971, mehrere Nachdrucke, ISBN 0-393-95803-5.
    (Einflussreiche und gut geschriebene Darstellung, die vor allem die kulturelle Metamorphose der spätantiken Welt betont und sich besonders an interessierte Laien richtet.)
  • Peter Brown: Die Entstehung des christlichen Europa. C. H. Beck, München 1999, ISBN 3-406-44023-1 (Originalausgabe The Rise of western Christendom, Oxford 1995, 2. verbesserte und erweiterte Auflage, Oxford 2003).
    (Ein gut lesbares Standardwerk zur Kulturgeschichte; die zweite englische Auflage verfügt auch über einen wissenschaftlichen Apparat.)
  • Averil Cameron u. a. (Hrsg.): The Cambridge Ancient History. Bd. 12, 13 und 14, 2. neugestaltete Aufl., Cambridge 1998ff.
    (Wichtige moderne Übersichtsdarstellung. Dort findet sich auch weiterführende Literatur, größtenteils jüngeren Datums.)
  • Averil Cameron: The Later Roman Empire: Ad 284–430. Harvard University Press, 1993, ISBN 0-674-51194-8.
    (Knappe Einführung, die aber schon mit dem Tod des Augustinus endet.)
  • Averil Cameron: The Mediterranean World in Late Antiquity AD 395–600. Routledge, London und New York 1993, ISBN 0-415-01421-2.
    (Verständlicher und informativer thematischer Überblick, der aber erst mit dem Tod Theodosius’ I. einsetzt.)
  • André Chastagnol: L’évolution politique, sociale et économique du monde romain 284–363. SEDES, Paris 1994, ISBN 2-7181-3552-2.
    (Solide und relativ umfangreiche Übersichtsdarstellung zur frühen Spätantike. Mit einer starken Gewichtung von Wirtschaft und Gesellschaft.)
  • Alexander Demandt: Die Spätantike. Handbuch der Altertumswissenschaft III.6. 2. Auflage, C. H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-55993-8.
    (Neu überarbeitete, relativ umfangreiche Übersichtsdarstellung, in der allerdings keineswegs immer die aktuelle Forschung mit einbezogen wird. Darauf basiert eine inhaltlich gekürzte und leicht veränderte Sonderaufl., allerdings ohne Anmerkungen: Geschichte der Spätantike. München 2008; kritische Rezension in Sehepunkte).
  • Peter Dinzelbacher, Werner Heinz: Europa in der Spätantike. WBG/Primus, Darmstadt 2007. (Schön bebilderte Darstellung zur Geistes- und Kulturgeschichte.)
  • Paul Fouracre (Hrsg.): The New Cambridge Medieval History: Volume 1, c. 500 – c. 700. Cambridge 2005.
    (Umfassende Darstellung aus mediävistischer Perspektive.)
  • Manfred Fuhrmann: Rom in der Spätantike. Artemis & Winkler, Zürich 1994, ISBN 3-7608-1088-8. (Eine kulturhistorische Darstellung aus Sicht eines Altphilologen mit deutlichem Schwerpunkt auf dem lateinischen Westen.)
  • Klaus Girardet: Kaisertum, Religionspolitik und das Recht von Staat und Kirche in der Spätantike. Habelt, Bonn 2009, ISBN 978-3-7749-3469-6.
  • Walter A. Goffart: Barbarians and Romans AD 418–584. The techniques of accomodation. Princeton 1980.
    (Einflussreiche, aber nicht unumstrittene Darstellung der Transformation des Westens des Römischen Reiches.)
  • John Haldon: Byzantium in the Seventh Century. The Transformation of a Culture. 2. Aufl., Cambridge 1997.
    (Standardwerk zu den Veränderungen, die aus dem spätantiken Oströmischen Reich das Byzanz des Mittelalters machten.)
  • Guy Halsall: Barbarian Migrations and the Roman West, 376–568. Cambridge University Press, Cambridge 2007.
    (Ausgezeichnete, aktuelle Gesamtdarstellung zur Völkerwanderungszeit, die aber fast ausschließlich die Geschichte des Westens in den Blick nimmt und primär innere Faktoren für das Ende dieses Reichsteils verantwortlich macht. Besprechung bei Sehepunkte.)
  • Peter J. Heather: The Fall of the Roman Empire: A New History. London 2005, ISBN 0-333-98914-7.
    (Heather führt als Hauptgrund für den Untergang Westroms das Einbrechen der Barbaren (ähnlich wie Ward-Perkins) und vor allem der Hunnen an; auch betont er wieder die Bedeutung des Jahres 476 als Epochenjahr für Westrom (nicht für Ostrom). Besprechung der Bücher von Heather und Ward-Perkins (BMCR 7/2005); Besprechung bei H-Soz-u-Kult)
  • James Howard-Johnston: The two Great Powers in Late Antiquity: A comparison. In: Averil Cameron (Hrsg.): The Byzantine and early Islamic Near East. States, Resources, Armies. [Studies in Late Antiquity and Early Islam III], Princeton 1995, S. 157–226.
    (Eine zusammenfassende Gegenüberstellung von Rom und Persien. Sehr empfehlenswert.)
  • Imperium Romanum: Römer, Christen, Alamannen – Die Spätantike am Oberrhein. Ausstellungskatalog zur Landesausstellung im Badischen Landesmuseum Karlsruhe vom 22. Oktober 2005 bis 26. Februar 2006, hrsg. vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe, Stuttgart 2005.
  • Arnold Hugh Martin Jones:The Later Roman Empire 284–602. A Social, Economic and Administrative Survey. 3 Bände durchgehend nummeriert, Oxford 1964 (Nachdruck in zwei Bänden, Baltimore 1986).
    (Die beste moderne, ganz aus den Quellen gearbeitete Darstellung. Ein moderner Klassiker, wenn auch nur schwer lesbar und nicht chronologisch gegliedert.)
  • Arnold Hugh Martin Jones, John R. Martindale, John Morris: The Prosopography of the Later Roman Empire. 3 Bände (Band 3 in zwei Teilbänden), Cambridge 1971–1992.
    (Wichtiges, die Zeit von ca. 260 bis 641 n. Chr. abdeckendes prosopografisches Nachschlagewerk.)
  • Theo Kölzer, Rudolf Schieffer (Hrsg.): Von der Spätantike zum frühen Mittelalter. Kontinuitäten und Brüche, Konzeptionen und Befunde. Thorbecke. Ostfildern 2009, ISBN 978-3-7995-6870-8.
  • Ingemar König: Die Spätantike. Darmstadt 2007.
    (Knappe, preiswerte und gut lesbare Darstellung, die aber nur die Jahre von 337 bis 476 abdeckt und nicht immer den aktuellen Forschungsstand wiedergibt.)
  • Jens-Uwe Krause: Die Spätantike (284 bis 565 n. Chr.). In: H.-J. Gehrke/H. Schneider (Hrsg.), Geschichte der Antike. Ein Studienbuch. 2. Aufl. Stuttgart/Weimar 2006, S. 409–477, ISBN 3-476-01455-X.
    (Knappe, ausgezeichnete Zusammenfassung der jüngeren Forschung. Dringend zur ersten Orientierung empfohlen.)
  • Jens-Uwe Krause, Christian Witschel (Hrsg.): Die Stadt in der Spätantike – Niedergang oder Wandel?. Akten des internationalen Kolloquiums in München am 30. und 31. Mai 2003. Stuttgart 2006, ISBN 3-515-08810-5.
  • Luke Lavan, William Bowden (Hrsg.): Theory and Practice in Late Antique Archaeology. Leiden-Boston 2003.
  • A. D. Lee: War in Late Antiquity. A social history. London 2007.
  • Jochen Martin: Spätantike und Völkerwanderung (Oldenbourg Grundriss der Geschichte, 4). 4. Auflage, Oldenbourg Verlag, München 2001, ISBN 3-486-49684-0.
    (Knappe Darstellung der Zeit bis Justinian, mit Forschungsteil und umfassender Bibliografie. Inzwischen aber teils veraltet.)
  • Jean-Marie Mayeur, Luce Pietri, Andre Vauchez u. a.: Die Geschichte des Christentums, Altertum. Bd. 2 und 3, Sonderausgabe, Freiburg i. B. 2005, ISBN 3-451-29100-2.
    (Sehr detaillierte Darstellung der Geschichte und der Kultur des Christentums; die deutsche Übersetzung dieses ursprünglich in französischer Sprache erschienen Werks wurde teils grundlegend neu bearbeitet und aktualisiert.)
  • Mischa Meier (Hrsg.): Sie schufen Europa. München 2007.
    (Sammlung von biographischen Portraits von Konstantin bis Karl dem Großen.)
  • Stephen Mitchell: A History of the Later Roman Empire. AD 284–641. London 2007, ISBN 1-4051-0856-8.
    (Aktuelle und ausgewogene Gesamtdarstellung.)
  • Walter Pohl (Hrsg.): Kingdoms of the Empire. The Integration of Barbarians in Late Antiquity (Transformation of the Roman World 1). Leiden/New York/Köln 1997, ISBN 90-04-10845-9. Besprechung
  • James J. O'Donnell: The Ruin of the Roman Empire: A New History. New York 2008.
    (Populärwissenschaftliche Darstellung mit Schwerpunkt auf dem 6. Jahrhundert, wobei der Autor [teils überspitzt] gegen die Thesen Heathers und von Ward-Perkins argumentiert. O'Donnell sieht in Theoderich den Großen einen Bewahrer der römischen Kultur, in Justinian hingegen einen zerstörerisch wirkenden Kaiser.)
  • Friedrich Prinz: Von Konstantin zu Karl dem Großen. Entfaltung und Wandel Europas. Düsseldorf und Zürich 2000, ISBN 3-538-07112-8.
    (Gut geschriebene Darstellung aus der Feder eines Mediävisten, die vor allem die Kontinuitäten und Brüche der Spätantike zum Mittelalter hin herausarbeitet und sich auf den Westen konzentriert.)
  • Bryan Ward-Perkins: The Fall of Rome and the End of Civilization. Oxford 2005, ISBN 0-19-280564-9.
    (Lesenswerte Darstellung des Endes des Weströmischen Reiches, die im Gegensatz zu W. Goffart und P. Brown diesen Prozess wieder als brutalen Einschnitt, ausgelöst durch germanische Invasionen, versteht und dabei insbesondere mit dem archäologischen Befund argumentiert.)
  • David Rohrbacher: The Historians of Late Antiquity. Routledge, London-New York 2002.
    (Knappe, solide Darstellung, die allerdings nur Geschichtsschreiber des 4. und 5. Jahrhunderts behandelt.)
  • Philip Rousseau (Hrsg.): A Companion to Late Antiquity. Blackwell, Malden (Massachusetts) u.a. 2009.
    (Guter Überblick zu zahlreichen Bereichen; der Band enthält 39 relativ knappe Beiträge von zumeist jüngeren Wissenschaftlern sowie eine umfangreiche Bibliographie, die auch die nicht-englischsprachige Forschungsliteratur berücksichtigt.)
  • Chris Wickham: Framing the Early Middle Ages. Europe and the Mediterranean, 400–800. Oxford 2005.
    (Umfassende und mehrfach ausgezeichnete wirtschafts- und sozialgeschichtliche Darstellung.)
  • Chris Wickham: The Inheritance of Rome: A History of Europe from 400 to 1000. London 2009.
    (Aktuelle Darstellung zum Wandel der spätantiken Mittelmeerwelt im Frühmittelalter.)
  • Michael Whitby: Rome at War. A.D. 293–696. Osprey, Oxford 2002, ISBN 1-84176-359-4.
    (Eine kurze, aber informative und reich illustrierte Darstellung zum spätrömischen Kriegswesen.)

Weblinks

Anmerkungen

  1. Max Weber, Soziologie – Weltgeschichtliche Analysen – Politik, Stuttgart 1968, S. 58 (zuerst erschienen 1909); Jacob Burckhardt, Die Zeit Konstantins des Großen, Leipzig 1853, S. 313. Vgl. Alexander Demandt, Die Spätantike, München 2007, S. XVII, 587–588.
  2. Zum Sassanidenreich siehe den entsprechenden Artikel. Vgl. auch allgemein Howard-Johnston, The two Great Powers in Late Antiquity sowie Michael G. Morony: Should Sasanian Iran be Included in Late Antiquity?. In: E-Sasanika 6 (2008).
  3. Relativ detailliert geht A. H. M. Jones, Later Roman Empire auf die Quellen ein; knapper, aber aktueller ist Mitchell, Later Roman Empire, S. 13ff. Ansonsten sei auf die entsprechenden Quellenverzeichnisse der in der Bibliographie aufgeführten Werke verwiesen, wie etwa Demandts Handbuch. Bzgl. der Quellenlage zur Geschichte des Sassanidenreichs sei auf die Ausführungen im dortigen Artikel verwiesen. Allgemein zur Geschichtsschreibung vgl. Gabriele Marasco (Hrsg.), Greek and Roman Historiography in Late Antiquity. Fourth to Sixth Century A.D., Leiden u.a. 2003 (nicht ganz unproblematisch) sowie Rohrbacher, Historians (deckt nur einen Teil der Autoren ab). Eine knappe Übersicht bzgl. der klassizistischen Geschichtsschreiber in der Spätantike bietet Geoffrey Greatrex: The Reception of the classical Texts and Images. The Classical past in the Classicising Historians.
  4. Vgl. zur spätantiken Epigraphik jetzt Dennis Trout: Inscribing Identity. The Latin Epigraphic Habit in Late Antiquity; in: Philip Rousseau (Hg.): A companion to Late Antiquity, London 2009, S. 170ff.
  5. Vgl. auch Demandt, Die Spätantike (2007), S. 586f.
  6. Bryan Ward-Perkins, The Fall of Rome and the End of Civilization, Oxford 2005; Peter J. Heather, The Fall of the Roman Empire: A New History, London 2005.
  7. Einen aktuellen, knappen Überblick bieten die Beiträge in Rousseau (Hrsg.), A Companion to Late Antiquity. Nicht mehr auf dem neuesten Stand, dennoch nützlich, ist der Forschungsüberblick bei Martin, Spätantike und Völkerwanderung.
  8. Allgemein zur folgenden Ereignisgeschichte siehe (vor allem aufgrund der Quellennähe, aber auch der detaillierten Darstellung) die Überblickswerke von Stein, Seeck und Bury, wenngleich sie freilich in Einzelfragen nicht selten veraltet und für ein Gesamtbild der Epoche nicht mehr geeignet sind. Einen guten, allgemeinen Überblick auf Grundlage der neueren Forschung bietet hingegen die Cambridge Ancient History (vor allem Bd. 13 und 14) sowie Mitchell, Later Roman Empire. Vgl. auch die Abschnitte zur politischen Geschichte bei Jones und Demandt. Daneben sei auf die einschlägigen Biographien der Kaiser verwiesen.
  9. Zur Reichskrise siehe nun Klaus-Peter Johne (Hrsg.): Die Zeit der Soldatenkaiser. 2 Bde. Berlin 2008.
  10. Vgl. dazu den wichtigen, umstrittenen Aufsatz von Peter Weiß, Die Vision Constantins, in: Jochen Bleicken (Hrsg.), Colloquium aus Anlass des 80. Geburtstages von Alfred Heuß, Lassleben, Kallmünz 1993, S. 143–169 (englische, aktualisierte Fassung: The vision of Constantine, in: Journal of Roman archaeology 16, 2003, S. 237–259), der die Vision auf ein natürliches astronomisches Phänomen zurückführt.
  11. Neuerer Überblick bei Halsall, Barbarian Migrations.
  12. Vgl. etwa die Aufsätze in Pohl (Hrsg.), Kingdoms of the Empire.
  13. Marinus Antony Wes: Das Ende des Kaisertums im Westen des Römischen Reichs. Den Haag 1967.
  14. Vgl. Hugh Kennedy: The great arab conquests. Philadelphia 2007.
  15. Zum post-römischen Europa siehe nun Chris Wickham, The Inheritance of Rome, mit weiterer Literatur. Vgl. auch Fouracre (Hrsg.), The New Cambridge Medieval History, Bd. 1.
  16. Vgl. dazu F. Staab, Kontinuitätsproblem, -theorie (Antike/MA), in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 5, Sp. 1418–1420. Detaillierter: Kontinuitätsprobleme, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 17, S. 205ff.
  17. Außer aus dem Werk des Flavianus sind aber zumindest kurze Fragmente erhalten.
  18. Bzgl. der christlich-spätantiken Literatur sei auf folgendes Werk hingewiesen: Lexikon der antiken christlichen Literatur, hrsg. von Wilhelm Geerlings, Siegmar Döpp, unter Mitarbeit von Peter Bruns, Georg Röwekamp, Matthias Skeb u. Bettina Windau, 3. vollständig überarb. und erw. Aufl., Freiburg i. Br. 2002. Allgemeine Informationen (auch zur spätantiken und dabei auch zur heidnischen Literatur) bietet das Werklexikon von Nickel: Rainer Nickel, Lexikon der antiken Literatur, Düsseldorf 1999 (ND 2006).
  19. Siehe allgemein auch Paul Veyne: Die Kunst der Spätantike. Geschichte eines Stilwandels. Reclam, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-15-010664-8.
  20. Der wohl beste allgemeine kulturgeschichtliche Überblick ist immer noch Brown, The World of Late Antiquity.
  21. Peter Gemeinhardt: Das lateinische Christentum und die antike pagane Bildung. Tübingen 2007, S. 137f.
  22. Zum Wandel der Senatsaristokratie vgl. die wichtige Studie von Salzman: Michele R. Salzman, The Making of a Christian Aristocracy: social and religious change in the western Roman Empire, Cambridge/Mass. 2002.
  23. Vgl. Peter Gemeinhardt: Das lateinische Christentum und die antike pagane Bildung. Tübingen 2007.
  24. Vgl. Jens Uwe Krause/Christian Witschel (Hrsg.), Die Stadt in der Spätantike – Niedergang oder Wandel?. Akten des internationalen Kolloquiums in München am 30. und 31. Mai 2003. Stuttgart 2006.
  25. Vgl. dazu Henning Börm: Das weströmische Kaisertum nach 476, in: Josef Wiesehöfer u. a. (Hrsg.), Monumentum et instrumentum inscriptum, Stuttgart 2008, S. 47-69.
  26. Vgl. dazu unter anderem Jones, Later Roman Empire, S. 679ff. und Demandt, Die Spätantike, 2. Aufl., S. 303ff.
  27. An der gescheiterten Militäroperation des Anthemius gegen die Vandalen sollen 468 laut Prokopios sogar 100.000 Mann beteiligt gewesen sein (Bella 3,6,1); angesichts der gut belegten gewaltigen Kosten der Aktion ist diese Angabe nicht unglaubwürdig.
  28. Eine detaillierte und aktuelle Darstellung der Geschichte des spätantiken Christentums findet sich u.a. in Mayeur u.a., Die Geschichte des Christentums. Altertum, Bd. 2 und 3. Zur Christologie ist grundlegend: Alois Grillmeier u.a., Jesus der Christus im Glauben der Kirche, 2 Bde. in 5 Tl.-Bdn., aktual. Neuaufl., Freiburg i. Br. 2004 (noch nicht abgeschlossen).
  29. Eine hervorragende Darstellung bezüglich dieses Themas stellt Peter Brown, The Rise of Western Christendom, 2. Aufl., Oxford 2003, dar, worin auch etwa auf die Ausbreitung des Christentums in Asien und Aksum eingegangen wird.
  30. Vgl. unter anderem Arnaldo Momigliano (Hrsg.), The Conflict Between Paganism and Christianity in the Fourth Century, Oxford 1963 sowie Frank R. Trombley, Hellenic Religion and Christianization c. 370–529, 2 Bde., Leiden u.a. 1993f.
  31. Vgl. Martin Wallraff, Christus verus Sol. Sonnenverehrung und Christentum in der Spätantike, Münster 2001.


Quellenhinweis

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