Reiterstein von Hornhausen
Die bildliche Darstellung eines Reiters auf einer Steinplatte namens Reiterstein von Hornhausen (auch Hornhäuser Reiterstein genannt), die auf das 7. Jahrhundert datiert wird, hat als eigenständige gemeine Figur Eingang in die neuere Heraldik gefunden.[1]
Darstellung in der Heraldik
Der „Hornhäuser Reiter“ erscheint
- seit 1954 im Wappen von Adenstedt im Landkreis Peine. Er steht dort vorgeblich für den germanischen Göttervater Wotan beziehungsweise Odin, der in einer alten Sage von Adenstedt eine Rolle spielt. Die Sage bezieht sich auf die Hügelgräber im Adenstedter Lah.[2]
- im Wappen des am 1. Juli 2007 gegründeten Landkreises Börde[3]
Die Familie von Rockhausen führt im Wappen eine von Silber und Rot sechsmal im Bogenschnitt gestaltete Ständerung (die sogenannte Schneckenständerung). Das Wappen ähnelt dem Schild des Hornhäuser Reiters. Dass der Hornhäuser Reiterstein einen frühen fränkischen Vorfahren der Familie von Rockhausen zeigt, ist zwar denkbar, kann aber ohne zweifelsfreie Beweise nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden.
Geschichte
Das Original des Reitersteins von Hornhausen befindet sich im Besitz des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Halle (Saale), eine Kopie wurde in die Südwand des Turmes der Hornhäuser St.-Stephanus-Kirche eingelassen. Bei dem Reiterstein handelt es sich angeblich um den Rest einer Chorschranke eines frühmittelalterlichen Kirchenbaues. Diese Darstellung ist umstritten. Da der Reiterstein stilistisch und motivisch in den nordgermanischen Bereich weist, ist der Schluss erlaubt, in ihm den Grabstein eines Sachsen zu erblicken, der von den Franken 531 im Nordthüringgau zwischen Bode und Ohre angesiedelt wurde[4].
Entdeckung
Der Reiterstein von Hornhausen wurde 1874 beim Pflügen eines Ackergrundstücks in der Nähe des Ortes gefunden. Die Finder der Steinplatte, die Bauern Friedrich und Christoph Dietrich, nutzten den Stein als Eingangsplatte zu ihrem Kuhstall. Erst 1912 erfuhr die Fachwelt von diesem Bildstein, und das Museum Halle begann 1913 mit systematischen Grabungen. In deren Verlauf wurden in den Jahren 1923–1925 insgesamt 63 Gräber entdeckt.
Beschreibung
Der Stein stellt vermutlich einen fränkischen Krieger des 7. Jahrhunderts dar. Im Mittelfeld ist der Reiter mit Helm, Schild, Schwert und Flügellanze dargestellt. Darunter ist eine Schlange mäanderartig angeordnet, über die das Pferd hinwegschreitet. Darunter sind wiederum zwei verflochtene Tiere dargestellt. Über dem Reiter befindet sich ein waagerechtes Flechtband, wie es vor allem gotländische Bildsteine zeigen.
Der Stein als Reiterdarstellung hat Parallelen auf den viel älteren Runensteinen von Möjbro einem der Runensteine der Ålum Kirke, dem Runenstein U 855 von „Balingsta prästgård“ und dem Runenstein von Skokloster im schwedischen Uppland (sh. Bild). Aber während der thüringische Reiter einen Schild mit einer Wirbelraddarstellung trägt (die eigentlich für den Norden typisch ist), hat der uppländische Reiter gar keinen und der ältere einen unverzierten Schild.
Der Reiterstein von Hornhausen soll Teil einer Altarschranke gewesen sein, doch der dargestellte Krieger, der die gut belegte wodanische bzw. heidnische Doppelschlangen-Chiffre überreitet, steht in Tradition eines Bildmotivs wie es auf den Runensteinen von Skokloster und Möbro im schwedischen Uppland und auf dänischen Goldbrakteaten (z.B. Nær Køge-C) vorkommt, ebenso wie auf Pressblech-Zierbildern der Brillenhelme aus der Vendelzeit (650–800 n. Chr). Unmöglich ist, nach frühchristlicher Sitte, dass rein heidnische Motive vor dem Altar ihren Platz fanden. Dafür war oftmals im Bildwerk des Tympanon Raum gegeben und zuweilen bei den Taufsteinreliefs, um dem Täufling zu demonstrieren, wem er abzuschwören hatte.
Paraheraldik
Die als Scherenschnitt stilisierte Darstellung des Hornhäuser Reiters dient dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt als Logo.
Literatur
- Hermann Ament: Hornhausen. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 15, Walter de Gruyter, Berlin / New York 2000, ISBN 3-11-016649-6, S. 130. (kostenpflichtig abgerufen über GAO, De Gruyter Online)
- Erik Nylén, Jan Peder Lamm: Bildsteine auf Gotland. Wachholtz, Neumünster 1981, 1991 (2. Auflage), ISBN 3-529-01823-6.
- R. Schwarz: Des Kriegers letzter Ritt nach Walhall In: Landesmuseum für Vorgeschichte (Hrsg.): Schönheit Macht und Tod. 2002, ISBN 3-910010-64-4, S. 58.
- Reinhold Andert: Der Reiterstein von Hornhausen. In: Der fränkische Reiter. Dingsda-Verlag Querfurt, Leipzig 2006, ISBN 3-928498-92-4.
- Ernst Rieger, Artur Rockhausen, Johannes Webers: Die Sippe Rockhausen. Eigenverlag, 1995.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Hornhausen im frühen Mittelalter bei agisa.de, abgerufen am 11. Juli 2015
- ↑ Arnold Rabbow: Neues braunschweigisches Wappenbuch, Braunschweig 2003, S. 144.
- ↑ Artikel vom 18. Juli 2007 in der Volksstimme Magdeburg.
- ↑ R. Schwarz: Des Kriegers letzter Ritt nach Walhall In. In: Landesmuseum für Vorgeschichte (Hrsg.): Schönheit Macht und Tod. 120 Funde aus 120 Jahren Landesmuseum für Vorgeschichte Halle. Landesamt für Archäologie, Halle (Saale) 2001. ISBN 3-910010-64-4 S. 58
Weblinks
- Commons: Reiterstein von Hornhausen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Landkreis Börde: Kreiswappen, Kreisflagge und Symbol
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