Aufriss (Heraldik)

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Der Aufriss/Aufriß (von „im Abrisz zeichnen“; auch Wappenaufriss/Wappenaufriß genannt; als Verb: aufreißen) ist in der Heraldik eine Darstellung eines Wappens nach seiner eindeutigen Wappenbeschreibung („Blason“).

Gewöhnlich ist mit dem Ausdruck „Aufriss“ ein zeichnerischer, grafischer oder malerischer Wappenentwurf gemeint; in einem eher ungebräuchlichen Sinn kann der Aufriß eines Wappens, als das Ergebnis eines Entwurfsprozesses, eine rein gedankliche Idee bleiben oder in anderer Form künstlerisch ausgearbeitet sein (zum Beispiel als Werk der Baukunst, Bildhauerei et cetera).

„Der Aufriß ist die jeweilige Zeichnung, eine Graphik, eine künstlerische Umsetzung des Wappens.“

Bernhard Peter (2009/2017)[1]

Gert Oswald faßt die Bedeutung des Ausdrucks enger und gebraucht ihn nur im Zusammenhang mit „neuen“ Wappen.

Aufriß: in der Heraldik Bezeichnung für den Entwurf eines neuen Wappens.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[2]

Darstellung

Zu einer Wappenbeschreibung beziehungsweise einem Wappen kann es grundsätzlich einen oder mehrere Aufrisse geben.

„(..) es (gibt) so viele individuelle Aufrisse, wie Künstler mit der graphischen Umsetzung und Darstellung des Wappens (der Blasonierung) als Kunstwerk beauftragt werden (..) Es kann also immer ein Wappen, aber viele Aufrisse geben..“

Bernhard Peter (2009/2017)[1]

Je nach künstlerischer Interpretation können sich die einzelnen Aufrisse im Detail voneinander unterscheiden; solange sie im Rahmen der heraldischen Regeln exakte Auslegungen der Wappenbeschreibung sind, stellen diese alle dasselbe Wappen dar.

„(..) Mit einer neuen künstlerischen Gestaltung bleibt es immer noch dasselbe Wappen, solange die invarianten Bestandteile konstant bleiben. Dementsprechend sind die hauptsächlichen Unterschiede zwischen verschiedenen Aufrissen weder die Art der Objekte noch ihre Farbe noch ihre Anordnung, sondern deren individuelle Gestaltung, der Stil, ferner insbesondere Schildformen, Helme und Helmdecken, die zur Gänze der künstlerischen Freiheit unterliegen - wie alles, was nicht in der Blasonierung durch Erwähnung vorgeschrieben ist (..)“

Bernhard Peter (2009/2017)[1]

Beispiel
Die Wappenbeschreibung des Wappens der Familie Bardt lautet:

„In Blau eine entwurzelte goldene Linde aus der über dem Wurzelwerk beiderseits je eine goldgestielte silberne Hellbarde schräg aus dem Stamm herauswächst. Auf dem blau-silbern bewulsteten Helm mit ebensolchen Decken eine goldbewehrte und rotgezungte, auffliegende blaue Ente mit silbernen Flügelspitzen und Halsring.“

Alle drei nachstehenden Wappenaufrisse sind gemäß dieser Wappenbeschreibung entworfen und stellen ein und dasselbe Wappen dar, obwohl sie unterschiedlich gestaltet sind.

Aufreißen

Die Bedeutungen des Verbs aufreißen änderten sich im Laufe der Geschichte und sind nicht einheitlich. Setzte man im 18. Jahrhundert das „Aufreißen“ noch mit dem „Blasonieren“ gleich, unterschied man in späteren Jahrhunderten zwischen diesen Tätigkeiten. In der jüngeren Heraldik bedeutet „aufreißen“ gewöhnlich nur: „ein Wappen entwerfen“[4].

„In der Wapenkunst ist aufreißen auch so viel, als ein Wapen visiren, blasoniren, oder es aufzeichnen.“

Adelung (1793)[5]

„5) Aufreißen (.. Herald.), ein Wappen, es kunstmäßig u. mit den gehörigen Farben abbilden.“

Pierer's Universal-Lexikon (1857)[6]

„Ein Wappen entwerfen und bildlich darstellen heißt in der heraldischen Kunstsprache „aufreissen“; ein Wappen mit der Benützung der Kunstsprache beschreiben „blasonieren“ (..)“

Hugo Gerard Ströhl (1899)[7]

Aufreißen: ein neues Wappen erfinden oder zwei oder mehrere gegebene miteinander verbinden. Dabei sollte mit wenigen Strichen ein bezeichnendes Bild der Herolds- oder gemeinen Figur gegeben werden.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[2]

»Aufreißen« bedeutet das Zeichnen eines Wappens. Das Wappen wird definiert durch die Blasonierung, und der Aufriß (= die Zeichnung) verleiht den textlich festgelegten Inhalten Form und Gestalt.“

Bernhard Peter (2004-2011)[8]

Weblinks

Blason ville fr Garidech (Haute-Garonne).svg Lemma Aufreiszen. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).

Wiktionary Wiktionary: Aufriss – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Wappenbestandteile und Aufreißen von Wappen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Wappen und Aufriß, Konstanz und Variabilität. www.welt-der-wappen.de. Internet: (früher: www.dr-bernhard-peter.de). Erstellt: 2009-2017. Abgerufen: 25. Juni 2018
  2. 2,0 2,1 Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 48 (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).
  3. Wappensammlung der Gemeinschaft wappenführender Familien: Wappensammlung GwF, Nr. 143/2010, Wappensammlung GwF, Nr. 159/2011, Wappensammlung GwF, Nr. 132/2010. Internet: Abgerufen am: 28. September 2013.
  4. Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo, hrsg. vom Herold - Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften zu Berlin. Bearb. von Jürgen Arndt und Werner Seeger, 2 Bde, 2. ergänzte u. berichtigte Aufl., Neustadt a. d. Aisch 1990-1996 (kurz: WBO). Bd. 1.: Wappenbilder; Bd. 2: General-Index.
    Editorische Notiz: Zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner (Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890). Band 2, Seite 34.
  5. Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Band 1. Leipzig 1793. S. 518-519.
  6. Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 938.
  7. Ströhl, Hugo Gerard: Heraldischer Atlas. Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde. Stuttgart 1899 (Nachdruck: Heraldischer Atlas. In: Heraldische Reihe. IV, PHV Verlag, Offenbach 2000, ISBN 3-934743-08-0.) S. 7.
  8. Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Wappenbestandteile und Aufreißen von Wappen. www.welt-der-wappen.de. Internet: (früher: www.dr-bernhard-peter.de). Erstellt: 2004-2011. Abgerufen: 25. Juli 2017