Ahnentafel
Eine Ahnentafel stellt die Vorfahren eines Individuums, des Probanden, in einer feststehenden Ordnung in Tafelform dar. Sie wird in der Genealogie – aber auch beispielsweise der Tierzucht – verwendet, wenn die verwandtschaftliche Beziehung der Vorfahren mit einem Blick erfasst werden soll.
Formen der Ahnentafel
I | II | III | IV |
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1 Proband | 2 Vater | 4 Großvater väterlicherseits | 8 Urgroßvater |
9 Urgroßmutter | |||
5 Großmutter väterlicherseits | 10 Urgroßvater | ||
11 Urgroßmutter | |||
3 Mutter | 6 Großvater mütterlicherseits | 12 Urgroßvater | |
13 Urgroßmutter | |||
7 Großmutter mütterlicherseits | 14 Urgroßvater | ||
15 Urgroßmutter |
In diesem Beispiel wird die heute allgemein übliche Kekulé-Zahl verwendet:
Das Individuum, dessen Ahnen dargestellt werden, erhält somit als Proband die Nummer 1, der Vater die 2, die Mutter die 3 usw. Der Vater jedes Individuums erhält so als Nummer das Doppelte seines Kindes, die Mutter das Doppelte plus 1. Mit Ausnahme des ersten Individuums sind alle geraden Nummern männlich, alle ungeraden weiblich. – Füllt die Tafel eine Seite aus, so wird mit der Kekulé-Zahl des jeweiligen Schlussahns eine neue Tafel bzw. Seite begonnen, die mit der Kekulé-Zahl (also nicht mit der Seitenzahl) nummeriert wird.
So sehr sich die Tafelform zur raschen Orientierung als unterstützende Skizze empfiehlt, so hat doch die Darstellung der Ergebnisse in Listenform als Ahnenliste in der Genealogie so viele schreib- und drucktechnische Vorzüge, dass sich die Listenform seit 1920 in Deutschland durchgesetzt hat.
Die in Ahnentafeln häufig verwendeten familiengeschichtlichen genealogische Zeichen – einschlägige Kürzel und Symbole – dienen dazu, die Tafel kompakt zu halten.
Besonders anschaulich ist die Bildnisahnentafel, die Porträts enthält, oder die heraldische Darstellung, die die Wappen der Vorfahren, und deren eheliche Vereinigung, das jeweilige Ehewappen darstellt.
Mathematische Betrachtung
Im Gegensatz zur Nachkommentafel hat die Ahnentafel eine regelmäßige Struktur, da jedes Individuum regulär immer zwei Elternteile hat. Allerdings können Ahnen in einer Ahnentafel mehrfach auftreten, wenn die Elternteile verwandt sind. Dieses Phänomen nennt man Implex oder Ahnenschwund. In räumlich oder sozial eingeengten Menschengruppen, wie dem Hochadel, religiösen Minderheiten oder in abgelegenen Gebieten kann der Inzuchtkoeffizient beträchtliche Ausmaße erreichen, in der Tierzucht sind Inzuchtkoeffizienten über 10% keine Seltenheit.
Die Ahnentafel ist mathematisch gesehen ein Binärbaum. Die Zahl der Knoten verdoppelt sich in jeder Generation, so hat jedes Individuum zwei Eltern (21), vier Großeltern (22), acht Urgroßeltern (23) und so weiter.
Dies gilt allerdings nur für eine begrenzte Betrachtung. In der vierten Generation (eine Generation wird zu 25 Jahren angenommen, also vor ungefähr hundert Jahren) hat ein Mensch 16 Vorfahren (24), vor 200 Jahren 256 Vorfahren (28), und vor etwa 1.000 Jahren 1.099.511.627.776 Vorfahren (240). Das liegt über dem 1000-fachen der damaligen Weltbevölkerung, die unter 1 Milliarde betrug.[1] Es gibt daher zwangsläufig Kollisionen innerhalb der Generation und über Generationen hinweg. Der gesamte Baum ist somit nur ein zyklenfreier gerichteter Graph, kein Baum im Sinne der Graphentheorie: Die Äste und Zweige vereinen sich zwangsläufig wieder.
Nebenbei wird aus dieser Überlegung deutlich, dass es zwar eine Besonderheit ist, Napoléon Bonaparte (1769-1821) unter seinen Ahnen zu haben, es jedoch höchst unwahrscheinlich ist, Karl den Großen (747-814) nicht darunter zu haben.[1]
Literatur
- Peter von Gebhardt und Johannes Hohlfeld (Schriftleiter): Ahnentafeln berühmter Deutscher. Leipzig: Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte, mehrbändiges Werk, ab 1929.
- Margarete Joachim: Arbeitsweise des Familienforschers. In: Taschenbuch für Familiengeschichtsforschung. 12. Auflage. Neustadt/Aisch: Degener 2001, S. 21-42, ISBN 3-7686-1062-4
- Hans Karl Scheibler: Westdeutsche Ahnentafeln. Weimar 1939.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Abschnitt Karl der Große. Peter Chr. Clemens: Familienforschung und Mecklenburg. Diverse Aspekte. In: Forschung. Verein für mecklenburgische Familien- und Personengeschichte e.V., 24. Januar 2004, abgerufen am 26. Juni 2009.
Quellenhinweis
Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Ahnentafel“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 02. Mai 2010 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.