Deutscher Orden (Rezeption)

Aus Heraldik-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Dieser Artikel behandelt die neuzeitliche Rezeption vom religiösen Deutschen Orden; zum Hauptartikel siehe Deutscher Orden.

Die geschichtswissenschaftliche Rezeption des Deutschen Ordens befasste sich im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zumeist nur mit der Präsenz des damaligen Ritterordens im Baltikum – der Deutschordensstaat wurde mit dem Orden selbst gleichgesetzt. So fanden die Eigenheiten des Ordens als Träger der Administration nur geringe Berücksichtigung. Als Ganzes blieb der im Reich fortbestehende Orden kaum beachtet. Eine Aufarbeitung seiner Geschichte und Strukturen setzte in Deutschland und international erst nach 1945 ein. Erforschung und Interpretation der Geschichte des Ordens waren dabei in Deutschland, Polen, und Russland – abhängig von den jeweiligen Regierungen/Regimes – extrem unterschiedlich, stark national oder sogar nationalistisch geprägt und oft wenig auf die reale Geschichte des Ordens bezogen.[1]

Deutsch-polnische Kontroversen

Eine kontroverse Bewertung des Deutschen Ordens begann in den ersten Dekaden des 19. Jahrhunderts mit der Wiederentdeckung und Romantisierung des Mittelalters einerseits, der Besetzung und andauernden Teilung Polens andererseits. Dies mündete ab 1850 in einen „stellvertretenden Kulturkampf“.[2] Die Auseinandersetzung nahm ihren Anfang zwischen polnischen Intellektuellen und preußisch-deutschen Historikern. Nach 1860 brachten sich offiziell auch polnische Geschichtsgelehrte ein.

Während polnische Publikationen dem Orden unter anderem einen Genozid[3] an den Prußen und eine hemmungslose Eroberungspolitik unterstellten[4], stilisierten deutsche Historiker den Orden zum germanischen Kulturträger.

Dieser Streit setzte sich auf deutscher Seite bis 1945, auf polnischer Seite in abgeschwächter Form bis 1989 fort. Der polnische Historiker Tomasz Torbus charakterisiert die Kontroverse so: „Das Heranziehen des Deutschen Ordens in geisteswissenschaftlichen Fächern, in der Propaganda und als Symbol in der aktuellen Politik lässt sich in Deutschland mit Unterbrechungen von der Reichsgründung bis zum Zusammenbruch des NS-Staates, in Polen bis zum Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1989 nachverfolgen.“[5]

Die erste Phase der Auseinandersetzung polnischer Intellektueller mit den Besatzern fand auf literarischem Gebiet statt. Bereits 1826 veröffentlichte Adam Mickiewicz sein Versepos Konrad Wallenrod. Der Autor verwendete hier ein historisches Gleichnis, um Kritik an der restriktiven russischen Polenpolitik zu verschleiern und auf diesem Wege die russische Zensur zu umgehen. Mickiewicz verlegte den polnisch-russischen Konflikt ins Mittelalter und zeichnete ein düsteres Bild der deutschen Ordensritter anstelle der russischen Besatzer.[6] Mitte des 19. Jahrhunderts verfasste der Lemberger Historiker Karol Szajnocha die Geschichtserzählung Jagiełło und Jadwiga, die Generationen von Lesern die polnische Sicht auf den Konflikt mit dem Deutschen Orden nahebrachte.[7] In Krzyżacy (Kreuzritter) von Józef Ignacy Kraszewski schließlich, das 1874 erschien, wurden die Ordensritter durchweg dämonisiert.[8] Wojchiec Kętrzynski, Mitbegründer einer eigenständigen polnischen Geschichtswissenschaft, vertrat ab 1865 die Ansicht, dass die deutsche Herrschaft den unterworfenen Slawen nichts als „Elend und Unfreiheit“ gebracht habe. Diese Sichtweise eines „von krimineller Energie getriebenen und sich gewaltsam oder unter Ausnutzung der Naivität lokaler slawischer Herrscher nach Osten dahinwälzenden Teutonismus führte später zu einer Interpretation der Ordenskriege als Völkermord bzw. Ausrottung in der nationalistisch-polnischen Publizistik (wytępienie; in Polnisch aber oft auch unübersetzt gelassen).[9]

In polnischen Darstellungen des 19. Jahrhunderts wurden die Ordensritter als mordlustig und grausam dargestellt. Historiengemälde von Wojciech Gerson (1875)

Insbesondere die Germanisierungspolitik in den preußischen Gebieten nach der Reichsgründung 1871 stieß bei der polnischen Bevölkerung auf Widerstand. Der zunehmende Nationalstolz orientierte sich auch an der Geschichte und verklärte vor allem die siegreiche Schlacht bei Tannenberg zum Mythos, was sich im großen Zulauf zu den Gedenkkundgebungen an Jahrestagen der Schlacht zeigte. Zugleich begann der Aufschwung der polnischen Historienmalerei, die die ruhmreichen Episoden der polnischen Geschichte darstellte, insbesondere die polnischen Siege über den Deutschen Orden. So stilisierte das überdimensionale Gemälde des bedeutendsten Repräsentanten dieses Genres, Jan Matejko, die Schlacht bei Tannenberg zum Triumph über den Deutschen Orden und das anmaßende Deutschtum. Historisierend ist auch der Roman Krzyżacy (dt. Titel: Die Kreuzritter) von Henryk Sienkiewicz, der in viele Sprachen übersetzt wurde und den Deutschen Orden durch das moralisch abstoßende Auftreten seiner Repräsentanten negativ beschrieb.

Nach der Errichtung der Zweiten polnischen Republik 1918 nahmen sich polnische Geschichtswissenschaftler verstärkt der Geschichte des Deutschen Ordens an. Veröffentlichungen stellten die Authentizität des Vertrages von Kruschwitz und die Legitimation der Ritter des Ordens im Baltikum in Frage. Das Vorgehen der Ordensritter bei der Missionierung der Prußen wurde unter Berufung auf den preußischen Historiker Heinrich von Treitschke als Völkermord[10] betrachtet und die Besetzung Pommerellens 1308 mit der Okkupation angestammten polnischen Bodens gleichgesetzt.

Vereinzelte[11], meist populärwissenschaftliche und im Rahmen der deutsch-polnischen Spannungen des 20. Jahrhunderts auftretende Versuche, das Verschwinden der Prußen unter dem neuzeitlichen Begriff des Völkermordes zu subsumieren, werden von der Forschung heutzutage meist als ahistorisch, sachlich nicht begründbar und quellenmäßig nicht belegbar zurückgewiesen.[12] So sind genaue Zahlen über den Anteil der direkt im Kampf umgekommenen oder erst später abgewanderten Prußen, sowie die Gründe für die Aufgabe von Sprache und Identität nicht verfügbar. Auch kann keine bewusste und planmäßig durchgeführte Ausrottung[13] seitens des Ordens konstatiert werden.[14]

Nach der fast sechsjährigen Besetzung Polens und dem Ende des Zweiten Weltkrieges setzte die polnische Propaganda die Niederlage des nationalsozialistischen Deutschland mit dem Sieg von Tannenberg gleich: „Grunwald 1410 / Berlin 1945“ hieß es auf einem Plakat.[15]

In der Zeit des Kalten Krieges galt der Deutsche Orden offiziell als Symbol der Furcht vor einer Grenzrevision durch die in die NATO integrierte Bundesrepublik Deutschland. Bereits in den 1950er-Jahren verglichen die polnischen Kommunisten die vorgeblich expansionslüsternen Ordensritter mit der als revanchistisch eingestuften Bundesrepublik Deutschland.[16] Die Anbindung der kommunistischen Volksrepublik Polen an die Sowjetunion wurde in die Tradition eines panslawischen Bündnisses gegen den so genannten deutschen Drang nach Osten gestellt und die polnisch-nationale Geschichte zur Legitimierung der eigenen Herrschaft genutzt.[17] Der polnische Historiker Janusz A. Majcherek schreibt hierzu:

„Dies ist eine der in der polnischen Ikonographie am meisten mystifizierten und propagandistisch ausgebeuteten Perioden. Den Film ‚Die Kreuzritter‘ und das Gemälde ‚Die Schlacht bei Tannenberg‘ kennen nicht nur alle Polen, sie gehören auch zu den am stärksten eingeprägten Mustern ihres kollektiven historischen Selbstverständnisses. Man muss daher endlich zugeben, dass Sienkiewiczs Roman und Matejkos Gemälde rein propangadistische [sic] Werke sind und der Film von Alexander Ford ein Beispiel für ein in heroisch-martyrologischem Ton gehaltenes nationalistisches Kino, das zu kommunistischen Zeiten in allen Ländern dieses Systems propagiert wurde […].“[18]

Nach 1972 kam es im Rahmen der auf Entspannung abzielenden Ostpolitik Willy Brandts und seiner Nachfolger zu vermehrten Kontakten zwischen deutscher und polnischer Seite, die 1977 in einer gemeinsamen UNESCO-Schulbuchkommission mündeten. Mit den von diesem Gremium erbrachten Relativierungen in der gegenseitigen Geschichtsbewertung wurde auch von polnischer Seite zunehmend die Präsenz des Deutschen Ordens in objektiverem Kontext bewertet.[19]

Das Gedenken an den Sieg über den Orden im Jahr 1410 ist in Polen bis heute lebendig. So wurde seitens der polnischen Boulevardpresse wiederholt versucht, mit knappen Anspielungen an die Schlacht bei Grunwald unterschwellige antideutsche Ressentiments zu bedienen.[20] Während der Fußball-Europameisterschaft 2008 vor einem Vorrundenspiel zwischen der deutschen und polnischen Nationalmannschaft stellte die polnische Boulevardzeitung Fakt, die zur deutschen Springer-Verlagsgruppe gehört, den besiegten Kapitän der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft Michael Ballack im Ordensmantel und Pickelhaube dar.[21] Solch provokative Methoden der Geschichtsdarstellung[22] gehören im heutigen Polen zur Ausnahme.

Der russische Blick

Russischer Krieger besiegt einen Deutschordensritter; Kupferrelief aus Leningrad, um 1980

In Russland geschah die Auseinandersetzung mit der gemeinsamen Geschichte unter besonderen Vorzeichen. Ausgangspunkt war hierbei die direkte Konfrontation mit den Ordensrittern im nördlichen Baltikum, die 1242 in der Schlacht auf dem Peipussee gipfelte.[23] Schon im Mittelalter stilisierten russische Chroniken dieses – in der Einschätzung moderner Historiker – größere Scharmützel[24] zur Entscheidungsschlacht zwischen römisch-katholischer Kirche und russischer Orthodoxie.[25] Durch diese Deutung der Geschichte konnten auch die Niederlagen der russischen Fürstentümer gegen die Mongolen der Goldenen Horde kaschiert werden.[26] Allerdings war der verbitterte Widerstand der Russen gegen die Deutschen im Vergleich zu den Mongolen dadurch zu erklären, dass die Mongolen die russische Lebensweise und die Glaubensfragen nicht antasteten und lediglich Tributzahlungen forderten. Der Deutsche Orden war dagegen ideologisch-religiös zur Bekehrung oder Vernichtung der orthodoxen "Häretiker" motiviert und wurde dabei vom Papsttum unterstützt.

Eine nicht geringere Bedeutung als die Schlacht auf dem Peipussee hatte der russische Sieg bei Wesenberg im Jahr 1268. Auch die Schlacht bei Tannenberg 1410 fand bei russischen Chronisten Beachtung, da hier weißrussische Regimenter beteiligt waren. Diesen Truppenteilen wurde von der russischen Geschichtsschreibung stets schlachtentscheidende Bedeutung zugemessen.[27]

In den 1930er-Jahren gewann die Rezeption infolge der ideologischen Auseinandersetzungen zwischen der Sowjetunion und dem nationalsozialistischen Deutschen Reich eine neue Dimension. Der Deutsche Orden wurde als rücksichtsloser Aggressor auf russischem Terrain und als früher Vorläufer des Nationalsozialismus betrachtet.[28] Bekanntes Beispiel für eine künstlerische Verarbeitung dieser Deutung ist der Film Alexander Newski des Regisseurs Sergej Eisenstein, der im Großen Vaterländischen Krieg 1941 bis 1945 zur antideutschen Propaganda diente.[29]

Bis zum Ende der Sowjetunion blieb die Sicht auf den Deutschen Orden von dieser Geschichtsauffassung geprägt.[30] Auch heute beharren nationalrussische Kreise auf der Deutung, der Orden sei ein aggressives Instrument der römisch–katholischen Kirche sowie der deutschen Feudalherren zur Eroberung russischen Bodens und der Vernichtung der russisch–orthodoxen Kirche gewesen.

Preußische und deutsche Perspektiven

Heinrich von Treitschke (1834–1896)

Der Deutsche Orden wurde im protestantischen Preußen nicht zuletzt aufgrund dessen kriegerischer Auseinandersetzungen mit den preußischen Ständen in der Mitte des 15. Jahrhunderts distanziert bis negativ[31] betrachtet.[32]

Nationale Vereinnahmung nach 1815

Erst in Folge der napoleonischen Kriege setzte unter maßgeblicher Beteiligung des Historikers Heinrich von Treitschke ein Umschwung ein.[33] Der Orden verkörperte fortan die „deutsche Mission im Osten“ und übernahm in der Geschichtsschreibung die Rolle eines „Kulturträgers gegen das Slawentum“.[34] Den Ordensstaat interpretierte Treitschke als „festen Hafendamm, verwegen hinausgebaut vom deutschen Ufer in die wilde See der östlichen Völker“ und die Niederlage des Ordens bei Tannenberg gleichzeitig als Niederlage des Abendlandes gegen den „barbarischen“ Osten. Der Orden selbst verkörperte „Züge des deutschen Wesen, die aggressive Kraft und die herrische gemüthlose Härte“.[35]

Unter dem Eindruck der identitätsstiftenden Bewertung der Schlacht bei Tannenberg von 1410 auf polnischer Seite wurde Ende des 19. Jahrhunderts dazu übergegangen, den polnischen Gedenkfeiern eine „deutsche Komponente“ entgegenzusetzen. Folge war eine Glorifizierung des Ordens als „Kolonisator des deutschen Ostens“ durch nationalistische Kreise im wilhelminischen Preußen. Diese Sicht spiegelt sich in den Romanen Heinrich von Plauen sowie Der Bürgermeister von Thorn von Ernst Wichert wider. Der Historiker Adolf Koch behauptete 1894: „Die Könige Preußens erheben sich auf den Schultern der Hochmeister des Deutschen Ordens.“[36]

Weimarer Republik

Bei der Volksabstimmung in Ostpreußen im Abstimmungsbezirk Allenstein am 11. Juli 1920 wurde aufgrund von Grenzstreitigkeiten mit Polen über die nationale Zugehörigkeit des südlichen Ostpreußen abgestimmt. Im Rahmen dieser Abstimmungen wurde von deutscher Seite intensiv an die „Ostlandtradition“ des Deutschen Ordens erinnert. [37] Ganze Straßenzüge wurden mit Ordenskreuzen auf Wimpeln und Fahnen geschmückt. In der Weimarer Republik bedienten sich etliche Freikorps im Osten des Ordensabzeichen in ihren Abzeichen. Beispiele hierfür sind der Grenzschutz Ost oder die Baltische Landesabwehr. Der neben dem Stahlhelm bedeutendste nationale Verband – der Jungdeutsche Orden – lehnte sich in Benennung, Organisationsform, und bei Amtsträgerbezeichnungen unmittelbar an das Vorbild des Deutschen Ordens an.[38]

Im Dritten Reich

Die Gestaltung des Mutterkreuzes in Gold lehnte sich stark an das Ordenskreuz an

Im Dritten Reich war die Einstellung zum Deutschen Orden und seiner Vergangenheit auch innerhalb der Führung ambivalent. Das allgemeine Bewusstsein, insbesondere Himmler oder der Deutsch-Balte Rosenberg pflegten das aus preußisch-deutscher Sicht positiv besetzte Bild des Ordens aus dem 19. Jahrhunderts.[39]

Adolf Hitler verherrlichte schon 1924 in seinem Buch Mein Kampf die Ostkolonisation und entwickelte weitreichende Pläne zu Eroberungen „auf der Straße der einstigen Ordensritter“.[40] Einen Höhepunkt nationalsozialistischer deutscher Geschichtspolitik markierte die Beisetzung des 1934 verstorbenen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg im Tannenberg-Denkmal. Hindenburg wurde als kaiserlicher Feldherr in der Zweiten Schlacht bei Tannenberg 1914 bekannt, die schon im Ersten Weltkrieg zur Revanche für die Niederlage von 1410 erklärt wurde.[41]

Dagegen hatte Himmler im Rahmen seiner Rassentheorien andere Vorstellungen. Er wollte einen eigenen „Deutschen Orden“ als Genspender eines neuen deutschen Weltreiches gründen, wozu auch die neu geschaffenen Ordensburgen dienten. Deshalb musste der rechtmäßige sakrale Namensträger verschwinden. Im Jahr 1938 wurde der Orden dann durch ein Aufhebungsdekret aufgelöst. Im Reich gelang es dem Propagandaapparat von Joseph Goebbels, die bisherige Bewusstseinstradition zu verdrängen und Platz für einen neuen Ordensgedanken zu schaffen. In Ostpreußen, dem ehemaligen Kernland des Ordensstaates, war diese Propaganda wenig erfolgreich. So verband beispielsweise der Reichsarbeitsdienst in seinem Abzeichen für den Gau 25 Hakenkreuz und Ordenskreuz.[42] Während des Zweiten Weltkrieges trug diesen Bestrebungen ungeachtet eine Panzer-Abteilung der SS-Panzergrenadier-Division „Nordland“ den Namen des Hochmeisters Hermann von Salza.

Nach 1945

Nach 1945 nahm die Rückschau auf den Ordensstaat in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des Verlustes der Ostgebiete ab. Eine Glorifizierung des Deutschen Ordens fand im Gegensatz zu den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr statt. Das Thema war gesellschaftlich eher tabuisiert.[43] Eine Ausnahme machten revanchistische Verbände.

Die Verbindungen zwischen den Vertriebenenverbänden und den historischen Kommissionen – wie z. B. dem Herder-Rat – waren von Anfang an wenig ausgeprägt. Allerdings überwog in der Ostforschung bis in die frühen 60er Jahre die Anzahl der Forscher, welche programmatisch den traditionellen Nationalismus und „historischen Abwehrkampf im Osten“ – von völkischen Entgleisungen gereinigt und europäisch eingefärbt – fortgeführt sehen wollten.[44] Dies änderte sich dann aber, bedingt auch durch einem Generationswechsel der Forscher, in den frühen 60er Jahren.[45]

1985 wurde in Wien die „Internationale Historische Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens“ gegründet, die den Orden unter ideengeschichtlichen, regionalen und europäischen Fragestellungen untersucht.

In der DDR blieb das Bild des Ordens als „Hort der Aggression sowie Revision“. Ein Militärlexikon von 1985 gibt die offizielle Lesart wieder: „… Der blutbefleckte Orden existierte weiter und wurde schließlich im 20. Jahrhundert zu einer vorwiegend karitativ tätigen kirchlichen Organisation umgewandelt. Gegenwärtig spielt er in Österreich und der BRD eine Rolle als klerikal–militaristischer Traditionsverband.“[46]

Am 4. September 1991 gab die Bundesrepublik Deutschland anlässlich des Jubiläums eine Gedenkmünze „800 Jahre Deutscher Orden“ im Nennwert von 10 Deutschen Mark aus.[47] Auch Briefmarken mit Motiven des Deutschen Ordens sind erschienen.

Ebenfalls anlässlich des Jubiläums wurde 1990 eine Ausstellung des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg in Zusammenarbeit mit der Internationalen Historischen Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens unter dem Titel: 800 Jahre Deutscher Orden eröffnet.[48] In der Popmusik der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurde die ritterliche Administration des Ordens mit Bezugnahme auf eine alte Sage unter dem Titel „Der Komtur“ denkbar negativ geschildert.[49]

Verwendung des Ordenswappens

Das vom Deutschen Orden im Wappen geführte Schwarze Kreuz auf weißem Grund fand in späterer Zeit von den preußischen und kaiserlichen Streitkräften als Hoheitsabzeichen und militärische Auszeichnung Verwendung. In der Deutschen Wehrmacht wurde das Kreuz auf einfache weiß umrahmte Balken reduziert. Die Bundeswehr benutzt das traditionelle Symbol in abgewandelter Form als stilisiertes weiß umrahmtes Tatzenkreuz auch heute[50]:


Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jürgen Sarnowsky: Der Deutsche Orden, Beck, München 2007, Seite 115.
  2. Gotthold Rhode: Das Bild des Deutschen im polnischen Roman des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts und das polnische Nationalgefühl, in: Ostdeutsche Wissenschaft 8, 1961, S. 349.
  3. Kasimirz Zimowski unter Berufung auf eine Aussage Heinrich von Treitschkes in: Echa Grunwaldzkie, S. 24.
  4. Kasimirz Zimowski: Echa Grunwaldzkie, S. 24.
  5. Tomasz Torbus: Deutschordens-Ideologie in der polnischen und deutschen Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts in Matthias Weber (Hrsg.): Preussen in Ostmitteleuropa; Oldenburg 2002, S. 208.
  6. Adam Mickiewicz: Konrad Wallenrod; Powieść poetycka z dziejów litewskich i pruskich, St. Petersburg 1828.
  7. Karol Szajnocha: Jadwiga i Jagiełło 1374–1412, Opowiadanie historyczne, Bd. 1–2, 2. Aufl., Lwów 1861.
  8. Józef Ignacy Kraszewski: Krzyżacy, 2 Bände, Warszawa 1874; vom Nationalsozialismus geprägte Ausführungen zum Roman: K. Lück: Der Mythos vom Deutschen in der polnischen Volksüberlieferung und Literatur, Leipzig 1943, 368ff.
  9. Roland Gehrke: Der polnische Westgedanke bis zur Wiedererrichtung des polnischen Staates nach Ende des Ersten Weltkrieges – Genese und Begründung polnischer Gebietsansprüche gegenüber Deutschland im Zeitalter des Nationalismus, Seite 144 ff.
  10. „Es war ein Völkermord, das lässt sich nicht leugnen; aber nachdem die Vernichtung vollendet war, ist er ein Segen geworden. Was hätten die Preußen [gemeint sind die Pruzzen] in der Geschichte leisten können? Die Überlegenheit über die Preußen war so groß, daß es ein Glück für diese wie für die Wenden war, wenn sie germanisiert wurden.“ Aussage Heinrich von Treitschkes zitiert bei Wolfgang Wippermann, Der ‚Deutsche Drang nach Osten‘. Ideologie und Wirklichkeit eines politischen Schlagwortes, Darmstadt 1981, S. 93.
  11. Anm.: Vom Genozid spricht dagegen Mark Levene in The Rise of the west and the coming of genocide – Band II – Genocide in the Age of the Nation State, I. B. Tauris, 2005, Seite 32: „Of course, all medieval wars were almost by the very nature of the technology employed vicious and brutal. […] Yet there is arguably something qualitatively different about the thirteen-century struggle against the Prus which places it much more closely in the category of genocide. Certainly, the Wends or, for that matter, peoples such as the Saxons, caught up earlier on in the path of the rankish Christian advance, suffered unremitting massacre until they submitted, while later on, the Lithunians, in their own struggle with the Teutonic order, avoided total destruction through their own terms. By contrast, for the Prus – as a people – these options never seem to have arisen.“ Vgl.: Michael Strmiska: Modern Paganism in World Cultures – Comparative Perspectives, ABC-Clio Inc, 2005, Seite 242: „Their society (Anm.: gemeint sind die Prußen) was overrun by Germanic Christian conquest in the thirteenth century, and their distinctive language, culture, and religion would eventually disaper completely. This kind of colonial conquest […] might be termed cultural genocide […].“
  12. „Vorweg muss betont werden, dass der Orden die eingeborene Bevölkerung seines Landes weder ausgerottet noch planmäßig germanisiert hat“, oder „wie im Laufe der Jahrhunderte die preußische Urbevölkerung tatsächlich – und zwar durch die Verschmelzung mit den Deutschen – verschwand […] ist keinesfalls Folge einer Ausrottungspolitik“ in: Bruno Schumacher: Geschichte Ost- und Westpreußens, S. 68 ff.
  13. Anm.: Von einer „Fast-Ausrottung“, ohne sie allerdings ausdrücklich als „geplant“ zu bezeichnen, spricht dagegen Sebastian Haffner in Preußen ohne Legende, Goldmann, 5. Auflage, 1992, Seite 48: „Am Anfang der Kolonisierung Preußens steht ein jahrzehntelanges Gemetzel, fast eine Ausrottung, vergleichbar der späteren Fast-Ausrottung der nordamerikanischen Indianer durch die europäischen Einwanderer. Zu beschönigen ist hier nichts. Zu erklären ist der Schrecken dieser Geschichte durch zweierlei: den Kreuzzugsgeist der Eroberer und das enorme Zivilisationsgefälle zwischen ihnen und ihren Opfern.“
  14. Walter Schlesinger: Die deutsche Ostsiedlung des Mittelalters als Problem der europäischen Geschichte, Reichenau-Vorträge 1970–1972, Konstanzer Arbeitskreis für Mittelalterliche Geschichte, J. Thorbecke, 1975, Seite 418. Vgl. Peter Erlen: Europäischer Landesausbau und mittelalterliche deutsche Ostsiedlung: Ein struktureller Vergleich zwischen Südwestfrankreich, den Niederlanden und dem Ordensland Preussen, J. G. Herder-Institut, 1992, Seite 76. Heinz Thomas: Deutsche Geschichte des Spätmittelalters 1250–1500, Kohlhammer, 1983, Seite 25. Hartmut Boockmann schreibt:„Was wirklich vorgegangen ist, wieviele Prußen im Kampf gegen den Orden umkamen, wie viele das Land verließen, wie viele zurückkehrten, wer die Sprache und Identität wann aufgab – dafür gibt es meist nur indirekte Zeugnisse, nur einzelne Dokumente, aber nicht jene statistischen Quellen, die man haben müsste um einen solchen Vorgang angemessen beschreiben zu können. […] Heute ist man schnell mit dem Wort Völkermord bei der Hand. Von heutigen Wertmaßstäben, aber auch von heutigen Geschehnissen her liegt die Vermutung nahe, daß Ende eines Volkes in früherer Zeit sei mit dessen Ausrottung identisch. Es ist jedoch nicht zu übersehen, daß eine solche Annahme die industrialisierte Tötung von Menschenmassen, wie unser Jahrhundert sie kennt, auf frühere Jahrhunderte überträgt. […] Doch selbst die Grausamkeiten des mittelalterlichen Heidenkriegs, welche die unter bestimmten Bedingungen ohnehin üblichen Kriegsgreuel noch steigerten, waren kein Völkermord – ebensowenig wie sich der Orden in Preußen etwa als Glottophage betätigt hätte. […] Auch die beabsichtigte Vernichtung der Sprache von Unterworfenen ist eine Zielsetzung, die es erst im 19. und 20. Jahrhundert gibt. Ein Völkermord hätte zudem nicht im Interesse des Deutschen Ordens und derer gelegen, die diesen Orden förderten. […] Eine auf Ausrottung zielende Politik, der die Prußen zu Opfer gefallen wären, läßt sich den Quellen nicht entnehmen. […] Aus dem Überwiegen dieser urkundlichen Überlieferung für die frühe Zeit des Ordens in Preußen ergibt sich, daß die Eroberung des Landes mit Hilfe zeitgenössischer Zeugnisse fast nicht zu beschreiben ist […].“ Zitiert nach: Hartmut Boockmann: Deutsche Geschichte im Osten Europas – Ostpreußen und Westpreußen, Siedler Verlag, 2002, Seite 139, 140, 146, 23. Gegen einen Völkermord sprechen auch folgende Tatsachen: Ordensmitglieder pflegten verletzte oder kranke Prußen ohne Ansehen der Person in ihren Hospitälern. Nach dem Frieden von Christburg lud der Orden die Söhne prußischer Führer zwecks Unterweisung in modernen Kulturtechniken und in christlicher Sittenlehre nach Magdeburg ein. Der Hochmeister Albrecht von Brandenburg ließ zwischen 1543 und 1561 drei Übersetzungen des Katechismus in prußischer Sprache anfertigen. Nach: Karl Baumann: Die Prußen – Ein sympathisches Volk zwischen Weichsel und Memel, Verlag Gerhard Rautenberg, Leer, 1991, Seite 113, 132, und 167.
  15. Polnisches Propagandaplakat von 1945.
  16. Wladyslaw Ogrodziński: Grunwald 1410–1960, Olsztyn 1959, S. 58f.
  17. Sven Ekdahl: Tannenberg 1410, S. 289 ff.
  18. Janusz A. Majcherek: Nachpruefung in Geschichte (zum XVI. Poln. Historikertag) – Artikel aus der Rzeczpospolita vom 25./26. September 1999.
  19. Udo Kühn: Deutsch-Polnische Schulbuchempfehlungen. Vgl. Maike Trentin-Meyer (Hrsg.) für das Deutschordensmuseum – Text von Udo Arnold: Deutscher Orden 1190–2000 – Ein Führer durch das Deutschordensmuseum in Bad Mergentheim, Spurbuchverlag, 2004, Seite 86.
  20. Der Deutsche Titel lautet: „Leo, wiederhole Grunwald!“
  21. Annette Langer: Beenhakker köpft Ballack: Polnische Zeitung eröffnet Fußball-Medienschlacht, in: Spiegel-Online, 4. Juni 2008.
  22. Anm.: Ein weiteres Beispiel ist folgendes polnisches Propagandaplakat aus den 1980er-Jahren, welches eine Linie von den Ordensritter über Konrad Adenauer, der übrigens vom Deutschen Orden zum Ehrenritter ernannt wurde, zu Ronald Reagan zieht.
  23. Basil Dmytryshyn, Medieval Russia 900–1700; New York: Holt, Rinehart and Winston, 1973, S. 143–152.
  24. Vgl. David Nicolle: Lake Piepus 1242; London: Osprey Publishing, 1996, S. 115.
  25. John France, Western Warfare in the Age of the Crusades 1000–1300; Ithaca, NY: Cornell University Press, 1999. Vgl. A. M. Pankratowa (Redaktion): Geschichte der UdSSR; Band I; Kapitel 7: „Der Kampf von Nowgorod und Pskow gegen die schwedischen und deutschen Feudalherren“ §23; S. 117.
  26. David Nicolle: Lake Piepus 1242; London: Osprey Publishing, 1996, S. 110–115.
  27. A. M. Pankratowa (Redaktion): Geschichte der UdSSR; Band I; Kapitel 8: „Die Zertrümmerung der Deutschen Ordensritter“ §24; S. 120.
  28. A. M. Pankratowa (Redaktion): Geschichte der UdSSR; Band I; Kapitel 7: „Der Kampf von Nowgorod und Pskow gegen die schwedischen und deutschen Feudalherren“ §23; S. 116.
  29. Szene aus Eisensteins Film Alexander Newski; Man beachte die Hakenkreuze auf der Mitra des Bischofs.
  30. Maike Sach: Hochmeister und Grossfürst, Quellen und Studien zur Geschichte des östlichen Europa 62, Franz Steiner Verlag, Stuttgart, 2002, Seite 15.
  31. Anm.: Siehe hierzu die Geschichte Preußens von Ludwig von Baczko und August von Kotzebues Preußens ältere Geschichte
  32. Jürgen Sarnowsky: Der Deutsche Orden, Beck, München 2007, Seite 115
  33. Hartmut Boockmann: Deutsche Geschichte im Osten Europas – Ostpreußen und Westpreußen, Siedler Verlag, 2002, Seite 36 ff.
  34. Wolfgang Wippermann: Der Ordensstaat als Ideologie. Das Bild des Deutschen Ordens in der deutschen Geschichtsschreibung und Publizistik, Volker Spieß, Berlin 1979, S. 155–174
  35. Heinrich von Treitschke: Das deutsche Ordensland Preußen, Mit einer Einleitung von Walter Bußmann, Göttingen 1955, S. 43
  36. Adolf Koch: Der Deutsche Orden und seine Berufung nach Preußen; in Wilhelm Frommel, Friedrich Pfaff (Hrsg.): Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, Heidelberg 1894, S. 333
  37. Wahlplakat der Deutschnationalen Volkspartei zur Volksabstimmung 1920, einen gefesselten Ordensritter darstellend
  38. Hg.: Maike Trentin-Meyer für das Deutschordensmuseum – Text von Udo Arnold: Deutscher Orden 1190–2000 – Ein Führer durch das Deutschordensmuseum in Bad Mergentheim, Spurbuchverlag, 2004, Seite 84–85
  39. Hg.: Maike Trentin-Meyer für das Deutschordensmuseum – Text von Udo Arnold: Deutscher Orden 1190–2000 – Ein Führer durch das Deutschordensmuseum in Bad Mergentheim, Spurbuchverlag, 2004, Seite 86
  40. Adolf Hitler: Mein Kampf, Band I, Verlag Franz Eher Nachf. G.m.b. H., München, 1927, Seite 154
  41. Der damals Oberkommandierende Paul von Hindenburg äußerte vor Kaiser Wilhelm II. den Wunsch, die Schlacht nach dem eigentlich 15 Kilometer entfernten Tannenberg zu benennen, um die „Schmach von 1410“ zu tilgen. in: Holger Afflerbach (Bearb.): Kaiser Wilhelm II. als Oberster Kriegsherr im Ersten Weltkrieg. Quellen aus der militärischen Umgebung des Kaisers 1914–1918. Verlag Oldenbourg, München 2005, S. 148
  42. Hg.: Maike Trentin-Meyer für das Deutschordensmuseum – Text von Udo Arnold: Deutscher Orden 1190–2000 – Ein Führer durch das Deutschordensmuseum in Bad Mergentheim, Spurbuchverlag, 2004, Seite 86 und 93
  43. Hg.: Maike Trentin–Meyer für das Deutschordensmuseum – Text von Udo Arnold: Deutscher Orden 1190–2000 – Ein Führer durch das Deutschordensmuseum in Bad Mergentheim, Spurbuchverlag, 2004, Seite 86
  44. Anm.: Ein Beispiel ist eine Rede des schon früher im nationalsozialistischen Sinne tätigen ersten Präsidenten des Herder-Instituts – Hermann Aubin –, in der er von der „zusammengeschmolzenen Schar der Ungebrochenen, die sich nun wieder vereine“ und „in einem neuen Sinne“ tätig werde, sprach. Nach Zeitschrift für Ostforschung, I, 1952, Seite 1; zitiert nach Hartmut Boockmann: Deutsche Geschichte im Osten Europas – Ostpreußen und Westpreußen, Siedler Verlag, 2002, Seite 71
  45. Hartmut Boockmann: Deutsche Geschichte im Osten Europas – Ostpreußen und Westpreußen, Siedler Verlag, 2002, Seite 70–72
  46. Unter Stichwort „Ritterorden“: im Wörterbuch zur Deutschen Militärgeschichte, Militärverlag der DDR, Band II, 1985, S. 835
  47. Deutsche Gedenkmünze „800 Jahre Deutscher Orden“
  48. Gabriela Weilkes: 800 Jahre Deutscher Orden. Ausstellung des germanischen Nationalmuseums Nürnberg in Zusammenarbeit mit der Internationalen Historischen Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens, Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh, 1990
  49. Ideas 4 Imitators: Der Komtur
  50. Bundesministerium der Verteidigung Das eiserne Kreuz 18. September 2008
Muster-Wappenschild-Info.png

Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Deutscher_Orden“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 21. Mai 2010 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.