Schloss Hartenfels
links mit der alten Elbebrücke

Schloss Hartenfels ist ein prachtvolles Renaissanceschloss in der Stadt Torgau
im Freistaat Sachsen.
Geschichte
Als sich das sächsische Herrschergeschlecht der Wettiner 1485 bei der Leipziger Teilung in zwei Linien aufspaltete, fiel die bisherige Hauptresidenz, die Albrechtsburg in Meißen, in den Besitz der albertinischen Linie der Wettiner. Kurfürst Friedrich III. und seine Nachfolger ließen später in Torgau das Schloss Hartenfels zur neuen Hauptresidenz der ernestinischen Linie ausbauen.
Der Schlossbau wurde im 15. Jahrhundert von Konrad Pflüger
, einem Schüler Arnolds von Westfalen
begonnen und im 16. Jahrhundert von Konrad Krebs
fortgeführt. Es handelt sich um das größte vollständig erhaltene Schloss der Frührenaissance Deutschlands.
Die Kapelle oder Schlosskirche von Schloss Hartenfels wurde 1543–1544 von Nikolaus Gromann
erbaut. Sie gilt als der erste protestantische Kirchenneubau der Welt. Die Schlosskapelle
wurde 1544 noch von Martin Luther selbst eingeweiht. Bis dahin und lange Zeit danach wurden vorhandene Kirchen je nach Konfession umgewidmet. Dehio weist aber darauf hin, dass ihr Raumkonzept nicht von theologischen Konzepten des evangelischen Gottesdienstes, sondern vom Raumkonzept des Schlossbaus bestimmt sei. Schon vorher entstanden in der Region zum Ende des 15. Jahrhunderts ähnliche (vorreformatorische) Schlosskirchen auf Schloss Wolmirstedt
oder auf Burg Ziesar
. Die Kirche ist in einen dreistöckigen Saal des Nordflügels integriert. Die Doppelemporen ruhen auf Flachbögen zwischen den seitlichen Strebepfeilern. Die Kanzel befindet sich an der Südseite des Saals. Der Altar von 1602 ist eine Dresdner Bildhauerarbeit aus dem Umkreis der Walthers
und stammt aus der ehemaligen Schlosskirche im Moritzbau des Residenzschlosseses Dresden
, die 1737 in Wohnraum umgewandelt wurde. Zur Ausstattung gehört eine Gedenktafel aus dem Jahr 1545, die Martin Luther zwischen den Prinzen Johann Wilhelm und Johann Friedrich zeigt. Sie geht im Entwurf auf Augsburger Vorbilder der Frührenaissance zurück und wurde von den Dresdner Giessern Wolfgang I.
und Oswald II. Hilliger
aus der bekannten Glocken- und Geschützgiesserdynastie der Hilliger
gegossen.
Nach dem Schmalkaldischen Krieg kam 1547 das Schloss in den Besitz der Albertiner, als die bei dem Konflikt am Ende unterlegenen Ernestiner zusammen mit der Kurwürde auch wichtige Besitzungen abtreten mussten. Als die Albertiner im 16. Jahrhundert ihren Hofhaltungssitz dauerhaft nach Dresden verlegten, wurde das Schloss hauptsächlich als Verwaltungsgebäude genutzt. 1815 gelangte es an das Königreich Preußen und diente nunmehr der preußischen Verwaltung des neugebildeten Kreises Torgau
.
Im Rahmen der Stiftung Sächsische Gedenkstätten entstand hier zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft ein Dokumentations- und Informationszentrum. Es setzt sich mit der Rolle Torgaus als Sitz des Reichskriegsgerichts
und den damit im Zusammenhang stehenden örtlichen Wehrmachtsgefängnissen
zur Zeit des Zweiten Weltkriegs auseinander.
Schloss Hartenfels diente 1970 als Kulisse für den DEFA-Märchenfilm Dornröschen
.
Die historische Elbebrücke unmittelbar vor dem Schloss Hartenfels wurde im Zuge einer Neutrassierung abgerissen. Seit August 1994 existiert davon nur noch ein Stummel als Aussichtsplattform. Im Dezember 1991 wurde zirka 100 m stromaufwärts in einer neuen Trassenlage mit dem Bau einer Balkenbrücke in Stahlverbundbauweise begonnen. Nach 19 Monaten war das Bauwerk im Sommer 1993 fertiggestellt. Im Jahr 1994 erfolgte der Abriss der alten Elbebrücke (♁51° 33′ 32″ N, 13° 0′ 39″ O51.55888888888913.010833333333).
Eine alte Tradition hat das Halten von Bären im Burggraben. Schon 1425 wurde dafür ein Bär gefangen. Der feudale Brauch wurde nach der Schlacht bei Torgau 1760 unterbrochen und in den 1950er Jahren wieder aufgenommen.
Wappen und Ahnenprobe Wendelstein
Auf der Hofseite des sogenannten Johann-Friedrich-Flügels oder Ostflügels befindet sich der repräsentativ gestaltete Wendelstein, eine fast 20 Meter hohe freitragende
steinerne Wendeltreppe
mit Ahnenprobe für Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen (1503–1554). Nach Dehio
ist diese Hofseite von 1533 bis 1535 eine der architektonischen „Hauptleistungen der Frührenaissance in Deutschland.“ Der Wendelstein (Brüstungen und Pilaster) ist von Dresdner Bildhauern aus Elbsandstein
angefertigt. Konstruktives Vorbild dieser architektonischen Neuinterpretation war der Wendelstein an der spätgotischen Albrechtsburg
in Meißen.
Wappenrelief (links)
Wappenrelief (mitte)
Wappen für Jutta von Hoya († 1415)[Anm. 1]
Wappenrelief (rechts)
Wappen für Herzog Wartislaw IX. von Pommern-Wolgast († 1457)
Wappen für eine Braunschweiger Prinzessin[Anm. 2]
Wappen für Herzog Bogislaw IX. von Pommern-Stargard († 1446)
Wappen für?[Anm. 3]
Wappenrelief des Erbauers (links) und seiner Frau (rechts)
Das Wappenrelief des Erbauers, Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen befindet sich über dem linken Eingang zum Wendelstein; über dem rechten Eingang befindet sich als Gegenstück das Wappen seiner Ehefrau, Sibylle von Jülich-Kleve-Berg.
Figuren mit Wappenschild
Torwappen
Das Wappen des Kurfürstentums Sachsen ist als Allianzwappen in Form zweier Einzelwappen gestaltet, die an Torflügeln angebracht sind (eins rechts, eins links).
- Wappen Herzogtum Sachsen: von Schwarz und Gold neunmal geteilt, darüber ein grüner schrägrechter Rautenkranz (Tor links)
- Wappen des Reichsmarschalles des Heiligen Römischen Reiches: In von Schwarz und Silber geteiltem Feld zwei schräggekreuzte rote Schwerter (die Kurschwerter sind Zeichen des Erzmarschallamtes (Archimareschallus; Tor rechts)
Das Torgauer Elbtor (Jägertor)
Auf der Vordersteie des Torgauer Elbtors erscheint das kursächsische Wappen, wie es seit dem Geltendmachen von Ansprüchen auf die Vereinigten Herzogtümer und dem Kleve-Jülichschen Erbfolgestreit geführt wurde; auf der Rückseite des Torgauer Elbtores erscheint ein aus drei Einzelwappen zusammengestelltes Wappen, darunter das Stadtwappen von Torgau: Geviert, Feld 1 und 4: in Silber vier rote Sparren übereinander, Feld 2 und 3: in Blau ein abgewandter (linksgekehrter) silberner, rotgezungter und ebenso bewehrter Löwe.
Prunkportal Schloss Hartenfels
Nach Bernhard Peter ist das große kursächsische Wappen mit sechs Helmen, das die gesamte Breite des Prunkportals einnimmt und von zwei widersehende Löwen gehalten wird, Johann Georg I. (1611-1656 Kurfürst) zuzuordnen. Es ist zweimal gespalten und fünfmal geteilt mit gespaltenem Schildfuß und Herzschild und referenziert nach Bernhard Peter auf folgende Errungenschaften:
Alle Angaben zitiert nach der Webseite von Bernhard Peter[1] | |
Hauptschild: zweimal gespalten und sechsmal geteilt mit Schildfuß |
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Herzschild (auf Feld 8) |
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Helme |
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Orgel in der Schlosskapelle
Die Orgel in der Schlosskapelle wurde 1994 von dem Orgelbauer Martin Vier (Friesenheim) errichtet. Das Schleifladen-Instrument ist im Renaissance-Stil disponiert und mitteltönig gestimmt. Es hat 25 Register
, darunter 4 Register auf Wechselschleifen (WS) und zwei Vorabzüge auf drei Manualen und Pedal. Die Spiel- und Registertrakturen
sind mechanisch.[2]
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- Koppeln
: Manualschiebekoppel I/II, Pedalkoppeln I/P, II/P
Ausstellungen
Regelmäßige Ausstellungen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden im Flügel D in Kooperation mit dem Landkreis Nordsachsen und der Großen Kreisstadt Torgau:
- 15. Mai – 31. Oktober 2015: 1. Nationale Sonderausstellung zum 500. Reformationsjubiläum im Schloss Hartenfels. Die Ausstellung unter dem Titel Luther und die Fürsten. Selbstdarstellung und Selbstverständnis des Herrschers im Zeitalter der Reformation zeigt die fürstliche Pracht und das Selbstverständnis der Herrscher zur Zeit Martin Luthers.
- 2004: 2. Sächsische Landesausstellung
unter dem Titel Glaube und Macht – Sachsen im Europa der Reformationszeit
.
Das Dokumentations- und Informationszentrum Torgau zeigt im Schloss Hartenfels die ständige Ausstellung Spuren des Unrechts über Torgaus Rolle als Zentrale des Wehrmachtstrafsystems im Nationalsozialismus, die Geschichte der sowjetischen Speziallager Nr. 8 und Nr. 10
und des DDR-Strafvollzugs in Torgau.
Literatur
- Hans Vollmer
: Gromann (Grohmann), Nikolaus (Nickel). In: Ulrich Thieme
, Fred. C. Willis
(Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart
. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker
. Band 15: Gresse–Hanselmann. E. A. Seemann, Leipzig 1922, S. 79–80 (Textarchiv – Internet Archive).
- Walter Ohle
: Die Kapelle des Schlosses Hartenfels in Torgau. Promotionsschrift Leipzig 1936
- Kurt Markus
: Schloß Hartenfels Torgau, ein kulturhistorisches Denkmal der DDR. In: Sächsische Heimatblätter
. 6 (1960) S. 1–9
- Peter Findeisen: Zur Struktur des Johann-Friedrich-Baues im Schloß Hartenfels zu Torgau. In: Sächsische Heimatblätter. 20 (1974), 1, S. 1–12.
- Peter Findeisen; Magirius Heinrich: Die Denkmale der Stadt Torgau (= Die Denkmale im Bezirk Leipzig). Leipzig 1976.
- Hans-Joachim Krause: Die Emporenanlage der Torgauer Schloßkapelle in ihrer ursprünglichen Gestalt und Funktion. In: Bau- und Bildkunst im Spiegel internationaler Forschung (Festschrift zum 80. Geburtstag von Edgar Lehmann). Berlin 1989, S. 233–245.
- Stephan Hoppe
: Die funktionale und räumliche Struktur des frühen Schlossbaus in Mitteldeutschland. Untersucht an Beispielen landesherrlicher Bauten der Zeit zwischen 1470 und 1570. Köln 1996, S. 131–244.
- Georg Dehio
: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler
. Sachsen II. Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz. Deutscher Kunstverlag, ISBN 978-3-422-03048-0, München 1998.
- Hans-Joachim Böttcher
: Torgau – … unmittelbar an der Elbe auf einem Porphyrfelsen gelegen, …, in: Still und voll herber Schönheit … Schlösser und ihre Gärten in der Dübener Heide. Bad Düben 2006, ISBN 978-3-00-020880-5, S. 169–186.
Einzelnachweise
- ↑
Bernhard Peter: Das Torgauer Schloß Hartenfels: Portal – Abgerufen: 06. Juli 2018.
- ↑ Informationen zur Orgel auf der Website der Orgelbaufirma
Anmerkungen
- ↑ Jutta von Hoya war die erste Ehefrau des Johann II. (IV) Herzog v. Mecklenburg-Schwerin und nicht wie die zweite Ehefrau Katharina v. Sachsen-Lauenburg-Ratzeburg Vorfahrin des Kurfürsten Johann Friedrich
(Quelle: Bernhard Peter) - ↑ Nach Bernhard Peter evtl. Verwechslung von Sophie von Sachsen-Lauenburg-Ratzeburg († 1462) mit ihrer Mutter, einer von Braunschweig.
- ↑ Nach Bernhard Peter: geviert, Feld 1 und 4: in Rot vier silberne Balken, Feld 2 und 3: blau besät mit goldenen Lilien, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender roter Greifenkopf zwischen zwei silbernen Straußenfedern.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Im Prospekt.
Weblinks
- Webseite der ersten nationalen Sonderausstellung zum 500. Reformationsjubiläum in Torgau
- Video „Schloß Hartenfels Torgau – Denkmal lutherischen Reformgeistes“ auf
(2012, 12:45 min)
- Schloss Hartenfels auf der Website der Sächsischen Landesausstellung 2004
- Schloss Hartenfels. In: archINFORM
.
- Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ, Torgau), Schloss Hartenfels
51.55892513.008858333333Koordinaten: 51° 33′ 32″ N, 13° 0′ 32″ O
Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Schloss_Hartenfels“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 06. Juli 2018 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.