Auflegung

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Die Auflegung (auch Einverleibung oder InkorporationW-Logo.png genannt; lateinisch incorporatio) ist in der Heraldik eine Methode, um Wappen oder/und Wappenelemente von mindestens zwei Wappen in einem Bild zu vereinen. In der Kunstsprache der Heraldik wird die Anwendung der Methode zuweilen mit Partizip-Perfekt-Formen wie aufgelegt oder einverleibt blasoniert.

Darstellung

In der Früh- und Blütezeit des Wappenwesens sind die Ausdrücke „Auflegung“ und „Einverleibung“ nicht gebräuchlich; sie etablierten sich weitgehend unkritisch hauptsächlich im 18. Jahrhundert als aus der Wappenkunde schlagartig eine populäre Wissenschaft wurde und sie als Unterrichtsfach an den Universitäten gelehrt wurde. Johann Christoph Gatterer (1727-1799) war damals einer der Apologeten des Ausdrucks „Einverleibung“:

„Ich habe oben (..) die (..) Einverleibung der Wappen genannt (..) Es gibt aber auch Figuren, die zu anderen Figuren oder auf dieselbe gesezet werden, und mit denselben gleichsam nur einen Körper ausmachen. Sollte man dergleichen Figuren, wenn sie besondere Wappen anzeigen, nicht einverleibte oder incorporierte Wappen heißen können? das von Trier S(eite) 169 angeführte Wappen des verstorbenen Prinzens aus dem Hause Vendome, gehöret hierher. Es ist ein schwebender roter Schrägbalken, welchem durch Belegung drey silberne Löwen einverleibet sind. Nach der gewöhnlichen Methode würde man bloß sagen, der Schrägbalken sey mit den drey Löwen belegt. Allein mir kommt diese Blasonierung um deswillen unschicklich und undeutlich vor, weil hier nicht, wie sonst, da das Wort belegt, ganz bequem ohne weiteren Zusatz gebraucht wird, nur ein einziges, sondern vielmehr ein gedoppeltes Wappen, oder ein Vereinigung zweyer Wappen vorkommt.“

Wappen 1
+
Wappen 2
=
Ergebnis
Beispiel für
„Einverleibung“
(nach Gatterer)
Wappen der Bourbonen als Könige von Frankreich
+
Wappen der Grafen von Vendôme
=

Zu beachten ist: In dem Beispiel werden aus der einen Löwenfigur drei -- und diese drei Löwen erscheinen nicht etwa in der Tinktur der angestammten Löwenfigur (Blau), sondern in Silber. Gatterer ging bei der Bestimmung des Ausdrucks „Einverleibung“ soweit, dass er ihn als einen Oberbegriff für mehrere Formen empfahl, Wappenfiguren zueinander zu stellen:

„Die Belegung, Besetzung, Begleitung, Beseitung et cetera sind also, wie mich dünket, alsdann allezeit als besondere Arten der Einverleibung anzusehen, wann durch die belegende und belegte, durch die besetzende oder besetzte et cetera Figur nicht ein, sondern mehr als ein Wappen angezeiget wird; wiewohl es scheint, daß im Anfange die Figuren, die durch Belegung, Besetzung et cetera andern beigefügt worden, jederzeit ein eigenes Wappen für sich selbst und außer der Einverleibung bedeutet haben, und daß wir nur jezo solches aus Mangel der Nachrichten und Urkunden, nicht in jeden Fällen bestimmen können (..)“

Den Sprachgebrauch von Gatterer griffen im 19. und 20. Jahrhundert etliche heraldische Autoren auf (zum Beispiel Otto Titan von Hefner (1827-1870), Eduard Freiherr von Sacken (1825-1883), Gert Oswald (1944-1996) et cetera), wobei sie die Ausdrücke „Einverleibung“ oder „Auflegung“ auf ihre Weise interpretierten und in ihren Erläuterungen im Detail von Gatterers Überlegungen abwichen.

Einverleibung nach von Sacken

Von Sacken erläutert die Einverleibung/Auflegung folgendermaßen:

„Durch Einverleibung oder Auflegung (werden mehrere Wappen in einen Schild verereinigt), wobei die Figur eines Wappens mit der des anderen belegt wird, zum Beispiel der Pfahl eines mit dem Löwen des damit zu vereinigenden Wappens; oder das aufgelegte Wappen erscheint statt in seinem ganzen Schilde in dem zu einem Heroldsbilde (Pfahl, Balken et cetera) verringerten Teile desselben. So wird zum Beispiel ein Wappen, welches drei goldene Lilien im roten Felde enthält, mit einem anderen vereinigt, indem man letzterem einen roten Pfahl oder Schrägbalken mit goldenen Lilien auflegt (..)“

Wappen 1
+
Wappen 2
=
Ergebnis
Beispiel für
„Einverleibung“
(nach Sacken
und Oswald)
In Silber ein roter
Pfahl
+
In Blau ein goldener Löwe
=


Wappen 1
+
Wappen 2
=
Ergebnis
Beispiel für
„Einverleibung“
(nach Sacken
und Oswald)
In Blau ein silbernes Lilienkreuz
+
In Rot drei goldene Lilien

=


Von Sacken fügt ein paar Farbempfehlungen bei, die seiner Meinung nach bei der Methode Einverleibung/Auflegung zur Anwendung kommen können. Er verweist beispielsweise auf das Konzept der verwechselten Tinkturen, also einem Schild, der Wappenfigur oder dem Heroldsbild des einen Wappens das zuzufügende Wappenelement des anderen Wappen nicht oder nicht nur in dessen ureignen Farben aufzulegen, sondern durch die Verwendung von verwechselten Farben im ersten Wappen abzubilden.[2]

„Zum Beispiel auf einen Rot und Gold geteilten Schild sollen drei goldene Lilien in Form eines Schächerkreuzes aufgelegt werden, so behaltendie beiden oberen Lilien, die ins rote Feld zu stehen kommen, ihre Tinktur; die im untern goldenem Felde, aber erhält die Farbe des oberern Platzes, nämlich Rot, das heißt, sie wechselt mit ihm die Farbe. Solche Vereinigungen mit verwechselten Tinkturen kommen oft vor (..)“

Eduard Freiherr von Sacken (1893)[2]
Wappen 1
+
Wappen 2
=
Ergebnis
Beispiel für
„Einverleibung“
mit verwech-
selten Farben
(nach Sacken
und Oswald)
Rot-golden geteilt

+
In Schwarz drei goldene Lilien
=


Gert Oswald verabsolutierte von Sackens Empfehlungen im 20. Jahrhundert folgendermaßen:

„(..) Die Tinktur der aufgelegten Figur muß von der der anderen abweichen (..) Die Tinktur des aufgelegten Bildes muß immer von derjenigen, auf die es gelegt ist, abstechen. Häufig werden dazu verwechselte Farben verwendet.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[3]

Unabhängig von dieser eher theoretischen, strengen Must-have-Anweisung finden sich in der historischen Praxis Beispiele mit aufgelegten/einverleibten Wappenelementen, bei denen Farbempfehlungen nicht dogmatisch angewendet wurden. Beispielsweise ist im Wappen von Tann, Bayern eine blaue Raute aus dem bayerischen Wappen auf rotem Grund einverleibt (siehe 3. Beispiel weiter unten im Abschnitt Einverleibung nach Otto Titan von Hefner); streng genommen ist das unheraldisch, weil eine heraldische Farbe (Blau) nicht an eine Metallfarbe (Silber/Gold) stößt, um „abstechend“ zu wirken, sondern an eine andere Farbe (Rot).

Einverleibung nach Otto Titan von Hefner

Otto Titan von Hefner bestimmte die sogenannte Einverleibung 1863 etwas schlichter als von Sacken (und später Oswald). Für ihn ist es beispielsweise nebensächlich, ob die Farbe der Zufügungen sich von den vorhanden unterscheidet, also abstechend ist; wesentlich ist ihm, dass Einverleibung darin besteht (..)

„(..) daß man die Figur eines Wappen (ohne ihr Feld) kurzweg in ein anderes Wappen hineinsetzt, so daß sie als zu diesem gehörig betrachtet werden muß.“

Otto Titan von Hefner (1863)[4]

Als Beleg für seine Bestimmung führt Hefner vier Beispiele an:

„(1. Beispiel): Im kleinen Wappen des Fürstenthums Schaumburg-Lippe ist das lipp'sche Wappen dem schaumburg'schen einverleibt, indem die rote Rose des ersteren in das obere silberne Feld des letzteren hineingesetzt erscheint.“

Otto Titan von Hefner (1863)[4]
Wappen 1
+
Wappen 2
=
Ergebnis
1. Beispiel für
„Einverleibung“
(nach Otto
Titan von Hefner)
+
=

„(2. Beispiel): Der Schenkenbecher, welcher auf die Theilung des Schildes der Grafen von Erbach gelegt ist (..). Als Schenkenwappen wird der goldene Becher in Rot angenommen.“

Otto Titan von Hefner (1863)[4]
Wappen 1
+
(Ausstellungsstück)
=
Ergebnis
3. Beispiel für
„Einverleibung“
(nach Otto
Titan von Hefner)
Wappen der Grafen von Erbach
+
1440: Doppelpokal (Schenkenbecher)
=


„(3. Beispiel): In dem Wappen des Marktes Thann in Bayern, welcher in Rot ein grüne Tanne führt, sind zu den Seiten dieses Baumes zwei Wecken aus dem Schilde Bayern, ein silberner und ein blauer, einverleibt.“

Otto Titan von Hefner (1863)[4]
Wappen 1
+
Wappen 2
=
Ergebnis
3. Beispiel für
„Einverleibung“
(nach Otto
Titan von Hefner)
Nach Bürgermeister­medaille von 1819
+
Bayern (kleines Staatswappen)
=

„(4. Beispiel): Ein letztes Beispiel der Einverleibung bietet das Wappen der de Mohun in England, welches ursprünglich in Rot einen Hermelinärmel hatte, später aber mit der de Agulon, deren Wappen (in Rot?) eine silberne Lilie hatte, derart vereint, daß aus dem Ärmel eine Hand hervorkommt, welche die silberne Lilie hält.“

Otto Titan von Hefner (1863)[4]
Wappen 1
+
Wappen 2
=
Ergebnis
4. Beispiel für
„Einverleibung“
(nach Otto
Titan von Hefner)
alternative Beschreibung
de Mohun

+
alternative Beschreibung
de Agulon

=
Wappen de Mohun (mit der Lilie de Agulon in Gold)

Oberwappen bei Auflegung/Einverleibung

Werden mehrere Einzelwappen mittels „Auflegung/Einverleibung“ in einem neu zusammengesetzten Gesamtwappen vereint, sind gegebenenfalls auch die Oberwappen (Helme und Helmkleinode) einzubeziehen. Dafür stehen mehrere Methoden zur Verfügung, die auch bei Wappenvereinigungen anderer Art zum Tragen kommen können (siehe: → Oberwappen bei vereinigten Wappen).

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Einverleibung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Blason ville fr Garidech (Haute-Garonne).svg Lemma Einverleibung. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).

Siehe auch

Die Auflegung/Einverleibung ist eine Möglichkeit der Wappenvereinigung neben anderen. Siehe auch:

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Johann Christoph Gatterer: Abriss der Heraldik oder Wappenkunde. Gabriel Nicolaus Raspe, Nürnberg 1774. S. 49, 52 f.
  2. 2,0 2,1 2,2 Sacken, Eduard Freiherr von: Katechismus der Heraldik. Grundzüge der Wappenkunde. Leipzig. 1893. S. 143 f. und 146. f.
  3. Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 48, 112, 458 ff. (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Hefner, Otto Titan von: Handbuch der theoretischen und praktischen Heraldik. Unter Bezugnahme auf die übrigen Hilfswissenschaften. Zweiter Teil. Praktische Heraldik in VIII Kapiteln. München, Heraldisches Institut, 1863. S. 224 (Google)