Füllbild

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Füllbilder nennt Gert Oswald

„(..) verschiedene Bilder, zum Beispiel Sonne, Halbmond, Sterne, Kreuze und so weiter, die in den älteren Siegeln zur Ausfüllung des leer gebliebenen Raumes verwendet werden.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[1]

Weder in der Heraldik noch in der Siegelkunde ist der Ausdruck gebräuchlich.

Darstellung

Um freie Flächen in Siegelbildern oder Siegeln zu gestalten, verwenden Siegelstecher/-schneider

  • eher abstrakten oder abstrahierten Zierrat (Arabeske, Damaszierung, Ornament)
  • eher konkreten oder gegenständlichen Zierrat wie Sterne, Kreuze etc. (nach Oswald „Füllbilder“)

Der Zierrat ist in Siegelbildern teilweise sich wiederholend und in Form von kleinen „Nebenfiguren/-motiven/-teilen“ ausgeführt. Er dient nicht nur der Verzierung des eigentlichen Siegelbildes, sondern ermöglichen es, ein bekanntes Siegelbild unterschiedlich darzustellen oder es zu variieren, ohne daß die sinnbildliche Hauptinformation verloren geht. Möglicherweise ist derartiger Zierrart ein gestalterisches Substitutionsmittel für Farben, die bei der monochromen Siegeltechnik gewöhnlich nicht zur Verfügung stehen.

Sowohl der eher abstrakte als auch der eher gegenständliche Zierrat kann dabei helfen, den Siegelbesitzer innerhalb eines Geschlechts zu identifizieren. Beispielsweise erscheint in vielen Siegeln des Geschlechts von Wernigerode das gleiche Hauptmotiv (ein Wappenschild mit zwei einander zugewandten Fischen), aber die dargestellten oder nicht-dargestellten Damaszierungen und „Füllbilder“ variieren je nach Person.

Übernahme in Wappen

Wappen derer von Wernigerode

Oswalds erläutert, ohne einen wissenschaftlich Nachweis für seine Theorie beizubringen:

„Viele Füllbilder sind oft, aber nicht immer in die späteren Wappen übernommen worden.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[1]

Diese Theorie ist offensichtlich ohne Quellenprüfung und ohne zahlenmäßigen Beweis entstanden und eine verzerrte Übertreibung. Vergleicht man Siegel, die mit flächenfüllenden Damaszierungen oder „Füllbildern“ gestaltet sind, mit den entsprechenden Wappenabbildungen in frühen Wappenbüchern, fällt unmittelbar auf, daß „atomistischer“ oder filigraner Siegel-Zierrat in Wappen gewöhnlich nur selten nachgewiesen werden kann oder überhaupt nicht übernommen wurde. Das gilt beispielsweise auch für die Wernigerode-Siegel, die oben gezeigt wurden bzw. für die entsprechenden Wappen des Geschlechts. In der Heraldik, wo Farben als Gestaltungselement zur Verfügung stehen, sind „Füllbilder“ in der Regel entbehrlich und bedeutungslos, wie Oswald weiter ausführt:

„Eine tiefere Bedeutung, die man ihnen oft zuschreibt, hatten sie (die Füllbilder -- Anm. der Red.) in der Mehrzahl nicht.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[1]

Aus den wenigen frühen überlieferten Siegeln und Wappen ist ein hinreichend bestimmter Zusammenhang zwischen „Füllbildern“ in Siegeln und bestreuten/besäten Flächen in Wappen im allgemeinen nicht zweifelsfrei ableitbar, allenfalls bei Ausnahmen/Einzelfällen möglich. Den Versuchen, die Wechselbeziehungen von Siegel- und Wappenbildern irgendwie bestimmter auszulegen, sind durch die Quellenlage keine klaren Grenzen gesteckt. Spätere generalisierende Interpretationen ohne belegbare zahlenmäßige Forschungen, sind nur mit Vorbehalten zu verwenden.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S. 137.