Ritterorden
Die ersten geistlichen Ritterorden sind während der Kreuzzüge entstandene Ordensgemeinschaften, die ursprünglich zum Schutz, Geleit, Pflege der Pilger ins Heilige Land und Verteidigung der heiligen Stätten gegen den Islam gegründet wurden. Voraussetzungen für die Ordensmitglieder waren ursprünglich Armut, Keuschheit, Gehorsam und Waffendienst. Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden höfische Ritterorden, mittels derer sich die Monarchen eine zuverlässige Hausmacht verschaffen wollten.
Als politisches Gegengewicht zu den mächtiger werdenden Landesfürsten bildeten sich ab dem Spätmittelalter, vor allem in Südwestdeutschland, diverse Rittergesellschaften und Ritterbünde.
Geistliche Ritterorden
- Templerorden (Arme Ritter Christi und des Tempels von Salomon zu Jerusalem), gegründet 1118 oder 1119 von neun französischen Rittern, an ihrer Spitze Hugo von Payns und Gottfried von Saint-Omer. Aufgelöst 1312;
- Orden St. Salvator, etwa um 1118 gestiftet als aragonischer Ritterorden. Zeichen war ein rotes Ankerkreuz.
- Mercedarierorden (Orden unserer Lieben Frau vom Loskauf der christlichen Gefangenen), 1218 vom Hl. Petrus Nolascus, dem König von Aragon und St. Raimund von Peñafort als königlicher, militärischer und religiöser Orden gegründet. Im Jahre 1318 wurde dieser Ritterorden zu einem rein religiösen Männerorden umstrukturiert. Die Priester und Nonnen waren und sind sehr in der Mission aktiv. Als Laiengemeinschaft wurde ein ritterlicher Zweig im Jahre 2002 von der Ordensleitung anerkannt;
- Christusorden, 1319 gegründeter, portugiesischer Ritterorden, der in Portugal die Nachfolge des Templerordens antrat;
- Orden von Montjoie spanischer Ritterorden, benannt nach einem Berg vor den Toren Jerusalems, der nach den Zisterzienserregeln lebte, bei dem der karitative Zweck im Vordergrund stand und der bald im Templerorden aufging;
- Hospitaliter- oder Johanniterorden (Orden vom Spital des heiligen Johannes zu Jerusalem), später auf Rhodos dann auch Rhodesier und auf Malta dann auch Malteser genannt. Gegründet 1099 in Jerusalem als Laienbruderschaft zur Armen- und Krankenpflege in einem bereits zuvor bestehenden Hospiz/Hospital, offizielle Umwandlung in einen geistlichen Orden 1113 durch die Anerkennung als neuer autonomer Orden durch Papst Paschalis II., zwischen 1120 und 1153 schrittweise Umwandlung in einen geistlichen Ritterorden nach dem Vorbild der Templer. Der neue Status als geistlicher Ritterorden wird 1153 durch Papst Eugen III. bestätigt. Heute nennt sich der katholische Zweig Malteserorden, der protestantische Zweig Johanniterorden;
- Chorherren vom Heiligen Grab in Jerusalem auch Kapitel vom Orden der Regulierten Kanoniker und Kanonissen des Heiligen Grabes zu Jerusalem, Sepulcriner und Kreuzherren mit dem doppelten roten Kreuz genannt der aus dem 1099 gegründeten Domkapitel des Patriarchates von Jerusalem Arnold (Arnulf) von Jerusalem unter Gottfried von Bouillon hervorging (Statut des Chorherrenorden vom Heiligen Grab (1099)). Er wurde 1114 in Jerusalem begründet und bestand in Mitteleuropa von 1162 bis 1819. Der Orden führte in Jerusalem ein Hospiz, pflegte und versorgte Pilger auf deren Weg zum Heiligen Grab und leistete auch ritterlichen Beistand. Von Jerusalem aus erfolgte eine rasche Ausbreitung des Ordens im Hl. Land und in Syrien (bis 1291), gleichzeitig auch in Süditalien, Südfrankreich und Spanien. Seit 1291 befand sich das Haupthaus des Ordens in Perugia (San Luca). Von dort aus erfolgte die weitere Ausbreitung der Chorherren vom Hl. Grab in Europa. 1163 wurde der Orden der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem von Jaxa von Köpenick m in Kleinpolen (Kloster in Miechów) eingeführt, dort auch Miechówiter genannt. 1229 führte der Breslauer Bischof Thomas I. die Chorherren vom Hl. Grab in seiner Residenzstadt Neisse (späteres Haupthaus 1500 bis 1810) dort Kreuzherren genannt in Schlesien ein. Der männliche Zweig erlosch mit der Säkularisation 1810 bzw. 1819 mit der Auflösung des Klosters in Miechów, der weibliche Zweig die Chorfrauen vom Heiligen Grab oder Sepulchrinerinnen existieren bis heute.
- Deutscher Orden (Orden der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem), gegründet 1190 als Krankenpflegeorden, ab 1198 in einen Ritterorden umgewandelt.
- Lazarus-Orden (Militärischer und Hospitalischer Orden des Heiligen Lazarus von Jerusalem) gegründet im 11. Jahrhundert um die Kranken, Bedürftigen, Sterbenden, Leprakranken und Reisenden aufzunehmen und zu pflegen.
- Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem gegründet 14. Jahrhundert, päpstliche Rekonstitution im Jahre 1847.
- Patriarchalischer Orden vom Heiligen Kreuz zu Jerusalem
- St. Georgsritter zu Millstatt (Militärischer Orden zum Schutz vor der Türkengefahr) gegründet 1469 durch Kaiser Friedrich III.
In Spanien und Portugal entstanden im Rahmen der Reconquista weitere Ritterorden, zu denen ebenfalls Ritter aus ganz Europa stießen, um an dem vom Papst zum Kreuzzug erklärten Kampf gegen die Mauren auf der iberischen Halbinsel teilzunehmen:
- Orden von Calatrava, spanischer Ritterorden, der 1158 im Kampf gegen die Mauren gegründet wurde und sein Hauptquartier lange Zeit in Calatrava in der südlichen Mancha unterhielt;
- Ritterorden von Avis, portugiesische Abspaltung des Calatravaordens;
- Alcántaraorden, der erste der spanischen Ritterorden, der 1156 im Kampf gegen die Mauren gegründet wurde und sein Hauptquartier lange Zeit in Alcántara in Extremadura unterhielt;
- Santiagoorden, spanischer Ritterorden, der seit 1170 dem Heiligen Jakobus gewidmet ist.
- Orden von Montesa, spanischer Ritterorden, 1316 im Kampf gegen die Mauren gegründet, auf den bei Auflösung der Templer ein Teil ihres Vermögens auf dem spanischen Festland überging;
- Orden von San Jorge de Alfama, spanischer Ritterorden, 1201 im Kampf gegen die Mauren gegründet, 1400 mit dem Orden von Montesa vereinigt;
- Orden von San Miguel, portugiesischer Ritterorden, im Kampf gegen die Mauren gegründet.
- Orden von San Salvador de Monreal, spanischer Ritterorden
- Orden von Dobrin, Lat. fratribus militiae Christi in Prussia, polnischer Ritterorden, 1228 vom polnischen Herzog Konrad von Masowien gegründet,wurde 1234 in den Deutschen Orden eingegliedert.
- Schwertbrüderorden (Die Brüder der Ritterschaft Christi zu Livland) (lateinisch: Fratres miliciae Christi de Livonia) war ein von Kreuzrittern aus dem Gebiet zwischen Soest und Kassel 1204 oder 1205 gegründeter Ritterorden, der den Schutz Livlands übernahm. Er wurde 1237 in den Deutschen Orden eingegliedert.
Bernhard von Clairvaux bezeichnete die Ordensritter als "Ritter neuen Typs", da sie die Kampfkraft des dekadenten Ritterstandes mit der Disziplin und der Enthaltsamkeit der Mönchsorden verbanden. Während die einzelnen Mitglieder der Armut verpflichtet blieben, wurden die Orden durch Erbschaften, Schenkungen und Eroberung mit zu den reichsten Organisationen ihrer Zeit.
In der Gegenwart existieren eine Vielzahl von katholischen, evangelischen (Bruderschaften) und ökumenischen Ritterorden.
Höfische Ritterorden
Ab der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden höfische Ritterorden, die König Artus' legendärer Tafelrunde nachempfunden waren. Die bedeutendsten unter ihnen waren:
- der Szent György Lovagrend (Sankt Georg Ritterorden), gegründet 1326 vom ungarischen König Karl I. Robert
- der Hosenbandorden, gegründet 1348 vom englischen König Eduard III. (siehe auch Liste der Ritter des Hosenbandordens),
- der Drachenorden, gegründet 1408 von König Sigismund von Ungarn
- der Orden vom Goldenen Vlies, gegründet 1430 vom burgundischen Herzog Philipp dem Guten (siehe auch Liste der Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies),
- der Hubertusorden gegründet 3. November 1444 von Herzog Gerhard II. von Jülich-Berg,
- der Ordre de Saint-Michel, gegründet 1469 vom französischen König Ludwig XI.,
- der Orden vom heiligen Geist, gegründet 1578 vom französischen König Henri III. (siehe auch Liste der Ritter des Ordens vom Heiligen Geist) und
- der Orden vom Stern, gegründet vom französischen König Johann II.
- Orden der goldenen Stola, oder Stola d'oro, war ein venezianischer Ritterorden.
Der älteste Orden des preußischen Hauses war der Schwanenorden, der 1440 gestiftet wurde, um der Entsittlichung des märkischen Adels entgegenzuwirken und die Rauf- und Fehdelust einzudämmen.
Rittergesellschaften
Im späten Mittelalter entstanden, vor allem in Südwestdeutschland, diverse (reichsritterlicher) Rittergesellschaften, Ritterbruderschaften und Ritterbünde. Als politische Interessenverbünde versuchten sie - letztlich vergeblich - ein Gegengewicht zur aufstrebenden Macht der Städte und Landesfürsten zu bilden.
Moderne Ritterbünde
Mit der Romantik kam es zur Wiederbelebung des mittelalterlichen Ritterideals. 1790 gründete der österreichische Hofrat Anton David Steiger als "Hainz am Stein der Wilde" die "Wildensteiner Ritterschaft zur Blauen Erde". Die Altritterliche Gesellschaft wurde 1823 auf Betreiben von Fürst Metternich aufgelöst. Vermutlich trafen sich die Mitglieder fortan im Geheimen. Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden vermehrt Ritterbünde in Bayern und Österreich; 1884 sollen 32 derartige Vereinigungen existiert haben.
Nach der Auflösung der meisten Ritterorden in der Zeit des Nationalsozialismus kam es in den 1950er Jahren zu einer Wiederbelebung einiger Bünde sowie zu Neugründungen, vor allem in Deutschland (derzeit 20 Bünde) und Österreich (etwa 21 Bünde).
Siehe auch
Literatur
- Abbildungen und Beschreibung aller hoher Geistlichen, Weltlichen, und Frauenzimmer Ritter-Orden in Europa. Bürglen, Augsburg 1792 (Nachdruck: Reprintverlag Leipzig, ISBN 3-8262-1807-8); weitere Ausgabe: Stage, Augsburg 1792 (Digitalisat)
- Alain Demurger: Die Ritter des Herrn. Geschichte der geistlichen Ritterorden. C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50282-2
- Giorgio Falco: Geist des Mittelalters - Kirche, Kultur, Staat. Verlag Heinrich Scheffler, Frankfurt am Main 1958
- Feliciano Novoa Portela, Carlos de Ayala Martínez (Hrsg.): Ritterorden im Mittelalter. Theiss, Stuttgart 2006, ISBN 3-8062-1974-5 (Aufsatzsammlung)
Weblinks
- Informationsseite zu Orden in Deutschland, Österreich und der Schweiz
- Das Land des Deutschen Ritterordens. Burgen, Städte und Landschaften in aktuellen Bildern
- Ritterorden zur Zeit der Kreuzzüge, Schülerprojekt
- ordo gladii fraternitas santi urielis Gemeinschaftsprojekt ogfu, Arbeitskreis historische Saar und Schülerinnen aus den Saarlouiser Gymnasien
- Geschichte der Priester des Deutschen Orden
- Patriarchalischer Orden vom Heiligen Kreuz zu Jerusalem
- Militärischer und Hospitalischer Orden des Heiligen Lazarus von Jerusalem - LAZARUS-Orden
- Militärischer und Hospitalischer Orden des Heiligen Johannes von Jerusalem - Malteser-Orden
- Ordo Equestris Fraternitas et Beneficus Novum - Karitativer moderner Laienritterorden
- Zur Geschichte der Naisser Kreuzherren vom Orden der regulierten Chorherren und Wächter des Heiligen Grabes zu Jerusalem mit dem doppelten roten Kreuz, Herrmann, Wilhelm, 1938
Quellenhinweis
Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Ritterorden“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 14. Mai 2010 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.