Auge (Heraldik)

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Dieser Artikel beschreibt allgemein das Auge in der Heraldik; zur speziellen Figur „Gottesauge“ siehe Gottesauge (Heraldik).
Auge
 
faktisch
(äußerlich sichtbare Teile eines menschlichen Auges)
 
in der Heraldik
Wappen derer von Grünauge: In Schwarz ein schrägrechtes (menschliches) Auge (mit silberner Sklera, grüner Iris und schwarzer Pupille, oben mit grünen Wimpern; nach Heessel Kompendium, ca. 1450)

Das Auge (frz.: Œil; engl.: eye) ist in der Heraldik

  • eine seltene gemeine Figur
  • eine Bezeichnung für eine augenförmige Zeichnung bei einer Wappenfigur, die in Form und Farbe ein Auge darstellt („beaugt“, „mit Auge ...“) oder ein Auge imitiert („Scheinauge“)

Geschichte

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Heraldik-Wiki-Bestimmung
Wann genau zum ersten Mal eine Augenfigur im Wappenwesen dargestellt wurde und wer ein entsprechendes Wappen führte, ist unklar beziehungsweise nicht ausreichend erforscht.

Belegt ist, dass im 15. Jahrhundert im Armorial Lyncenich und im Heessel Kompendium sowie im Armorial Le Blancq ein Wappen mit einer Augenfigur erscheint. Die Korrektheit des Wappens konnte bis 2016 selbst von profunden Kennern wie dem Heraldiker Steen Clemmensen nicht verifiziert werden. Er transkribierte den Wappentitel mit grennawg und spekulierte irreführend darüber, dass damit wohl eine Familie namens Brauneck gemeint sein könnte, wobei die „Augenfigur“ seiner Meinung nach auch als „Kompassnadel“ (?) gezeichnet wurde.[1]

Tatsächlich referenzieren die Wappenabbildungen mit dem Augenmotiv in den genannten Quellen meines Erachtens sprechend auf die ausgestorbene Familie von Grünauge, ein Geschlecht, das zwischen 1140 und 1434 in Urkunden bayerischer Klöster vorkommt.[2]
– Andreas Janka (2024)

Auge als gemeine Figur

In Gold drei blaue „Finkenaugen“ 2:1 (Wappen der Herren von Finkenaugen)
Abgeledigter, oben und unten je mit einem abgeledigten Balken verbundener Pfahl, beseitet von je einem menschlichen Auge (Wappen Sproll; Richtigkeit unsicher; nach Siebmacher, 1904)

Das Auge erscheint als gemeine Figur meist in Anlehnung an ein menschliches Auge als bildhafte und stilisierte Darstellung desselben mit Wimpern, Augenlidern und Augapfel; ein sich erheblich vom menschlichen Auge unterscheidenes Auge (zum Beispiel ein „Facettenauge“, ein „Finkenauge“ et cetera) ist zu melden. Die Augen von wilden Tieren werden im Gegensatz zum menschlichen Auge in der Heraldik gewöhnlich rot unterlaufen dargestellt:

„Auge von wilden Thieren meist roth unterlaufen, gemalt.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[3]

Das Auge erscheint in Ein-, aber auch in Mehrzahl. In letzerem Fall ist die genaue Position zu melden (zum Beispiel: „drei Augen, 2:1 gestellt“). Die Figur Auge ist nicht häufig, und eine einheitliche Farbgebung ist nicht festgelegt. Sind Teile des Auges wie Wimpern et cetera andersfarbig tingiert, ist dies zu melden (zum Beispiel: „(..) mit goldenen Wimpern versehenes blaues Auge“, „(..) menschliches Auge mit blauer Iris“).

Verbreitung

Das Auge findet sich beispielsweise in den Wappen Heshuisen, Goder (drei Augen 2:1 gestellt) oder als redendes Motiv im Wappen derer von Finkenauge. Letzeres Wappen zählt in der Literatur manchmal zu den „curiosa“, allzumal sich die „Finkenaugen“ des Schildes in der Helmzier zwischen den Flügeln eines Flugs wiederholen.

Auge als Bezeichnung

alternative Beschreibung
Silberner fliegender Fisch, golden beaugt (Wappen von Truchtlaching)

Beaugt

Die Bezeichnungen „Auge“, „beaugt“, „mit Auge ...“ o. ä. werden einerseits in der heraldischen Kunstsprache verwendet, wenn die Augen einer Wappenfigur ungewöhnlich oder andersfarbig dargestellt werden (zum Beispiel: „[..] goldener Adler, grün beaugt“; „[..] silberner Fisch, golden beaugt“).

Scheinauge

Andererseits benutzt man sie, um sogenannte ScheinaugenW-Logo.png wie zum Beispiel die „Augen“ auf den Schwanzfedern des Pfaus, die „Augen“ (Punkte) eines Spielwürfels, das „Auge“ (Loch) eines Mühlsteins, das „Auge“ (Gelenk) einer Zange und so weiter oder deren Anzahl in der Wappenbeschreibung gegebenenfalls zu charakterisieren.

Falkenauge

Nach Ralf von Retberg wird eine besonders eingefärbte „Ballfigur“ (Kugel, Scheibe, Kreis) in der heraldischen Kunstsprache „Falkenauge“ genannt:

„Bälle, welche einen schwarzen Ring mit einer weißen Füllung bilden, übrigens erst im 15. Jahrhundert vorkommen, heißen Falkenauge (ndl.: valkenoogen; lat.: oculi falconis; frz.: yeux de faucon).“

Name Tinktur Farbe Andere Namen
Bezant silver.png plate Argent (Metall) Silber dt: Ball; engl.: silver;
nach Retberg „Falkenauge“

Wappenbilderordnung

  • Die gemeine Figur Auge bzw. das „menschliche Auge“ wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt „Teile lebender Organismen, Abnormitäten, Verstümmelungen: C. Einzelteile des Kopfes 2. Menschen“ unter der Nr. (7011)-731 aufgenommen.
  • Die Ausdrücke „beaugt“, „mit Auge ...“ o. ä. wurden in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt „Notwendige Teile ganzer Figuren bei andersfarbiger Darstellung“ unter der Nr. -806 aufgenommen.

Siehe auch

Auge bei

Weblinks

Commons: Augen in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Daniel Erpelding: yeux = Die Augen. Heraldik-Lexikon. wiesel.lu, abgerufen am 9. Januar 2021 (Blog).

Einzelnachweise

  1. Vgl.: Steen Clemmensen: The Lyncenich armorial. Bruxelles, Bibliothèque royale Albert 1er Fonds Houwaert II.6567. Farum, Dänemark, 2016. S. 171. Wappen-Nr. 926.
  2. Vgl.: Otto Titan von Hefner: Stammbuch des blühenden und abgestorbenen Adels in Deutschland. Band 2. G-L. Regensburg, 1863. S. 71. (Google)
  3. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie ( M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.
  4. Ralf von Retberg: Die Geschichte der deutschen Wappenbilder. Aus Ralf von Retbergs Nachlasse. 1884. Posthum in: Jahrbuch der k.k. heraldischen Gesellschaft Adler zu Wien. XIII./XIV. Jahrgang. Wien 1886/1887. Seite 62.