Inkarnat
Inkarnat (auch Karnat, Karnation, Fleischton, Fleischfarbe, seltener auch Hautfarbe oder mißverständlich Leibfarbe; von lat. carnis =„Fleisch; frz.: carnation; engl.: carnation)[1] bezeichnet
- allgemein: die Hautfarbe des Menschen in der Kunst
- in der Heraldik: eine zusätzlich zu den heraldischen Grundfarben/Tinkturen (Blau, Rot, Grün, Schwarz) und den heraldischen Metallen (Silber, Gold) selten verwendete natürliche → Sonderfarbe/Hilfstinktur
Darstellung
Inkarnat ist ein Begriff aus der Kunst, genauer aus der Malerei und der Fassmalerei (Bemalung von Skulpturen u. a.). Er bezeichnet die vom Künstler gewählten Farbtöne, die für die Darstellung nackter menschlicher Körperpartien, also der Haut, verwendet werden. Gemischt wird das Inkarnat aus den Farben Rot und Weiß sowie weiteren passenden Tönen: Ocker, Siena und andere Brauntöne, mitunter werden auch Blau oder Grün verwendet. Da die menschliche Haut nicht überall die gleiche Farbe hat (zum Beispiel Gesicht, Hände, Füße, Ellbogen, Knie), und auch das auf jede Stelle des Körpers anders einfallende Licht einen erheblichen Einfluss auf die Hautfarbe hat, kann nicht einfach ein einziger Farbton für alle Hautpartien gemischt werden. „Gutes“ Inkarnat kann man daran erkennen, dass die verschiedenen Körperpartien je ihre eigene Farbe haben.
Inkarnat im Wappenwesen
In der Wappenkunde ist Inkarnat/Fleischfarbe eine → Sonderfarbe/Hilfstinktur, die nicht zum substanziellen Farbkanon der heraldischen Tinkturen gezählt wird.
„Neben den (heraldischen -- Anmerkung der Redaktion) Tinkturen erscheinen aber schon frühzeitig Farbtöne, die sich nicht in diesen Kanon einordnen lassen, wenn sie auch im gesamten heraldischen Farbspektrum von geringer Bedeutung sind. Sobald Teil des menschlichen Körpers dargestellt wurden, musste man sich mit einem hellen Inkarnat behelfen.“
In Wappenbeschreibungen verwendet man manchmal die Ausdrücke „in Naturfarbe“, „in natürlicher Farbe“ oder ähnlich für fleischfarbene gemeine Figuren oder für mit dieser Farbe hervorgehobene Figurenteile. Querfurth und andere legen daher nahe, dass „Naturfarbe“ ein Oberbegriff ist und Fleischfarbe nur eine bestimmte Naturfarbenart neben anderen ist:
„Zu den natürlichen Farben gehört auch die Fleischfarbe, nämlich die menschliche und zwar hauptsächlich die der Kaukassischen Rasse angehörige Hautfarbe; natürlich gefärbte menschliche Gesichter werden nicht mit einem gleichmäßig hellfarbigen Anstriche überzogen, sondern können an den Wangen, Ohrläppchen, vielleicht auch am Kinn, namentlich aber an den Lippen etwas röther gefärbt sein, als an den übrigen Gesichtsteilen.“
Soweit Fleischfarbe/Inkarnat in Wappen vorkommt, ist sie der heraldischen Regel der Wechsels von heraldischer Tinktur/Farbe und Metall nicht unterworfen. Fleischfarbe weist nicht immer den gleichen Inkarnatfarbton auf; je nach Wappenaufriss, Farbmischung und Farbauftrag kann sie teils heller („hellrosa“), teils dunkler erscheinen.
„Den Widerwillen gegen alle Mischfarben in der Heraldik trieb man nicht selten so weit, daß auch die natürliche und die Fleischfarbe oft umgangen wurde.“
„Von den, gelinde gesagt überflüssigen, Erfindungen neuerer deutscher Heraldiker in Bezug auf Vervollkommnung des heraldischen Farbsystems durch die Hinzufügung von Fleischfarbe (..) habe ich oben schon Erwähnung gethan.“
„Fleischfarbe: der neueren Heraldik angehörende, überflüssige Tinktur (..)“
Die Sonderfarbe Inkarnat/Fleischfarbe wird je nach heraldischem Schraffursystem anders dargestellt (beispielsweise in Form von kleinen abgesetzten senkrechten Strichen oder von kleinen abgesetzten unvollständigen Kreisen, die dem Buchstaben „C“ ähneln).
„(..) Der Heraldiker Bernd gab ihr eine heraldische Schraffur in Form von kleinen abgesetzten senkrechten Strichen.“
Inkarnat-1
(Bad Muskau)Inkarnat-2
(Saas im Prättigau)Inkarnat-3
(Kostelec nad Cernými lesy)Laurentius mit Lendentuch, pfahlweise, auf Rost liegend (Wojnicz, Herb Wojnicza)
Verwendung von Inkarnat außerhalb der Heraldik
In der Fassmalerei hat sich mit der Entwicklung der Holzbildhauerei der Karnatmaler ein eigener Berufszweig ausgebildet. Bis in die Spätbarockzeit spezialisierten sie sich darauf, die unbedeckten Körperteile von Skulpturen zu bemalen. In der Hierarchie dieser Handwerkszunft gehörten Karnatmaler zu den am besten bezahlten Spezialisten. Auch in der Archäologie wird bei der Beschreibung der Körperoberfläche, besonders der Gesichtszüge von Porträts, der Begriff Inkarnat verwendet. Je nach Kunstepoche, Stil, Künstler und Werk kann das Inkarnat sehr unterschiedlich aussehen.
Madonna mit Kind (aus Horgenzell-Ringgenweiler; Detail; Lindenholz mit alter Fassung, ursprünglich holzsichtig, Oberschwaben um 1500)
Raffael, Porträt eines Knaben (um 1515)
Peter Paul Rubens, Boreas entführt Oreithya (um 1620)
Jean-Honoré Fragonard, Porträt einer alten Dame (18. Jh.)
Porträt Hegels von Jakob Schlesinger (1831)
William Adolphe Bouguereau: L’Amour et Psyché, enfants (1890)
Pierre-Auguste Renoir, Nach dem Bade (1910)
Adolf Erbslöh: Mädchen mit rotem Rock (1910)
Literatur
- Daniela Bohde, Mechthild Fend (Hrsg.): Weder Haut noch Fleisch. Das Inkarnat in der Kunstgeschichte (= Neue Frankfurter Forschungen zur Kunst. Bd. 3). Gebrüder Mann, Berlin 2007, ISBN 978-3-7861-2545-7.
Einzelnachweise
- ↑ William Jervis Jones: Historisches Lexikon deutscher Farbbezeichnungen. Berlin. 2013. S. 1080 ff., 1612, 1764 ff. ISBN 305006322X
- ↑ Georg Scheibelreiter: Heraldik. Oldenbourg Verlag, Wien 2006, ISBN 3-7029-0479-4, S. 34.
- ↑ Querfurt, Curt Oswalt Edler von: Kritisches Wörterbuch der heraldischen Terminologie. Nördlingen: Beck. 1872. Neudruck: Wiesbaden: M. Sändig. 1969. Seite 93, 94.
- ↑ Carl Mayer von Mayerfels: Heraldisches ABC-Buch: das ist: Wesen und Begriff der wissenschaftlichen Heraldik, ihre Geschichte, Literatur, Theorie u. Praxis. Band 2. München. 1857. S. 221
- ↑ Otto Titan von Hefner: Handbuch der theoretischen und praktischen Heraldik: unter steter Bezugnahme auf die übrigen historischen Hilfswissenschaften. München. Heraldisches Institut. 1863. S. 48
- ↑ 6,0 6,1 Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 132 (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).
Weblinks
Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Inkarnat“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 07. September 2017 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.