Klassifizierung (Heraldik)

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KlassifizierungW-Logo.png oder KlassifikationW-Logo.png (von lat. classis, ‚Klasse‘, und facere, ‚machen‘; auch Typifikation oder Systematik genannt) nennt man in einem allgemeinen Sinn das systematische oder planmäßige Zusammenfassen von ObjektenW-Logo.png anhand bestimmter übereinstimmender Merkmale zu KlassenW-Logo.png, GruppenW-Logo.png, MengenW-Logo.png, KategorienW-Logo.png oder Ähnlichem.

Anwendung in der Heraldik

In der Heraldik sind Klassifizierungen unter anderem in Form von TaxonomienW-Logo.png und TypologienW-Logo.png gebräuchlich. Sie sind zentrale Hilfesmittel, um die zahllose Wappen, Wappenfiguren, Wappensammlungen (Wappenbücher, Wappenrollen) und andere heraldische Objekte in geplanten Ordnungen von Wissen im Rahmen der konkreten Betrachtungen von Wappen nach objektivierbaren, einheitlichen Kriterien zu ermöglichen. Die Kategorisierungen der Heraldik sind im Sinne von Johann Friedrich HerbartW-Logo.png als wandelbare Grenzen anzusehen, die sich jederzeit weiter verschieben können bzw. müssen. Beispielsweise sind Wappenbilderordnungen nie endgültig abgeschlossen, weil im Prinzip jedes Objekt der Realität in einem Wappen heraldisch stilisiert erscheinen kann und die Anzahl heraldischer wie unheradischer Objekte/Motive gegen unendlich geht.

Zu den wichtigen Klassifizierungen der Heraldik zählen:

Klassifizierung von Wappenfiguren in Wappenbilderordnungen

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Wappenbilderordnung

Klassifizierung nach Wappenarten

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Wappen#Wappenarten

Klassifizierung von Wappensammlungen

Je nach Heraldiker werden Wappenrollen/Wappenbücher und andere Sammlungen von Wappen unterschiedlich klassifiziert. Beispielsweise nennen Galbreath/Jéquier 1942 bzw. 1990 sechs Klassen[1], der Heraldiker Stephen Friar legt 1987 für Sammlungen von Wappen ebenfalls sechs Klassen fest[2], Steen Clemmensen unterscheidet 2006/2013 dagegen 15[3]. Die Klassifizierungen sind „nicht in Stein gemeißelt“, das heißt teilweise trifft nicht nur eine Kategorie auf eine bestimmte Sammlung von Wappen zu, sondern auf zwei oder sogar noch mehr. Nachstehend sind gebräuchliche Kategorien mit Erläuterungn aufgelistet, die sich an jene von Friar und Clemmensen anlehnen bzw. von diesen sinngemäß übernommen sind, aber nicht buchstabengetreu oder wörtlich zitiert werden.

Typ Englisch Französisch Beschreibung
Gelegenheitsbedingt, gelegentlich, Gelegenheit occasional occational Werden Sammlungen von Wappen bezeichnet, die in Bezug auf ein bestimmtes Ereignis wie eine Expedition, ein Turnier, eine Schlacht, einer Belagerung, der Einweihung eines Objekts oder ähnliches angelegt werden („Gelegenheitswappenrolle“, „Gelegenheitswappenbuch“). Die Wappen in diesen Werken sind teils nur in Textform beschrieben (Blason), erscheinen teils aber auch gemalt, womöglich inkl. Hemlzier.

„Gelegenheitswappenbücher, die die Wappen von Teilnehmern an einer Unternehmung, an einer Belagerung oder einem Turnier enthalten.“

D. L. Galbreath; Léon Jéquier: 1942/1990[1]
Institutionell institutional institutionelle Das sind Sammlungen von Wappen, die im Zusammenhang mit Stiftungen, einem ReligionsordenW-Logo.png oder der RitterschaftW-Logo.png möglicherweise über viele Jahre zusammengestellt werden und einer InstitutionW-Logo.png zugeordnet werden können. Die Darstellung erfolgt häufig in chronologischer Reihenfolge (zum Beispiel als Anniversar). Die Wappen in diesen Werken erscheinen möglichweise mit Helmzier und allem Zubehör (Schildhalter, Decken usw.), Mottos, Verzierungen oder Armaturen.

„Körperschaftswappenbücher; diese enthalten die Mitglieder eines Ordens oder einer Bruderschaft.“

D. L. Galbreath; Léon Jéquier: 1942/1990[1]
Regional, lokal, örtlich regional, local provinciaux (L) Das sind Sammlungen von Wappen, die nur eine regionale beziehungsweise lokale Bedeutung haben, gewöhnlich aus einem bestimmten, nicht hoheitlichen Territorialbereich (zum Beispiel einige der englischen ortsbezogenen Wappenrollen des 14. Jahrhunderts). Die Wappen in diesen Werken sind oft in der einfachsten Form zusammengestellt, ohne jegliche Struktur, teilweise lediglich nach Rang, Stand, Lehensabhängikeit. In diesen Werken können die Wappen von örtlichen oder verwandten Familien beziehungsweise Einzelpersonen vage in Beziehung gesetzt sein. Die Wappen erscheinen möglichweise mit Helmzier, selten mit allem Zubehör (Schildhalter, Decken usw.), Mottos, Verzierungen oder Armaturen.

„Landschaftliche Wappenbücher, die nur eine Provinz, ein Gebiet oder ein Land betreffen.“

D. L. Galbreath; Léon Jéquier: 1942/1990[1]
Zusammengesetzt composite composite Das sind Sammlungen von Wappen aus mehreren Ländern, Regionen, Hoheitsgebieten, die jeweils in eigenständigen „Segmenten“ erscheinen, darin gewöhnlich nach Rang, Stand, Lehensabhängikeit oder ähhnlichem geordnet. Sie können auch Segmente für imaginäre Wappen, für Stadtwappen, Wappen der geistlichen Institutionen oder ähnliche Segmente enthalten. In diesen erscheinen die Wappen oft mit Helmzier, einige mit allem Zubehör (Schildhalter, Decken usw.), Mottos, Verzierungen oder Armaturen.
Illustriert, illustrativ illustrative marginaux Das sind Werke, in denen Wappen ganz oder teilweise verwendet werden, um eine Geschichte oder eine Chronik zu illustrieren beziehungsweise Romane, Gedichte und anderes Schriftgut, bei denen Wappen in Versalien (Initialen, Majuskeln Kapitälchen) oder in Miniaturen erscheinen. Die Wappen sind in der Regel gemalt oder in Textform (Blason) und nur von geringem Interesse für den Autor des jeweiligen Werkes.
Allgemein, Allgemeines general genereaux Das sind Sammlungen von Wappen, die sich aus der Kombination einer Vielzahl von Kriterien zusammensetzen (in der einfachsten Form ohne jegliche Struktur, teilweise nur nach Rang, Stand, Lehensabhängigkeiten oder ähnlichem strukturiert, selten beziehungsweise gar nicht territorial). Die Wappen in diesen Werken erscheinen möglichweise mit Helmkleinod, selten mit allem Zubehör (Helmzier, Schildhalter, Decken usw.), Mottos, Verzierungen oder Armaturen. Sie stammen aus einem oder mehreren Hoheitsgebieten beziehungsweise Wappenkulturbereichen („paneuropäisch“). In diesen Werken können die Wappen von wirklichen Familien oder Einzelpersonen vage in Beziehung gesetzt sein, sie können aber auch imaginäre Wappen beinhalten, selten jedoch die Wappen von Städten, geistlichen Institutionen oder ähnlichem.

„allgemeine Wappenbücher, die nach Ständen, Könige, Herzöge und so weiter geordnet sind.“

D. L. Galbreath; Léon Jéquier: 1942/1990[1]
Universell universal universelle Das sind Sammlungen von Wappen, in denen imaginäre Wappen gegenüber wirklichen den Schwerpunkt der Sammlung bilden. Diese Klasse stellt im Prinzip eine Variante oder eine Untergruppe der Wappensammlungen in der Kategorie „allgemein“ dar.
Familienbedingt, familienspezifisch family related Das sind Sammlungen von Wappen, in denen familiäre Bindungen/Beziehungen und vielleicht zu Freunden, potentiellen Honoratioren, Mentoren und so weiter zum Beispiel aus einem festlichem Anlass, aus genealogischen Gründen oder Ähnlichem abgebildet werden (Festschrift/Liber amicorumW-Logo.png, StammbuchW-Logo.png et cetera). In diesen Werken erscheinen die Wappen möglicherweise mit Helmzier, mit allem Zubehör (Schildhalter, Decken usw.), Mottos, Verzierungen oder Armaturen.
Ausschmückung, Dekoration, Wandgemälde murals etc. Sammlungen von Wappen in Form von Dekorationen an Wänden, Tapeten, Möbeln et cetera. Normalerweise sind diese nur in der ursprünglichen Lebenswelt (in situ) erhalten; teilweise sind sie auch durch schriftliche, gemalte, photographische oder andere Quellen/Kopien dokumentiert, obwohl das Original im Lauf der Geschichte womöglich zerstört ist.
Gewöhnlich, ordinär, normal ordinary ordonnés Sammlungen von Wappen, in der Regel ohne Darstellung der Helmzier, möglicherweise nach Wappenfiguren, heraldischen Farben oder Ähnlichem strukturiert.

„Wappenbilderlexika, in denen die Schilde nach Heroldsbildern und nach Figuren geordnet sind.“

D. L. Galbreath; Léon Jéquier: 1942/1990[1]
Fraglich spurious questionable Sammlungen von Wappen, die vorgeben mittelalterlich zu sein, aber (wahrscheinlich) später und unzeitgemäß angefertigt sind (möglicherweise anlässlich einer bestimmten Gelegenheit oder im Zusammenhang mit einem besonderen Ereignis). Bei der Anfertigung dieser Werke stehen unter Umständen überlieferte Listen von Teilnehmern des Ereignisses, von Personen, die in einer Regionen leben oder Ähnliches als Hilfsmittel zur Verfügung.
Synonym synonym etc. synonyme Wappensammlungen, die Versionen, Derivate, Kopien von anderen originären Wappensammlungen sind, aber einen separaten Namen besitzen.
Sammlung, Kollektion collection collection Das sind Sammlungen von Wappensammlungen beziehungsweise von mehreren selbständigen und identifizierbaren Manuskripten, wobei alle eigene Namen, womöglich unterschiedliche Urheber etc. aufweisen und einer anderen, der in dieser Tabelle genannten Kategorie (Typ) zugeordnet sind. Zwischen der Klasse „Sammlung“ und den Typen „Zusammengesetzt“, „Allgemein“ und „Universell“ gibt es Überschneidungen, so dass eine Wappensammlung möglicherweise hier wie dort klassifiziert wird. Dies kann der Fall sein, wenn im Lauf der Geschichte eigentlich separate Werke zu einem einzigen gebündelt werden (Beispiel: Ingeram-Codex).
Lehrbuch, Abhandlung, Traktat treatise traité Werke über die Gestaltung und/oder Verwendung von Wappen in Form von Wappensammlungen, mit Wappenmustern oder mit Referenz auf blühende oder erloschene Wappen. Die in diesen Werken zitierten Wappen können nur namentlich, mit Blason und/oder gemalt erscheinen (Beispiel: Wappenbilderordnung).

„Schließlich gibt es gemalte und beschreibende Wappenbücher. Manche sind beides, gemalt und beschreibend.“

D. L. Galbreath; Léon Jéquier: 1942/1990[1]
Online online (-rolls)
HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Online-Wappensammlung
(Neuere) Sammlungen von Wappen, die online zur Verfügung stehen bzw. im Internet veröffentlicht sind („Online-Wappenrollen/-Wappenseiten“, beispielsweise: www.chgh.net, Roland Wappenrolle Perleberg, Greve Wappenindex u. a.).
Unbekannt unknown inconnu Wappensammlungen, bei denen keine ausreichend Details für eine Klassifizierung zur Verfügung stehen, die sich in keine der oben genannten Klassifizierungen einordnen lassen oder paraheraldisch zu nennen sind.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Galbreath, D. L.; Jéquier Léon: Handbuch der Heraldik. Augsburg 1990. S. 313
  2. Friar, Stephen: A New Dictionary of Heraldry. 1987. ISBN 0517566656
  3. Clemmensen, Steen: of Medieval Armorials. Database vs. 1.2. 09/2013 und PDF-Version 2006.