Paraheraldik

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Von dem berühmten Heraldiker Otto Hupp entworfenes Parawappen/Firmenemblem der Spaten-Brauerei
Typisches Parawappen einer Brauerei

Der Begriff Paraheraldik (auch Para-Heraldik geschrieben; griechisch para- „neben, darüber hinaus“, auch eher abwertend Quasiheraldik oder Pseudoheraldik genannt; englisch paraheraldry) bezieht sich auf Symbole oder Abzeichen, die wie Wappen aussehen, die sich aber am Rande oder außerhalb der heraldischen Regeln und der (wissenschaftlichen) Heraldik befinden.

Abgrenzung

Verbreitet ist die Nachahmung von Wappen in der Werbe- und Produktindustrie (zum Beispiel als Winzer- oder Brauereiwappen). Auch nutzen Vereine, Schulen, Militär, Freimaurerorden sowie sonstige Institutionen „Parawappen“ für eigene oder geschäftliche Interessen.[1] Teilweise werden in der Literatur beiden Formen der Wappennachahmung unter dem Ausdruck Paraheraldik zusammengefaßt, teilweise wird unterschieden zwischen:

  • Paraheraldik: Wappennachahmung, die primär keine Täuschungszwecke verfolgt.
  • Werbeheraldik: Wappennachahmung, die Täuschungszwecken dient.

Begriffsgeschichte

Der Begriff Paraheraldik, der sich aus den Morphemen „para-“ und „-heraldik“ zusammensetzt, ist erst seit Ende des 20., Anfang des 21. Jahrhunderts vereinzelt in der heraldischen Fachwelt gebräuchlich. Zu den heraldischen Autoren, die den Begriff einführten, prägten oder gebrauchten, gehören beispielsweise Michel Pastoureau (1984), Walter SeitterW-Logo.png (1993), Claude SchaeferW-Logo.png (1994), Detlev Kraack (1997), Simona Slanicka (2002), Georg Scheibelreiter (2006), Werner ParaviciniW-Logo.png (1990/2011) und andere. Die Autoren heben hervor, daß sich neben dem heraldischen Wappengebrauch seit Jahrhunderten eine „unheraldische“ Wappenkultur entwickelte, die noch weitgehend unerforscht ist.

Para-Heraldik: Bezeichnung für die oft wie Wappen aussehenden Abzeichen der Vereine, Freimaurerlogen, militärischen Einrichtungen, Schulen sowie auf den Etiketten der verschiedenen Produkte.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[2]

„Eine andere Form von Wappenführung besteht im Gebrauch von Symbolen, die ebensowenig wahre Heraldik darstellen, aber nicht zu Täuschungszwecken dienen, sondern weitgehend gebilligt werden. Diese Art kann man „Para-Heraldik“ nennen. Sie betrifft Gebrauch von oft wie Wappen aussehenden Abzeichen durch Sportvereine, Schulen, Freimaurerlogen, Armeekorps, Divisionen und Regimenter; und gewisse Logogramme und Symbole findet man immer wieder auf Krawatten und Briefpapier von Clubs und Gesellschaften. Ein Purist mag gegen solche Embleme Einwendungen erheben, aber gewöhnlich wird solche Para-Heraldik geduldet.“

Ottfried Neubecker (1990)[3]

Darstellung von Parawappen

Parawappen werden oft auf der Grundlage von heraldischen Wappen gestaltet. Sie unterscheiden sich von den ursprünglichen Wappen durch unheraldische grafische Elemente oder durch Abweichungen in der Tingierung, im Wappenmotiv oder ähnlichem. Hierzu zählt beispielsweise das Firmenwappen der Porsche AGW-Logo.png. Es basiert auf dem Stuttgarter Wappentier und dem Landeswappen des Freien Volksstaates Württemberg und wurde um die Schriftzüge "Porsche" und "Stuttgart" ergänzt.



Die Abweichungen fallen nicht immer deutlich und zwingend auf. Oft sind sie minimal und werden nur von Heraldikern erkannt. Das nachstehende Winzerwappen lehnt sich beispielsweise eng an das ursprüngliche Wappen der Familie Dönnhoff an, ist aber unheraldisch tingiert.

Winzerwappen gehören häufig zu den Parawappen
 
Wappen der Familie Dönnhoff mit heraldischer Tingierung
 
Weinflaschen, auf deren Etikett sich Parawappen der Familie Dönnhoff mit unheraldischer Tingierung befinden.


Parawappen werden teilweise ohne Schild oder in einer unheraldischen Form dargestellt. Beispielsweise leitet sich das Vereinswappen von Eintracht Frankfurt vom Wappen der Stadt Frankfurt am Main ab, welches wiederum auf dem einköpfigen Reichsadler des 13. Jahrhunderts basiert. Das Vereinswappen wurde und wird aber, trotz vieler Veränderungen, nicht als Wappenschild dargestellt, sondern in Form eines Kreises.

Vereinswappen gehören häufig zu den Parawappen
 
Das Stadtwappen von Frankfurt am Main.
 
Wappen des Frankfurter FV (von 1911), der TuS Eintracht Frankfurt (1920), der Sportgemeinde Eintracht Frankfurt (1967) und der Adler (1977–1998 )


Es gibt auch Parawappen, die nach den heraldischen Regeln gestaltet sind und sich durch ihre Darstellung allein nicht von einem heraldische Wappen unterscheiden lassen. Eine Abgrenzung ergibt sich in diesen Fällen möglicherweise durch den Gebrauch (z. B. als Firmenzeichen, Schutzmarke) oder durch ein anderes Charakteristikum, was das entsprechende Parawappen außerhalb der heraldische Regeln und der Heraldik stellt.

Brauereiwappen gehören häufig zu den Parawappen
 
Stadtwappen von Kulmbach[5]
 
Bei dem Stadtwappen von Kulmbach und dem Firmenzeichen der Kulmbacher Brauerei AG verschwimmen die Grenzen zwischen Heraldik und Paraheraldik, denn der Stadtrat von Kulmbach genehmigte 1926 der Brauerei, daß sie das offizielle Stadtwappen als Logo führen darf.


Rechtsaspekte und Gebrauch

  • Der unbefugte Gebrauch von Bundes- und Landeswappen ist nach § 124 OWiGW-Logo.png verboten.
    Für kommunale Wappen ist ein entsprechender Schutz meist landesrechtlich vorgesehen
    (für Baden-Württemberg: § 8 Abs. 1 Nr. 1 LOWiG).

Viele Bundesländer und Kommunen haben, um Missbrauch durch Parawappen zu verhindern, ihren Originalwappen einschließlich Fahne ein vereinfachtes Wappen als Symbol für die Nutzung durch Jedermann abgeleitet und deren Gebrauch geregelt.

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Amtliches Wappen
HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Wappenrecht

Siehe auch

Weblinks

Commons: Paraheraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vgl. Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich, Leipzig 1984, ISBN 3-411-02149-7. 2. Auflage: Battenberg, Regenstauf 2006, ISBN 3-86646-010-4:
    „Para-Heraldik: Bezeichnung für die oft wie Wappen aussehenden Abzeichen der Vereine, Freimaurerlogen, militärischen Einrichtungen, Schulen sowie auf den Etiketten der verschiedenen Produkte.“
  2. Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S. 297.ISBN 978-3-411-02149-9
  3. Neubecker, Ottfried: Heraldik. Wappen - ihr Ursprung, Sinn und Wert. Battenberg Verlag 1990. ISBN 3-89441-275-5. S. 263.
  4. Wappen ab 1933
  5. Eintrag zum Wappen von Paraheraldik in der Datenbank des Hauses der Bayerischen GeschichteW-Logo.png für Große Kreisstadt Kulmbach
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