Roch (Heraldik)
Die Schachfigur Roch (auch Rukh, Schachroch, Rach genannt; frz.: roc d´échec; engl.: chess-rook) ist in der Heraldik eine gemeine Figur.
Darstellung
Der Roch erscheint zirka seit dem 13. Jahrhundert in der Heraldik als stilisierte Spielfigur, deren obere Seiten blumenartig nach links und rechts ausgebogen sind.
„Die typische heraldische Darstellung ist ein Sockel mit konisch zulaufendem, zylindrischem oder gestuftem aufrechten Mittelstück und oben zwei spiegelbildliche hakenartige Abschlüsse wie die Seitenteile einer heraldischen Lilie. Eine solche gemeine Figur darf auch nicht als Schachturm bezeichnet werden, denn ein solcher wird wie ein heute üblicher Schachturm dargestellt.“
Alle Farben sind für diese Wappenfigur erlaubt; grundsätzlich orientiert sich die Tingierung des Motivs an den Farben Schwarz und Weiß, entsprechend der Farben im Schachspiel, oder an Gold.
Geschichte und Etymologie
Roch oder Roche ist eine alte Bezeichnung für eine Schachfigur, die im mittelalterlichen Schachspiel aufgrund ihrer Zugmöglichkeiten die stärkste Figur war. Über die Bezeichnung und die optische Darstellung sowie über die Funktion und die Bedeutung der Rochfigur wurde in der Fachliteratur viel und teilweise widersprüchlich geschrieben. Manche Erläuterungen gehen davon aus, daß auf dem Weg des Schachspiels aus Indien über die persische und arabische Welt ins Abendland der Spielsstein mehrere Entwicklungen durchlief und teilweise irrtümlich oder zeitgenössisch bezeichnet, interpretiert und dargestellt wurde.
- Etymologie: Die genaue Herkunft des Begriffs ist unklar. Er scheint von dem indischen Wort ratha (Sanskrit: रथ ratha [ˈrʌtʰʌ] für Streitwagen abgeleitet, geht vermutlich auf rok (Sanskrit) zurück und verlief über iranisch rokh (= „Kamel“ [mit Bogenschützen besetzt][2]; manchmal auch mit „Streitwagen“ bzw. „Gesichtsfeld“ übersetzt, womit ein frontaler Angriff mit dem Streitwagen gemeint sein könnte; phonetisch roch oder ruch) sowie rukh bei Firdausi.[3] Im Italienischen wurde der Begriff irrtümlich gleichgesetzt mit ital. rocca (= „Burg/Schloß“). Daneben wird manchmal auch ein etymologischer Zusammenhang mit dem Vogel Roch aus der Sagenwelt diskutiert. Im Ausdruck Rochade beim Schach findet sich der Name wieder.
- Zugweise: Unabhängig von der Herkunft des Begriffs Roch, entspricht die Zugweise („nur geradeaus“) des ratha (= „(Streit-)Wagen“) im Schachvorläuferspiel Chaturanga (bzw. im iranischen Vorläufer Schatrandsch) jener eines neuzeitlichen Schachturmes.
- Darstellungsgeschichte: Obwohl die Bezeichnung Roch vermutlich auf den Spielstein ratha (= „[Streit-)Wagen“] bzw. dem neuzeitlichen Schachturm verweist, leitet sich die heraldische Darstellung des Roch mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einer anderen Chaturanga-, Schatrandsch- oder Schachspielspielfigur ab, nämlich aus dem Alfil, einem Elefanten (mit Turmaufsatz), der im neuzeitlichen Schach dem Läufer entspricht.
„Beim Übergang des Schachspiels nach Europa wurde anfangs noch die Gestalt des Elefanten bewahrt. Dies belegt das Beispiel der sogenannten Charlemagne-Figuren, die Ende des 11. Jahrhunderts in Unteritalien hergestellt wurden.[4] Später wurde der Alfil in der Regel durch zwei nach oben gerichtete symbolisierte „Stoßzähne“ charakterisiert. Diese erscheinen in den Diagrammen der europäischen Handschriften und frühen Druckwerke als steil aufragende Hörner. Im mittelalterlichen Europa war mit Ausnahme Russlands die ursprüngliche Bedeutung der Spielfigur als (berittener) Elefant nicht mehr geläufig.
In der westlichen Schachform fand letztlich eine Umdeutung statt. Die Franzosen erkannten der Figur eine Narrenkappe zu (die Bezeichnung fou, der Narr, für den Läufer ist eine Entstellung von Fil). Auf den britischen Inseln und in anderen Gebieten Europas tauchte frühzeitig die Form einer Bischofsmitra auf, wie etwa im Falle der Lewis-Schachfiguren. Die heutige englische Bezeichnung des Läufers ist bishop.“
Ratha = Streitwagen, entspricht dem neuzeitlichen Schachturm (Schachspiel Karls des Großen, 11. Jahrhundert)
Alfil = Elefant, entspricht dem neuzeitlichen Schachläufer (Schachspiel Karls des Großen, 11. Jahrhundert)
Roch in der Heraldik (1909, gemäß Arthur Charles Fox-Davies)
Abgrenzung
- Der Name Roche oder Rochen taucht manchmal im Zusammenhang mit dem sogenannten Krönig/Krönlein auf. Krönig ist ein stumpfes Eisen mit zwei bis vier kleinen Stacheln oder Zacken am oberene Ende. Es wurde an einer Turnierlanze angebracht, um Verletzungen zu vermeiden, wie sie bei der Schlachtlanze mit ihrer scharfen Spitze üblich waren.
- Das Motiv Roch erscheint in Wappen ähnlich wie die heraldische Lilie, was oft zu Verwechslungen führt. Im Wappen der Familie Rochow aus der Mark Brandenburg mutierten der Rochen durch Falschbeschreibung zu Lilien oder zu zwei abgewendeten Pferdeköpfen.
Verwendung
Die Stadt Rochlitz führt zwei halbe Rochen schon zur Zeit der sächsischen Herrschaft Rochlitz als redendes Wappen. In den Wappen adliger Familien erscheint der Rochen dagegen meist vollständig. Die halben Rochen waren auch als Beschauzeichen und Innungssiegel seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Die französische Familie Roquette und spanische Familie Roquesens führen den Rochen in Wappen.
Wappenbilderordnung
Der Schachroch wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) unter der Nr. 9954 aufgenommen.
Literatur
- Heinz Göschel (Hrsg.): Lexikon Städte und Wappen der Deutschen Demokratischen Republik. 2., neubearbeitete und erweiterte Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1984.
- George Adalbert von Mülverstedt: Der heraldische „Schachroche“. Mit besonderer Beziehung auf das Rochow'sche Wappen. In: Vierteljahrsschrift für Heraldik, Sphragistik und Genealogie. Bd. 1, 1873, ZDB-ID 200385-5, S. 47–80, hier S. 71.
- Meindert Niemeijer: De Roch als heraldische Figuur. Geïl, Rotterdam 1946.
- Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. 3., unveränderte Auflage. Battenberg, Regenstauf 2011, ISBN 978-3-86646-077-5. S. 333, 334.
Weblinks
Bernhard Peter: Besondere Motive: Der Roch / Rukh / Schachroch
Einzelnachweise
- ↑ Bernhard Peter: Besondere Motive: Der Roch / Rukh / Schachroch – Internet: Erstellungsdatum: 2004-2013. Abgerufen am 19. Dezember 2017
- ↑ Lemma Roch. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
- ↑ Vgl. Fondern, Manfred von: Lexikon für Schachfreunde. Luzern und Frankfurt a. M. 1980.
- ↑ Siehe die Reproduktionen und eine Fotografie der vier Alfile
- ↑ Seite „Alfil“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 31. August 2011, 01:10 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Alfil&oldid=93077202 (Abgerufen: 24. Mai 2012, 12:57 UTC)
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