Byzantiner (Heraldik)

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Fünfzehn „Byzantiner“ im Wappen des Herzogtums CornwallW-Logo.png (diese sollen ursprünglich „Erbsen“ (frz. pois) darstellen, in Anspielung auf Poitou, dem Stammland des Geschlechts)

Byzantiner (auch Byzantiner Münze, Besant, Bisant, Bézant [=„von Byzanz“] oder ähnlich genannt; in der deutschsprachig-geprägten Heraldik teilweise gleichgesetzt mit Bille, Pfennig, Münze, (Gold-)Münze, Balle, Wappenpfennig, Kuchen oder ähnlich[1]; lat.: besantius, bisantius, byzantius; frz.: besant [d'or]; engl.: bezant) ist vorwiegend im englischsprachig-geprägten Wappenwesen ein alter Ausdruck für kreisrunde gemeine Figuren („Kugeln“), wenn sie golden oder silbern tingiert sind[2], besonders dann, wenn sie zudem mit einer Prägung (GravurW-Logo.png, RadierungW-Logo.png, Ritzung, PunzierungW-Logo.png, ZiselierungW-Logo.png oder ähnlichem) von Schriftzeichen, Mustern, bildhaften Motiven wie damaszierten Gesichtern im Wappen erscheinen.[3][4]

Darstellung

Die Wappenfigur Bézant erscheint immer in einem heraldischen Metall, wenn nicht anders gemeldet: in Gold. Es gibt zwei Ausprägungen in Wappen:

  • (gemeiner) Bézant: als flache, kreisrunde, unkörperliche Scheibe ohne Gravur
  • (natürlicher) Bézant: als plastische, leicht räumliche, reliefartige oder schattierte „Medaille“ oder „Schaumünze“, gewöhnlich mit einer Prägung

Wenn eine Prägung vorhanden ist, sollte diese genau beschrieben werden. Die Prägung sollte stets den Motiven auf den Schmuckobjekten oder Kleinoden von historischen Kampf-/Wappenschilden nachempfunden sein (Gedenk-, Ehrungs- oder Schauprägung; „Medaillen“W-Logo.png oder „Schaumünzen“W-Logo.png ähnelnd); wenn die Prägung derjenigen einer echten Byzantiner Münze gleicht, sollte die genaue numismatische Bezeichnung der Goldmünze benannt werden. Jede Prägung, die nicht in der Früh-/Blütezeit des Wappenwesen gebräuchlich ist oder zumindest zur damaligen Wappenkultur passen könnte, gilt als unheraldisch.

Bezantée

Bezantée (auch bezantie oder bezanty) ist in der englischsprachig-geprägten Heraldik eine abkürzende Bezeichnung für semé of bezants, dt.: „mit goldenen Kugeln/Scheiben („Byzantiner Münzen“) besät/betreut“.

Etymologie

Gold-Hyperpyron, Michael VIII.
Hyperpyron Manuels I.

Der Name der gemeinen Figur leitet sich in einem weiten Sinn von Münzen aus ByzanzW-Logo.png ab (gemeint sind Münzen, die Zahlungsmittel des Byzantinischen ReichesW-Logo.png waren.

„... diesen Namen sollen sie von der Stadt Byzanz haben ...“

Johann Christian Siebenkees (1789)[1]

In einem engeren Sinn ist der Name der gemeinen Figur einerseits an den SolidusW-Logo.png angelehnt, den man im Westen auch Bezant nannte, das ist die Hauptmünze des mittelbyzantinischen Reiches, teilweise Nomisma, von griech. nomizein – „glauben, vertrauen, für etwas halten“) bezeichnet, in dieser Form bis zum beginnenden 12. Jhr. die „Leitwährung“ ganz Europas und des Mittelmeerraums[5]; nach Scheibelreiter geht der Ausdruck andererseits auf das HyperpyronW-Logo.png zurück, eine seit der Münzreform von 1092 unter Kaiser Alexios I. Komnenos als Skyphat geprägte byzantinische Goldmünze, die bis zum Ende des Byzantinischen Reichs 1453 in Umlauf blieb[2]. Ab dem 12. Jahrhundert (vielleicht auch schon früher) war der Ausdruck Bezant in Westeuropa teilweise auch für Goldmünzen oder historische GoldnominaleW-Logo.png gebräuchlich, die aus arabischen Herrschaftgebieten beziehungsweise aus dem islamischen Kulturkreis stammten (beispielsweise für den Gold-DinarW-Logo.png, arabisch ‏دينار‎, DMGW-Logo.png Dīnār).[6]

Herkunft

Die Gebietsveränderungen des Byzantinischen Reiches
  • Byzantinisches Reich
  • unter Kaiser Justinian I. zurückeroberte Provinzen des Weströmischen Reiches, das im 5. Jahrhundert untergegangen war.
  • Die von Byzantinern, mittelalterliche Arabern beziehungsweise dem islamischen Kulturkreis produzierten Goldmünzen sind auch in Westeuropa ein geschätztes und besonderes Zahlungsmittel, weil sie aus einem edleren Metall gefertigt sind als die silbernen und bronzenen Münzen, die damals vorrangig im Westen gebräuchlich sind. Entgegen weitverbreiteter Vermutungen in der Fachliteratur ist die Übernahme von kugelartigen Wappenmotiven (hier dem „Byzantiner“) in das Wappenwesen nicht so zweifelsfrei geklärt, wie es die etymologischen Herleitungen auf den ersten Blick nahelegen.

    Weitgehend unbestritten ist, dass Kreuzfahrer, Kaufmänner und Händler byzantinische oder andere goldene Münzen nach ihrer Rückkehr von den Kreuzzügen oder den Handelsreisen nach Westeuropa mitbrachten[1]; weitgehend unbestritten ist auch, dass Kampfschilde oder Wappenschilde, sogar die Ausrüstung von Militärpferden manchmal mit vergoldetem oder goldfarbigen Kleinod verziert sind. Ob jedoch ein offizielles Zahlungsmittel wie der Bezant zur Verzierung auf den Kampf-/Wappenschilden befestigt ist, wie es übereinstimmend und irrtümlich bei Querfurth[4], Oswald[7] und anderen Heraldikern heißt, ist zwar denkbar, entbehrt aber jedes Beweises. Zumindest sind der Redaktion keine historischen und offiziellen Byzantiner Münzen bekannt, die über eine Öse oder eine ähnliche Vorrichtung verfügen, mit der man sie an Schutzwaffen wie dem Schild oder anderen Objekten „mittels Striemen“ hätte befestigen können.

    In diesem Zusammmenhang überinterpretiert Seyler, dessen Werk Geschichte der Heraldik aus dem Jahre 1857 in vielen Fällen fundierte Informationen bietet, die Wappenbeschreibungen, die aus Konrad von Würzburgs Werk Turnier von Nantes stammen. Seyler nimmt Konrads Angaben zu einem fiktiven Turnier wörtlich und ist von der authentischen Beschreibung der Wappen überzeugt. Dementsprechend geht er davon aus, dass Konrads Beschreibung des Wappens des Königs von Navarra, bei der von Bisanden die Rede ist[8], folgendes belegt:

    „Also nicht Ketten (aus Metall), sondern (aus Faser gebildete) Striemen, an welchen goldene Bisande (Münzen) hingen, liefen von dem in der Mitte des Schildes eingefügten Karfunkelstein in eines Sternen Weise aus.“

    Gustav Adelbert Seyler (1857)[9]

    Seyler verkennt, dass hier der Ausdruck „bisande“ unter Einbeziehung historisierender Erzähldistanz lediglich als symbolische Anspielung bzw. als eine Relation zu der griechisch-byzantinischen Kultur mit ihren staatspolitischen und religiösen Implikationen zu verstehen ist.[10] Der Ausdruck „bisande“ im Zusammenhang dem echten überlieferten Wappen des Hauses von Navarra spielt womöglich nur auf die maurischen Wurzeln des Königshauses an, soll an die Vertreibung fränkischer Statthalter um 816 erinnern oder ähnliche Assoziationen beim Leser hervorrufen. Ein „Beweis“, dass ein offzielles Zahlungsmittel tatsächlich als Schmuckelement an Schilden verwendet wurde, liefert Konrad von Würzburgs fikive „Propaganda-Wappendichtung“ jedoch nicht.

    Ein Umbo, der mit goldfarbigen, vergoldetem oder Kleinod aus echtem Gold verziert ist (langobardischer „Schildbuckel“, Norditalien, 7. Jahrhundert)

    Konrad von Würzburg nutzt für sein Erzählung die Tatsache aus, das runde und vergoldete, münzenähnliche Schmuck- oder Kunstobjekte (Gedenk-, Ehrungs- oder Schauprägungen; „Medaillen“ oder „Schaumünzen“ ähnelnd) mit oder ohne Gravur schon vor der Frühzeit des Wappenwesens auf Schilden gebräuchlich waren (beispielsweise zur Verzierung von langobardischen Schildbuckeln). Deren eigentlicher Zweck ist zu keiner Zeit der Einsatz als Zwischentauschmittel gewesen. Sie kamen nicht erst mit den Kreuzzügen nach Westeuropa, sondern wurden schon früher als Status-, Ehrungs- oder Schmuckmittel auf Schilden und anderen Gegenständen benutzt. Dass man im Laufe der Jahrhunderte den Namen eines offiziellen Zahlungsmittels („Bézant“) auf die ähnlich aussehenden Schmuckobjekte und Kleinoden überträgt, ist naheliegend (beispielsweise um die Bedeutung und den Status von Kreuzfahrern propagandistisch zu bekräftigen). Echte Byzantinische Münzen sind jedoch streng von nicht zur Zahlung bestimmten vergleichbaren Objekten abzugrenzen.

    Wappenbilderordnung

    • Byzantiner (Münzen) wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt „Kugeln, Ringe, Kurvenschnitte“ unter der Nr. 0901 und im Abschnitt „Nahrungsmittel und Kaufmannsgerät“ auch unter der Nr. 9261 aufgenommen.

    Weblinks

    Commons: Byzantiner in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Siehe auch

    Literatur

    • Berger, W.: Münzen als Wappenbilder. In: Jahrbuch Adler. 1963. S. 81-116.

    Einzelnachweise

    1. 1,0 1,1 1,2 Siebenkees, Johann Christian: Erläuterungen der Heraldik als ein Commentar über Herrn Hofrath Gatterers Abriss dieser Wissenschaft. 1789. S. 88.
    2. 2,0 2,1 Scheibelreiter, Georg: Heraldik. Oldenbourg Verlag. 2006. ISBN 3-70290-479-4. Seite 83.
    3. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 208.
    4. 4,0 4,1 Querfurt, Curt Oswalt Edler von: Kritisches Wörterbuch der heraldischen Terminologie. Nördlingen: Beck. 1872. Neudruck: Wiesbaden: M. Sändig. 1969. Seite 24.
    5. Seite „Solidus“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 17. August 2014, 10:56 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Solidus&oldid=133181433 (Abgerufen: 5. Juli 2015, 21:30 UTC)
    6. Bezant. (2015, May 9). In Wikipedia, The Free Encyclopedia. Retrieved 12:02, July 18, 2015, from https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Bezant&oldid=661614117
    7. Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Leipzig 1984, S. 85. 241.
    8. Seyler zitiert den Text folgendermaßen:
      Conrad von Würzburg sagt im Turnei v. Nantheiz
      der kúnic von Navarre
      . . . . .
      enmitten ûz dem schilte sîn
      gleiz ein lieht karfunkelstein
      der verre zuo dem plâne schein
      durch werden kuniclichen pris
      von im in eines sternen wîs
      güldine strîme giengen
      dar an von golde hingen
      bisande michel und breit
      da wâren uf den schilt geleit
      der von rubînen lihte rôt.
    9. Seyler, Gustav Adelbert: Geschichte der Heraldik. Wappenwesen, Wappenkunst, Wappenwissenschaft. In: J. Siebmachers großes Wappenbuch. Band A. Repgrografischer Nachdruck der Ausgabe Nürnberg 1885-1889 (1890). Neustadt an der Aisch. 1970. S. 88
    10. Struckman, Manfred: Wappenschilderungen und historisch-heraldische Anspielungen in Konrads von Würzburg Trojanerkrieg. Bergischen Universität – Gesamhochschule Wuppertal. Dissertation von 2000/2001/2003. S. 207.