Großherzogtum Hessen
|
Das Großherzogtum Hessen und bei Rhein war von 1815 bis 1866 ein Mitgliedsstaat des Deutschen Bunds und 1871 bis 1919 ein Bundesstaat des Deutschen Reiches. Das Großherzogtum ging 1806 aus dem Reichsfürstentum der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt hervor. Die regierenden Fürsten entstammten dem Haus Hessen.
Nach den preußischen Annexionen Kurhessens 1866 verblieb das Großherzogtum als letzter selbständiger hessischer Staat und gilt deshalb als einer der Vorgängerstaaten des heutigen Bundeslandes Hessen.
Die Hauptstadt des Landes war Darmstadt, andere wichtige Städte waren Mainz, Offenbach, Worms und Gießen.
Geographie
Das Großherzogtum lag im Süden und der Mitte des heutigen Bundeslandes Hessen. Neben den großen Ebenen von Rhein (Hessisches Ried), Main und Wetterau gehörten auch Mittelgebirge wie der Vogelsberg und der Odenwald zum Staatsgebiet.
Das Staatsgebiet grenzte
- im Westen an die bayerische Pfalz,
- im Süden an Baden,
- mit der Exklave Wimpfen an Württemberg, *im Osten an Bayern,
- im Nordosten und Norden an das Kurfürstentum Hessen,
- im Nordwesten an den Kreis Wetzlar, einer Exklave der preußischen Rheinprovinz,
- an Hessen-Homburg sowie
- an Nassau.
- Zwischen den beiden Hauptgebietsteilen lag die Freie Stadt Frankfurt.
Hessen-Homburg fiel 1866 als Erbe an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt, musste aber noch im gleichen Jahr an Preußen abgetreten werden. Kurhessen, Nassau, Frankfurt wurden 1866 von Preußen annektiert. All diese Gebiete bildeten ab 1868 die neue preußische Provinz Hessen-Nassau.
Staatssymbole
Wappen
Durch Großherzogliche Verordnung vom 9. Dez. 1902 wurde das 1808 eingeführte Wappen ersetzt. Der Schild ist zweimal gespalten und zweimal geteilt. Der Herzschild zeigt den mit einem Schwert bewaffneten hessischen Löwen. Von (heraldisch) rechts oben nach links unten werden im Schild neun Felder für folgende ehemaligen, nun eingegliederten Herrschaften gezeigt:
1. Landgrafschaft Hessen
2. Reichsfürstentum Mainz
3. Reichsfürstentum Worms
4. Grafschaft Ziegenhain
5. Kleines Staatswappen des Großherzogtums Hessen
6. Grafschaft Katzenelnbogen
7. Grafschaft Büdingen
8. Grafschaft Hanau
9. Grafschaft Nidda
Die fünf Spangenhelme tragen (ebenfalls heraldisch von rechts) die Helmzierden zum 4., 2., 1., 6. und 8. Feld. Zwei gekrönte Löwen dienen als Schildhalter.
Das Großherzogliche kleine Staatswappen besteht aus dem als Feld 5 bezeichneten Schild, der ebenfalls von zwei Löwen gehalten wird. Von den goldenen Ornamenten hängen folgende Orden herab: Der Ludwigsorden mit einem achtspitzigen, schwarzen, rotbordierten und goldgesäumten Kreuz. Dieser wurde am 25. August 1807 von Großherzog Ludwig von Hessen-Darmstadt gestiftet. Die Verleihung des Großkreuzes war auf fürstliche Personen sowie auf das Prädikat „Exzellenz“ führende höchste Würdenträger beschränkt. Daneben ist der Großherzoglich Hessische goldene Löwenorden zu sehen. Schließlich noch der Großherzoglich Hessische Philippsorden, der am 1. Mai 1840 von Großherzog Ludwig II. von Hessen-Darmstadt als „Verdienstorden Philipp des Großmütigen“ zum Andenken an den von 1509 bis 1567 regierenden Ahnherrn gestiftet wurde. Der Orden konnte zur Belohnung besonderer Verdienste an Zivil- und Militärpersonen verliehen werden. Der alles überschirmende Purpurbaldachin ist mit einem edelsteinbesetzten Reif geschmückt und trägt eine königliche Krone.
Fürstenhymne
Die Fürstenhymne im Großherzogtum Hessen lautete[1] unter dem letzten Großherzog – der Text musste bei jedem Regierungs- und Namenswechsel des Regenten selbstverständlich angepasst werden:
Heil unserm Fürsten, Heil, Heil Hessens Fürsten, Heil
Ernst Ludwig Heil!
Herr Gott, dich loben wir, Herr Gott, wir flehn zu Dir:
Segne ihn für und für
Ernst Ludwig Heil!
[2]
Geschichte
Am 14. August 1806 wurde die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, gegen Stellung hoher Militärkontingente an Frankreich und den Beitritt zum Rheinbund, von Napoleon zum Großherzogtum erhoben. Widrigenfalls drohte Napoleon mit Invasion. Gleichzeitig trat das Land aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation aus.
Durch Artikel 47 der Wiener Kongressakte erhielt Hessen-Darmstadt 1815/16 weitere Gebiete zugewiesen, unter anderem Worms, Alzey, Bingen und Mainz, das als Rheinhessen bezeichnet wurde. 1815 trat das Großherzogtum dem Deutschen Bund bei.
Infolge der Märzrevolution 1848 wurde der rheinhessische Liberale Heinrich von Gagern Ministerpräsident des Großherzogtums. Er vertrat die rheinhessischen Gebiete auch in der Frankfurter Nationalversammlung, deren Präsident er zeitweise war.
Nach der Niederlage im Krieg von 1866 musste Hessen-Darmstadt das Hessische Hinterland an Preußen abtreten, ebenso die Gebiete der Landgrafschaft Hessen-Homburg, die erst zu Beginn des Jahres nach Erlöschen der dortigen Seitenlinie an das Großherzogtum gefallen waren. Im Gegenzug erhielt es die bisher kurhessische Enklave Amt Dorheim mit Bad Nauheim, das Oberhessen zugeschlagen wurde, und das einzige südmainisch gelegene Dorf des untergegangenen Kurstaats, Rumpenheim, das zur Provinz Starkenburg kam.
Die nordmainische Provinz Oberhessen wurde 1866 Mitglied des Norddeutschen Bundes. 1871 wurde das gesamte Großherzogtum Bundesstaat des neu gegründeten Deutschen Reichs.
Nach Erstem Weltkrieg und Novemberrevolution wurde der amtierende Großherzog Ernst Ludwig am 9. November 1918 vom Darmstädter Arbeiter- und Soldatenrat abgesetzt. Aus dem Großherzogtum wurde nun der republikanische Volksstaat Hessen.
Politisches System
→ Für den Landtag siehe auch: Landstände des Großherzogtums Hessen
Mit der am 17. Dezember 1820 eingeführten Hessischen Verfassung beendete Großherzog Ludwig I. den Absolutismus in seinem Staat zugunsten einer konstitutionellen Monarchie mit einer aber nach wie vor starken Position des regierenden Großherzogs, der als Oberhaupt des Staates „alle Rechte der Staatsgewalt“ innehatte[3] und dessen Person „heilig und unverletzlich“[4] war.
Die standesrechtliche Verfassung des Großherzogtums Hessen sah ein Zweikammersystem vor:
Die erste Kammer bestand aus den Prinzen des Großherzoglichen Hauses, den Häuptern standesherrlicher Familien, dem Erbmarschall von Hessen, welcher seit 1432 in ganz Hessen der jeweilige Senior der Familie Riedesel Freiherren zu Eisenbach war, dem katholischen Landesbischof, einem vom Großherzog auf Lebenszeit in das Amt eines Prälaten erhobenen protestantischen Geistlichen, dem Kanzler der Landes-Universität oder dessen Stellvertreter sowie bis zu zehn Staatsbürgern, denen der Großherzog aufgrund besonderer Verdienste einen Sitz in der Kammer verleihen durfte."[5]. Voraussetzung für ein Amt in der ersten Kammer war zudem die Vollendung des 25. Lebensjahres.[6]
Die zweite Kammer bestand aus sechs Abgeordneten, die der Adel aus seiner Mitte wählte, aus zehn Abgeordneten, die von den Bürgern der wichtigsten Städte, d.h. Darmstadt, Mainz, Gießen, Offenbach, Friedberg, Alsfeld, Worms und Bingen, gewählt wurden (wobei Darmstadt und Mainz je zwei Abgeordnete, die anderen je einen stellten) sowie 34 weiteren Abgeordneten, die von den restlichen Städten und Gemeinden nach Wahlkreisen eingeteilt gewählt wurden. [7]
Das aktive Wahlrecht wurde durch eine Drei-Stufen-Wahl gewährleistet. Im ersten Wahlgang war jeder Staatsbürger berechtigt, der das 25. Lebensjahr vollendet hatte und wenigstens 20 Gulden direkte Steuern zahlte. Zur Veranschaulichung: In Darmstadt waren dies 1820 bei einer Einwohnerzahl von ca. 18.000 gerade einmal 2.799 Bürger. [8]
Diese wahlberechtigten Bürger bestimmten jedoch nicht direkt die Abgeordneten, sondern wählten lediglich Bevollmächtigte, die wiederum Wahlmänner bestimmten, von denen dann erst die Abgeordneten gewählt wurden. [9] Wahlmann durfte man nur werden, wenn man wenigstens 30 Jahre alt war und zu den 60 Höchstbesteuerten im jeweiligen Wahlkreis gehörte. [10] Da zudem die Anzahl der Wahlmänner auf 25 festgesetzt wurde [11], hielt sich der tatsächliche Einfluss der von den Bürgern Bevollmächtigten stark in Grenzen.
Das passive Wahlrecht der letztendlich in der zweiten Kammer sitzenden Abgeordneten setzte eine Steuerquote von mindestens 100 Gulden direkter Steuern voraus. Wieder am Beispiel Darmstadt handelte es sich hierbei 1820 um lediglich 20 Bürger, die faktisch Abgeordneter werden konnten. [12]. Trotz des Rechts auf freie Wahlen blieb die politische Macht also in den Händen des Adels und der reichsten Bürger.
Als Reaktion auf die Märzrevolution wurde im Oktober 1850 zudem ein Dreiklassenwahlrecht nach preußischem Vorbild eingeführt, was das ohnehin schon sehr zum Vorteil der Adligen und Wohlhabenden ausgelegte Wahlsystem noch mehr zu deren Gunsten verstärkte. [13]
Großherzöge
von | bis | Großherzog | Das Residenzschloss der Großherzöge in Darmstadt |
14. August 1806 | 6. April 1830 | Ludwig I. (ab 1790 als Landgraf Ludwig X.) | |
6. April 1830 | 16. Juni 1848 | Ludwig II. | |
16. Juni 1848 | 13. Juni 1877 | Ludwig III. | |
13. Juni 1877 | 13. März 1892 | Ludwig IV. | |
13. März 1892 | November 1918 | Ernst Ludwig |
Präsidenten des Gesamtministeriums
Die offizielle Amtsbezeichnung des Ministerpräsidenten und Regierungschefs war „Präsident des Gesamtministeriums“. Amtsinhaber waren:
von | bis | Ministerpräsident |
---|---|---|
1821 | 1829 | Karl von Grolman |
1829 | 1848 | Karl du Thil |
1848 | 1848 | Heinrich von Gagern |
1848 | 1848 | Carl Wilhelm Zimmermann |
1848 | 1850 | Heinrich Carl Jaup |
1852 | 1871 | Reinhard von Dalwigk |
1871 | 1872 | Friedrich von Lindelof |
1872 | 1876 | Karl von Hofmann |
1876 | 1879 | Philipp Gustav August Julius Rinck |
1884 | 1898 | Jakob Finger |
1898 | 1906 | Carl Friedrich Rothe |
1906 | 1918 | Christian von Ewald |
Verwaltungsgliederung
Das Großherzogtum besaß drei Provinzen:
- Starkenburg, Sitz: Darmstadt (Rechtsrheinische Gebiete südlich des Mains)
- Rheinhessen, Sitz: Mainz (Linksrheinische Gebiete)
- Oberhessen, Sitz: Gießen (Gebiete nördlich des Mains, vom übrigen Territorium durch das Gebiet der Stadt Frankfurt am Main getrennt)
Zwischen 1803 und 1816 gab es in Hessen außerdem eine Provinz Westfalen (Sitz: Arnsberg), die anschließend an Preußen fiel.
Die Provinzen des Großherzogtums wurden 1832 in Kreise und Landratsbezirke eingeteilt. Am 31. Juli 1848 wurden die Provinzen, Kreise und Landratsbezirke zugunsten der Errichtung der elf Regierungsbezirke Alsfeld, Biedenkopf, Darmstadt, Dieburg, Erbach, Friedberg, Gießen, Heppenheim, Mainz, Nidda und Worms abgeschafft. Diese Reform wurde am 12. Mai 1852 wieder rückgängig gemacht. Die frühere Gliederung in Provinzen wurde wiederhergestellt und es wurde eine nunmehr flächendeckende Einteilung in 26 Kreise geschaffen:[14]
|
|
Die drei Provinzen hatten zunächst keine Landverbindung miteinander: Starkenburg und Rheinhessen waren durch den Rhein getrennt. Zwischen den Provinzen Oberhessen und Starkenburg lag „ausländisches“ Territorium, zunächst das Kurfürstentum Hessen und die Freie Stadt Frankfurt, ab 1866 Preußen. Die Landverbindung zwischen Starkenburg und Rheinhessen wurde erstmals mit der von der Hessischen Ludwigsbahn errichteten Südbrücke in Mainz 1862 hergestellt. Diese innerstaatliche Segmentierung beeinflusste auch die wirtschaftliche Entwicklung des Großherzogtums.
Wirtschaft
Währung und Zoll
Das Großherzogtum Hessen hatte 1828 mit dem Preußisch-Hessischen Zollverein eine Zollunion mit Preußen geschaffen, die 1834 im Deutscher Zollverein aufging. Das Großherzogtum war Mitglied im Süddeutschen Münzverein und prägte Gulden- und Kreuzer-Münzen.
Eisenbahn
Während die Provinz Starkenburg mit der Main-Neckar-Bahn recht früh eine zentrale Eisenbahnanbindung erhielt und die Provinz Oberhessen durch die Main-Weser-Bahn wenigstens randlich erschlossen wurde – an beiden Bahnen hielt das Großherzogtum Anteile und sie wurden als Kondominalbahnen betrieben – wurde der Eisenbahnbau für die dritte Provinz, Rheinhessen, durch die private Hessische Ludwigsbahn vorgenommen, die sich zu einer der größten deutschen Privatbahnen entwickelte. Sie unterhielt ein dichtes Netz von Strecken in den Provinzen Rheinhessen, Starkenburg und darüber hinaus. Über die Stammstrecke: Mainz – Ludwigshafen wurde ab 1853 Frankreich an das Schienennetz des Großherzogtums angebunden, was die Exportwirtschaft des Großherzogtums förderte (→Jambon de Mayence). Die weitere Erschließung der Provinz Oberhessen durch die Eisenbahnen erfolgte durch die Großherzoglich Hessischen Staatseisenbahnen. All diese Bahnen – die Ludwigsbahn war zuvor verstaatlicht worden – wurden 1897 in die Preußisch-Hessische Eisenbahngemeinschaft eingebracht.
Unternehmen
Eine Reihe von weltweit bekannten Unternehmen bildeten sich im Großherzogtum Hessen. Schwerpunkte der wirtschaftlichen Tätigkeit waren Darmstadt (z.B. Merck KGaA) und Mainz (z.B. Werner & Mertz (Erdal, die Sektkellerei Kupferberg, diverse Verlage, darunter Verlag Philipp von Zabern). Durch seine Wurzeln in der kurfürstlichen Luxusgüterherstellung war Mainz führend in der Fabrikation von Firnissen und Lacken (Lackfabrik Ludwig Marx) sowie feinem Leder (Mayer-Michel-Deninger) und der Fabrikation von Luxusmöbeln wie auch Parkett (Bembé). Auch Worms war für seine Lederfabrikation bekannt, „Offenbacher Lederwaren“ sind heute noch ein Begriff. Einen der wichtigsten Industriezweige des Landes bildete die Tabak- und Zigarrenherstellung, die etwa 200 Fabriken betrieb. Friedrich Koch hatte intensive Geschäftsbeziehung in alle Welt und belieferte von Oppenheim aus namhafte pharmazeutische Unternehmen mit Chinin. Aus Mombach wurden durch den Verein für Chemische Industrie, heute Ineos Paraform, Essigsäure, essigsaure Salze und Methylpräparate sowie Eisenbahn- und Straßenbahnwagen durch die Waggonfabrik Gebrüder Gastell geliefert. In Offenbach wurden Anilin- und Alizarinfarben hergestellt und Worms produzierte Wasserglaschemie. [15] Daneben betrieb auch der Staat Unternehmen wie die Großherzoglich hessische Landeslotterie.
Kultur
Dem Widerstand gegen das reaktionäre "System du Thil" entstammen die ersten Werke von Georg Büchner.
Georg Moller (1784-1852), führender Architekt und Stadtplaner wurde 1810 Oberbaurat und Hofbaudirektor des Großherzogtums und errichtete eine Reihe öffentlicher Gebäude: Die St.-Ludwigs-Kirche (erster nach-reformatorischer römisch-katholischer Sakralbau Darmstadts), das Landestheater, Luisenplatz mit Ludwigssäule, das Mausoleum auf der Rosenhöhe und die Freimaurerloge – das heutige „Moller-Haus“. Außerhalb der Landeshauptstadt errichtete er im Großherzogtum das Stadttheater der Provinzhauptstadt Mainz und er setzte das Schloss Biedenkopf wieder in Stand.
Georg Moller ist unter anderen die Rettung der karolingischen Torhalle in Lorsch zu verdanken, heute ein von der UNESCO anerkanntes Weltkulturerbe. 1818 bewog er Großherzog Ludewig dazu, die erste Denkmalschutzverordnung zu erlassen
Das Hessische Landesmuseum geht auf eine Stiftung des Großherzogs Ludwig I. aus dem Jahr 1820 zurück, der seine Kunst- und Naturaliensammlung dem Staat schenkte. Die Sammlung war seit dem 17. Jahrhundert von den Landgrafen von Hessen-Darmstadt kontinuierlich aufgebaut worden und konnten in den Folgejahren durch Ankäufe und Schenkungen bedeutend erweitert werden. Zunächst im Schloss untergebracht, wurde deshalb ein eigenes Gebäude zunehmend erforderlich. 1897 wurde auf Veranlassung von Großherzog Ernst Ludwig dem Architekten Alfred Messel, der sich in Berlin mit Ideen zur Planung eines Idealmuseums profiliert hatte, der Auftrag erteilt. Das Museum konnte 1906 seiner Bestimmung übergeben werden.
Großherzog, Ernst Ludwig, war ein großer Förderer der bildenden Kunst und – im Gegensatz zu den meisten seiner Standesgenossen, etwa Kaiser Wilhelm II., auch moderner Kunst, insbesondere des Jugendstils. Als Enkel der Königin Viktoria hatte er sich bei Besuchen in England mit der Arts and Crafts-Bewegung vertraut gemacht. 1899 berief er sieben junge Künstler, die in Darmstadt eine Künstlerkolonie bildeten. Er ließ auf der Mathildenhöhe durch den Architekten Joseph Maria Olbrich ein Ateliergebäude errichten, außerdem hatten die Künstler die Möglichkeit, sich eigene Wohnhäuser zu bauen. Neben Olbrich waren das u.a. Peter Behrens, Hans Christiansen und Ludwig Habich. Zwischen 1901 und 1914 fanden vier Ausstellungen zur Kunst des Jugendstils auf der Mathildenhöhe statt. In Bad Nauheim entstand – überwiegend durch diese Künstler – ein einzigartiges Ensemble von Kur-Anlagen: Sprudelhof, Trinkkuranlage, Badehäuser, Parks und die Maschinenzentrale nebst Wäscherei. Da dieses Ensemble heute auch in seinen Details noch weitgehend erhalten ist, prägt es das Stadtbild und macht es zu einem außerordentlichen Gesamtkunstwerk der Zeit um 1910.
Mit dem Gesetz, den Denkmalschutz betreffend vom 16. Juli 1902 schuf das Großherzogtum das erste moderne, kodifizierte Denkmalschutzgesetz Deutschlands.[16]
Literatur
- Helmut Schmahl: Verpflanzt, aber nicht entwurzelt: Die Auswanderung aus Hessen-Darmstadt (Provinz Rheinhessen) nach Wisconsin im 19. Jahrhundert. Frankfurt/Main (u. a.) 2000 (Mainzer Studien zur Neueren Geschichte, 1)
Weblinks
- Das Großherzogtum Hessen 1806–1918
- Verfassung für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
- Großherzogtum Hessen (Kreise und Gemeinden) 1910
- Abbildung der Fahnen Hessen-Darmstadts
- Karten Hessens 1817-1918
- Statistische und historische Informationen über das Großherzogtum Hessen bei HGIS
- Wohnplätze im Großherzogthum Hessen, Darmstadt 1877
Einzelnachweise
- ↑ Ulrich Becke: Frittie und Prinzessin Sonnenschein. Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein – ein zerissener Poet. In: Festschrift. 100 Jahre Dankeskirche Bad Nauheim 1906 – 2006. Bad Nauheim 2006, S. 25.
- ↑ Melodie: God Save the Queen / Heil dir im Siegerkranz.
- ↑ Artikel 4 Abs. 1 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
- ↑ Artikel 4 Abs. 2 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
- ↑ Artikel 52 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
- ↑ Artikel 54 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
- ↑ Artikel 53 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
- ↑ Darmstadts Geschichte - Fürstenresidenz und Bürgerstadt im Wandel der Jahrhunderte, Abschnitt 3: Vom Biedermann in die Katastrophe des Feuersturms, Eckhart G. Franz, Eduard Roether Verlag, Darmstadt 1980, S. 306, ISBN 3-7929-0110-2
- ↑ Artikel 57 Abs. 2 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
- ↑ Artikel 57 Abs. 3 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
- ↑ Artikel 57 Abs. 4 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17. Dezember 1820
- ↑ Darmstadts Geschichte - Fürstenresidenz und Bürgerstadt im Wandel der Jahrhunderte, Abschnitt 3: Vom Biedermann in die Katastrophe des Feuersturms, Eckhart G. Franz, Eduard Roether Verlag, Darmstadt 1980, S. 307, ISBN 3-7929-0110-2
- ↑ Darmstadts Geschichte - Fürstenresidenz und Bürgerstadt im Wandel der Jahrhunderte, Abschnitt 3: Vom Biedermann in die Katastrophe des Feuersturms, Eckhart G. Franz, Eduard Roether Verlag, Darmstadt 1980, S. 352, ISBN 3-7929-0110-2
- ↑ Philipp A. F. Walther: Das Großherzogthum Hessen nach Geschichte, Land, Volk, Staat und Oertlichkeit. 1854, abgerufen am 22. Juli 2009.
- ↑ Hessen (Großherzogtum: Industrie, Handel und Verkehr) in Meyers Konversations-Lexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892
- ↑ Winfried Speitkamp: Entstehung und Bedeutung des Denkmalschutzgesetzes für das Großherzogtum Hessen von 1902. In: 100 Jahre Denkmalschutzgesetz in Hessen. Geschichte – Bedeutung – Wirkung. Stuttgart 2003. ISBN 3-8062-1855-2; Jan Nikolaus Viebrock: Hessisches Denkmalschutzrecht. (= Kommunale Schriften für Hessen). 3. Auflage. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2007. ISBN 978-3-555-40310-6, S. 9, Rdnr. 18.
Rang erhöht durch Napoleon → Königreiche: Bayern | Sachsen | Württemberg | Großherzogtümer: Baden | Hessen Napoleonische Staaten → Königreiche: Westphalen | Großherzogtümer: Berg | Würzburg | Fürstentümer: Aschaffenburg (ab 1810 als Großherzogtum Frankfurt) | Von der Leyen | Regensburg (bis 1810) Unverändert → Herzogtümer: Anhalt-Bernburg | Anhalt-Dessau | Anhalt-Köthen | Arenberg | Mecklenburg-Schwerin | Mecklenburg-Strelitz | Nassau | Oldenburg | Sachsen-Coburg-Saalfeld | Sachsen-Gotha-Altenburg | Sachsen-Hildburghausen | Sachsen-Meiningen | Sachsen-Weimar, Sachsen-Eisenach (seit 1741 Personalunion, ab 1809 Realunion), Sachsen-Weimar-Eisenach | Fürstentümer: Hohenzollern-Hechingen | Hohenzollern-Sigmaringen | Isenburg-Birstein | Liechtenstein | Lippe-Detmold | Reuß-Ebersdorf | Reuß-Greiz | Reuß-Lobenstein | Reuß-Schleiz | Salm-Kyrburg | Salm-Salm | Schaumburg-Lippe | Schwarzburg-Rudolstadt | Schwarzburg-Sondershausen | Waldeck |
Kaiserreich: Österreich | Königreiche: Preußen | Bayern | Sachsen | Hannover | Württemberg | Kurfürstentümer: Hessen (Kassel) | Großherzogtümer: Baden | Hessen (Darmstadt) | Luxemburg | Mecklenburg-Schwerin | Mecklenburg-Strelitz | Oldenburg | Sachsen-Weimar-Eisenach | Herzogtümer: Anhalt (ab 1863) | Bernburg (bis 1863) | Dessau (bis 1863) | Köthen (bis 1847) | Braunschweig | Holstein | Lauenburg | Limburg | Nassau | Sachsen-Altenburg (ab 1826) | Sachsen-Coburg-Saalfeld ab 1826 als Sachsen-Coburg-Gotha | Sachsen-Gotha-Altenburg (bis 1826) | Sachsen-Hildburghausen (bis 1826) | Sachsen-Meiningen | Fürstentümer: Hessen-Homburg | Hohenzollern-Hechingen (bis 1850) | Hohenzollern-Sigmaringen (bis 1850) | Liechtenstein | Lippe | Reuß älterer Linie | Reuß jüngerer Linie | Schaumburg-Lippe | Schwarzburg-Rudolstadt | Schwarzburg-Sondershausen | Waldeck | Freie Städte: Frankfurt am Main | Hamburg | Lübeck | Bremen |
Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Großherzogtum_Hessen“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 11. August 2010 (Permanentlink: [3]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.