Questenkreuz
Das Questenkreuz (auch Quastenkreuz, gleichschenkliges Keltenkreuz oder mißverständlich Queste und anders genannt) ist in der neueren Heraldik eine Wappenfigur. In der Früh- und Blütezeit der Heraldik war das Motiv als Wappenfigur nicht gebräuchlich.
Das Questenkreuz wird in der heraldischen Literatur unter anderem den Sonderformen Kreuz oder den Heroldsbildern zugeordnet (wenn das Kreuz bis zu den Schildrändern reicht) respektive den gemeinen Figuren (wenn es nicht bis zu den Schildrändern reicht, es also schwebend im Wappen erscheint).
Etymologie
Der Ausdruck Queste-/Quastenkreuz lehnt sich an die Bezeichnung von Säugetierschwänzen oder von hängenden Bündeln von Fäden, Kordeln, Reisig et cetera an (Quaste, seltener Quoddel, Quaddel oder Troddel genannt). Womöglich wurde er in Zusammmenhang mit einem Brauch gebildet, der im Harz zum Beispiel in dem Ort Questenburg
bis heute gepflegt wird und in dessen Mittelpunkt ein Kranz steht. Dieser erscheint in Kreuzform mit Reisigbündel („Quasten“) an den Enden der horizontalen Kreuzarme[3].
Ob über das lateinische questus bzw. questio „Klage“ ein Zusammenhang zwischen dem mhd. „Queste“ im Sinne von „Bündel (von Blättern etc.)“ und der in Frankreich zu verortenden grundherrlichen mittelalterliche Abgabe Queste (altfranzösisch für ein „Ersuchen, Begehr“, 12. und 13. Jahrhundert) besteht, ist unklar. Die mhd. Queste findet sich auch in den Ausdrücken Questerei (für „Bedrückung, Plage“), questigen (für „kasteien“), questen (für „[im Bade] peitschen“, peinigen, bedrängen, quälen) und so weiter; der Ausdruck „Quest
“ für eine abenteuerlichen Suche (Heldenreise, Aventiure zum Beispiel im Rittertum) wird dagegen aus dem lateinischen quaestio „Forschung, Frage“ bzw. quaerere „fragen, suchen“ abgeleitet.
Das Motiv/Symbol als solches ist wesentlich älter als die Ausdrücke, mit denen man es beschreibt. Es kommt, teilweise in leicht abgewandelter Form in manchen Teilen und Kulturen der Welt auf Artefakten vor, die aus dem Frühmittelalter (6. bis 10. Jahrhundert) oder einer Zeit davor stammen.
Darstellung
Das heraldische Questenkreuz erscheint als gemeines Kreuz oder als griechisches Kreuz, das mit einem Ring „verschmolzen“ ist, der um die Kreuzmitte liegt. Der Ring hat die gleiche Tingierung wie das Kreuz. Die Ringbreite sollte der Kreuzarmstärke angepasst sein und die vier Arme des Kreuzes sollten nach Möglichkeit gleich lang aus dem Ring herausragen (der Längsbalken sollte in keinem Fall wesentlich länger als der Querbalken sein und der Ring sollte nicht oberhalb der Mitte des Kreuzes liegen).
„Questenkreuz, Quest: gemeines Kreuz, in dessen Mitte sich ein gleich tingierter Kreis befindet.“
Abgrenzung
- Ein lateinisches Kreuz mit einem Ring ist in der Heraldik in der Regel ein Keltenkreuz und sollte nicht als Questenkreuz beschrieben werden.
Symbolik
Allgemein
Außerhalb der Heraldik bezeichnen Adrian Frutiger und andere das Motiv als keltisches Sonnenkreuz[4].
Andere Quellen interpretieren ein questenkreuzartiges Motiv als Zeichen von (heidnischer) Gerichtsbarkeit[5]. Diese Interpretation könnte auf einer Gleichsetzung oder Vermischung der Symbolik von Keltenkreuzen, Steinkreuzen (Sühne-, Klage-, Mordkreuz et cetera) und jener eines Questenkreuzes basieren. In welchen Fällen und inwieweit es Wechselbeziehungen zwischen diesen materiell oder optisch ähnlichen, aber kulturell sehr unterschiedlichen Objekten gibt, ist bislang nicht wissenschaftlich zweifelsfrei untersucht.
Christentum
Christliche Quellen vereinnahmen das Motiv und deuten es unter anderem als Zeichen für Jesus Christus:
„Das Kreuz mit gleichlangen Balken, in der Art eines griechischen Kreuzes, ist das Zeichen für Jesus Christus. Das Rad, das in der christlichen Kunst Irlands häufig mit dem Kreuz verbunden wird, symbolisiert die Ewigkeit Gottes, der ohne Anfang und Ende ist.“
Rechtsextreme Szene
„Das ‚gleichschenklige‘ Keltenkreuz[7][8] war auch das Zeichen der rechtsextremen und verbotenen Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands
und ist noch heute als Symbol in der rechtsextremen Szene
– in stark stilisierter Form – weit verbreitet. In diesem Zusammenhang handelt es sich um ein nach dem deutschen Strafgesetzbuch strafbares Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann auch eine isolierte Verwendung eines stilisierten gleichschenkligen Keltenkreuzes (also „die Darstellung eines gleichschenkligen Balkenkreuzes, um dessen Schnittpunkt ein Ring gelegt ist“) nach § 86a des deutschen Strafgesetzbuches strafbar sein, wenn nicht die äußeren Umstände eindeutig ergeben, dass der Schutzzweck
der Norm nicht tangiert ist.[9]
Das gleichschenklige Keltenkreuz wird meist mit der White-Power
-Bewegung der USA in Verbindung gebracht.[10] Diese Variante ähnelt auch dem Symbol des sogenannten Zodiac-Killers
, eines Serienmörders der späten 1960er-Jahre der USA, dessen Taten jedoch nicht rassistisch motiviert waren.
In Frankreich war das Keltenkreuz seit 1945 das Symbol mehrerer rechtsextremer und neofaschistischer Gruppierungen, besonders prominent wurde es in den 1960er Jahren durch die Verwendung durch die Organisation de l'armée secrète (OAS)
, eine paramilitärische Organisation, die mit Gewalt die Unabhängigkeit Algeriens zu verhindern versuchte.
In Polen wurde das Symbol 2011 von der Partei Nationale Wiedergeburt Polens
als eingetragene Marke registriert.[11]“
Siehe auch
Weblinks
- Queste als Symbol
, (Wikipedia)
Einzelnachweis
- ↑ 1,0 1,1 Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S. 317
- ↑ Leonhard, Walter: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung, Bechtermünz-Verlag 2003. ISBN 3-8289-0768-7. S. 153.
- ↑ Vergleiche auch: Queste (Symbol)
, Queste (Berg)
).
- ↑ Vgl. Frutinger, Adrian: Symbole. Geheimnisvolle Bilder-Schriften. Zeichen. Signale. Labyrinthe. Heraldik. Bern, Stuttgart, Wien. 2008. ISBN 978-3-258-07323-1. S. 96, Abbildung 5.
- ↑ Jens Holger Og, Lexikon der Symbolsprache und Zeichenkunde: Runen, Hieroglyphen, Zahlensymbole und Ornamentik, Verlag Book on Deman GmbH, Norderstedt 2005, Seite 229, ISBN 3-8334-2001-4
- ↑ Bistum Würzburg: Das Wappen der Diözese Würzburg. Internet: www.bistum-wuerzburg.de. Abgerufen am: 17. Oktober 2012.
- ↑ Bundesamt für Verfassungsschutz: Symbole und Zeichen der Rechtsextremisten. insb. 2.3
- ↑ Rechtsextreme Symbole und Zeichen
- ↑ Beschluss des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 1. Oktober 2008, Az. 3 StR 164/08 (PDF-Datei), vgl. auch Pressemitteilung Nr. 209/2008 des BGH vom 14. November 2008
- ↑ buendnis-toleranz.de (Archiv): Nazi-Codes.
- ↑ Polen: Symbol gegen Schwule nun geschützte Marke, queer.de, 23. November 2011
- ↑ Seite „Keltenkreuz“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 15. Oktober 2012, 21:20 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Keltenkreuz&oldid=109370244 (Abgerufen: 17. Oktober 2012, 14:24 UTC)