Sturzwogenschnitt
Der Sturzwogenschnitt (auch Sturzwellenschnitt genannt; ähnlich wie Spitzwellenschnitt[1]) ist in der Heraldik die Bezeichnung für eine besondere Form einer Schnittlinie, die schräggestellten, sich über den Scheitelpunkt überschlagenden Wasserwellen (Sturzwellen, Sturzwogen, Bugwellen, Kielwellen) nachempfunden ist.
Sie kann beispielsweise angewendet werden, um ein Wappenschild in zwei Flächen mit unterschiedlichen heraldischen Farben zu teilen, zu spalten oder ähnliches.
Darstellung
Ausgeführt wird eine Sturzwogenschnittlinie im Prinzip durch mehrere, sich in gleicher Laufrichtung wiederholender Elemente des Heroldsbilds Schnecke. Die einzelne Grundfigur einer „Teilung sturzwogenförmig nach links“ kann beispielsweise als Linie ausgeführt sein, die, von heraldisch rechts startend, von einer Grundposition („Ruhewasser“) erst kurvenförmig bis zu einem Scheitelpunkt („Wellenkamm“) nach oben verläuft, von dort nach unten, bis sie sich etwa auf halber Höhe „überschlägt“ und in entgegengesetzer Laufrichtung in Kreisform in „Wellental“ und Grundlinie weitergezogen wird. Diese Grundfigur wird bei einer Teilung gewöhnlich dreimal wiederholt; optional können, falls es die Gesamtharmonie eines Wappens erfordert, mehr als nur drei Wellenkämme erscheinen. Die genaue Anzahl der Wellenkämme kann auf Wappenstifterwunsch fester Bestandteil einer Wappenbeschreibung sein, muss es aber nicht. Zwei Wogen-/Wellenkämme sollten dagegen stets gemeldet werden.
Eine einzelner Wogenkamm entspricht in der deutschsprachig geprägten Wappenkultur gewöhnlich dem Heroldsbild Schnecke. Er kann beispielsweise nach rechts oder nach links und als ganze oder als halbe „Schnecke“ gestaltet sein.
Laufrichtung des Sturzwogenschnitts
Auch die Laufrichtung („Wellengang“) der sturzwellenförmigen Elemente des Wappenschnitts sollte stets angezeigt werden. Sie kann nach oben, unten, rechts, links und womöglich sogar gegenläufig (mit rechten und linken, oberen und unteren Sturzwogen) oder anders bestimmt bestimmt sein. „Sturzwellenförmig nach rechts“ bedeutet beispielsweise, dass sich die „Wellen“ gegen den rechten Schildrand hin überschlagen; „sturzwellenförmig nach oben“, dass sie sich zum oberen Schildrand hin überschlagen. In der Wappenbilderordnung der 90er Jahre werden prototypisch nur zwei Laufrichtungen des Schnitts thematisiert:[2]
- sturzwelleförmig nach rechts (geteilt);
französisch (coupé) en forme de crocs recourbés à dextre;
englisch (per fess) crested to the dexter - sturzwelleförmig nach links (geteilt);
französisch (coupé) en forme de crocs recourbés à senestre;
englisch (per fess) crested
Von Silber und Grün im Sturzwogenschnitt gespalten (Frose)
Erniedrigt sturzwellenförmig nach rechts geteilt
(Loipersdorf b. Fürstenfeld)
Verbreitung
Der Sturzwogenschnitt findet sich beispielsweise in Kommunalwapppen (Frose, Loipersdorf), aber auch in Familienwappen (Sausmikat, Stehle, Bonsma, Graswyl).
Abgrenzung
Sturzwogenschnitt versus Wogenschnitt
Der „Sturzwogenschnitt“ sollte nicht mit dem „Wogenschnitt“ verwechselt werden, der, geschichtlich gesehen und was seine Gestaltung anbetrifft, gänzlich andere Wurzeln hat.
Sturzwogenschnitt versus Laufender Hund
Die Sturzwogenschnittlinie ist vergleichbar mit der Friesverzierung Laufender Hund („Vitruvianische Veloute“), die ebenfalls an sich überschlagende Wellen erinnert, aber gewöhnlich als gerundete Abwandlung des Mäander gedeutet wird.
Symbolik
Der Sturzwogenschnitt steht im Bereich der Kommunalheraldik zum Beispiel als Sinnbild für ein Erlebnisbad (Loipersdorf) oder für Gewässer (Seen, Teiche und so weiter, vergleiche: Frose).
Wappenbilderordnung
- Der Ausdruck sturzwellenförmig nach rechts (geteilt) wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Sonderformen der Begrenzungslinien unter der Nr. (0151)-160 aufgenommen.
- Der Ausdruck sturzwellenförmig nach links (geteilt) wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Sonderformen der Begrenzungslinien unter der Nr. (0151)-161 aufgenommen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Wappen-Herold Deutsche Heraldische Gesellschaft: Wappen Scheele. In: Allgemeine Deutsche Wappenrolle. Band IX. Mainz/Berlin, 1987. Nr. 86102. ISBN 3924131104. S. 111
- ↑ Jürgen Arndt und Werner Seeger (Bearbeiter) mit Wappenskizzen von Lothar Müller-Westphal: Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo. Zit.: WBO - Wappenbilder. Hrsg.: Herold, Verein für Heraldik Genealogie und verwandte Wissenschaften (= J. Siebmachers Großes Wappenbuch. B). 2., ergänzte und berichtigte Auflage. Band I. Bauer & Raspe, Inh. Manfred Dreiss, Neustadt an der Aisch 1996, ISBN 3-87947-110-X, S. 258, 259 (447 S., zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner; Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890).
Wie in der Heraldik üblich, werden Wappen in diesem Artikel aus der Perspektive des Schildträgers beschrieben. Folglich beschreibt rechts die für den Betrachter linke Seite des Wappens, links die für den Betrachter rechte Seite des Wappens.