Wappenschnitt

Wappenschnitt (auch Schnitt) ist allgemein eine heraldisch wohldefinierte Begrenzungs- oder Trennungslinie, die zwischen unterschiedlich tingierten Farbflächen in Wappen verläuft.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung
Grundsätzlich gilt, daß die Basis eines Wappenschnitts (inklusive seiner speziellen Modifikation) keine gemeine Figur ist, sondern ein Heroldsbild (Teilungen, Spaltungen, Balken, Schrägteilungen, Borde und so weiter). Der Schnitt als solcher kann seinerseits ein spezifisches Erscheinungsbild eines gemeinen Figur werden (zum Beispiel: „Adlerrumpf, der von Rot und Silber im Zinnenschnitt geteilt ist“). Einen „frei“ oder eigenständig im Schild stehenden Schnitt gibt es im Wappenwesen nicht.
Die Bedeutung des Ausdrucks (Wappen)Schnitt ist in der heraldischen Literatur mehrdeutig:
- In umfassenden Sinn wird jede Wappenschildeinteilung als Schnitt bezeichnet, die nach heraldischen Regeln durchgeführt ist und die Schildfläche mittels gerader, krummer, gebogener, geknickter, ornamentaler oder anderer Begrenzungs-/Teilungslinien („Schnitte“) in unterschiedlich gefärbte geometrische oder symmetrische Flächen aufteilt (im Gegensatz zum Beispiel zu ledigen Schilden, die ohne Teilung und Spaltung erscheinen oder Schilden mit gemeinen Figuren, da die Umrisslinien der gemeinen Figuren meist ungeometrisch oder unsymmetrisch sind).
- Im engeren Sinn versteht man unter einem Wappenschnitt nur jene Wappenschildeinteilungen, bei denen die Teilungslinien („Schnitte“) von einem kürzesten Weg zweier Punkte in gerader Richtung („Luftlinie“) abweichen und durch modifizierende Linienelemente (Spitzen, Zacken, Biegungen, Kurven, Krümmungen oder dergleichen) symmetrisch, „wohlgeformt“ und unter Einhaltung der heraldischen Regeln „über den Schild oder doch vom Schildrand zu einer Teilungslinie“ laufen.[1]
- In einem noch engeren Sinn, versteht man unter einem Wappenschnitt nur jene Teilungslinie („Schnitt“), bei der das gleiche Motiv (z. B. eine Zinne, ein Wolke, Stufengiebel) von oben und unten exakt gespiegelt erscheint bzw. identisch ist (im Gegensatz beispielsweise zu Teilungslinien, bei denen oberhalb und unterhalb der eigentlichen Linie unterschiedliche Elemente symmetrisch aufeinander folgen). Dieser enge Sprachgebrauch konnte sich in der Heraldik nicht allgemein durchsetzen. Er wird bei Ausdrücken wie dem „Sturzwogenschnitt“ und anderen durchbrochen, die man als „Schnitte“ bezeichnet, obwohl die Motive oberhalb und unterhalb der gedachten Linie nicht identisch („gespiegelt“) sind.
Blasonierung
Bei der Wappenbeschreibung oder Blasonierung wird entsprechend dem Schnittverlauf oft eine schnitttypische Bezeichnung verwendet. So spricht man vom Wolkenschnitt, Zinnenschnitt, Kerbschnitt, Kleeblattschnitt, Sägezahnschnitt und so weiter. Die heraldische Literatur verwendet diese Ausdrücke nicht einheitlich oder konsistent.
„Die deutsche Heraldik ist reich an seltsamen Teilungen, unter denen die gebogenen und geknickte Linien vorherrschen. Sie sind schwer zu beschreiben, und über ihre Blasonierung besteht kaum Übereinkommen. Man findet sie schon in den Wappenbüchern des 14. Jahrhunderts (..)“
Bisweilen wird in Wappenbeschreibungen das Suffix „-schnitt“ synonym zu der angehängten Wortstammendung„-teilung“ verwendet. Beispielsweise meinen die Ausdrücke „Zinnenschnitt“ und „Zinnenteilung“ dasselbe, nämlich eine durch Zinnen bewirkte Schildteilung.
Heraldische Ausdrücke mit dem Suffix „-schnitt“ erlauben zwar Rückschlüsse auf die Form oder den Verlauf einer Teilungslinie im Wappen, was für die ältere Heraldik völlig ausreichend war[3], aber sie sind für die neuere Heraldik manchmal zu ungenau und beschreiben teilweise ein Heroldsbild im Wappen etwas vage. Beispielsweise läßt der Ausdruck „durch Spitzenschnitt in Rot und Silber geteilt“ einen gewissen Spielraum, wieviele halbe und offene Spitzen im Wappen erscheinen sollen. Eine längere Umschreibung wie „in Rot durch drei silberne (aufsteigende) Spitzen geteilt“ bietet in so einem Fall mehr Genauigkeit.
Verwendung
Viele ursprüngliche Heroldsbilder besitzen einfache waagerechte oder senkrechte Begrenzungs-/Teilungslinien („Schnitte“). Im Laufe der Heraldikgeschichte ersann man jedoch immer komplexere Schnittformen. Beispielsweise verdoppelte oder vervielfachte man einen gebräuchlichen einfachen Schnitt oder kombinierte zwei einfache Schnitte zu einem komplexeren. Der Variantenreichtum der Schnitte nimmt auch durch die Teilungsrichtung bzw. der Lage eines Schnittes im Wappen zu. Beispielsweise verläuft der Schrägzinnenschnitt nicht waagerecht oder senkrecht, sondern diagonal von oben rechts nach unten links im Wappen, der Schräglinkszinnenschnitt von oben links nach unten rechts. Die Anlage des Schnittmotives (Achse des Schnittes) folgt dem oberen Schildrand. Die Vielfalt der Wappenschnitte und ihrer schier unendlichen Kombinationsmöglichkeiten sind ein Grund, warum es möglich ist, für immer neue Generationen von Menschen und Familien unverwechselbare und eindeutige Wappen zu entwerfen.
Galerie
Name | WBO | Bemerkung | Bsp. Teilung | Sonst. Beispiele |
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Astschnitt | -136 -137 |
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Blattschnitt |
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Bogenschnitt | -166 -167 |
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Breitzinnenschnitt | -126 -127 |
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Cymbelschnitt | Ausdruck, der in der Heraldik nicht einheitlich verwendet wird. In der WBO und bei Gritzner ist Cymbelschnitt eine altertümlicher Begriff für Palisadenschnitt; Oswald schreibt dagegen:
– Gert Oswald (1984): [4] |
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Dornenschnitt | -171 | eingekerbt, eingeschuppt;
– Gert Oswald (1984): [4] |
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Doppelwolkenschnitt | -165 | wie eingekerbte Herzen | ![]() |
![]() Schildhaupt durch doppelten Wolkenschnitt abgeteilt |
Doppelzinnenschnitt | ![]() |
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Eisenhutschnitt | wie Eisenhut (Feh) | ![]() |
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Flachzinnenschnitt | -118 | mit Flachzinnen | ![]() mit flacher Zinne |
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Flammenschnitt | -181 | ![]() ![]() 69 = Flammenteilung gemäß Siebmacher |
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Krückenschnitt | -122 | ![]() |
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Halbkrückenschnitt | -125 | ![]() |
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Jochschnitt | -175-642 | ![]() |
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Kerbschnitt |
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Kerbzinnenschnitt | (auch Welschzinnen-, Schwalbenschwanzzinnen-, Scaligerzinnen- oder Ghibellinenzinnen-Schnitt genannt) mit (ein)gekerbten Zinnen |
![]() Mit welschen Doppelzinnen geteilt[5] |
![]() Von Rot und Gold mit drei welschen Zinnen geteilt | |
Kleeblattschnitt | -187 | mit Kleeblatt | ![]() |
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Kreuzschnitt | -121 | mit Kreuz | ![]() |
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Kreuzzinnenschnitt | -120 | wenn Kreuze auf den Zinnen stehen | ![]() |
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Kugelspitzenschnitt | -163 | In Kugeln verlaufende Spitzen | ![]() |
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Kurvenschnitt | ![]() ![]() |
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Lappenschnitt | siehe Schuppenschnitt | |||
Lilienschnitt | -188 | ![]() |
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Linden(blatt)schnitt | -186 | Zu den Blattschnitten gehörender Schnitt. | ![]() ![]() |
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Lindenbaumschnitt | ![]() |
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Löwenrachenschnitt | ![]() |
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Mondschnitt | -173 -174 |
(auch Zirkelschnitt, Sichelschnitt)
die Teilungs- oder Spaltungslinie wird nach rechts oder links durch eine Mondsichel oder einen Halbkreis unterbrochen und ausgebogen |
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Palisadenschnitt | -134 | palisadenförmig (geteilt); mit Palisaden; die Darstellung in der Heraldik als hauptgespitzte Pfähle | ![]() |
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Pfahlschnitt | -119 | pfahlförmig | ||
Pfropf(en)schnitt | -175-641 | ![]() |
![]() ![]() Mit 5 Pfropfen schräglinks geteilt | |
Sägezahnschnitt | -143 | ![]() mit nach rechts gewendeten Zähnen |
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Schindelschnitt | Wird aus senk- und waagerechten Linien gebildet; erscheint optisch zwischen Zinnenschnitt und Pfahlschnitt (mit anderem thematischen Bezug) | ![]() |
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Schneckenschnitt | 0941 0942 |
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![]() Schneckenschnitt |
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Schrägzinnenschnitt | Zinnenschnitt, schräg | ![]() ![]() |
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Schwalben- schwanzschnitt |
-127 | „geschwalbt“, „im Schwalbenschwanzschnitt“, „mit Schwalbenschwanz“ et cetera sind veraltete und inkonsistente Ausdrücke für den Breitzinnenschnitt | ![]() |
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Schuppenschnitt | auch Lappenschnitt genannt, „ausgeschuppt“; aus kleinen Ausrundungen bestehend, Bogen nach oben, nach rechts oder zur Schildmitte | ![]() |
![]() Schuppen-/Lappenschnitt | |
Spickelschnitt | Spitzenschnitt mit 60 Grad | ![]() |
![]() ![]() | |
Spitzenschnitt | -139 |
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Stufen- / Treppenschnitt | liegt der höhere Teil an der rechten Seite, so heißt das mit rechten Stufen (geteilt) (andernfalls mit linken); wenn die Linie abwechselnd nach links und rechts rechtwinklig gebrochen wird | ![]() ![]() |
![]() ![]() | |
Stufengiebelschnitt | -108 |
stufengiebelförmig[6] |
![]() |
![]() Oben und unten gezinnte Sparren |
Sturzwogenschnitt | im Sturzwogenschnitt gespalten; schräggestellte, sich über den Scheitelpunkt überschlagende Wellen; Teilungen und Spaltungen in unterschiedlichen Richtungen der Wellen | ![]() ![]() |
![]() ![]() | |
Tannenschnitt | -184 | (Tannengipfel-/wipfelschnitt) | ![]() |
![]() ![]() |
Tannenreisschnitt | -185 | ![]() |
![]() stilisiert
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Torfmoosschnitt | ![]() |
![]() | ||
Wellenschnitt | -159 | wellenförmig | ![]() |
![]() schräglinks ![]() |
Wogenschnitt | Vergrößerter Wolkenschnitt | ![]() |
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Wolfszahnschnitt | Aus „Wolfszähnen“ (das sind ein- oder ausgerundet gebogene Spitzen, die in der Regel aus dem Seitenrand kommen) gebildeter Schnitt | ![]() |
![]() ![]() | |
Wolkenschnitt | -164 | (Perlenschnitt); wolkenförmig; wie Wolkenfeh; stark ausgerundete, kugelartig erscheinende Wellen | ![]() |
![]() ![]() Wolkenschildhaupt |
Zahnschnitt | -142 | zahnförmig, im Zahnschnitt; Spitzenschnitt mit 45 Grad | ![]() |
![]() grob ![]() fein |
Zinnenschnitt | -117 | zinnenförmig; mit Zinnen, siehe auch Zinnenfeh | ![]() |
![]() Unter gezinntem rotem Schildhaupt drei silberne Zinnen ![]() Zinnenspaltung ![]() Gegenzinnenbalken |
Weitere Varianten
Viele Wappenschnitte erscheinen in der Heraldik kopfgestellt. Sie werden in diesem Fall als gestürzt blasoniert.
Weitere Beispiele
Siehe auch
Weblinks

Bernhard Peter: Wappengestaltung mit schnittigen Teilungen
- Ungarisches Heraldiklexikon auf der Wikibooks-Seite von Ungarn (ungarisch)
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Sacken, Eduard Freiherr von: Katechismus der Heraldik. Grundzüge der Wappenkunde. Leipzig. 1893. S. 23. § 51.
- ↑ Galbreath, D. L.; Jéquier Léon: Handbuch der Heraldik. Augsburg 1990.
- ↑ Es sei in diesem Zusammenhang an eine Äußerung von Maximilian Gritzner erinnert, die er 1889 beim Wappenschnitt Spitzenspaltung verfaßte: „In der alten Heraldik zählte man die einzelnen halben und ganzen Spitzen nicht, auch war es vollkommen gleichgültig, ob vorn Roth, hinten Silber oder umgekehrt, ob die Spitzen ganz durch, bis nur zur Flanke, oder bis zur Mitte gingen. Heut zählen wir die vollen Spitzen ganz durch und unterscheiden (..)“ Quelle: J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.
- ↑ 4,0 4,1 Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984.
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889: Tafel 3, Nummer 55.
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889: Tafel 3, Nummer 61.
Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Wappenschnitt“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 19. April 2010 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.