Fleckenzeichen
Wappenbeschreibung (2023):
In Silber unter einer schwarzen Hirschstange ein bewurzelter grüner Baum (Buche)[1]

Fleckenzeichen (manchmal unpräzise Ortszeichen, Ortschaftszeichen, Gemeindezeichen, Gemarkungszeichen oder ähnlich genannt beziehungsweise mit diesen gleichgesetzt) sind stilisierte Identifikationszeichen auf Grenz-/Mark-/Markungssteinen
, die symbolisch auf ein „Flecken“
(kleinere Ortschaft/Gemeinde oder Ansiedlung) verweisen und die Herrschafts-, Besitz- oder Rechtsgrenzen des Fleckens in der Landschaft sichtbar machen.[2]
Fleckenzeichen können gewissermassen ein Analogon zum möglichen Siegel oder Wappen eines Fleckens sein.
Wortherkunft
Das Wort Fleckenzeichen ist ein Kompositum aus dem regionalen Substantiv Flecken für ‚Dorf, kleine Siedlung‘ (mittelhochdeutsch vlec[ke], althochdeutsch flec[ko], germanisch *flekka-/ōn „Fleck“, belegt seit dem 8. Jahrhundert)[3] und dem Substantiv Zeichen. Die genaue Herkunft des Ausdrucks ist unklar. Der Begriff ist in den meisten allgemeinen deutschprachigen Standardwerken für Wörter (Adelung, Grimm
, Duden
) nicht verzeichnet, kommt aber im Schwäbischen Wörterbuch
von Hermann Fischer
vor (schwäbisch Flecken-Zeichen).[4]
Geschichte und Anwendung
Wann Fleckenzeichen zum ersten Mal aufkommen, ist unklar. Ihre Datierung und Herkunft sowie die Gründe für jeweilige Motivwahl sind mangels Quellen oft unbekannt oder nicht überprüfbar beziehungsweise nicht konsistent belegbar. Einige Autoren wie Karl-Heinz Hentschel vermuten, dass Grenz-/Mark-/Markungssteine (mit/ohne Fleckenzeichen) im deutschsprachigen Kulturraum „schon zu Zeiten der Kreuzzüge“ (zwischen 1095/99 und dem 13. Jahrhundert) eingeführt sind und führen zur Unterstützung ihrer Hypothese beispielsweise die frühe deutsche Quedlinburger Handschrift des Sachsenspiegels an, wo unter anderem von „markstenen“ die Rede ist.[5] Nach anderen Autoren wie Karl Erwin Fuchs setzte „die Gepflogenheit, Grenzen zu versteinen“ (die Abgrenzung von Hoheits- und Rechtsgrenzen mittels Grenzsteinen), von wenigen Ausnahmen abgesehen, erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts ein.[6]
Grenz-/Mark-/Markungssteine mit Fleckenzeichen dienen zur Kennzeichnung und Markierung von Fleckengrenzen und lokalen Besitzverhältnissen sowie zur eindeutigen Identifikation von Flecken:
„(..) auch zur Kenntlichmachung von Gemeindeeigentum wurde das Fleckenzeichen oft verwendet“
Gewöhnlich werden sie auf Grenzsteinen zur Nachbargemeinde dargestellt und „der Verlauf der Grenze kann anhand einer Weisung auf dem Kopf des Steines verfolgt werden“ (Kerblinie, auch »Schlaufen, Winkeltrute« oder ähnlich genannt, die z. B. auf den nächsten Stein verweisen).[6] Fleckenzeichen sind nicht personengebunden, sondern – wie der Name besagt – „fleckengebunden“. Sie werden auf Befehl, Anweisung, Vorschrift oder Beschluss des Gemeinwesens eines Fleckens (eines Territorialherren oder Rechtsinhabers, einer Bürgerschaft, eine Behörde, eines Amtes, eines Magistrats, eines Gemeinderates etc.) bestimmt; bei der Anfertigung, Aufstellung und Pflege der Grenzsteine sowie der Auswahl und Einhauung der Fleckenzeichen wirken die sogenannten Feldgeschworenen (Siebener/Siebner, Landscheider, Steinsetzer, Untergänger
et cetera) mit. Nachdem genaue Grenzverläufe seit dem 19. Jahrhundert auf Messtischblättern exakt festgehalten sind, sind Grenzsteine mit oder ohne Fleckenzeichen nicht mehr rechtlich verbindlich und haben heute nur noch kulturhistorische oder heimatgeschichtliche Bedeutung.[8]
Darstellung
Gewöhnlich handelt es sich bei den Fleckenzeichen um den Steinmetzzeichen verwandte sehr einfache, graphisch-körperhafte Symbole und Figuren, die überwiegend im (versenkten) Relief oder im Flachrelief, teilweise auf tiefergelegter Kartusche und ohne Tingierung auf den Grenzsteinen ausgeführt sind.
Fleckenzeichen erscheinen in einer Vielzahl an Figuren, Formen und Gestalten, können beispielsweise ein Pflugeisen/Sech, eine Pflugschar, ein Reichsapfel, ein Hufeisen, ein Mauerhaken, ein Maueranker, eine Wolfsangel, ein Krumm-/Schäferstab, eine Initiale oder mehrere Initialien des Fleckennamens, ein heute nicht mehr deutbares Motiv und vieles anderes mehr sein. Von ein und demselben Fleckenzeichen gibt es oft unzählige Varianten der Darstellung, die bisweilen nicht oder nur vage mit der heraldischen Terminologie beschreibbar sind. Beispielsweise ist das Fleckenzeichen von Ilsfeld ein „Baum“, der über die Jahrhunderte teils als einfache Baumkrone bzw. als Geäst und ohne Blätter/Nadeln ausgeführt ist, teils aber als Laubbaum, als Nadelbaum, als Rankenornament und ähnliches mehr.[6]
Fleckenzeichen in neueren Wappen
Einige Fleckenzeichen lehnen sich in vereinfachter Darstellung oder Stilisierung an vorangegangene heraldische oder sphragistische Motive/Figuren aus der Früh-/Blütezeit des Siegel-/Wappenwesens an; sie sind jedoch weder Siegel noch Wappen im eigentlichen Sinn. Fleckenzeichen (gemeinhin aus der Frühen Neuzeit) können ihrerseits Vorbilder für gemeine Wappenfiguren oder Heroldsbilder sein, die teilweise in neuere (sic!) Wappen zu finden sind.
„Im Gegensatz zum von Weitem erkennbaren Wappen und zum detailreichen Siegel handelt es sich (bei einem Fleckenzeichen) um ein ganz einfaches und leicht überall anzubringendes Zeichen, das vielfach auch im Gemeindewappen oder im Gemeindesiegel auftaucht (..) Es ist wesentlich älter als die (meist neueren) Gemeindewappen.“
Nachstehend ein paar (neuere) Wappen-Beispiele mit Wappenfiguren, die womöglich an ein Fleckenzeichen angelehnt sind:
Fleckenzeichen-Wappenfigur aus Dreieckskopfschaft mit hinterer Fußabstrebe (stilisierte Armbrust; historisches Wappen von Aichschieß
)
Sesterförmige Wappenfigur, angelehnt an ein Fleckenzeichen (historisches Wappen Kleinbottwar
)
An Fleckenzeichen angelehnte
F
-förmige Wappenfigur (historisches Wappen (Fellbach, 1934-1956)
Unten: Wappenfigur Wagenlanne, angelehnt an ein Fleckenzeichen des 18. Jhr. (Hirschlanden
)
Unten: Wappenfigur Pflugschar, angelehnt an Fleckenzeichen des 17. Jhr. bzw. an Wappen des 16. Jhr. (Reichenbach
)
Unten: Wappenfigur Doppelhaken, angelehnt an „Fleckenzeichen“ des 18. Jhr. (Steinenbronn
)
Fleckenzeichenfigur
Ƨ
(in Form eines gespiegelten „S“ mit fischschwanzähnlichen Enden; Lienzingen)
Fleckenzeichenfigur
Ƨ
(in Form eines gespiegelten „S“; Magstadt)
Angelehnt an reichsapfelähnliches Fleckenzeichen: Reichsapfel mit Kreuz (Aidlingen
)
Fünfeck-Wappenfigur, aus ineinander verschränkten Dreiecken gebildet (angelehnt an das Fleckenzeichen von Weiler
)
Hufeisen-Wappenfigur (angelehnt an das Fleckenzeichen von Lehrensteinsfeld
)
Siehe auch
Weblinks
- Klaus Philippscheck: Die „Fleckenzeichen“ auf den Grenzsteinen. In: zeitreise-bb. Kreismedienzentrum Böblingen, Arbeitskreis „zeitreise-bb“ beim Amt für Schule und Bildung, abgerufen am 27. Juli 2023.
Einzelnachweise
- ↑ Vgl.:
Heinz Bardua: Die Kreis- und Gemeindewappen im Regierungsbezirk Stuttgart. Theiss, Stuttgart 1987, ISBN 3-8062-0801-8 (Kreis- und Gemeindewappen in Baden-Württemberg, 1). S. 80
Eberhard Gönner: Wappenbuch des Stadt- und des Landkreises Heilbronn mit einer Territorialgeschichte dieses Raumes. Archivdirektion Stuttgart, Stuttgart 1965 (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, 9). S. 99 - ↑ Fleckenzeichen. In: Preußische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Deutsches Rechtswörterbuch. Band 3, Heft 4 (bearbeitet von Eberhard von Künßberg). Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar, Sp. 569–570 (adw.uni-heidelberg.de – Erscheinungsdatum zwischen 1935 und 1938).
- ↑ Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 978-3-11-017473-1, DNB 965096742, Stichwort: „Fleck (Flecken)“, Seite 299.
- ↑ Fischer, Hermann: Schwäbisches Wörterbuch / auf Grund der von Adelbert v. Keller begonnenen Sammlungen und mit Unterstützung des württembergischen Staates, bearb. von Hermann Fischer. - Tübingen : Laupp. Erschienen: Band 1 (1904) bis Band 6,2 (1936). Bd. 6 weitergef. von Wilhelm Pfleiderer. Band 2. D, T, E, F, V. - 1908. Spalte 1554.
- ↑ Karl-Heinz Hentschel: Grenzzeichen, Untergänger und »Geheime Zeugen«. In: Zur Geschichte des Vermessungswesens (= VDV-Schriftenreihe). Band 8. Wiesbaden 1995, S. 88–98 (karl-heinz-hentschel.net [abgerufen am 28. Juli 2023]).
- ↑ 6,0 6,1 6,2 Karl Erwin Fuchs: Die Marksteine von Ilsfeld. Ein Beispiel für die kulturgeschichtliche Bedeutung historischen Grenzsteine. Wuppertal, 1983.
- ↑ 7,0 7,1 Karlheinz Arnau: Wappen, Siegel und Fleckenzeichen der Gemeinde Maichingen. In: Maichinger Geschichte(n). Ausgabe Nr. 1. Weil im Schönbuch, März 2021. S. 3-7.
- ↑ Geschichte und Entwicklung der Grenzsteine. Abgerufen am 30. Juli 2023. (PDF, 138 KB)