Pfahldeichsel
Eine Pfahldeichsel (auch Zwickel genannt; frz.: pal confondu avec pairie; engl.: pall with lower arm extended to the chief) ist in der Heraldik eine seltene Wappenfigur, die sich aus einer Kombination der heraldischen Figuren Pfahl und Deichsel zusammensetzt.
- Wenn sie bis zu den Schildrändern reicht und den Wappenschild teilt, ist die Figur ein Heroldsbild.
- Wenn die Wappenfigur die Schildränder nicht berührt beziehungsweise frei schwebend im Wappen erscheint, wird sie in der heraldischen Literatur den gemeinen Figuren zugeordnet.
Darstellung
Zwei „Arme“ der Pfahldeichsel laufen „gabelförmig“ beziehungsweise schräg nach oben in die Ecken des Schildrandes, ein Arm (der sogenannte „Fuß“) zum unteren Schildesrand, ein weiterer (das „Haupt“) zum oberen. Die gesamte Figur ist einheitlich tingiert (ohne Trennlinien zwischen den einzelnen Armen). Als Heroldsbild stößt die Figur mit allen Armen am Schildrand an und teilt den Schild in vier Felder ein: zwischen den schrägen Armen und dem Haupt auf jeder Seite ein kleines dreieckiges Feld sowie auf jeder Seite der Gesamtfigur ein größeres Feld. Die „Stärke“ der Arme der gesamten Figur sollte annähernd gleich sein (Pfahl- und Deichselteil sich entsprechen). Das Motiv erscheint in der Heraldik nicht in allen Wappen gleich: Je nach Wappenaufriß und Quelle ist eine Pfahldeichsel mal mit Armen in Balkenbreite, mal mit Armen in Fadenbreite et cetera dargestellt. Die Schnittkanten einer Pfahldeichsel können alle Wappenschnitte annehmen, wobei die genaue Ausprägung der Figur zu melden ist. Gewöhnlich erscheint die Figur aber mit geraden Armen oder im Wellenschnitt.
Wellenpfahldeichsel (Brücktal)[1]
Varianten und verwandte Figuren
Pfahlgöpel
Das Gegenstück zur Pfahldeichsel ist der sogenannte Pfahlgöpel.
Pfahldeichselkreuz
Das Pfahldeichselkreuz ist ein aus Pfahldeichseln gebildetes Kreuz[2]. Erscheint ein Pfahldeichselkreuz in einem Wappen, sollte gegebenenfalls gemeldet werden, wie die einzelnen Armenden des Kreuzes auslaufen (endgespitzt, verstutzt et cetera). Das Pfahldeichselkreuz ist vom Tannenzweigkreuz zu unterscheiden, bei dem gewöhnlich alle Arme endgespitzt sind.
Verwendung
Wissenschaftlich widerlegt sind alle Thesen von List, Koerner, Antz und anderen, die Wappenfiguren wie die Pfahldeichsel auf Runen zurückführen.[3] Gleichwohl wurde während und nach der Zeit des Nationalsozialismus die gemeine Figur Pfahldeichsel mit der Rune Elhaz oder Algiz (ᛉ) asssoziert. Die Pfahldeichsel ist daher seit Ende des II. Weltkrieges in der Heraldik im Grunde nicht mehr gebräuchlich oder zumindest in gewissem Sinn stigmatisiert.
Elhaz
„Elhaz oder Algiz ist die fünfzehnte Rune des älteren Futhark
und die elfte Rune des altnordischen Runenalphabets[4] mit dem Lautwert z. Der rekonstruierte urgermanische Name bedeutet „Elch“ und erscheint in den Runengedichten als altnordisch yr, altenglisch eolhx bzw. gotisch ezec.[5] Zur Unterscheidung von der Madhr-Rune wird sie im jüngeren Futhark oft gestürzt verwendet (ᛦ).“
Verwendung im Nationalsozialismus und im rechtsextremen Spektrum
„Im „Armanenfuthark“, einer Erfindung des völkischen
Autors und Esoterikers Guido von List
aus dem Jahr 1902,[7] wird die Rune als „Lebensrune“ und ihr invertiertes Pendant (eine Sturzrune
) als „Todesrune“ bezeichnet. Diese Namen und ihre Deutung sind rein fiktiv, während die Form lose auf der Elhaz-Rune basiert. Unter dem NS-Regime wurde die Lebensrune als Lebensborn--Zeichen
sowie in Abgrenzung zur christlichen Symbolik anstatt der üblichen genealogischen Zeichen für das Geburtsdatum (*) und in invertierter Form (
) für das Sterbedatum (†) verwendet. Heute wird die „Lebensrune“ von Neonazis
verwendet: Sie gehört zu den Symbolen der Allgermanischen Heidnischen Front
und der Deutschen Heidnischen Front
.“
„Im Sinne der NS-Deutung ist die Rune heute im rechtsextremen Spektrum weit verbreitet. Sie ist das Emblem der von William Pierce in Westvirginia/USA gegründeten "National Alliance", die als größte und aktivste neonazistische Organisation in den USA gilt (..). Sogenannte Neugermanen wie „Asgardsrei“ kombinierten in ihrem Banner „Lebens-“ und „Todesrune“ mit der „Schwarzen Sonne“ und der rechte Versandhandel kreierte für rassistische Skinheads Buttons und Aufnäher mit „Lebensrune“ und der „White-Power-Faust“. Die „Lebensrune“ ist als Druckmotiv für T-Shirts bei rechtsextremen Versandfirmen zu erwerben und sie erscheint auf zahlreichen CD-Covern. Besonders eklatant präsentierte die rechtsextreme Neofolk-Band „Death in June“, die mit ihrem Namen auf die Ermordung des SA-Stabchefs Ernst Röhm im Juni 1934 anspielt, die Rune: Sie kombinierte auf dem Cover der Platte „That World That Summer“ die Rune mit dem SS-Totenkopf.“
- Abbildungen
Kfz-Standarte der Reichsfrauenführerin
Voorpost-Aufkleber mit Lebensrune überklebt ein Werbeplakat
Wappenbilderordnung
- Die Pfahldeichsel wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Kombination von Schräg- mit senkrechten und waagerechten Teilungen unter der Nr. 0804 aufgenommen.
Schriftzeichen
In Unicode ist im Unicodeblock Runen
als U+16C9 die Rune Elhaz/Algiz als Zeichen enthalten.
Symbolik
Außerhalb der Heraldik symbolisiert ein pfahldeichselartiges Motiv zum Beispiel eine Antenne (Benutzerschnittstelle) oder eine Antenne allgemein (Schaltzeichen, IEC 60417-5039, DIN EN 60617-10 Nr 10-04-01, 13.25 DTB 5 1986).
Siehe auch
Weblinks
- Die Rune Elhaz/Algiz
, in der Wikipedia


Einzelnachweise
- ↑ Wappenbeschreibung: „In Silber eine blaue Wellenpfahldeichsel, bedeckt von einer gezinnten einbogigen Brücke“
- ↑ Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S. 304. ISBN 978-3-411-02149-9
- ↑ Vgl.: Hildebrand, Adolf Matthias: Handbuch der Heraldik. Wappenfibel. Berlin 1887. 19. Auflage. Bearbeitet von Biewer, Ludwig. Neustadt an der Aisch. 1887/2002. S. 20, 131, 201, 227 sowie Hupp, Otto: Wider die Schwarmgeister. 1918/19.; sowie zahlreiche andere wissenschaftliche Quellen.
- ↑ Klaus Düwel: „Runenkunde“. Metzler, Stuttgart 2001, 3. erw. Aufl., ISBN 3-476-13072-X
- ↑ Thesaurus Indogermanischer Text- und Sprachmaterialien
- ↑ 6,0 6,1 Seite „Elhaz“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. Juni 2013, 23:44 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Elhaz&oldid=119626470 (Abgerufen: 10. August 2013, 10:35 UTC)
- ↑ Guido v. List: „Das Geheimnis der Runen“. Zillmann, Groß-Lichterfelde 1907; Graz 2007. ISBN 978-3-902640-50-5
- ↑ Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in Nordrhein-Westfalen: Embleme und Runen auf www.ida-nrw.de. Internet: Abgerufen am 10. August 2013.
![]() |
Bitte die Heraldik-Wiki-Hinweise zu Rechtsthemen beachten! |