Dornenschnitt
Der Dornenschnitt (frz.: (..) engrêlée; engl.: (..) engrailed) ist in der Heraldik allgemein ein Wappenschnitt, der in Form von sich wiederholenden kleinen dornenartigen Spitzen und kleinen halbkreisförmige Bögen zum Beispiel bei Schildteilungen oder Heroldsbildern verwendet wird.
Mit einem Dornenschnitt kann etwa eine Wappenfläche in zwei Felder mit unterschiedlichen heraldischen Farben geteilt oder Gespalten werden. Die Tinktur erfolgt nach den heraldischen Regeln („Metall sollte nicht auf Metall und Farbe nicht auf Farbe zu stehen kommen“[1]).
Der Dornenschnitt hat das Aussehen von nebeneinander liegenden, durch gleichmäßige Krümmungen miteinander verbundenen, stilisierten Stacheln oder Spitzen. Es ist wissenschaftlich nicht endgültig oder zweifelsfrei geklärt, welche „Dornen“ namensgebend für die Bezeichnung „Dornenschnitt“ waren (botanische Dornen, Fischdornen/-schuppen oder andere).
Abgrenzung
Der Dornenschnitt wird manchmal mit seinem Gegenstück dem Lappen-/Schuppenschnitt verwechselt. Grundsätzlich unterscheiden sich die beiden durch die Richtung der Spitzen/Dornen und Bögen/Lappen des jeweiligen Schnittes:
- Dornenschnitt: Die „Spitzen/Dornen“ zeigen
nach oben
, nachheraldisch rechts
beziehungsweise zur Schildmitte. - Schuppen-/Lappenschnitt: Die „Bögen/Lappen“ zeigen
nach oben
, nachheraldisch rechts
beziehungsweise zur Schildmitte.
Die Dornenschnitt einerseits und der Schuppen-/Lappenschnitt andererseits erscheinen zuweilen in einer Figur kombiniert, was zu Misverständissen führen kann. Im Einzel- oder in Grenzfällen empfiehlt es sich, eine Umschreibung zu melden, die den jeweiligen Verlauf der Begrenzungslinien einer Figur eher exakt als knapp beschreibt.
Anwendung
Dornenpfahl
Pfähle können auf einer oder auf beiden Seiten im Dornenschnitt geschnitten sein. Sie erhalten bei der Blasonierung („Wappenbeschreibung“) den Zusatz nach der Schnittart und werden Dornenpfahl genannt, wenn beide Seiten den gleichen Schnitt haben.
„Dornenpfahl (Tafel III. Figur 14.): ist das umgekehrte von: Lappenpfahl, nämlich mit (nach außen gekehrten) Dornen (Spitzen).“
Dornenpfahl (Maxéville)
Dornenbalken
Balken können auf einer oder auf beiden Seiten im Dornenschnitt geschnitten sein. Sie erhalten bei der Blasonierung („Wappenbeschreibung“) den Zusatz nach der Schnittart und werden Dornenbalken (frz.: fasce engrêlée; engl.: (fess engrailed) genannt, wenn beide Seiten den gleichen Schnitt haben.
„Lappen- und Dornenbalken (Tafel IV. Figur 40. 41.): heißt der durch Lappen- oder Dornschnitt begrenzte Balken, und zwar Figur 40., wo die Bögenköpfe nach Aussen gehen: Lappenbalken; Figur 41., wo die Dornen nach Außen gehen: Dornenbalken.“
Einseitig gedornte Balken und Pfähle
Wird nur eine Seite eines Balkens oder Pfahles gedornt, ist dies unter Angabe der Seite zu melden, zum Beispiel:
Dornenbord
Beim Dornenbord, das ist ein Bord mit Dornenschnitt, zeigen die Bögen nach außen beziehungsweise die Spitzen/Dornen zur Schildmitte (wenn die Bögen zur Schildmitte, die Spitzen nach außen zeigen, liegt dagegen ein Schuppen-/Lappenbord vor).
„Dornenbord (Tafel VI. Figur 86.) heßt der Bord, wenn die Grenzlinie zwischen ihm und den Schilde in Form kleiner Bögen gezogen ist, deren Köpfe nach dem Bord, die Zacken nach dem Inneren des Schildes gerichtet sind.“
Dornenschildhaupt
Ein Schildhaupt wird Dornenschildhaupt genannt, wenn die Trennlinie des Schildhaupts durch Dornenschnitt dargestellt wird. Die Bögen zeigen in diesem Fall nach außen (wenn sie zur Schildmitte zeigen, handelt es sich um einen Schuppen-/Lappenschildhaupt).
„Dornen-Schildhaupt (Tafel III. Figur 90.): nennt man es, sobald seine Abgrenzungslinie vermittelst aneinanderhängender kleiner Kreisbögen gebildet ist, deren Vertiefungen (Köpfe) nach dem Schildhaupt hinein, die Dornen also nach dem Schilde gekehrt sind; Wären die Bögen (Lappen) dem Schilde, die Dornen dem Schildhaupt zugekehrt, so würde man es „Lappenschildhaupt“ nennen.“
Dornenkreuz
Ein Kreuz im Wappen, dessen Außenlinien den Dornenschnitt aufweisen, wird als Dornenkreuz, gedorntess Kreuz oder ähnlich beschrieben.
Dornenschragen
Dornenschrägbalken
Der Dornenschrägbalken (auch veraltet Schrägdorn genannt; frz.: bande engrêlée; engl.: bend engrailed) zeigt in der Normalform nach heraldisch rechts; ein Dornenschrägbalken, der nach heraldisch links gerichtet ist, ist zu melden („Dornenschräglinksbalken“).
„Dornenschrägbalken (Tafel VIII. Figur 12.): Die Begrenzungslinien sind im Dornenschnitt (das heißt die Spitzen nach außen) gezogen.“
1450: Eher Dornenschrägbalken als angehackter Schrägbalken
(Freiherren von Gundelfingen, nach Scheiblersches Wappenbuch)
Eingeschuppt
Eingeschuppt (oder veraltet und mißverständlich gekerbt) meint, daß die Spitzen einer Begrenzungslinie einer Figur nach oben, nach rechts oder zur Schildmitte zeigen und charakterisiert eine Wappenfigur mit Dornenschnitt.
„Eingeschuppt ist ein vielfach zu Mißverständnissen führender Ausdruck für den Dornenschnitt.“
Der Ausdruck „eingeschuppt“ ist zu unterscheiden von
= „erscheint mit Schuppen-/Lappenschnitt“ | |
= „mit Schuppen belegt“ | |
veraltet und mißverständlich für: „erscheint mit Dornenschnitt“ bzw. „erscheint mit Schuppen-/Lappenschnitt“ (früher auch in der Form „einwärts gekraust“ und „auswärts gekraust“ gebräuchlich). |
Galerie
Erniedrigter Dornensparren (John Mynne)
Wappenbilderordnung
- Der Ausdruck im Dornenschnitt (geteilt) wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Sonderformen der Begrezungslinien unter der Nr. (0151)-171 aufgenommen.
- Der Ausdruck oben gedornter (Balken) wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Sonderformen der Begrezungslinien unter der Nr. (0161)-171-641 aufgenommen.
- Der Ausdruck unten gedornter (Balken) wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Sonderformen der Begrezungslinien unter der Nr. (0161)-171-642 aufgenommen.
- Der Ausdruck Dornen-(Balken) wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Sonderformen der Begrezungslinien unter der Nr. (0161)-171-643 aufgenommen.
Siehe auch
Literatur
- Leonhard, Walter: Das große Buch der Wappenkunst. Verlag Georg D. W. Callwey. München 2001. S. 139-141, ISBN 3-8289-0768-7
Einzelnachweise
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 5.
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 18. Tafel 3. Figur 15. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 26.
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 40.
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 22.
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 49.
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.