Schildhaupt

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Schildhaupt
 
(Historisches Beispiel: Wappen Greul v. Walkersaich; nach Scheiblers Wappenbuch, 1450-1580 )
 
In Silber ein rotes Schildhaupt
(Muster nach Siebmacher, 1889)

Schildhaupt (auch Haupt genannt; abgekürzt: „Schh.“; frz.: chef: engl.: chief) ist in der Heraldik

  • ein Heroldsbild bzw. eine Fläche im Wappenschild, die oberhalb einer gedachten Teilungslinie im oberen Drittel des Schildes in einer anderen heraldischen Farbe dargestellt wird als die Fläche unterhalb der Linie.

In der heraldischen Topografie bezeichnen die Ausdrücke Schildhaupt, Haupt und Hauptreihe

  • einen spezifischen Platz im oberen Bereich eines Wappenschildes (Stellungsangabe bei einer oder mehreren gemeinen Figuren im Schild, also zum Beispiel: „im Schildhaupt“ eine schwarze Hirschstange).

Hauptreihe

Topografie
 
1 = Schildhaupt (Schema)
 
Die Plätze 1, 2 und 3 bilden den Schildhaupt („Hauptreihe“).
 
1) = „Schildhaupt“/ „Hauptreihe“/ „Haupt“
(gemäß Wappen­bilder­ordnung)
Ideale Proportionen bei einem Dreieckschild mit Schildhaupt

In einer Schildtopografie mit neun Plätzen entspricht das Schildhaupt den Plätzen 1, 2 und 3 („Hauptreihe“). Feld 2 ist in diesem Fall der Ort (auch Schildhauptscharte, mittleres Hauptstück, Hauptstelle genannt).

Darstellung

Ein Schildhaupt erscheint gewöhnlich als ein an den oberen Schildrand verschobener Balken, mit einer Höhe von etwa 2/7 bis 1/3 der Schildhöhe, wobei Heraldiker wie Maximilian Gritzner explizit 2/7 der Schildhöhe für unabdingbar halten:

Schildhaupt (Tafel III. Figur 78.): (..) ist eine Querteilung des Schildes über der Mittellinie und zwar soll die Teilungslinie vom Oberrand des Schildes abgerechnet in 27 (also nicht 13 der Schildhöhe gezogen sein (..)“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Wird er schmaler dargestellt, kann man ihn unter anderem folgendermaßen melden:

  • Gipfel ist die Bezeichnung für ein Schildhaupt, welches sich in der Höhe an eine Leiste anlehnt (in etwa 1/7 bis 1/6 der Schildhöhe). Wird das Schildhaupt derart in etwa um die Hälfte in der Höhe verringert, so bezeichnet man es im Französischen mit comble, (dt. „schmales“,/„besetztes“/„überfülltes Schildhaupt“) und im Englischen mit englisch chief narrowed.
  • Giebel ist die Bezeichnung für ein Schildhaupt, das bei der Blasonierung (Wappenbeschreibung) als „schmal“ tituliert und sich in der Höhe an einen Leistenstab anlehnt (in etwa 114 bis 112 der Schildhöhe).

Eine Ausführung des Schildhaupts kann alle heraldischen Farben, Formen und Figuren aufnehmen. Heroldsbilder und gemeine Figuren sind im Schildhaupt möglich.

Varianten

Der Schildhaupt wird in vielen Varianten dargestellt. Er kann bordiert (mit Bord versehen), gestückt, geflammt und auch nach allen Wappenschnitten vom ganzen Schild abgeteilt sein.

Schildhauptvarianten (nach Siebmacher/Maximilian Gritzner, 1889)

Ein-/ausgebogener Schildhaupt

Ein eingeboger Schildhaupt besitzt eine Trennlinie in Form eines Kreisbogen (im Bogenschnitt, wie zum Beispiel im Wappen von Remmels). Ist das Haupt Richtung Schildfuß gewölbt, ist es „ausgebogen“ (veraltet: behangen).

Schräghaupt

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Rechtes Schräghaupt
HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Linkes Schräghaupt

Bei einem Schräghaupt muss die spezielle Ausrichtung („rechts“ oder „links“) in der Wappenbeschreibung angezeigt werden.

Unterstütztes Schildhaupt

Berührt unterhalb des Schildhauptes ein anders gefärbte schmale Leiste oder ein Balken das Haupt, so ist es ein unterstütztes Schildhaupt.

Überstiegenes Schildhaupt

Liegt der schmale Balken am oberen Schildrand, ist es ein überstiegenes Schildhaupt.

Wappenschnitte im Schildhaupt

Viele Bezeichnungen der Schildhauptgestaltung werden direkt als zusammengesetztes Wort gebraucht: Wellenschildhaupt, Zinnenschildhaupt, Flammenschildhaupt etc.

Mit Schildhaupt kombinierte Heroldsbilder

Eine besondere Gruppe von Heroldsbildern entstehen, wenn das Schildhaupt und das mit ihm vereinigte andere Heroldsbild, wie Balken, Pfahl, Sparren, Schragen oder Flanke ohne Trennlinie und in gleicher Tinktur im Wappen sind. Blasoniert wird dann: Hauptbalken, Hauptpfahl, Hauptsparren, Hauptschragen oder Hauptflanke. Letztere unter Seitenangabe links oder rechts.

Wappenbilderordnung

  • Das Heroldsbild Schildhaupt wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Teilungen unter der Nr. 0155 aufgenommen.
  • Die schildtopografische Angabe „im Schildhaupt [..]“ wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Stellung im Schilde (oder Felde) bei einer oder mehreren Figuren der gleichen Art unter der Nr. -396 aufgenommen.

Anwendung

Gruppensymbol

Bei vielen Wappen ist die Schildhauptfläche gleichgestaltet, um die Zusammengehörigkeit zu einer Gruppe (Region/Familie) darzustellen. Die geadelten Offiziere im Krieg gegen Dänemark 1864 der Preußenarmee hatten im roten Schildhaupt zwei gekreuzte Schwerter[9].

Französische Heraldik

Chef de France; ‚Schildhaupt von Frankreich‘ (modern, 3 Lilien)

In der französisprachigen Heraldikliteratur bezeichnen die Autoren das Schildhaupt mit chef. Mit chef de France werden die mit goldenen Lilien in Blau gezierten Schildhaupte der Wappen des französischen Königshauses der Bourbonen, genau wie die einiger Städte, benannt. Mayer von Mayerfels stellt 1857 fest, dass in der franzöischen Heraldik drei weitere spezielle Schildhaupte vorkommen: chef ajoure, chef couvert und chef chaperonné (siehe nachstehend).[10]

Durchbrochenes Schildhaupt

Ein durchbrochenes Schildhaupt (frz. „chef ajouré“) liegt nach Mayer von Mayerfels vor, wenn aus seiner Farbfläche ein „Stück“ derart herausgenommen ist, dass an der oberen Schildkante ein gebogener halbkreisförmiger Schnitt geht und zwar von der oberen rechten zur oberen linken Ecke, so daß die Farbe des Wappenschildes/Feldes oder des darunterliegenden Wappenmotivs im Schildhaupt sichtbar wird. Die Beispielfigur 20. in seinem Heraldischen ABC-Buch müsste demnach folgedermaßen beschrieben werden: „In Rot ein durchbrochenes silbernes Schildhaupt“.

Bedecktes/behangenes Schildhaupt

Ein „behangenes“ bzw. „bedecktes Schildhaupt“ (frz. „chef couvert“) liegt nach Mayer von Mayerfels vor, wenn an der oberen Schildkante ein so gebogener halbkreisförmiger Schnitt geht, dass die obere rechte und linke Ecke geschnitten wird. Die Beispielfigur 21. in seinem Heraldischen ABC-Buch müsste demnach folgedermaßen beschrieben werden: „In Gold ein blaues Schildhaupt silbern bedeckt“ oder „in Gold ein blaues Schildhaupt silbern behangen“. In der Übersetztung des Fachausdrucks folgt Mayer von Mayerfells dem Heraldiker Johann Christian Siebenkees, der 1789 seinerseits Gatterers heraldisches Werk kommentiert:

„Geschieht das Übersteigen (eines Schildhaupts) mit einem nach unten gerundeten Schnitte, so heißt es ein behangenes Haupt, chef couvert, caput velatum, contestum.“

Überkapptes Schildhaupt

Eine Besonderheit der französischen Heraldik ist die sinusartige Erhebung im Schildhaupt. In der französischen Heraldik wird es mit „chef chaperonne“ bezeichnet und kann nach Mayer von Mayerfels mit „überkappt“ übersetzt werden. Das Feld unter der Linie wird zuweilen mit Hermelin tingiert. In der Übersetztung des Fachausdrucks lehnt sich Mayer von Mayerfells an den Heraldiker Johann Christian Siebenkees an, der 1789 seinerseits Gatterers heraldisches Werk kommentiert:

„Ist der Schnitt (eines Schildhaupts) nach oben gerundet, so heißt es ein überkapptes Haupt, chef chapperounné, caput cucullatum.“

Weblinks

Commons: Schildhaupt in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Wellenschildhaupt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Zinnenschildhaupt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Hauptschragen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Hauptpfahl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 21.
  2. Blason: „Im gespaltenen Schildhaupt vorn ein goldenes Kreuz und hinten ein goldener Adler.“
  3. Blason: „Unter eingebogenem goldenen Schildhaupt in Grün ein silberner Wasserturm mit einem roten in das Schildhaupt ragenden Dach, begleitet rechts und links von je einem silbernen Ahornblatt, darunter ein goldenes Posthorn.“
  4. Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein
  5. Blason: „Unter zinnenförmig von Silber und Rot geteiltem Schildhaupt, unterstützt von einem goldenen Balken, in Schwarz eine silberne heraldische Lilie.“
  6. Blason: „Unter einem durch einen silbernen Wellenbalken unterstützten schwarzen Schildhaupt, darin nebeneinander drei goldene Kugeln, in Grün zwischen zwei bewurzelten silbernen Tannen ein wachsender silberner Kirchturm.“
  7. Blason: „In einem roten Zinnenschildhaupt zu drei Zinnen, deren äußere aus dem Schildrand hervorgehen, ein silbernes Sensenblatt, unter dem Schildhaupt im wellenschnittartig von silber und grün schräg geteilten Schilde oben und unten in verwechselten Farben je einen aus der Wellenteilung ausgezogenen Buchenzweig zu drei Blättern.“
  8. Blason: „Unter blauem Wellenschildhaupt und über rotem Dreiberg, belegt mit einem von Blau und Silber in zwei Reihen gerauteten Balken, in Silber zwei voneinander abgekehrte rote Steinbockhörner.“
  9. Gert Oswald: Lexikon der Heraldik, Leipzig (VEB Bibliographisches Institut) 1984
  10. Mayerfels, Carl Mayer von: Heraldisches ABC-Buch. Das ist Wesen und Begriff der wissenschaftlichen Heraldik, ihre Gesetze, Literatur, Theorie und Praxis. Leipzig 1857. S. 245. Tafel XXXVII. Figuren 20. bis 22. (Google)
  11. 11,0 11,1 Johann Christian Siebenkees: Erläuterungen der Heraldik als ein Commentar über Herrn Hofrath Gatterers Abriss dieser Wissenschaft. 1789. S. 92. (Google)
Muster-Wappenschild-Info.png

Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Schildhaupt“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 24. April 2011 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.