Buch (Heraldik)

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alternative Beschreibung
1305-1315: Aufgeschlagenes Buch mit schwarzer Inschrift in gotischen Majuskeln
(redendes Wappen Der von BucheinW-Logo.png; Miniatur im Codex Manesse)
1519, im Schild: Drei 2-über-1 Bücher (Wappen Buchholz, nach Siebmacher 1895)

Das Buch (althochdeutsch buoh, mittelhochdeutsch buoch; ursprünglich eine Pluralform, bedeutete wahrscheinlich zunächst: „RunenzeichenW-Logo.png“, dann allgemeiner „Schriftzeichen“ oder „Buchstabe“, später „Schriftstück“.[1][2]; frz.: livre; engl.: book) ist in der Heraldik eine gemeine Figur.

Darstellung

Die Figur Buch wird in Wappen nicht einheitlich dargestellt, sondern erscheint in vielfältigen Formen und ist der gleichnamigen Sammlung von bedruckten, beschriebenen, bemalten oder auch leeren Blättern aus Papier oder anderen geeigneten Materialien nachempfunden → „Buch“W-Logo.png), die mit einer Bindung und mit einem Buchumschlag beziehungsweise einer Buchdecke versehen ist.

Darstellung des Buchschnittes
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Mit oder ohne Perspektive
Im Gegensatz zum Punkt 6. der „Berliner Erklärung des Herold (Verein) über heraldische Gestaltungsgrundsätze“[3] wird die Figur „Buch“ in einem Wappen sowohl im Wappenschild wie in der Helmzier oft im geringen Maße räumlich (dreidimensional, zum Beispiel in KavalierperspektiveW-Logo.png) und nicht flächig (zweidimensional) aufgerissen. Mit anderen Worten: eine Buchfigur wird mit einem Teil des BuchschnittsW-Logo.png (Ober-, Unter oder Vorderschnitt) und/oder des BuchrückensW-Logo.png dargestellt oder gewölbte Papierseiten sind mit mehr oder minder perspektivischen Konturstrichen angedeutet. Vorrangig ist, dass sich die stilisierte Darstellung eines Buches im Wappenaufriss der künstlerischen Gesamtharmonie unterordnet -- und nicht einer überholten Anschauung von Perspektive versus Perspektivlosigkeit im Wappenwesen folgt.

Lage und Öffnung der Figur Buch

Grundsätzlich ist im Wappenwesen zu unterscheiden, ob die Buchfigur „geschlossen“ oder „offen/aufgeschlagen“ dargestellt wird; außerdem sollte die Lage der Buchfigur beschrieben sein (bevorzugt „(aufrecht) stehend“ und „(balkenweise) liegend“, seltener „schrägrechts, schräglinks (stehend/liegend)“ oder ähnliches). Besondere Lagen der Figur sollten in der Wappenbeschreibung (Blason) möglichst genau gemeldet werden.

Geschichte

Die Figur Buch erscheint im Wappenwesen zunächst nicht alleinstehend, sondern als Nebenfigur, die von einem Menschen, einem „Heiligen“, einem Arm oder einer anderen Hauptfigur gehalten oder in irgendeiner Form „präsentiert“ wird. Beispielsweise

  • hält in Siegeln des 13. Jahrhunderts der Stadt Siegen, aus denen das Stadtwappen hervorgeht, eine Menschenfigur („Bischof“) in der Linken ein aufgeschlagenes/offenes Buch (vgl.: → Wappen der Stadt Siegen).
  • hält in Siegeln des 14. Jahrhunderts, die zum Wappen Münchens führen, ein Mönch in der Linken ein geschlossenes Buch (vgl.: → Wappen der Stadt München).
  • halten in Grünenbergs Wappenbuch aus dem 15. Jahrhundert der Herzog Ballach von Krichen und der Mönch aus Erlach ein balkenweis-geschlossenes Buch in der Linken.

Auch der Markuslöwe (Hauptfigur) wird seit Jahrhunderten mit einem aufgeschlagenem Buch (Nebenfigur) dargestellt, das er mit einem seiner Vorderbeine hält. Die russische Stadt PermW-Logo.png führt dagegen im 17. Jahrhundert im Wappen als Hauptfigur einen Bären, der ein geschlossenes Buch auf seinem Rücken trägt.[4] Es gibt zahlreiche weitere Wappen, in denen ein Buch nur als Nebenfigur fungiert.

Ausprägung der Figur Buch

Alle Besonderheiten der Figur Buch (zum Beispiel Buchschließen, am Buch angebrachtes Lesezeichen, anhängende Siegel, ornamentale Verzierungen, Buchstaben, Zahlen, spezielle Motive et cetera auf der Vorderseite oder auf den Papierseiten) sollten stets angezeigt werden. Alle Teile eines Buches können durch eine kontrastierende Farbe vom Rest der Figur hervorgehoben sein. Die genaue Art der Hervorhebung ist zu melden. Sind Verletzungen der heraldischen Farbregeln unvermeidlich, so sollten diese im Wappenaufriss so gering wie möglich gestaltet sein.

Ein möglicher Buchtitel, Akronyme, Zahlen, spezielle Motive, ornamentale Verzierungen et cetera erscheinen bei einer geschlossenen Buchfigur gewöhnlich auf dem Buchdeckel, bei einem aufgeschlagenen Buch auf der rechten, der linken oder auf beiden sichtbaren Papierseiten. Wenn eine Buchfigur in einem Wappen auf das 15. beziehungsweise 16. Jahrhundert verweist, kann der mögliche Buchtitel auf dem Vorderschnitt erscheinen, „da es zu dieser Zeit üblich war, die Bücher liegend mit dem Vorderschnitt nach vorne aufzubewahren.“[5]; diese besondere Ausprägung ist zu melden. Manchmal wird eine Buchfigur mit einer oder mehreren anderen Figuren belegt (zum Beispiel wie im Wappen von KerkingenW-Logo.png: „In Gold ein aufgeschlagenes Buch mit rotem Schnitt und silbernen Blättern, belegt mit zwei blauen Augen.“); das Wappen von Lorchhausen zeigt ein Buch, das von einem Schwert aufgespießt wird (im Siebmacher findet sich das Wappen in der Form, dass ein Heiliger ein Schwert, das das Buch aufspießt, in seiner Rechten hält)[6].

Bibel

Auch die BibelW-Logo.png (frz.: bible; engl.: holy bible), als das „Buch der Bücher“, hielt als gemeine Figur in vielen Varianten Einzug in das Wappenwesen. Die genaue heraldische Darstellung ist stets zu melden. Beispielsweise erscheint die Bibelfigur im Wappen von LuvenW-Logo.png (Bezirk SurselvaW-Logo.png, Kanton Graubünden, Schweiz) aufgeschlagen; auf der heraldischen rechten, offenen Seite steht in dem Wappen der erste Buchstabe des griechischen Alphabets, das AlphaW-Logo.png Greek uc alpha.svg - und die heraldisch linke Seite zeigt den letzten Buchstaben des griechischen Alphabets, das OmegaW-Logo.png Greek uc omega.svg (das Alpha steht für „Anfang“, noch symbolischer für „Geist“, umgangssprachlich das „Höchste“, „Größte“, „Beste“; das Omega steht für „Ende“; beide zusammen, eigentlich »das Ἄλφα und das Ὠμέγα« beziehungsweise die Redewendung »das A und OW-Logo.png« bedeuten: „Anfang und Ende“, „Alles“, „Gott“). Die Bibel im Wappen von Aluksne/Marienburg erscheint im Wappen dagegen geschlossen; auf dem Umschlag stehen die Buchstaben und Ziffern A.D.1689 für „Anno Domini 1689“ beziehungsweise „im Jahre des Herrn 1689“. Diese Angaben spielen auf die Vollendung der ersten lettischsprachigen Bibel durch den lutherischen Pastor Ernst GlückW-Logo.png im Jahre 1689 an, der in Marienburg (lettisch: Alūksne) im Osten Livlands wohnte.

Buch/Bibel, Heiliger und christliches Symbol

Wappen mit christlicher IkonografieW-Logo.png kombinieren die Buch-/Bibelfigur oft mit einem weiteren christlichen Motiv (Lamm/Agnus Dei, Fisch) einem Heiligen (gewöhnlich Johannes, der Täufer), einem Bischof, Mönch oder ähnlichem. Letzere halten gewöhnlich in der Linken das Buch, das in diesen Fällen oft als Unterlage dient, auf der das zweite christliche Motiv ruht.

Buch in Staatswappen

Die gemeine Figur Buch ist in verschiedenen Staatswappen der neueren Heraldik gebräuchlich.

„In der modernen Heraldik erscheinen Bücher zum Beispiel den Wappen von Afghanistan (gemeint ist das historische Emblem der Demokratischen Republik AfghanistanW-Logo.png zwischen 1980 und 1987 -- Anmerkung der Redaktion) , Angola und der Dominikanischen Republik.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[4]

Wappenbilderordnung

  • Die Figur (geschlossenes) Buch wurde zusammen mit der Figur Bible in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Buch- und Schriftwerk, Zahlen und Zeichen aller Art unter der Nr. 9973 aufgenommen.

Symbolik

Das Motiv „Buch“ steht außerhalb der Heraldik manchmal symbolisch für „Gelehrsamkeit“.

Weblinks

Commons: Buch in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Gabriel, Astrik Ladislas: The significance of the book in medieval university coats of arms. In: Medieval and Renaissance studies. Band 1. 1965. S. 60-82

Einzelnachweise

  1. Duden online: Buch
  2. Blason ville fr Garidech (Haute-Garonne).svg Lemma Buch. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
  3. Herold, Verein für Heraldik (Hrsg.): Wappen. Handbuch der Heraldik. Als „Wappenfibel“ begründet von Adolf Matthias Hildebrandt, zuletzt weitergeführt von Jürgen Arndt, bearbeitet von Ludwig Biewer und Eckart Henning. Aktualisierte und neugestaltete Auflage. 20. Auflage. Böhlau Verlag GmbH & Cie., Köln, Weimar, Wien 2017, ISBN 978-3-412-50372-7, S. 159 (deutsch: Wappenfibel.).
  4. 4,0 4,1 Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 79 (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).
  5. Seite „Buchschnitt“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 18. Mai 2017, 13:44 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Buchschnitt&oldid=165617868 (Abgerufen:22. August 2017, 14:27 UTC)
  6. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, I. Band, 4. Abteilung, II. Teil; Städtewappen: Wappen der Städte und Märkte in Deutschland und den angränzenden Ländern; Verfasser: O.T. von Hefner, N. Gautsch, I. Clericus; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1883. S. 308 Tafel 297