Kirschbaum (Heraldik)
Der Kirschbaum (auch Kirschenbaum, Kirszenbaum, Kirshenbaum, Kerschbaum oder ähnlich genannt; frz.: cerisier; engl.: cherry-tree) sowie alle seine Teile (Kirsche, Ast/Zweig und so weiter) sind in der Heraldik Wappenfiguren, die in vielfältiger Weise erscheinen (in der Regel als gemeine Figuren).
Die Figur Kirschbaum ist einem natürlichen Kirschbaum nachempfunden, wobei das Wappenwesen weder bei der Blasonierung noch in der heraldisch-stilisierten Darstellung zwischen den vielen Arten/Sorten der biologischen Süß- und Sauerkirschen
in jedem Fall biologisch exakt differenziert. Spezielle Kirschart-Anlehnungen sind dann genau zu melden, wenn sie tatsächlich heraldisch oder darstellerisch relevant sind beziehungsweise die Wappenführenden/-stifter diese als wesentlich für ihr Wappens bestimmen.
Geschichte
Alle Motive rund um den Kirschbaum beziehungsweise im Zusammenhang mit der Kirsche sind in der Frühzeit des Wappenwesen nicht als Wappenfiguren gebräuchlich. Sie finden ihren Einzug in der Wappenkultur vermutlich erst im Zeitalter des Renaissance-Humanismus (15./16. Jahrhundert) beziehungsweise später. Tiefergehende Forschungen zum ersten Auftauchen von Kirschbaum, Kirschzweig, Kirsche und so weiter im Wappenwesen stehen noch aus.
Kirschbaum
Der Kirschbaum wird in der Heraldik je nach Wappen und Blasonierung unterschiedlich dargestellt. Zu den gebräuchlichsten Darstellungen zählen:
- Kirschbaum als Kirschenastwerk/Kirschenbäumchen (vorwiegend mit einer bestimmten, gemeldeten Anzahl Blätter, Früchte, Blüten etc., aber auch mit einer unbestimmten Anzahl derselben)
- Kirschbaum mit geschlossener Krone (gewöhnlich mit einer unbestimmten Anzahl von Blättern und Früchten)
- Kirschbaum ohne Frucht-/Blütenstand (nur an der starken Überzeichnung des charakteristischen Blattwerks eines Kirchsbaums erkennbar)
Unabhängig davon, ob die gemeine Figur Kirschbaum mit einer bestimmen oder unbestimmten Anzahl von Früchten („Kirschen“), Blättern, Blüten im Wappen erscheint, sollten die charakteristischen, artbestimmenden Merkmale des Baumes wappengerecht stilisiert sein (zum Beispiel mit übernatürlichen großen Früchten und Blüten, diese in abstechenden heraldischen Farbkontrast, das Ast-/Zweig und Laubwerk symmetrisch und so weiter).
Wird der Kirschbaum am Spalt halbiert und mit einem anderen Baum kombiniert, so ist dies stets zu melden.
- Tarquinia-Stemma.png
Kirschbaum in natürlichen Farben mit roten Früchten (Tarquinia)[1]
- Kirschbaum ohne Frucht-/Blütenstand
- Halber Kirschbaum
Kirsche
Die gemeine Figur Kirsche ist den gleichnamigen reifen Früchten der kultivierten Kirschbäume nachempfunden. Sie erscheint gewöhnlich mit zwei an kurzen Stielen zusammenhängenden mehr oder weniger kugelförmigen (geringfügig breiter als hohen) Früchten. Die genaue heraldische Ausprägung der Kirschen kann in der Wappenbeschreibung erwähnt werden, zum Beispiel: mit Stiel / gestielt (frz.: tigé; engl.: stalked, with stalk); selten oder gar nicht: ohne Stiel (frz.: démanché sans tige; engl.: stalkless), mit Blättern (frz.: feuillé; engl.: leaved) oder ähnlich. Die natürliche Lage („wie am Baum hängend“) muß nicht beschrieben werden, kann aber gemeldet werden. Alle anderen Lagen sind zu melden. So bedeutet beispielsweise ...
- „hängend“: daß die Stiele der Figur zum oberen Schild-/Feldrand gerichtet sind (und möglicherweise Laubwerk, Zweig etc. oberhalb der Kirschen gestellt sind)
- „aufrecht“ oder „mit abwärts gekehrtem Stielen“: daß die Stiele der Figur zum unteren Schild-/Feldrand gerichtet sind (und möglicherweise Laubwerk, Zweig etc. unterhalb der Kirschen gestellt sind)
Die paarweise Darstellung des Motivs mit zwei an ihren Stielen zusammenhängenden Kirschen ist der Normalfall („Kirschenpaar“, „Zwillinge“, Zweizahl); jede andere Anzahl (Dreizahl, seltener Vier- oder Mehrzahl) sollte gemeldet werden. Die Darstellung nur einer einzigen Kirsche ist selten oder findet sich gar nicht in Wappen, da die Einzahl keine eindeutige oder nur eine schwierige Identifizierung des Motivs erlaubt.
Drei an Stielen zusammenhängende Kirschen („Kirschendrilling“) werden gewöhnlich fächerförmig nach unten gestellt; erscheinen aber auch im Dreipass gestellt. Wird mehr als ein Kirschenpaar, mehr als ein Kirschendrilling etc. im Wappen dargestellt, ist die Stellung der einzelnen Motive zueinander zu beschreiben (zum Beispiel: „3 Kirschenpaare, 1:2 gestellt“).
Alle Teile der Kirschenmotivs können unterschiedlich tingiert sein (zum Beispiel: „rote Kirsche an grünem Stiel“). Unterschiedliche Tinkturen sind zwingend zu melden. Bevorzugt wird die gemeine Figur Kirsche in Rot dargestellt, doch erscheinen Kirschen in Wappen auch in allen anderen heraldischen Farben.
- Kirschenpaar
- Kirschendrilling
Kirschenzweig
Der Kirschenzweig (auch Kirschzweig, Zweig mit Kirschen oder ähnlich genannt) ist im Wappen oft schräg oder linksschrägs, aber auch balkenweis oder pfalweis gestellt. Er treibt gewöhnlich einige übertrieben gezeichnete Laubblätter des Kirschbaumes und deutlich hervorgehobene Kirschen (teilweise einzeln, teils als Kirschenpaare, Kirschendrillinge, Kirschenvierlinge etc. ausgeführt). Es empfielt sich, die genaue Stellung der Kirschen und der Blätter am Zweig, ihre Anzahl et cetera zu blasonieren; anderenfalls obliegt es der künstlerischen Freiheit, wie der Kirschenzweig aufgerissen wird.
- Kirschenzweig
Ast mit Kirschen
Ein „Ast mit Kirschen“ ist im Prinzip von einem „Kirschenzweig“ heraldisch zu unterscheiden. Der Ast mit Kirschen sollte dick, knorrig, stammähnlich sein und wird bevorzugt in Schwarz oder Naturfarbe tingiert; der Kirschenzweig dagegen ist dünn, filigran und erscheint oft in der gleichen heradischen Farbe wie das Blattwerk. In der Praxis werden diese Unterscheidungsmerkmale jedoch vernachlässigt und Kirschenzweig und Kirschenast in Wappenbeschreibungen und Wappendarstellungen oft nicht widerspruchsfrei voneinander abgegrenzt.
Ast mit drei Kirschen und einem Laubblatt (Nuglar-St. Pantaleon
)
Kirschblüte
Auch Kirschblüten finden sich im Wappenwesen.
Stilrichtung
Die Stilentwicklung der gemeinen Figuren, die im Zusammenhang mit Kirschen stehen, ist in der Heraldik noch nicht abgeschlossen. Grundsätzlich empfiehlt es sich, auf formbildende Ausdrucksmittel der modernen Gebrauchsgrafik, die einem Wappen einen plakativen Charakter verleihen, weitgehend zu verzichten.
- Unterschiedliche Stilrichtungen des gleichen Wappens
Wappenbilderordnung
- Der Kirschbaum wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Obstbaum unter der Nr. 2128 aufgenommen.
- Die Kirsche wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Hauptteile und Steitenteile: F. Früchte unter der Nr. (2128)-767 aufgenommen.
Symbolik
Außerhalb der Heraldik sind der Kirschbaum und seine Früchte oft ein Symbol für den Kirschanbau.
Siehe auch
Weblinks
Commons: Kirschbaum in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Kirschen in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kirsche – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Literatur
- Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst. Verlag Georg D. W. Callwey, München 2001, ISBN 3-8289-0768-7.
Einzelnachweise
- ↑ Redendes Wappen, da der alte Name der Stadt Corneto = „Wäldchen von Kornelkirschen“ bedeutet.