Zwillingsschrägbalken

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Zwillingsschrägbalken
(nach WBO, Nr. 0413)
Zwillingsschrägbalken (von Silber und Blau zweireihig geschachtet; Wappen derer von HorhusenW-Logo.png)

Der Ausdruck Zwillingsschrägbalken (auch Zwillingsschrägrechtsbalken, Zwillinglein oder Schrägzwilling genannt;[1] französisch jumelles posées en bande; englisch bend gemelles oder bendlet gemel; italienisch gemella in banda) bezeichnet ein Heroldsbild, das in der heraldischen Literatur nicht überall gleich bestimmt beziehungsweise nicht wohldefiniert ist. Gebräuchliche Bestimmungen sind:

  • „Paarweise (Schrägbalken sind) Zwillingsschrägbalken.“[2]
    -- Eduard Freiherr von Sacken (1893)
  • „Parallel laufende Schrägleisten sind Zwillingsschrägbalken.“[3]
    -- Galbreath/Jéquier (1942/1990)
  • „Sind (zwei Schrägbalken) einander wesentlich näher als ihr Abstand zum Schildrand entspricht, handelt es sich um Zwillings-(..)Schrägbalken.“[4]
    -- Bernhard Peter (2007)
  • „Zwei schmale Schrägbalken, die parallel verlaufen.“[5]
    -- Wappenglossar, Bayerisches Staatsministerium (2018)

Darstellung

Zwillingsschrägbalken in der heraldischen Früh-/Blütezeit

Ein Heroldsbild wie der sogenannte „Zwillingsschrägbalken“ erscheint in der Früh-/Blütezeit des Wappenwesens in vielen Abweichungen und innerhalb einer gewissen Variationsbreite, teils den Schild oder einen Platz in fünf idealharmonische (regelmäßige) rechtsschräge Abschnitte teilend, teils in subharmonische Teilflächen, wo manche enger zusammengeschoben, breiter, höher, schmaler als andere sind. Allgemein ordnen sich damals die Gestaltung und Abmessungen des Heroldbilds den zur Verfügung stehenden räumlichen Gegebenheiten beziehungsweise einer Gesamtharmonie unter. Die genaue Ausgestaltung hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel davon, was mit dem Motiv versehen wird (Schild, Helm, Waffenrock, Pferdedecke, Siegel, Münze, Papier/Urkunde, Epitaph, Schmuck et cetera) und in welchem Gestaltungskontext beziehungweise welcher Gesamtkomposition das Wappen erscheint.

Die folgenden Schildbilder sind nach dem frühen Wappenwesen äquivalent; erst in der neueren Heraldik werden sie als unterschiedliche Heroldsbilder, teilweise mit unterschiedlichen Bezeichnungen, bestimmt:

Im frühen Wappenwesen: Äquivalente Schildbilder ... Timeline (656040) - The Noun Project.svg ...
 
Zwei Schräg­rechts­balken
(nach Bernhard Peter)
[4]
 
Zwillingsschrägbalken
(nach Bernhard Peter)
[4]
 
1889: Schrägbalken mit Leiste belegt
(nach Siebmacher)
 
Zwillingsschrägbalken
(nach WBO, Nr. 0413)
 
Schrägrechter Zwillingsfaden
(nach Bernhard Peter)
[4]
... Timeline (656040) - The Noun Project.svg ... in der neueren Heraldik: Unterschiedlich bezeichnete Heroldsbilder

Begriffsbestimmung in der Neuzeit

Spätestens ab dem 19. Jahrhundert gibt es Tendenzen, signifikante Unterschiede zwischen den gezeigten und ähnlichen Schildbildern mit zwei schrägrechten, parallel verlaufenden (diagonalen) Flächen zu finden und diese durch ein entsprechendes Vokabular präziser als in vergangenen Zeiten zu bestimmen. Beispielsweise versucht Maximilian Gritzner 1889 das Motiv „Zwillingsschrägbalken“ folgendermaßen zu definieren;

Zwillings-Schrägbalken (Tafel VIII. Figur 36.): kann diese Figur eigentlich nicht angesprochen werden und zwar deshalb nicht, weil der zwischen ihnen liegende Theil andersfarbig ist; da er aber sonst den Bestimmungen entspricht, wonach er gleich der Breite eines von ihnen sein muss, so müsste man ihn als rothgefüllten Zwillings-Schrägbalken ansprechen. Figur 39. dagegen muss als rother, mit silberner Schrägleiste belegter Schrägbalken angesprochen werden, da ersterer schmaler wie die seitlichen Theile ist.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[6]

Anzumerken ist, dass Gritzners und andere Bestimmungsversuche, wie es in der Heraldik bis zum 20. Jahrhundert (und teilweise bis heute) üblich ist, weder mathematisch-geometrisch exakt, noch systematisch überzeugend sind. Oft basieren sie darauf, die genaue Ausprägung des Motivs über eine nur vage bestimmte Grundfigur (hier einen Schrägbalken, dort eine Schrägleiste) und über relative Angaben („schmaler wie ..“, „gleiche Breite wie ...“, „[soundso] Zusammenrücken/Zusammenschieben von ...“) zu erklären.

Zwillingsschrägbalken mit besonderen Begrenzungslinien

Zwillingsschrägbalken im Wellenschnitt
(Wappen Bonifatius VIII.W-Logo.png)

Wie beim Schrägbalken und der Schrägleiste können die Begrenzungslinien beim Zwillingsschrägbalken in einer besonderen Form eines speziellen Wappenschnitts erscheinen (bordiert, gestückt, geflammt, gezinnt, im Dornen-, Wechselzinnen-, Wellen-, ZickZack-Wappenschnitt et cetera). Meist sind die besonderen Trennungslinien des Zwillingsschrägbalkens seitengleich geschnitten; wenn die obere und untere Teilungslinie nicht gleich geschnitten sind, kann die ungleiche Ausführung gemeldet werden.

Weblinks

 Commons: Zwillingsschrägbalken in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Schrägteilungen und Schrägbalken

Einzelnachweise

  1. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 298, 325
  2. Sacken, Eduard Freiherr von: Katechismus der Heraldik. Grundzüge der Wappenkunde. Leipzig. 1893- S. 36
  3. Donald Lindsay Galbreath, Léon Jéquier: Handbuch der Heraldik. Battenberg Verlag, Weltbild Verlag, Augsburg 1990, ISBN 3-89441-259-3, S. 104 (französisch: Manuel du Blason. Lausanne, Lyon 1942. Übersetzt von Ottfried Neubecker).
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Schrägteilungen und Schrägbalken – Internet: www.welt-der-wappen.de. Erstellt: 2007. Abgerufen: 20. März 2018
  5. Haus der bayerischen Geschichte: Wappenglossar. Abgerufen am 29. Mai 2023 (Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst).
  6. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 50