Maiglöckchen (Heraldik)

Aus Heraldik-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Maiglöckchen
 
in der Natur
 
in der Heraldik
(1889: Vierblättriges Maiglöckchen mit zweigabligen Stiel, rechts mit 6, links mit 5 Blüte; nach Siebmacher)

Das Maiglöckchen (lateinisch convallaria majalis, convallaria=„Tal-Lilie“; französisch muguet; englisch lily of the valley) ist in der Heraldik eine eher seltene gemeine Figur.

Darstellung

Die Darstellung der gemeine Figur Maiglöckchen weicht in einem Wappen kaum vom natürlichen Vorbild ab und ist vergleichsweise wenig heraldisch stilisiert. Wird nichts anderes gemeldet, erscheint die Wappenfigur als ganze wurzellose Pflanze mit einem Stiel, an dessen Basis sich zwei oder eine beliebige Anzahl breit-lanzettlich geformter Laubblätter (je nach Wappenerfordernis) befinden, die in einer kurz zugespitzten Blattspitze auslaufen; die Beblätterung und die Anzahl der Blätter können gemeldet werden („beblättertes Maiglöckchen“, „zweiblättriges Maiglöckchen“ et cetera), wenn sie von heraldischer Bedeutung für ein Wappen oder für die Wappenführenden sind.

In der Normalform wird die Figur nach heraldisch rechts gewendet mit drei gleichgestalteten, breitglockigen, nach unten entfalteten, einseitswendigen Blüten dargestellt. Die Stellung der Blüten zueinander kann gemeldet werden (pfahlweise, balkenweise, schrägrechts), anderenfalls obliegt sie der künstlerischen Freiheit, sollte aber den Raum des Schildes (oder Feldes) so weit als möglich ausfüllen. Mehr als drei Blüten sollten unter Angabe der Anzahl angezeigt werden („Maiglöcken mit vier Blüten“ oder ähnlich). Auch spezielle Attribute, wie ein sich gabelnder Stiel, ein Fruchtstand oder eine Bewurzelung der Figur sollten gemeldet werden („Maiglöckchen mit zweigabligen Stiel“, „Maiglöckchen mit Wurzelwerk“ und so weiter).

Alle heraldischen Farben sind gebräuchlich, wobei Stiel und Laubblätter oft eine andere Tinktur besitzen als die Blüten. Bevorzugt erscheint die Figur in Naturfarbe beziehungsweise mit grünen Stiel und grünen Blättern sowie silbernen Blüten.

Die Figur Maiglöckchen erscheint in Wappen meist in Ein-, Zwei- oder Dreizahl, selten oder gar nicht in höherer Anzahl.

Maiglöckchen als Nebenfigur

Die Figur Maiglöckchen kann als Nebenfigur erscheinen, beispielsweise wenn das Motiv von einer anderen Wappenfigur in der Hand gehalten wird oder ähnliches.

Wappenbilderordnung

Symbolik

Innerhalb der Heraldik

Innerhalb der Heraldik findet sich das Maiglöckchen als redende Figur bevorzugt in den Wappen der Familien, die eine Variante des Standesnamens „Meyer“ (zu mhd. mei(g)er; lat.: maior) tragen oder in deren Familiennamen ein Morphem wie „-mai-“, „-may-“, „-mey-“ oder ähnlich vorhanden ist (beispielsweise Familien namens: Meyer, Maier, Mayer, Meier, von Mai, Maiweg, May de Mayenstein, Mayburger, Mayenzweig, Mayer de Mayerfels, Mayer de Mayersbach, Mayer van der Bergh, Mayr, Meienberg, Meig, Meyenn, Meyern de Hohenberg, Meyinger und so weiter).

Maiglöckchen (Tafel XXIV. Figur 73.): speziell vielfach in Wappen von Familien mit ähnlich wie Mai klingenden Namens, z. B. Mayer von Mayerfeld, Mayersbach, Mayr etc.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Außerhalb der Heraldik

Allgemein

Kopernikus mit einem Maiglöckchen in der Hand

Außerhalb der Heraldik und im europäischen Kulturraum ist das Maiglöckchen in einem weiten Sinn ein Symbol für die Rückkehr des Frühlings[2], des Glücks und der Liebe; es kündigt Liebesglück und den bevorstehenden Sommer an; weiter steht es für Wohlstand, Jugend, Reinheit, Unschuld, Sanftmut, Sittsamkeit, Demut, Bescheidenheit, Schönheit, Hoffnung auf Liebe, Heil und Erlösung sowie für reine oder keusche Liebe.[3][4]

Symbol für Heilkunde

Angeblich erwähnt im 2. Jahrhundert der Schriftsteller ApuleiusW-Logo.png, dass das Maiglöckchen ein Geschenk Apollos an AsklepiosW-Logo.png, seinem Sohn und Gott der Heilkunde, gewesen sei.[5] Das Maiglöckchen ist spätestens seit der Renaissance als ein Symbol des Wissens und der Medizin gebräuchlich. „Früher war es für bedeutende Ärzte üblich, sich mit bestimmten medizinischen Symbolen porträtieren zu lassen. Als Symbol für die Heilkunde fungierte oft das Maiglöckchen.[6] So hat sich beispielsweise Nikolaus KopernikusW-Logo.png mit einem Maiglöckchen in der Hand abbilden lassen. Ein solches von Tobias StimmerW-Logo.png (1534–1584) gemaltes Bild hängt im Straßburger Münster neben der bekannten astronomischen Uhr.“[7]

Christliche Ikonographie

Das Paradiesgärtlein mit Maiglöckchen links am unteren Bildrand

Das Maiglöckchen, das auch „Marienglöckchen“ genannt wird, ist eine der sogenannten „Marienblumen“ beziehungsweise ein Mariensymbol (Attribut Marias, teilweise auch Christis, zuweilen stellvertretend für die Lilie). Den Legenden nach sollen die silbernen Blüten der „Marienblumen“ (Maiglöckchen, Gänseblümchen, Pfingstrose, Lilie und so weiter) Marias Tränen sein, welche sie auf der Flucht nach Ägypten respektive während der Kreuzigung Jesu verlor. Andere Ätiologien führen „die Entstehung der Marienblume auf die Freudentränen der heiligen Jungfrau zurück, die sie über den Gruß des Engels Gabriel vergoß“[8] oder leiten das Maiglöckchen aus Evas Tränen ab, die sie vergoß, als sie mit Adam aus dem Paradies „vertrieben“ wurde. In der bildenden Kunst wird das Maiglöckchen gewöhnlich eher unscheinbar zu Füßen von Seligen, Aposteln, Kirchenvätern oder zu Füßen Marias dargestellt[3]; ein typisches Beispiel dafür ist das Gemälde Paradiesgärtlein von einem unbekannten Meister aus dem 15. Jahrhundert. Außerdem dient die Blume der die christliche Ikonographie „als Sinnbild kommender Freude, der Geburt des Heils und der Ankunft Christi“[3].

Liebes-, Geschenk- und Hochzeitsymbolik

1. Mai 1851: Prinz Arthur überreicht zum gemeinsamen Geburtstag dem Duke of Wellington einen Strauß Maiglöckchen (Gemälde von Franz Xaver WinterhalterW-Logo.png)
Maiglöckchen auf finnischer Münze
Kate Middleton in bridal gown.jpg
Catherine MiddletonW-Logo.png mit Brautstrauß mit Maiglöckchen
In zahlreichen europäischen Bräuchen und Traditionen kommen seit dem Mittelalter bis heute Maiglöckchen in Anwendung (beispielsweise zur Gestaltung eines Brautstraußes[5], als Geschenk an junge, in Weiß gekleidete Mädchen, als Zier der Knopflöcher von Jünglingen et cetera).

Am 1. Mai 1561 erhielt König Karl IX.W-Logo.png einen kleinen Strauß Maiglöckchen, der ihm Glück bringen sollte; darauf beschloß er, jeder Dame an seinem Hof jedes Jahr ebenfalls Maiglöckchen zu schenken. Der Brauch setzte sich fort: Bis heute ist in Frankreich der 1. Mai der „Tag des Maiglöckchens“ („Maiglöckchen-Fest“), an dem die Blumen unbesteuert gepflückt, verkauft und verschenkt werden.[3] Ein Maiglöckchen mit 13 Blüten bringt nach einem französischen Volksglauben Glück.

Nationalsymbol

Das Maiglöckchen ist seit den späten 1960er Jahren ein Nationalsymbol Finnlands (das Motiv erscheint beispielsweise zwischen 1990 und 2001 auf einer Zehn-Cent-Münze) und war ein florales Emblem des ehemaligen Jugoslawiens[5].

Trivialnamen

Für das „Maiglöckchen“ sind zahlreiche TrivialnamenW-Logo.png, historische oder regionale Ausdrücke gebräuchlich, darunter zum Beispiel: Lilie von Saron, Lilium convallium, Lilie des Tales/der Täler (nach mittelalterlichen Mönchen, bezogen auf das Hohenlied Salomons 2.1: „Ich bin eine Blume des Feldes, eine Lilie in den Tälern ...“)[3], Aprilenglöckle (Schwaben bei Geißlingen), Chaldron (Tirol), Eenstengelkenbläder (Mecklenburg), Faltrian (Österreich), Fildronfaldron (Tirol bei Lienz), Glasblüamli (St. Gallen in Obertoggenburg), Galleieli (Graubünden, St. Gallen), Weiß Gilgen (mittelhochdeutsch), Gläjele (St. Gallen bei Werdenberg), Glayg (mittelhochdeutsch), Herrenblümli (Graubünden), Hillgenkümmveilchen (Weser bei Wildeshausen), Leljekomfoaltcher (Siebenbürgen), Leljen (Siebenbürgen), Lielje (Bremen), Lilje (Bremen), Lilenconvallen (Hamburg), Liligen (mittelhochdeutsch), Liljenconveilchen (Oldenburg, Unterweser], Liljenkonvalljen (Ostpreußen, Holstein, Pommern, Mecklenburg, Altmark), Lilumfallum (Kärnten), Mäjariesli (St. Gallen), Maiarisli (Appenzell), Maiblaume (Göttingen), Maiblömche (Aachen), Maienblömkes, Maiblome (Weser), Maiblume, Maiblümle (Bayern bei Kirchheim), Maienblümle (Memmingen), Maienblümlein, Maienblumen, Maienrisli (Schweiz), Maienryss, Maienrysslin, Maienschällchen (Gotha), Maienzacken (Schwaben), Maiglocken (Unterweser), Maile (Schwaben), Maischällchen (Thüringen bei Ruhla), Maischelle, Marienblume, Marienglöckchen, Marienschelle, Marienthalblume, Niesekraut (Schlesien), Papoischla (Schlesien bei Srebrna Góra/Silberberg), Papoischle (Schlesien bei Silberberg), Philldron (Tirol), Schillerleljen (Siebenbürgen), Schneetropfen (Eifel bei Dreis], Springauf (Schlesien), Stuchablümli (Graubünden), Thalkraut, Thallilgen (Schlesien), Villumfalum (Salzburg), Weissgilgen (mittelhochdeutsch), Weissliligen (mittelhochdeutsch), Zauken (Nordböhmen), Zautschen (Schlesien), Zaupen (Erzgebirge) und Zschäupchen.[9]

Weblinks

 Commons: Maiglöchen in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1916 – Wappen Mayer, Schwäbisch Hall, ehem. Pfarrhaus, Unterlimpurger Straße 5

Wiktionary Wiktionary: Maiglöckchen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

  • Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung. Bechtermünz, Augsburg 2003, ISBN 3-8289-0768-7, S. 253 Abb. 7.
  • Otto Titan von Hefner: Zweitausend bürgerliche Wappen. Bauer und Raspe, Nürnberg 1857, S. 52. (Tafel 71)
  • J. Siebmachers grosses und allgemeines Wappenbuch: ¬Der Adel des Königreichs Sachsen. Band 2, Ausgabe 3, Bauer und Raspe, Nürnberg 1857, S. 14.

Einzelnachweise

  1. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 111
  2. H. Reling; J. Bohnhorst: Das Maiglöckchen. In: Unsere Pflanzen Nach Ihre Deutschen Volksnamen. Рипол Классик. 1898. S. 86 f.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Zerling, Clemens: Lexikon der Pflanzensymbolik. 2007. S. 169 f.
  4. Matthew Biggs, Jekka McVicar, Bob Flowerdew: Wielka księga warzyw, ziół i owoców. Warschau: Dom Wydawniczy Bellona, 2007. ISBN 8311105782
  5. 5,0 5,1 5,2 Breverten, TerryW-Logo en.png: Breverton's Complete Herbal. A book of remarkable plants and their uses. Based on Culpeper's The English Physitian and Compleat Herball of 1653. New York, London. 2011. ISBN 9781623653507 S. 474 f.
  6. Walter von Brunn: Das Maiglöckchen als Symbol des Arztes. In: Die medizinische Welt 10, 1936, S. 505 f.
  7. Seite „Maiglöckchen“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 14. März 2017, 18:48 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Maigl%C3%B6ckchen&oldid=163584863 (Abgerufen: 22. März 2017, 17:50 UTC)
  8. Eine Legende bei Pieper, Volksbotanik, S. 342. Hier zitiert nach: Dähnhardt, Oskar: Sagen zum Neuen Testament (Märchen der Welt). 2012. ISBN 3849603547.
  9. Georg August PritzelW-Logo.png, Carl JessenW-Logo.png: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, Seite 107 f. (online).