Kornblume (Heraldik)
Die Kornblume (auch Zyane genannt; französisch bleuet oder centaurée, englisch blue-bottle oder corn flower; aus der Gattung Centaurea, in Anlehnung an Kentaureios = „zu den Kentauren gehörig“) ist in der Heraldik eine gemeine Figur.
Darstellung
Die Kornblume ist ein Grundmotiv in der Heraldik, die der gleichnamigen Pflanze Centaurea cyanus nachempfunden ist, wobei in der heraldisch-stilisierten Darstellung das Motiv stark vom biologischen Original abweichen kann. Erscheint nur ein Teil oder eine Besonderheit der Pflanze im Wappen, sollte dies gemeldet werden. Grundsätzlich gibt es zwei Erscheinungsformen, wie die Kornblume in Wappen dargestellt wird:
- Als ungestielte, offene Kornblumenblüte in Aufsicht
, meist mit mittig angeordnetem Butzen, der manchmal kontrastierend beziehungsweise andersfarbig zu den Blütenblättern tingiert wird (oft in Gold oder Silber). Die Anzahl der Blütenblätter ist gewöhnlich unbestimmt und liegt zwischen fünf und neun (oder mehr). Wenn die Anzahl in der Wappenbeschreibung exakt bestimmt ist, ist die Blüte immer entsprechend aufzureißen.
- Als Kornblumenpflanze mit Blüte, Stiel und Blättern evtl. Wurzeln, manchmal als Kornblumenstengel bezeichnet. Die genaus Ausprägung des Blüten-/Fruchtstandes, die Anzahl der Blätter und Blüten sowie eine mögliche bewurzelte Darstellung können gemeldet werden.
„Kornblume kommt als Blüthe (Tafel XXIV. Figur 66.) schon im Codex Grünenberg vor, erscheint aber neuerdings an Stengeln, zum Beispiel in mehreren neupreussischen Wappen als die Lieblingsblume Seiner Majestät des verewigten Kaiser Wilhelm (Tafel XXIV. Figur 67.).“
- Eine Kornblume/Kornblumenblüte
In Ausnahmefällen erscheint das Motiv Kornblume in Wappen vergleichsweise naturalistisch oder wenig stilisiert, nicht in Aufsicht oder mit Hüllblättern. Diese Darstellungsformen sind eher als unheraldisch anzusehen und sollten gemeldet werden (zum Beispiel als „natürliche Kornblume mit Hüllblättern“ oder ähnlich).
Die Stellung mehrerer Kornblumenfiguren zueinander folgt den heraldischen Regeln, zum Beispiel 2:1 gestellt, balkenweise, pfahlweise oder ähnlich. Kornblumen mit Stiel können gekreuzt, fächerförmig, im Dreipass, dreiecksweise, garbenweise und anders erscheinen. Alle Ausprägungen des der Kornblume können im Feld stehen oder eine andere Wappenfigur (Balken, Pfahl, Schildhaupt und so weiter) belegen.
- Mehrere Kornblumen
Sechs in Hochkreuz gestellte Kornblumenblüten mit blauen Blütenblättern, grünen Kelchblättern und goldenem Blütengrund
(1991-2009: Amt Bornhöved)
Die Figur Kornblume erscheint in Wappen bevorzugt mit blauen Blütenblättern; andere heraldische Farben sind selten gebräuchlich.
- Kornblume (nicht in Blau)
- Kornblume mit Stiel und Wurzelwerk
Symbolik
Die Symbolik der Kornblume ist aus historischen Gründen vielschichtig. In kommunalen Wappen verweist das Motiv oft eine landwirtschaftliche Wirtschaftsstruktur. Außerhalb der Heraldik verbindet man mit der Kornblume unter anderem folgende Symbolik.
Deutschland
„Um 1800 erfuhr die Kornblume in Deutschland einen grundlegenden Bedeutungswandel. Von einem gefürchteten Ackerunkraut wandelte sie sich zum Symbol einer neuen Natürlichkeit und mit der Mythenbildung um die 1810 jung verstorbene Königin Luise von Mecklenburg-Strelitz zur „preußischen Blume“. Den entscheidenden Anstoß für den Kornblumenkult des 19. Jahrhunderts hatte Luises Sohn – der spätere Kaiser Wilhelm I. – gegeben, der in Erinnerung an seine Kindheit die „preußisch blaue“ Kornblume zu seiner Lieblingsblume erklärt hatte. „Preußisch Blau“ bezog sich hier auf den Farbton der Uniformröcke.
Als politisches Symbol fand die Kornblume in Deutschland (im Gegensatz zu Österreich) nur geringe Verwendung. Um 1910 kamen Kornblumentage auf, an denen junge Mädchen (Papier)-Kornblumen zugunsten bedürftiger Veteranen verkauften. Bekannt ist, dass eine im Jahr 1909 gegründete Wandergruppe „Fahrende Gesellen“ ein Kornblumen-Abzeichen führte.[2] Diese Gruppe entstand aus Anhängern der Schönerer-Bewegung in Deutschland.[3] Auch der im Jahre 1948 wiedergegründete Bund Die Fahrenden Gesellen führt seitdem eine Kornblume in seinem Abzeichen; dort wird sie als Symbol der Naturverbundenheit bezeichnet.[4] Nach dem Ersten Weltkrieg war die Kornblume das Symbol des „Bund Königin Luise“, der Frauenorganisation des Stahlhelm-Verbandes, der die Pflanze jedoch als Lieblingsblume der preußischen Königin Luise bezeichnete.[5]
Die Kornblume gilt auch als Symbol der Ungarndeutschen bzw. Donauschwaben. Die Kornblume war deshalb auch das Zeichen der 22. SS-Freiwilligen-Kavallerie-Division „Maria Theresia“, die überwiegend aus Ungarndeutschen bestand.
Seit 1935 ist eine stilisierte Kornblume Teil des Logos des „Vereins für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland“ (VDA); sie wurde dafür, wenn auch in modernisierter Form, bis heute beibehalten.[6]“
Österreich
„Die Kornblume war ab etwa dem Jahre 1879 die Parteiblume der so genannten Schönerer-Bewegung in Österreich, einer antisemitischen und großdeutschen Bewegung. Das Tragen der Kornblume wurde daher von den österreichischen Behörden zeitweise unter Strafe gestellt und galt als „hochverräterisch“.[8] In Schönerers Partei Alldeutsche Vereinigung
sah man die Kornblume als Symbol der deutschen Treue an.[9] Von 1933 bis 1938 war die Kornblume das Erkennungszeichen der damals illegalen Nationalsozialisten
.[10]
Zu konstituierenden Sitzungen des österreichischen Nationalrates tragen seit 2006 die Abgeordneten der Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) neben der üblichen weiß-roten Schleife die Kornblume.[10]“
Schweden
„In Schweden ist die Kornblume die Landschaftsblume von Östergötland, das Signum der Wahlrechtsbewegung des späten 19. Jahrhunderts und heute das Parteisymbol der liberalen Volkspartei (Folkpartiet liberalerna).“
Estland
Seit 1968 ist die Kornblume die Nationalblume Estlands.
Wappenbilderordnung
- Die Kornblume wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Blumen unter der Nr. 2701 aufgenommen.
Abgrenzung
Die Blüte einer Kornblume ist von einem Fünfblatt zu unterscheiden.
Weblinks
- Kornblume
(Wikipedia)
Einzelnachweise
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 109
- ↑ „Der fahrende Gesell“ Heft 7, April 1910 S. 95
- ↑ Weißmann: Schwarze Fahnen, Runenzeichen, Düsseldorf 1991, S. 38
- ↑ Die fahrenden Gesellen
- ↑ „Stahlhelm-Zeitung“ Nr. 40 vom 4. Dezember 1924, Blatt 5
- ↑ Hans-Werner Retterath: Von 'deutscher Treue' bis zur 'deutschen Weltgeltung'. Zur Symbolik der auslanddeutschen Kulturarbeit in der Zwischenkriegszeit am Beispiel der Institutionsabzeichen. In: Rolf Wilhelm Brednich / Hans Schmitt (Hrsg.): Symbole - Zur Bedeutung der Zeichen in der Kultur. 30. Deutscher Volkskundekongreß in Karlsruhe vom 25. bis 29. September 1995. Münster 1997 ISBN 3-89325-550-8 , S. 408-421; Übersicht der VDA-Logos auf S. 419
- ↑ 7,0 7,1 7,2 Seite „Kornblume“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 23. Juli 2014, 17:10 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kornblume&oldid=132425152 (Abgerufen: 27. Juli 2014, 11:14 UTC)
- ↑ Robert Michels: Zur historischen Analyse des Patriotismus, Archiv für Sozialwissenschaft 36/1913 S. 417
- ↑ Der Alldeutsche Abgeordnete Dr. Glöckner am 1. Juni 1898. Stenografische Protokolle des Abgeordnetenhauses, 14. Session, 20. Sitzung vom 1. Juni 1898, S. 1390
- ↑ 10,0 10,1 ORF: Anklänge an illegale NSDAPler, 30. Oktober 2006