Fuchs (Wappentier)
Der Fuchs (französisch renard; englisch fox) ist in der Heraldik ein Wappentier beziehungsweise eine gemeine Figur.
Darstellung
Die gemeine Figur Fuchs ist heraldisch stilisiert dem natürlichen Rotfuchs (Vulpes vulpes) nachempfunden. Sie ist kein gebräuchliches Motiv des frühen Wappenwesens beziehungsweise spielt in der mittelalterlichen Heraldik eine eher bescheidene Rolle. In Bedeutung und Anzahl rangiert die Fuchsfigur weit hinter anderen traditionellen, heimischen Wappentieren (Bär, Wolf, Eber, Hirsch, Steinbock, Rabe, Schwan, Pferd), die aber ebenfalls alle in der frühesten heraldischen Epoche nur selten im Wappen erscheinen, wenn man ihre Anzahl mit anderen exotischen oder „majestätischen“ Figuren (Löwe, Adler et cetera) vergleicht. Im 13. Jahrhundert erscheint nach Gustav Adelbert Seyler der Fuchs als Nebenfigur in einem Siegel der Familie Voss:
„Reiner Voss, Pfarrer zu Dukow (Mecklenburg) führt 1284 ein spitzovales Siegel, darin der Erzengel Michael den Drachen besiegend, mit der linken einen Schild (darin ein Fuchs, redendes Wappen) haltend. Umschrift: S. Reyneri. Plebani. De Ducouwe“
In der neuern Heraldik erscheint der Fuchs in vielen heraldischen Stellungen (aufrecht, schreitend, laufend, stehend, (auf-)springend, sitzend). Oft wird die Figur Fuchs, dem natürlichen Vorbild angenähert, in Rot tingiert, doch findet man sie in Wappen auch in allen anderen heraldischen Farben (Silbern/Weiß, Schwarz, Golden/Gelb, Blau, Grün) oder in Naturfarbe. Der Schwanz (Rute) wird besonders buschig gezeigt und in einigen Abbildungen die Spitze als geweißt. Abweichende Farbgebung der Bewehrung ist nicht gebräuchlich.
Viele andere Namen hat der Fuchs. Das reicht von Voß in der niederdeutschen Sprache als Wort für Fuchs bis zum Fabelnamen Reinicke. Das Wappen des Bezirks Reinickendorf in Berlin ist redend mit Reinicke oder das Wappen von Voßwinkel in Arnsberg mit Voß.
„Fuchs (Tafel XV. Figur 37. bis 42.): Bestimmt sind Füchse die Wappenthiere der von Voss, von Reineck (Hessen-Nassau), von Bobenhausen eine Gans raubend (Figur 41.), von Fuchs (Tirol und Franken) und überhaupt immer da, wo der Name „Voss“, „Fuchs“ oder der „Reineke" anklingt. Der Fuchs trägt manchmal eine Gugel, ein Mönch- oder (wie Figur 38.) ein Rittergewand; unseres Erachtens nur als Beizeichen einer jüngeren Linie, obwohl die betroffenen Wappenherrn daran stets eine interessante Historie knüpfen wollen; eine Gans raubt auch der Fuchs oder Wolf im Wappen der von Dresky; ein Hirschgeweih trägt er im Rachen im Wappen der von Brandenstein (Figur 37.), einen abfliegenden Mantel in Figur 40.“
Aufrechter Fuchs
Ein „aufrechter/steigender Fuchs“ erscheint im Profil mit zwei angehobenen Vorderbeinen. Die Position der Hinterbeine variiert je nach Zeitgeist und regionalen Gepflogenheiten: der Fuchs kann auf beiden -- weit auseinander gestellten -- Hinterbeinen stehen oder nur auf einem Hinterbein, das Andere zum Kampf erhoben.
Steigender goldener Fuchs (Wappen von Voßwinkel)
Springender Fuchs
Ein „(auf-)springender Fuchs“ erscheint mit beiden Hinterbeinen -- eng beieinander -- auf dem Boden und den beiden Vorderbeinen -- eng beieinander -- in der Luft. Die Haltung der springenden Figur sollte im Rahmen der Gesamtharmonie eines Wappens gestaltet sein und kann je nach Aufriss von nahezu senkrecht über schräg bis waagerecht gestaltet sein (letzteres beispielsweise, wenn drei Füchse pfahlweise übereinander angeordnet sind).
(Frick AG)
In Rot 2 silberne Balken, aufgelegt ein von Gold und Rot wechselnd geteilter springender Fuchs (Fuchsstadt)
Schreitender Fuchs
Ein „schreitender Fuchs“ erscheint „gehend“, wobei die gewöhnlich die rechte Vorderpfote (ausnahmsweise die linke) angehoben ist und alle anderen drei auf dem Boden stehen.
Schreitender, hersehender roter Fuchs mit silberner Brust und Schwanzspitze (Wappen Schmetzdorf)
Stehender Fuchs
Ein „stehender Fuchs“ erscheint mit allen Vieren (Vorder- und Hinterpfoten) auf dem Boden, wobei die Beine möglichst ausgestreckt und gerade beziehungsweise ohne Knick dargestellt werden.
(ehemalige Gemeinde Eilshausen)
Sitzender Fuchs
Ein „sitzender Fuchs“ erscheint mit eingeknickter Hüfte auf seinen Hinterbeinen „hockend“, mit den beiden ausgestreckten Vorderbeinen dagegen auf dem Boden stehend.
Fuchs mit Fang
Der Figur Fuchs erscheint in manchen Wappen mit einem erbeuteten Beutefang/-raub im Maul/Rachen.
Fuchs, der eine Weinrebe mit Blatt im Fang hält (Kirschroth)
Fuchskopf
Wenn nicht besonders blasoniert, erscheint ein Fuchskopf im Wappen gewöhnlich im Profil beziehungsweise zum heraldisch rechten Rand sehend; ein dem Betrachter zugewendeter Fuchskopf ist dagegen eine sogenannte „Fuchsmaske“, die im Wappenwesen alternativ als Fuchskopf von vorne, Fuchskopf en face, hersehende Fuchsmaske, Fuchskopf in Visieransicht oder ähnlich beschrieben werden kann. In der Visier-Ansicht scheint die Figur Fuchs die dem Tier nachgesagte Schläue und Listigkeit zu zeigen.
Fuchskopf (Wappen der ehemaligen Gemeinde Happerswil-Buch)
Leipziger Fuchs
Fuchs mit Hahnenschwanz
(→ Leipziger Fuchs)
Geflügelter Fuchs
Silberfuchs
Eine genetisch bestimmte Farbphase des gewöhnlichen Rotfuchses, in der das Fell schwarz mit weißer Spitze ist, der sogenannte „Silberfuchs“, erscheint im Wappen von Prince Edward Island als Schildhalter.
Silberfüchse als Schildhalter (Wappen von Prince Edward Island)
Polarfuchs
Der Polarfuchs (auch Schneefuchs, Eisfuchs und andere mehr genannt; französisch renard arctique, renard polaire, renard isatis, isatis oder renard bleu; englisch arctic fox, white fox, polar fox oder snow fox) ist in der neueren Heraldik eine gemeine Figur. Beispielsweise erscheint im Wappen der Nordwest-Territorien der Kopf eines Polarfuchses. In der Früh-/Blütezeit des Wappenwesens ist eine Polarfuchsfigur nicht gebräuchlich.
Kopf eines Polarfuchses (Wappen der Nordwest-Territorien)
Abgrenzung
In Wappen ist durch die heraldische Stilisierung die Figur Fuchs nur schwer oder gar nicht von andere Wappenfiguren -- insbesondere von der Figur Wolf -- zu unterscheiden.
„Der Wolf (..) und (..) der Fuchs (..) sind, besonders in neueren Wappen, schwer zu unterscheiden.“
„Wolf und Fuchs sind oft schwer zu unterscheiden (..)“
„(..) Der Unterschied zwischen Wolf und Fuchs ist sehr schwer zu finden; es geben dabei nur die ältesten Siegel den Ausweis, welches Thier es ursprünglich war (..)“
Es lassen sich zahlreiche, teilweise gravierende Verwechslungen in einzelnen Wappengeschichten nachweisen. Beispielsweise erscheinen im Wappen der von Kleist ursprünglich nicht zwei Füchse, sondern -- wie von von Mülverstedt 1862 in überzeugender Weise ausführt[5] -- zwei Wölfe. Auch das Wappen von Górowo Iławeckie (dt.: Landsberg, Ostpreußen), das nach einem Siegel aus dem 16. Jahrhundert gestaltet ist und einen roten Fuchs mit silberner Gans im Rachen zeigt, ist eine Fehldeutung: in einem älteren Siegel aus dem 14. Jahrhundert ist nach Hupp und Voßberg dagegen ein stehender Wolf nachweisbar, der ein Lamm in seinem Rachen hält.[6] Teilweise wird die Figur Fuchs auch mit einem Biber oder mit einem Eichhörnchen verwechselt.
„Es ist schon vorgekommen, dass man Füchse und Wölfe für Eichhörner erklärte, letztere sollen aber in der Heraldik nur sitzend, mit erhobenen Wedel und mit den Vorderpfoten nagend abgebildet werden (..)“
Hefner, von Retberg, Gritzner und von Mülverstedt führen folgende grobe und unverbindliche Unterscheidungsmerkmale zwischen den Figuren Fuchs und Wolf an:[5]
Unterscheidungsmerkmal | Figur Fuchs | Figur Wolf |
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Schnauze |
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Ohren |
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Läufe/Beine |
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Schwanz, Schweif, Lunte | ||
Bewehrung | ||
Beute |
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Stellung |
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Farbe | ||
Häufigkeit |
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Wappenbilderordnung
- Die Figur Fuchs wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Raubtiere unter der Nr. 5081 aufgenommen.
Weblink
- Fuchs auf www.chgh.ch
- Le renard en héraldique auf heraldie.blogspot.de
- Reineke Fuchs in der Wikipedia
Literatur
- Ottfried Neubecker: Großes Wappen–Bilder–Lexikon. Verlag Battenberg Gietl, Regenstauf 2008, ISBN 3-86646-038-4.
- Adolf M. Hildebrandt: Handbuch der Heraldik: Wappenfibel. Nikol Verlagsgesellschaft, Hamburg 2007, ISBN 3-937872-65-5.
Einzelnachweise
- ↑ Seyler, Gustav Adelbert: Geschichte der Heraldik. Wappenwesen, Wappenkunst, Wappenwissenschaft. In: J. Siebmachers großes Wappenbuch. Band A. Repgrografischer Nachdruck der Ausgabe Nürnberg 1885-1889 (1890). Neustadt an der Aisch. 1970. S. 303
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie ( M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 83 f.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 3,7 3,8 Hefner, Otto Titan von: Grundsätze der Wappenkunst. Nürnberg. 1855. S. 23. Abbildung 112
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 4,7 Ralph von Retberg; Adler (Verein) (Hrgs.): Kleine Bemerkungen zur Wappenkunde. In: Heraldisch-genealogische Zeitschrift. III. Jahrgang. Nr. 9. Wien. September 1873. S. 142 f.
- ↑ 5,00 5,01 5,02 5,03 5,04 5,05 5,06 5,07 5,08 5,09 5,10 5,11 5,12 5,13 5,14 5,15 5,16 5,17 George Adalbert von Mülverstedt (Gustav Adolf Kratz, G.; Quandt, Johann Ludwig; Stettin, Wilhelm; Hrgs. Sigurd von Kleist): Die Wappen des Geschlechts von Kleist. In: Geschichte des Geschlechts von Kleist. Zweiter Teil. Allgemeine Geschichte. 2. Auflage. Bergisch Gladbach. 1862/1873/1887/2007. S. 150 ff.
- ↑ Otto Hupp: Königreich Preußen. Wappen der Städte, Flecken und Dörfer. Ostpreußen, Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien. Reprint von 1896 und 1898. Entspricht: Heft 1 und Heft 2 von Wappen und Siegel der deutschen Städte, Flecken und Dörfer. Hrsg.: Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen. Bonn 1985, ISBN 3-88557-035-1, S. 34.
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