Schaf (Wappentier)
Der Ausdruck Schaf (oder schafartig) ist in der Heraldik
- im engeren Sinn eine gemeine Figur, deren Darstellung sich an das weibliche Hausschaf anlehnt.
- ein gebräuchlicher Ordnungsbegriff, der sich zwanglos an den gleichlautenden umgangssprachlichen Ausdruck für die Gattung („Schafe“, lat.: ovis) anleht und bestimmte Wappentiere in einer Gruppe zusammenfaßt. Obwohl sich die heraldische Gruppierung an Biologie und Zoologie anlehnt, stellt sie kein biologisch-zoologisches Taxon dar. Hauptsächlich umfaßt der Ordnungsbegriff folgende gemeine Figuren:
WBO-Nr. | Bezeichnung | Darstellung | Beispiel |
5431 | → Widder / Schafbock / Ramm / Rammbock frz.: bélier; engl.: ram |
Männliches Schaf, oft (auf)springend/aufgerichtet, mit starken Hörnern und Geschlechtsteil | |
5432 | Hammel frz.: mouton; engl.: mutton oder wether |
Selten bzw. nicht gebräuchlich: Männliches (kastriertes) Hausschaf, meist stehend mit kleinem Gehörn und ohne Geschlechtsteil |
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5433 | → Schaf frz.: brebis; engl.: sheep |
Weibliches Schaf, ohne Hörner | |
5433 | → Lamm frz.: agneau; engl.: lamb |
Juveniles Schaf ohne Hörner | |
5435 | → Agnus Dei (Osterlamm oder Opferlamm) frz.: l'agnus dei (oder ou agneau de dieu; agneau pascal) engl. agnus dei (auch lamb of God oder paschal lamb) |
Gewöhnlich ein juveniles Schaf (= Lamm, manchmal ein ausgewachsenes weibliches Schaf), ohne Hörner, aber mit besonderen Attributen wie Nimbus und Fahne |
Darstellung
Die Darstellung aller Schaf-Wappentiere ist in der Heraldik möglichst einfach und schlicht. Die Schaf-Wappenfiguren erscheinen stehend, nach heraldisch rechts laufend, nach rechts blickend, manchmal eine Fahne haltend, sowohl mit als auch ohne Nimbus. Das rechte Vorderbein ist oft erhoben. Die Hauptfarbe ist Silber (weiß) oder Gold. Die Bewehrung kann anders tingiert sein, das heißt für Hufe und Hörner, aber auch für die Zunge sind andere Farben möglich. Als Dreipass gestellte drei Schafe werden häufig zwei über eins (2:1) im Wappen gezeigt.
Widder
„Widder: sich durch starkes Gehörn und markirten Geschlechtstheil kennzeichnet. Sein Gehörn und seine Hufen „Waffen“ sind meist andersfarbig als er und das Feld; die Zunge nur in älterer Zeit „ausgeschlagen“. Der Widder kommt sowohl (Tafel XVI. Figur 38.) aufgerichtet (und linksgekehrt), wie schreitend (Tafel XVI. Figur 39.), endlich aber auch wie Tafel XVI. Figur 40. (Wappen der von Borwitz, Linie Harttenstein in Schlesien) weil zugleich widersehend, als: „wachsam“ vor; der Gewohnheit der Widder bei wilden und zahmen Schafherden, von Zeit zu Zeit mit einem der Vorderbeine scharf gegen die Erde zu stampfen entsprechend, hat er das eine Vorderbein erhoben, ohne deshalb zu „schreiten“.“
Widersehender Widder (Wappen der Herren von Kotzau)
Im Wappenschild der fränkischen Herren von Kotzau erscheint gewöhnlich in Rot ein widersehender silberner Widder mit goldenen Hörnern.
(1450-1480 (nach Scheiblers Wappenbuch)
1459: (nach im Ingeram-Codex)
um 1560: (Epitaph, Georg Wolf von Kotzau)
1605: (nach Siebmachers Wappenbuch)
Widderrumpf/Widderkopf
Widderkopf und Widderrumpf (das ist ein „gestümmelter“ Widder, also nur Hals und Kopf, ohne Vorderbeine) sind gebräuchliche Ausdrücke für Wappenfiguren. Gewöhnlich wird im Wappenwesen weder in der Darstellung noch in der Wappenbeschreibung zwischen einem Halstück (Widderkopf mit langem Hals bzw. Widderrumpf) und einem Kopfbild (nur Widderkopf, ohne Halsansatz) differenziert. Die genaue Darstellung erfolgt im Rahmen der Gesamtharmonie eines Wappens/Wappeaufrisses und obliegt letzlich der künstlerischen Freiheit.
In Gold ein schwarzer Widderkopf (Wildberg ZH)
Widderrumpf in der hinteren Schildhälfte
(in Anlehnung an die Voit von Rieneck)[2](Gamonal)
Widderkopf en face
Ein Widderkopf in Frontalansicht ist als solcher zu melden („Widderkopf im Visier“, „Widderkopf en face“).
„Tafel XVI. Figur 42. ist ein abgerissener „Widderkopf im Visir," (..)“
(Zienken)
Oberhalber Widder
Die Figur Widder ist als betont kriegerisch wirkende Halbfigur mit zum Sprung gestellten Vorderbeinen gebräuchlich (auch als „oberhalb“ beschrieben). In dieser Form erscheint sie auch „wachsend“ (zum Beispiel im Oberwappen der Familie Klinski).
Ein oberhalber, aus der Schildteilung wachsender Widder (Magenbuch-Lausheim)
Widdergehörn/Widderhorn
Oft werden im Schild oder im Oberwappen Körperteile des Wappentiers dargestellt. Gebräuchlich sind beispielsweise die Widderhörner.
„(..) Tafel XVI. Figur 42. ein (aus Dreiberg wachsendes) Widdergehörn, welches, wiewohl selten auch als Helmschmuck (siehe dort) erscheint; auf Tafel XVII. Figur 1. liegen 2 Widderhörner „querlinkshin“ (..)“
1889: Zwei Widderhörner überzwerch/‚querlinkshin‘ (nach Siebmacher)
Widderschädel
Der Schädel eines Widders (Widderschädel, Schafbockschädel, Rammbockschädel, Heidschnuckenschädel oder ähnlich genannt) ist im Wappenwesen eine Wappenfigur, die im Wappenschild als gemeine Figur oder im Oberwappen als Helmzier dargestellt sein kann. Bei der farblichen Darstellung des Schädelmotivs wird vorwiegend Silber/Weiß gewählt.
Rammbock
Die gemeine Figur Rammbock (auch Sturmbock, Mauerbrecher, Widder genannt; lat. Aries; frz.: bélier; engl.: battering ram) erscheint im Wappenwesen manchmal als Sturmbock mit einem (bronzenen) Ramm-/Widderschädel.
Widder-Varianten und Mischwesen
Im Wappenwesen kommen Widder-Mischwesen beziehungsweise Figuren vor, die sich aus einem Widder/Schaf und anderen Geschöpfen (oder deren Körperteilen) zusammensetzen. Beispielweise erscheint im Wappen der Familie Werckmeister ein „Mann mit Hammelbeinen“ (vermutlich vom Pfarrer Georg Werkmeister gestiftet, der in Hammelspring wirkte) und im Wappen der Gemeinde Kervenheim wird ein Widder mit Adlerflügen (geflügelter Widder) dargestellt.
Schaf
Das weibliche Schaf erscheint in der Heraldik stets ohne Hörner. Es ist grundsätzlich vom Agnus dei abzugrenzen und wird ohne dessen Attribute dargestellt.
Schafkopf (Bachra)
Lamm
„Lamm (..) Tafel XVI.. Figur 37. ist als: schreitendes Lamm anzusprechen. Alle Lämmer werden ohne Gehörn und ohne sichtbarer Geschlechtsteile abgebildet (..)“
1889: Schreitendes Lamm (nach Maximilian Gritzner)
Schaf/Widder mit zwei Köpfen
Schaf-/Widderfiguren werden gelegentlich im Wappenwesen auch mit zwei Köpfen dargestellt. Beispielsweise zeigt das Wappen der Familie Alessandri in etlichen Wappaufrisse ein Widder/Schaf mit zwei Köpfen. Die Figur wird nicht einheitlich aufgerissen, so dass es leicht zu Verwechslungen kommen kann. In dem Wappenbuch BSB Cod.icon. 277 (Insignia Florentinorum) erscheint die Wappenfigur ‚Schaf/Widder mit zwei Köpfen‘ eher „pferdeartig“ beziehungsweise wie ein ‚Pferd mit zwei Köpfen‘. Im Zweifelsfalle bestimmen Wappenstifter/Wappenführende respektive Wappenbeschreibungen, an welche gemeine Figur sich ein dargestelltes Motiv anlehnt.
Wappen Alessandri widder-/schafartig ← → pferdartig | ||||||
Agnus Dei
Als Agnus dei wird dem Schaf als gemeine Figur ein Heiligenschein oder Nimbus um den Kopf gelegt. Es wird so zum Wappentier mit religiöser Aussage. Mit nach linksgewandtem Kopf und mit einem Vorderbein eine Fahne haltend ist es als Gotteslamm in Wappen dargestellt.
Orden vom goldenen Vlies
Die Darstellungen eines hängenden Lammes/Schafes, teils mit umgebunden Gürtel mit Aufhängevorrichtung, teils an einer Ordenskette oder nur das Lammfell an dieser sind das Symbol des Ordens vom Goldenen Vlies. Dieser Orden wird bei entsprechenden Vollwappen um den Schild gelegt.
Abgrenzung
Verwechslungen bei horntragenden Wappenfiguren (Widder, Ziegenbock, Gemse, Steinbock et cetera) sind in der Heraldik keine Seltenheit (sowohl bei der Darstellung eines gesamten Tieres als auch bei Teildarstellungen von Körperteilen wie dem Gehörn). In Zweifelsfällen entscheidet die Wappenbeschreibung.
„(..) Zu erwähnen ist noch, dass Widder- und Bockskopf (siehe dort) in den letzten Jahrhunderten sehr vielfach mit einander verwechselt worden sind, obwohl bei einiger Aufmerksamkeit dies hätte wohl vermieden werden können.“
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(nach Scheibler's Wappenbuch von 1450-1480) |
Symbolik
Außerhalb der Heraldik stehen Schafmotive teiweise als Symbol für „Schafzucht“, „Schafhaltung“ oder ähnliches. Manchmal symbolisieren sie einen bestimmten Familiennamen.
Siehe auch
Weblink
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 86.
- ↑ Eintrag zum Wappen von Viereth-Trunstadt in der Datenbank des Hauses der Bayerischen Geschichte
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 85