Meerrettich (Heraldik)

Aus Heraldik-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Time to stop 40px.png
In der Früh-/Blütezeit des Wappenwesens ist eine spezielle Wappenfigur, die eigens zur Darstellung von Meerrettich verwendet wird, nicht gebräuchlich.
Meerrettich ...
 
faktisch
 
in der Heraldik
(zwei schräggekreuzte silberne Meerrettichwurzeln mit grünen Blättern; Křenovice u KojetínaW-Logo.png)

Meerrettich (ahd. mērrātih bzw. meri-ratich; mhd. merretich; lateinisch armoracea/-cia oder armoracium; französisch raitfort; englisch horseradish; auch bairisch-österreichischW-Logo.png Kren genannt (mhd. krēn, krēne, chrēn, unklar entlehnt aus dem Slawischen, Schlesischen, Sorbischen oder über tschechisch křen); volksetymologisch umgedeutet zu Rettich, der über das Meer gekommen ist, und Stutenwurzel ‚Mähre-rettich‘) ist in der neueren Heraldik eine seltene gemeine Figur.

Geschichte

Wann ein Meerrettichmotiv das erste Mal im Wappenwesen erscheint, ist unklar beziehungsweise nicht ausreichend erforscht. Vermutlich sind die ersten Darstellungen einer heraldische Meerrettichfigur an entsprechendes Motive angelehnt, die zuvor im Siegelwesen gebräuchlich sind. Beispielsweise verlieh der Pfarrer und Dekan Konrád Althamer und das Olmützer Kapitel dem Dorf Křenovice u KojetínaW-Logo.png (deutsch Krzenowitz, 1939–1945 Krenowitz bei Olmütz) am 13. Juli 1496 das Siegelrecht und ein Siegel, auf dem zwei schräggekreuzte Meerrettichwurzeln mit Unterteil und Blättern dargestellt sind;[1] dieses Motiv ziert aktuell das sprechende Wappen des Ortes (Stand 2023; Wappenregistrierung am 13. Mai 2003).

Darstellung

alternative Beschreibung
2019, vorne: silberner Meerrettich mit drei Blättern (Familienwappen Krenn; nach WMH, Nr. 119/12644)

Die Wappenfigur Meerrettich ist heraldisch stilisiert dem IdealbildW-Logo.png der walzenförmigen bzw. rübenkörperartigen PfahlwurzelW-Logo.png mit ästigen Seitenwurzeln und Wurzelfasern der gleichnamigen Kulturpflanze (Armoracia rusticana) innerhalb der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae) nachempfunden. Das Wurzelende zeigt in der Normalform zum unteren, der Wurzelansatz zum Stängel hin zum oberen Schildrand. Alle anderen Stellungen sollten gemeldet werden. Die Darstellung einer kompletten Meerrettichpflanze mit dem oberirdischen Pflanzenteilen (Blütenstand, volles Blattwerk et cetera) ist im Wappenwesen unüblich.

Gemeinhin erscheint die Meerrettichfigur mit heraldisch-stilisiertem, krautähnlichem Blattwerk bzw. mit Laubblättern, was in der Wappenbeschreibung zu melden ist, insbesondere wenn die Blätter eine andere Farbe als der Rest die Figur haben; falls relevant, kann die Blattanzahl angezeigt werden (zum Beispiel: silberne Meerrettichwurzel mit zwei grünen Laubblättern). Ist die Blattanzahl in der Wappenbeschreibung nicht ausdrücklich festgelegt, obliegt sie der künstlerischen Freiheit und sollte im Rahmen der Gesamtharmonie des jeweiligen Wappens aufgerissen werden (gewöhnlich erscheinen an einer Meerrettichwurzelfigur ein bis drei, seltener vier oder fünf Laubblätter). Die Meerrettichwurzelfigur erscheint bevorzugt in den heraldischen Metallen Silber und Gold oder in Naturfarbe bzw. in der eher unheraldischen Sonderfarbe Braun.

Meerrettichfiguren werden vorwiegend in Ein- oder Zweizahl in einem Wappen dargestellt, können aber auch in einer anderen Mehrzahl vorkommen. Sie finden sich eher selten (oder gar nicht) alleinstehend in einem Wappen, sondern meist zusammen mit anderen Wappenfiguren. Gelegentlich wird eine Meerrettichfigur mit einer zweiten Wappenfigur gekreuzt.

Symbolik

Innerhalb der Heraldik steht die Meerrettichfigur oft redend für den Namen eines Wappenführenden. Beispielsweise verweist die Meerrettichfigur in den Wappen von KřenekW-Logo.png, KřenovyW-Logo.png, KřenoviceW-Logo.png und im Familienwappen Krenn ausdrücklich auf einen entsprechenden Namensbestandteil („Kren-/Křen-“ = „Meerrettich-“).

Im mittelalterlichen Aberglauben und außerhalb der Heraldik hatte „der Kren, wohl wegen seines stechend scharfen Geruchs, dämonen- und hexenabwehrende Wirkung; man trug Meerrettich-Scheiben in halskettenförmigen Amuletten, die man womöglich noch hatte weihen lassen“; „Gläubige Christen gedachten der Leiden Jesu, indem sie ihren Gaumen mit beißend-scharfen Meerrettich-Zubereitungen peinigten.“[2]

Wappenbilderordnung

Weblinks

Commons: Meerrettich in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Seite „Křenovice (okres Přerov)“Behan ZW.jpg. In: tschechischer Wikipedia. Berarbeitungsstand: 4. Dezember 2022, 16:41 UTC. Abgerufen: 13. März 2023. URL: cs.wikipedia.org
  2. Beitrag „Meerrettich“ im Mittelalter-Lexikon. In: Mittelalter-Lexikon. Bearbeitungsstand: 29. September 2013. Abgerufen am 14. März 2023, 13:41 von https://www.mittelalter-lexikon.de/w/index.php?title=Meerrettich&oldid=26560.
  3. Jürgen Arndt und Werner Seeger (Bearbeiter) mit Wappenskizzen von Lothar Müller-Westphal: Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo. Zit.: WBO - Wappenbilder. Hrsg.: Herold, Verein für Heraldik Genealogie und verwandte Wissenschaften (= J. Siebmachers Großes Wappenbuch. B). 2., ergänzte und berichtigte Auflage. Band I. Bauer & Raspe, Inh. Manfred Dreiss, Neustadt an der Aisch 1996, ISBN 3-87947-110-X, S. 128 f. Tafel 32. Figur 2574 (447 S., zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner; Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890).