Alérion

Alérion (altnord. *arilōn, lat. aquilina, das ist „kleiner Adler“; frz.: alérion; engl. allerion) ist
- in der Heraldik ein Wappentier aus der Ordnung der gemeinen Figuren (im deutschen Sprachgebrauch teilweise gestümmelter Adler oder Stümmeladler genannt).
- allgemein ein Fabelwesen beziehungsweise mythischer Vogel (auch Avalerion, Valerion, Yllerion, Ylerion, Allerion, Ilerion oder anders geschrieben)
Darstellung
Der heraldischer Alérion erscheint erstmals ab dem 14. Jahrhundert[1] als „kleiner Adler“ ohne Schnabel und Fänge gewöhnlich mit seitlich ausgebreiteten (teilweise mit niedergeschlagenenen) Flügeln.
„Kleine Adler ohne Schnäbel und Füße mit nieder geschlagenen Flügeln und eignem Schwanz, werden genannt gestümmelte Adler, alérions, aquilae mutilae (..)“
„Ein Adler, dem die Fänge und manchmal (seit dem 16. Jahrhundert) auch der Schnabel fehlen, wird alérion genannt.“
Das Alérion-Motiv ist im französischsprachig geprägten Wappenwesen gebräuchlich, findet sich aber auch in anderen Wappenkulturen. Andere oder zusätzliche Verstümmelungen des Adlers sind nicht als Alérion zu melden, sondern sollten genau beschrieben werden. Viele Heroldsbilder eignen sich, um sie mit gestümmelten Adlern zu belegen (beispielsweise erscheinen drei gestümmelte Adler im Wappen Lothringens auf einem Schrägbalken).
Bedeutung
In der heraldischen Literatur gibt es eine Reihe von Mutmaßungen, welche Bedeutung gestümmelte Adler (Alérion) oder andere gestümmelte Figuren in Wappen besitzen. Beispielsweise gibt man an, daß sie Beizeichen seien; oder Siegeszeichen von Edelmännern über Feinde; oder einfacher und bequemer auf Heroldsbilder oder in der Helmzier anzubringen waren als vollständige Figuren; oder daß die Stümmelung Wappenminderungen für unritterlicher oder ehrlose Handlungen seien et cetera. Keine dieser Erklärungen ist befriedigend oder wissenschaftlich überzeugend verifiziert.
Abgrenzung
Heraldischer versus mythischer Alérion
Die heraldische Figur Alérion ist nicht dem gleichnamigen mythischen Vogel nachempfunden. Letzterer wird nach Florence McCulloch nicht in lateinischen Bestiarien[4] erwähnt, sondern zum Beispiel in dem französischen Bestiarium von Pierre de Beauvais und in dem Brief des Priesterkönigs Johannes
(Joannis presbiteri Epistola, 1165). Der mythische Alérion erscheint (größer) wie ein Adler, feuerfarben und seine Flügel sind rasiermesserscharf. Er ist angeblich der Herr über alle Vögel. Es existiert nur ein Paar auf der Welt. Wenn dieses 60 Jahr alt ist, legt das Weibchen zwei Eier, die 60 Tage lang ausgebrütet werden. Sobald die Jungen geschlüpft sind, fliegen die Eltern raus aufs Meer, stürzen sich in die Fluten und ertrinken. Andere Vögel kümmern sich um die Aufzucht der Alérion-Kücken, bis diese fliegen und sich selbst versorgen können.
Das mythische Alérion-Motiv sollte, wenn es in einem Wappen erscheint, immer als Vogelpaar dargestellt werden und in einer Form gemeldet werden, die eine Verwechslung mit dem heraldischen Alérion ausschließt. Wird in der Wappenbeschreibung der Ausdruck Alérion ohne Zusatz verwendet, ist die heraldische Figur darzustellen.
Alérion versus Aiglette
Die heraldische Figur Alérion ist von einem Adlerjungen (frz.: „aiglette“; engl.: eaglet) zu unterscheiden. Beide werden teilweise als „kleine Adler“ bestimmt; das Motiv Alérion erscheint jedoch im Gegensatz zum Motiv Aiglette in Wappen immer gestümmelt.
Andere Verstümmelungen
Der Adler erscheint in der Heraldik auch mit anderen Verstümmelungen (zum Beispiel ohne Adlerfänge und Adlerschwanz beziehungsweise „unterhalb gestümmelt“ wie im Wappen des Landkreises Heilbronn). Die genaue Form der Verstümmelung ist zu melden.
Wappenbilderordnung
- Alérion (=[Adler], ohne Schnabel, Beine und Schwanz) wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Teile lebender Organismen, Abnormitäten, Verstümmelungen unter der Nr. (4051)-787 aufgenommen.
Galerie
- Gestümmelter Adler in saarländischen Wappen
Literatur
- ↑ Leonhard, Walter: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung, Bechtermünz-Verlag 2003. ISBN 3-8289-0768-7. S. 203.
- ↑ Beckenstein, Johann Simon: Kurtze Einleitung zur Wappenkunst, und zur Art des Blasonirens: in deutlichen Exempeln gezeigt und in drey Sprachen deutsch, französisch und lateinisch erkläret. St. Petersburg. 1731.
- ↑ Galbreath, D. L.; Jéquier Léon: Handbuch der Heraldik. Augsburg 1990. S. 130.
- ↑ Anm.: Plinius der Ältere spricht beispielsweise lediglich von „kleinen, schwarzen, ungemein starken Adlern“ etc., aber nicht explizit von einem mythischen Vogel namens Alérion.
Weblinks

- Dizionario: alerione auf www.armoriale.it (italienisch)