Einhorn (Wappentier)

Das Fabeltier Einhorn (auch Monozeros, Monizirus, Monokeros, früher mißverständlich Rhinocerus, Rhinoceros oder ähnlich genannt; ahd. einhurno; mhd. einhorn, einhurne, einhürne, eingehürn; lateinisch unicornis, monoceros, griechisch μονόκερως monókeros; französisch licorne; englisch unicorn) ist in der Heraldik ein Wappentier, genauer: eine gemeine Figur, die im Wappenschild, im Oberwappen und als Schildhalter vorkommt.
Geschichte
Einhorn im Wappen des Dietmar von Aist:
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Wann genau die Einhornfigur zum ersten Mal in einem Wappen erscheint, ist unklar beziehungsweise nicht ausreichend erforscht. Jürgen E. Einhorn stellt 1970/1998 die These auf, dass das Wappen des donauländischen Minnesängers Dietmar von Aist die „frühest nachweisbare“ bildliche Darstellung der Wappenfigur Einhorn zeigt.[1] 2014 übernimmt Georg Scheibelreiter diese These, ohne sich auf Jürgen Einhorn zu beziehen. Jürgen E. Einhorn lässt bei seiner Einschätzung merkwürdigerweise Siegelbilder explizit außer Betracht, Scheibelreiter räumt dagegen ein, dass Einhörner auf Siegeln schon viel früher erscheinen:
„(Das Wappen des Dietmar von Aist in der Großen Heidelberger Liederhandschrift) dürfte eine der ersten Darstellungen des Einhorns auf einem Wappen überhaupt sein, nur auf Siegeln kennt man es schon vor 1300.“
Beispielsweise geht das aufgerichtete Einhorn im Wappen der Stadt Schwäbisch Gmünd auf einen Siegelabdruck von 1277 zurück, ein ebensolches im Wappen der benachbarten ehemaligen freien Reichsstadt Giengen auf ein Siegel aus dem Jahre 1293. Eine Darstellung des Wappens des Dietmar von Aist - in Blau (bzw. Rot) ein aufrechtes, silbernes Einhorn - ist sowohl im Codex Manesse (ca. 1300-1340) als auch in der Weingartner Liederhandschrift
überliefert (vermutlich um 1310-1320). Ob Dietmar dieses Wappen wirklich geführt hat oder ob man es ihm nachträglich zuschrieb, ist unklar. Nach einigen Autoren soll Dietmar um 1115 geboren und nach 1171 verstorben sein. Wenn man von diesen Lebensdaten und einer Wappenführung zur Lebenszeit ausgeht, ist die Einhornfigur schon im 12. Jahrhundert nicht nur als Siegelbild, sondern auch als Wappenfigur in einem Wappen möglich. Geht man nicht davon aus, ist offen, warum im 14. Jahrhundert sein Wappen mit Einhornfigur aufgerissen wird.
Tatsächlich scheinen Einhornfiguren im 14. Jahrhundert häufiger aufzutreten; man findet sie nicht nur im Codex Manesse oder der Weingartner Liederhandschrift, sondern auch in anderen Wappenquellen dieser Zeit. Beispielsweise kommt die Figur im Zusammenhang mit mindestens sieben Wappendarstellungen in der Zürcher Wappenrolle vor, mit einer im Wappenbuch von den Ersten, mit zweien im Armorial Bellenville, mit über ein Dutzend in der Wiener Handschrift der Arlberger Wappenbücher. Auch die Wappen mit Einhornfiguren, die 1305/1306 auf dem Wappenbalken aus dem Hause Loch in Zürich angebracht waren (Wappen der freien Herren von Reussegg, der Dienstmannen Rizner, der freien Herren von Tengen, der Dienstmannen von Iberg und der Dienstmannen von Hünenberg) zeugen davon, dass die Wappenfigur Einhorn spätestens ab dem frühen 14. Jahrhundert einen entsprechenden Wiedererkennungswert besitzt.
- Einhorn in der Zürcher Wappenrolle (Auswahl)
Wappen derer von Helmsdorf
, Nr. 58
Wappen der Grafen von Tengen
, Nr. 149
Wappen derer von Iberg
, Nr. 288
Wappen Ritter von Rümlang
, Nr. 502

Seit dieser Zeit ist die Einhornfigur in nahezu jeder bekannten Wappenkultur ein populäres Motiv, welches bis ins 21. Jahrhundert hinein bei Wappenneustiftungen immer wieder ausgewählt wird. Beispielsweise entwarf Gerald Metter in Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der GwF im September 2011 für die Gemeinde Breese in Anlehnung an das Wappen der Uradelsfamilie von Retzdorf ein Gemeindewappen mit Einhornfigur (Zustimmung des Brandenburgischen Landeshauptarchiv im Jahre 2012).[3]
Darstellung
Die Darstellung einer Einhornfigur ist in der Heraldik vielfältig. Wie der Vergleich zahlloser historischer Abbildungen von Wappeneinhornfiguren zeigt, wurde das Motiv im Laufe der Jahrhunderte nicht einheitlich aufgerissen. „Das“ heraldische Einhorn oder „die“ heraldischen Merkmale der Einhornfigur gibt es nicht, auch keine konsistenten oder zeitlosen heraldischen Regeln für die Gestaltung des Motivs. Seine Darstellung orientiert sich zwanglos an den überlieferten kryptozoologischen und mythologischen Abbildungen des gleichnamigen Fabelwesens, folgt einem Zeitgeist, einer lokalen Tradition oder der Phantasie des aufreissenden Wappenkünstlers.
Wird in der Wappenbeschreibung lediglich der Ausdruck „Einhorn“ verwendet, gilt das Motiv als „unbestimmt“, wodurch Wappenkünstler an keine exakt vorgegebene Ausprägung des Einhorns gebunden sind. Üblicherweise erfolgt die Darstellung des Einhorns in diesem Fall als huftierähnliches, vierbeiniges Fabelwesen mit einem Kopf, dessen Stirnmitte ein Horn ziert. Im Detail und je nach Aufriss können alle Einhornattribute recht willkürlich zusammengestellt sein. Bei „unbestimmten Einhornfiguren“ varieren ihre Merkmale beispielsweise zwischen folgenden Extremen:
Horn | Obligatorisch für eine Einhornfigur ist selbstredend ein langes, spitzes Horn (nicht zwei oder mehr), welches von der Stirn stets nach vorne gerichtet, gewöhnlich in sich gewunden, teils gerade, teils wellen- oder bogenförmig gekrümmt aufgerissen wurde und wird.
– Carl Alexander von Volborth (1996)[4]
– Siebmacher/Gritzner (1889)[5] Der Heraldiker Gert Oswald stellte die unbegründete Annahme an, dass die Einhornfigur „mit langem, in der älteren Zeit gebogenem, in der neueren mit geradem Horn auf der Stirn“ dargestellt wird.[6] In Wirklickeit sind aber Einhornfiguren „mit geradem“ und „mit gebogenen Horn“ sowohl im älteren wie im neueren Wappenwesen nachweisbar. |
Körper, Gestalt, Leib | Randbemerkung ![]()
– Curt Oswalt Edler von Querfurt (1872)[9]
– Ralf von Retberg (1884)[10]
– Carl Alexander von Volborth (1996)[4]
– Georg Scheibelreiter (2006)[11]
– Georg Scheibelreiter (2014)[2] |
Bart, Mähne | Es sollte stets gemeldet werden, ob eine Einhornfigur mit oder ohne einem auffällig ziegenartigen![]()
– Georg Scheibelreiter (2006)[11] Der Heraldiker Volborth kolportiert, dass die Einhornfigur im Normalfall mit einem Ziegenbart dargestellt wird, in älteren Abbildungen aber nicht:
– Carl Alexander von Volborth (1996)[4] Eine exakte zahlenmäßige und zeitbestimmte Auflistung aller bartlosen gegenüber aller bebarten Einhornfiguren gibt es Stand 2021 jedoch nicht; nachweisbar besitzen nicht nur in „sehr alten Abbildungen“ Einhornfiguren keinen Bart, sondern auch in „sehr neuen“; ein Norm gibt es hierfür nicht. |
Hufe, Klauen | Viele Autoren berichten, dass die Hufe der Einhornfigur „gespalten“ sind, was den Schluss nahelegt, dass sie das Einhorn für einen Paarhufer![]()
– Siebmacher/Gritzner (1889)[5]
– Georg Scheibelreiter (2006)[11] Andere Autoren verweisen darauf, dass die Hufe der Einhornfigur zwar gespalten sind, dass sie aber in alten Darstellungen „Pferdehufe“ besitzt, was den Schluss nahelegt, dass man früher im Gegensatz zu heute das Einhorn für einen Unpaarhufer
– Carl Alexander von Volborth (1996)[4] Hildebrandt betont dagegen, dass die Einhornfiguren nicht nur mit Hufen, sondern auch mit „(gespaltenen) Klauen“ abgebildet sind und es keinen Standard für die Gestaltung der Füsse einer Einhornfigur gibt.
– Adolf Matthias Hildebrandt (1897)[12] |
Schwanz | Auch der Schwanz/Schweif der Einhornfigur wird nicht einheitlich bestimmt. Einige Autoren sprechen von einem Löwenschwanz, andere von einem Pferde- oder Kuhschweif, mal soll er „buschelförmig“ oder „buschig“ sein, mal ein „kurzes Schwänzchen“, dann wieder „lang“:
– Ralf von Retberg (1884)[10]
– Siebmacher/Gritzner (1889)[5]
– Adolf Matthias Hildebrandt (1897)[12]
– Carl Alexander von Volborth (1996)[4]
– Georg Scheibelreiter (2006)[11] |
Tinigerung
Die Einhornfigur wird bevorzugt in Silber/Weiß tingiert („da man das Einhorn für die reinste aller Kreaturen hielt, glaubte man, daß seine natürliche Farbe Weiß sei“)[4]; danach in den heradischen Farben/Metallen Schwarz, Rot und Gold, nur vereinzelt in Grün oder Blau. Nach Retberg präferierte man im 14. Jahrhundert die Farbkombinationen silbernes Einhorn im roten oder blauen Feld/Schild, seltener ein rotes Einhorn im silbernen Feld/Schild oder ein blaues im goldenen.[10] Alle Bewehrungen, also Horn, Hufe, Zunge, aber auch die Mähne können in einer abstechenden Tinktur zum übrigen Körper tingiert werden, was entsprechend zu melden ist. Nach Oswald sind „Horn und Klauen (..) meist abstechend tingiert“.[6] Leonhard legt nahe, ein silbernes Einhorn golden zu bewehren („.. seine Farbe ist Silber, die Farbe der Unschuld, golden die Farbe der Bewehrung einschließlich Mähne und Schweif“)[13].
Haltung/Darstellungsweise der Einhornfigur


Wo heuztutage Einhorne in Wappen erscheinen, kommen sie in nahezu jeder Haltung vor, wie sie bei verwandten Wappentieren (Pferd, Hirsch, Steinbock) gebräuchlich ist (steigend/aufgerichtet, schreitend, springend, stehend, liegend/ruhend und so weiter). Im Vergleich dazu bestimmte Maximilian Gritzner im Jahre 1889 lediglich drei/vier Darstellungsformen der Einhornfigur (aufrecht, schreitend, springend und in vollem Lauf)[5]:
„Einhorn (Tafel XXI Figur 42, Tafel XXII. Figur 1 bis 6.)
(..) kommt sehr häufig theils aufrecht (Tafel XXI Figur 42, Tafel XXII. Figur 1. und 2.), theils schreitend (Figur 3.) theils springend (Figur 4.), aber auch in vollem Lauf (zum Beispiel im Wappen der Freiherren von Horn in Bayern) vor (..)“
Undifferenzierte oder pauschalisierende Aussagen wie „auf dem Schild wird das Einhorn durchweg steigend (?) abgebildet“[2], wie sie bei Scheibelreiter und anderen neueren Autoren gelegentlich vorkommen, sind problematisch, wenig plausibel und grundsätzlich zurückzuweisen. Bei kritischer Betrachtung sämtlicher überlieferter Quellen führen sie gewöhnlich zu Widersprüchen. Folgt man Scheibelreiters Behauptung, so führt das beispielsweise zu dem Widerspruch, dass die auf einem Vierberg stehende (sic!) Einhornfigur im Wappenschild derer von Gachnang (Zürcher Wappenrolle, Nr. 147) ebenfalls als „steigend“ (?) blasoniert werden müsste, was wenig Sinn macht.
Worauf Scheibelreiter oder andere mit solchen leichtfertigen Äußerungen womöglich aufmerksam machen wollen, ist der Umstand, dass man in der Frühzeit des Wappenwesens die Haltung der Einhornfigur gewöhnlich dem gegebenen Raum innerhalb der Feld-/Schildesränder anzupassen versuchte, indem man sie sich bäumend, auf den Hinterfüssen aufgerichtet, schreitend oder ähnlich zeichnete; laufende, liegende oder ähnliche Einhörner, die notgedrungen mit mehr oder weniger großen Freiflächen im Schild/Feld auftreten, sind dagegen für diese Zeit eher als heraldisch-ungewöhnlich oder als Ausnahmen zu betrachten.
Aufgerichtetes Einhorn
Randbemerkung
In der Früh-/Blütezeit des Wappenwesens differenzierte man grundsätzlich nicht zwischen „springenden“, „aufrechten“ und „laufenden“ Einhornfiguren und überlies die genaue Gestaltung aufreissenden Wappenkünstlern.
Ein „aufrechtes Einhorn“ (auch „steigendes Einhorn“ oder ähnlich genannt) erscheint im Profil mit zwei angehobenen Vorderbeinen. Die Position der Hinterbeine variiert je nach Zeitgeist und regionalen Gepflogenheiten: die Einhornfigur kann auf beiden -- weit auseinander gestellten -- Hinterbeinen stehen (Normalfall) oder nur auf einem Hinterbein, das andere „wie zum Kampf erhoben“; der Ausdruck „aufrecht“ ist weit verbreitet und vor allem in frühen Blasonierungen überliefert. Diese Stellung ist über alle Wappenzeiträume für Einhornfiguren beliebt.
1450-1480: Wappen der Familie von Nußdorfer
Springendes Einhorn
Ein „springendes“ oder „aufspringendes Einhorn“ erscheint in einem Wappen mit einem schrägrechts oder schräglinks gestreckten Körper, wobei sich die beiden Vorder- und beiden Hinterbeinen (jeweils eng beieinander) idealerweise in der Luft befinden. Springende Einhornfiguren werden ähnlich wie „aufrechte Einhorne“ (also nur mit den Vorderbeinen in der Luft, mit den Hinterbeinen auf dem Boden, siehe oben) oder wie „laufende“ (siehe nachstehend) aufgerissen.
Laufendes Einhorn
Ein „laufendes Einhorn“ („Einhorn in vollem Lauf“) erscheint in einem Wappen mit einem waagerecht langgestreckten Körper, wobei sich idealerweise alle vier Beine in der Luft befinden.
Einhorn im vollem Lauf (Wappen der Freiherren von Horn
, Bayern; Reichsadelsstand 1783)
Schreitendes Einhorn
Ein „schreitendes Einhorn“ erscheint gewissermaßen „gehend“, wobei im Normalfall das rechte Vorderbein angehoben ist und alle anderen drei auf dem Boden stehen (ein linkes erhobenes Vorderbein sollte gemeldet werden).
Stehendes Einhorn
Ein „stehendes Einhorn“ erscheint mit allen Vieren (Vorder- und Hinterfüssen) auf dem Boden. Diese Haltung ist im Wappenwesen eher selten.
Sitzendes Einhorn
Ein „sitzendes Einhorn“ erscheint mit eingeknickter Hüfte auf seinen Hinterbeinen „hockend“, mit den beiden ausgestreckten Vorderbeinen dagegen auf dem Boden stehend. Diese Haltung ist im Wappenwesen eher selten.
Liegendes Einhorn
Ein „liegendes Einhorn“ (auch „ruhendes Einhorn“ genannt) erscheint im Normalfall auf allen Vieren liegend; ist bei einer liegenden Darstellungsweise ein Bein erhoben, sollte dies gemeldet werden. Der Kopf erscheint bei in dieser Haltung gewöhnlich aufgerichtet und nach heraldisch rechts gerichtet; ein wider- oder hersehender Kopf sollte angezeigt werden. Ein liegendes, widersehendes Einhorn ist beispielsweise im Wappen von Menaldumadeel nachweisbar.
Hier: Liegend und widersehend (Wappen von Menaldumadeel
)
Oberhalbes Einhorn

Die Figur Einhorn ist auch als Halbfigur im Wappenwesen gebräuchlich (angezeigt zum Beispiel als „oberhalbes“ oder „halbes“ gegebenenfalls auch als „wachsendes“ Einhorn, vermutlich weil die obere Hälfte eines Einhorns mit zum Sprung gestellten Vorderbeinen betont kriegerisch wirkt (zum Beispiel im Schild und Oberwappen der Herren von Rümlang).
„(..) Figur 5. zeigt 1⁄2 Einhorn, Figur 6: zwei „abgewendete" Einhornrümpfe (..)“
- Halbes Einhorn
Einhornkopf/Einhornrumpf
Zwischen Einhornkopf und Einhornrumpf wird im Wappenwesen teilweise nicht konsistent differenziert (weder in der heraldischen Darstellungen noch im Blason), so dass die Beschreibungen dieser Figuren und ihre Wappenaufrisse manchmal nicht übereinstimmen. Ein Einhornkopf, komplett ohne Hals, ist jedoch eher die Ausnahme. Allgemein gilt, dass ein Einhornrumpf im Gegensatz zum Einhornkopf mit einem längeren Stück des Halses -- jedoch ohne Vorderbeine -- erscheint.
Einhornkopf/Einhornrumpf besitzen, wenn nichts Besonderes gemeldet wird, am unteren Ende eine gerade bzw. glatte Schnittkante-/linie („abgeschnittener Einhornkopf/Einhornrumpf“); ein Einhornkopf/Einhornrumpf ohne glatte Schnittkante kann man beispielsweise als „→abgerissen“ in der Wappenbeschreibung anzeigen. Insgesamt ist der Blason (also die Beschreibung des Wappens) ausschlaggebend, nicht ein konkreter Wappenaufriss.
Goldgehörnter roter Einhornrumpf (Opfenbach
)
Gekrönter Einhornrumpf mit Ring am Horn (Schondorf am Ammersee
)
Einhorn als Schildhalter
Das heraldische Einhorn erscheint in zahlreichen Wappen als Schildhalter.
„Während das Einhorn als Wappenbild seltener vorkommt (..) wurde es oft als Schildhalter verwendet, zum Beispiel Weiß mit einer goldenen Krone um den Hals und herabhängender Kette als Schildhalter des Staatswappens von Großbritannien.“
Wappen mit Einhorn als Schildhalter (Auswahl) | ||
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Bekannt wurde die Einhornfigur im Wappen des Vereinigten Königreichs als Schildhalter mit Krone (gekrönt). Sie wurde als Wappentier Schottlands unter James I. (1603-1625) nachträglich in das englische Wappen übernommen.[1] | ||
Auch wird das Einhorn mit einer langen Kette am Halsband (gekettetes Einhorn) dargestellt. Beispiel ist das Wappen Kanadas. Nach dem Adelsbrief von 1793 von Kaiser Franz II. ist es ebenfalls Schildhalter. Im kanadischen Wappen ist links ein Einhorn als Schildhalter das Panier mit den zwei über eins in blau gestellten franz. Lilien haltend. |
Varianten
Die Grundform der Einhornfigur wurde im Laufe der Jahrhunderte manchmal verändert. Beispielsweise erscheint sie zuweilen mit einem Fischschwanz (fischgeschwänzt) bzw. als sogenanntes Seeeinhorn in einem Wappen. Alle Merkmale einer „besonderen“ Einhornfigur sind in einer Wappenbeschreibung zu melden.
Einhornartige Varianten/Abarten (Auswahl) | ||
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Das Fabelwesen „Zweihorn“ oder „Pirassoipi“ (oder ähnlich genannt) kann auch als ein „Einhorn mit zwei Hörnern“ („arabisches Einhorn“) gedeutet werden. | ||
Odontotyrannos, Dreihorn | Das Fabelwesen „Dreihorn“ oder „Odontotyrannos“ (oder ähnlich genannt) kann auch als ein „Einhorn mit drei Hörnern“ gedeutet werden. | |
Das „Seeeinhorn“, auch „Einhornfisch“ genannt, ist eine sehr seltene Abart des Einhorns. | ||
Heraldisches Flügeleinhorn | Ein Einhorn, welches Flügel besitzt, kann als „geflügeltes Einhorn“ gemeldet werden. Ein derartiges Motiv erscheint zum Beispiel im Wappen von Brailly-Cornehotte![]() |
Verbreitung
Wappen mit Einhornfiguren verbreiten sich seit der Blütezeit der Heraldik nahezu in jedem Wappenkulturraum (in dem einen früher, in dem anderen später). Viele wichtige Personen und bekannte Familien führten und führen in ihrem Wappen in der einen oder anderen Form ein Einhorn, neben Dietmar von Aist darunter zum Beispiel (willkürliche Auswahl): Hans Baldung, Friedrich Schiller, die Familien Barby
, Strölin, Sentlinger/Sendlinger
, Gall, Waldenfels
, Clairaunay, Mont und Egenhofer, Perwang, Perkhofer, Helmsdorf
et cetera. Nach Bernhard Peter erscheinen allein im Neuen Siebmacher und der Deutschen Wappenrolle (Band 1 bis 63) schon 1153 Wappen mit einer Einhornfigur,[15] davon sind beispielsweise 40 einer kroatischen Wappenkultur zuzuordnen, 56 einer ungarischen, 17 eine siebenbürgischen und so weiter.
Wappen mit Einhorn (willkürliche Auswahl) | ||
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Gringalais le Fórt![]() |
Einhorn im Fantasiewappen von Guiglain: Guiglain (auch Sir Gingalain oder Le Bel Inconnu, ‚Der schöne Unbekannte‘ genannt), der im Kontext der Artusepik![]() ![]() |
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Dietmar von Aist![]() |
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Konrad III. der Sentlinger![]() |
Einhorn im Wappen Sentlinger/Sendlinger![]() |
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Hans Baldung![]() |
Einhorn im Familienwappen von Hans Baldung![]()
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Im Wappen des Dichters Friedrich Schiller ist es im Feld und im Oberwappen emporwachsend.
Quelle: Österreichisches Staatsarchiv |
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John Parish von Senftenberg![]() |
John Parish von Senftenberg führte in Rot drei silberne Einhornköpfe 2-über-1 in seinem Wappen.
Quelle: Österreichisches Staatsarchiv |
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Grafen von Kolowrat![]() |
Ein Einhorn erscheint im Wappenderivaten der Grafen von Kolowrat, zum Beispiel im Wappen der Grafen Kolowrat-Krakowsky, Freiherren auf Ugezd, als solches auch bei Alois Josef Krakovský von Kolowrat![]() |
Bei Bernhards Zählung sind die vielen internationalen Kommunalwappen, Landeswappen, paraheraldischen Wappen et cetera nicht berücksichtigt, die ebenfalls in der einen oder anderen Form, teilweise seit Jahrhunderten eine Einhornfigur im Wappen führen (beispielweise erscheint das Einhorn traditionell in den Wappen von Schwäbisch Gmünd, Giengen an der Brenz, Tengen, Seefeld in Tirol, Bludenz und so weiter, und so fort. Zahlreiche dieser Wappen mit Einhornfiguren (aber längst nicht alle) sind in Wikimedia Commons gesammelt (vgl. nachstehende Tabelle).
Mythologie und Symbolik
Der Glaube an dieses Tier ist sehr alt und verbreitet. Aristoteles und Plinius der Ältere berichten schon viel von diesem Tier, ehe es jemals jedoch gesehen zu haben. Als Lebensraum wurde Indien und auch Afrika angenommen. In Sammlungen war häufig der Stoßzahn des Narwals als Horn des Tieres gezeigt worden. Daraus sind viele die Sagen über das Einhorn entstanden.
In der christlichen Welt ist es zum Sinnbild Christi geworden und steht für die Reinheit und Jungfräulichkeit der Marien. Als Symbol der königlichen Rechtsprechung hat das Einhorn Eingang in die Heraldik gefunden.[13]
Wappenbilderordnung
- Die Figur Einhorn wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Fabelwesen: Andere Doppeltiere und fantastische Zusammenstelllungen unter der Nr. 6671 aufgenommen.
Weblinks

- Einhörner in Wappen, dezidierte Auflistungen, wo in der Welt ein Einhornwappen zu finden ist.
- Einhorn im Wappen der Familie von Restorf
- → Wikipedia: Einhorn
- unicorn. Internet: mistholme.com. Erstellt: 8. Juni 2014. Abgerufen: 12. März 2021 (englisch)
Literatur
- Philipp Jacob Spener: Insignium theoria: seu operis heraldici pars generalis [..]. Band 2. 1717. S. 238, Tafel 12. (Google)
- Liselotte Wehrhahn-Stauch:
. In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. IV (1958), Sp. 1504–1544. In: RDK Labor - Permanetnlink. 10. Februar 2021. Abgerufen: 09. März 2021
- Rüdiger R. Beer: Einhorn - Fabelwelt und Wirklichkeit. München, 1972
- Hans-Ulrich Herzog: Flaggen und Wappen (= BI-Taschenlexikon). VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1980.
- Buben, Milan: Heraldik. Prag. 1986. Seite 43.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Jürgen E. Einhorn: Spiritalis unicornis. Das Einhorn als Bedeutungsträger in Literatur und Kunst des Mittelalters. 2. Aufl. München, 1998. S. 177, 546 ff. (zugleich Kiel, Univ. Diss., 1970). ISBN 3-7705-3143-4
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Georg Scheibelreiter: Wappen im Mittelalter. Primus Verlag; Imprint der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft [WBG], Darmstadt 2014, ISBN 978-3-86312-025-2, S. 94–97.
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Genehmigungsbrief. Potsdam, 14. November 2012
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 Carl Alexander von Volborth: Fabelwesen der Heraldik. in Familien- und Städtwappen. Belser AG für Verlagsgeschäfte & Co. KG, Stuttgart, Zürich 1996, ISBN 3-7630-2329-1, S. 56–61.
- ↑ 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 98. Tafel 21, Figur 42; Tafel 22. Figur 1. bis 6. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
- ↑ 6,0 6,1 6,2 Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 112 (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).
- ↑ Arthur Charles Fox-Davies: A Complete Guide to Heraldry. Avenel, NJ: Gramercy Books. 1909/1978. Seiten 219-221. ISBN 0-517-26643-1. (Digitalisat; englisch)
- ↑ Kristine Greßhöner: Das Einhorn in der Heraldik - Über Herkunft, Mythos und Bedeutung eines Wappentieres. Studienarbeit. Norderstedt, 2004. ISBN 978-3-640-67845-7
- ↑ Querfurt, Curt Oswalt Edler von: Kritisches Wörterbuch der heraldischen Terminologie. Nördlingen: Beck. 1872. Neudruck: Wiesbaden: M. Sändig. 1969. Seite 90.
- ↑ 10,0 10,1 10,2 Ralf von Retberg: Die Geschichte der deutschen Wappenbilder. Aus Ralf von Retbergs Nachlasse. 1884. Posthum in: Jahrbuch der k.k. heraldischen Gesellschaft Adler zu Wien. XIII./XIV. Jahrgang. Wien 1886/1887. Seite 71.
- ↑ 11,0 11,1 11,2 11,3 Georg Scheibelreiter: Heraldik. Oldenbourg Verlag, Wien 2006, ISBN 3-7029-0479-4, S. 68.
- ↑ 12,0 12,1 Adolf Matthias Hildebrandt: Heraldisches Musterbuch. Für Wappenbesitzer, Kunstfreunde, Architekten, Bildhauer, Holzschneider, Graveure, Wappenmaler, Dekorateure usw. 3. Auflage. Hofenberg, Berlin 1897, S. 25, Tafel 12. und 13. (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020] Nachdruck der 3. durchges. Aufl. von Mitschler & Röster, 1897; 2013, Books on Demand; ISBN: 3843070156; ISBN-13: 978-3843070157 bei Contumax).
- ↑ 13,0 13,1 Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung. Callway, München 1978, ISBN 3-8289-0768-7, S. 85, 91, 239, 242 ff. (Genehmigte Lizenzausgabe für Weltbild Verlag GmbH: Bechtermünz, Augsburg 2000).
- ↑ Blason: In Rot ein vorderhalber silberner Einhornrumpf, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken das silberne, rotgezungte Einhorn wachsend. Anmerkung: im K. v. K. sind es ein Steinbocksrumpf und ein wachsender Steinbock.
- ↑
Bernhard Peter: Gute heraldische Praxis: Motive und Schildbild – Erstellt: 2004, 2011; Abgerufen: 13. März 2021