Seepferd (Wappentier)
Die Wappentiere
- (Heraldisches) Seepferd (Hippokamp)
- (Natürliches) Seepferdchen
sind in der Heraldik zwei seltene und unterschiedliche gemeine Figuren, die ihrerseits in unterschiedlichen Ausprägungen erscheinen. Beide Wappenfiguren haben keine oder nur wenige Gemeinsamkeiten.
In Wappenbeschreibungen ist zu differenzieren: Das „heraldische Seepferd“ wird gewöhnlich ohne den Zusatz „heraldisch“ genannt; das „natürliche Seepferd“ sollte explizit als solches gemeldet werden. Es empfiehlt sich in beiden Fällen, alle besonderen Attribute der Figuren exakt zu bestimmen. Insgesamt ist der Blason (also die Beschreibung des Wappens) ausschlaggebend, nicht die konkrete Darstellung.
Seepferd
Das „(heraldische) Seepferd“, welches vom „natürlichen Seepferdchen“ zu unterscheiden ist, ist ein Wappentier, das im Wappen oder Oberwappen mit einem Pferdevorderteil und mit einem Fischschwanz dargestellt wird. Man nennt es auch Hippokamp. Diese Figur ist, wie viele Wappentiere dieser Art, ein fiktives Tier (Fabeltier). In der Heraldik kann es gekrönt und auch halsgekrönt sein. Halsgekrönt bedeutet, eine Krone ist über den Hals des Tieres gezogen. Das Fabeltier Seepferd ist auf einem gefundenem Mosaik in Bath und an anderen Orten nachweisbar. Im Römischen Reich verschönte man die Hygieneräume mit dem Seepferdmosaik.
Die Seepferdfigur besitzt in der Wappenkunst dieser Länder oft keine Pferdebeine und keine Hufe, sondern Vogelschenkel, Vogelfüße und Vogelkrallen mit breiten Schwimmhäuten, die wie eine Mischung aus Adlerkrallen und Schwanenfüßen anmuten. Ein Beispiel für diese Darstellung, die in deutschen Heraldik unüblich ist, findet sich in Fairbairn’s Book of Crests, Plate 46 (Figure 2). Nach Siebmacher und DWR erscheint eine Seepferdfigur in den Wappen: Falkenhayn, Perger, Meermols, Gessenberg, Goedtkens, Gymnicus (2 x), Leijonanker, Ortner, Vormehren.
„Seepferd: (Tafel XXVI. Fig. 13.) d. h. ein Pferd mit Schwimmflossen statt der Hufen und emporringelnden Fischschweif ist selten.“
(Leitheim)
1909: Anglo-amerikanische Variante eines Seepferdes (nach Arthur Charles Fox-Davies)
Manchmal erscheint in einem Wappen ein Fabeltier, das einem Seepferd ähnelt, aber statt eines fischartigen Schwanzes den einer Schlange oder eines Drachen besitzt. Beispielsweise sind die zwei Pferdefabelwesen im Wappen von Schillingen einem vorheraldischen Artefakt nachempfunden, deren Schwanzteile nicht eindeutig fischartig ausgeprägt sind, sondern Pfeilspitzenden besitzen.
Geflügeltes Seepferd
Die Seepferdfigur wird gelegentlich geflügelt dargestellt, was zu Verwechslungen mit dem heraldischen Flügelpferd führen kann.
Geflügeltes Seepferd im Familienwappen Mathesius
Seepferd als Schildhalter
Zuweilen erscheint eine Seepferdfigur als Schildhalter. Als Schildhalter ist das Seepferd (englisch Seahorse) beispielsweise in der neueren anglo-amerikanischen Heraldik und der dortigen Studentenheraldik ein beliebtes Motiv.
Zwei Seepferde als Schildhalter (Newcastle upon Tyne)
Zwei Seepferde als Schildhalter im Wappen von Almere
(Belfast)
Fehldeutung
Die Fehlinterpretation fischschwänziger Phantasiewesen wie der Seepferdfigur ist insbesondere bei einer geringen Überlieferungsdichte von Vergleichsaufrissen eines Wappens zu erwarten. In diesem Kontext sei darauf verwiesen, dass der Heraldiker Gustav Adelbert Seyler im Neuen Siebmacher die Wappenfigur im Wappen der Familie von Gessenberg/Gössenberg irreführend als „Seepferd (alias Nesselwurm)“ bezeichnete, obschon diese Familie tatsächlich einen See-Eber im Wappen führte. Seiner Fehlinterpretation fügte Seyler eine Wappenskizze mit einer unpräzisen Wappenfigur bei, die dem Augenschein nach irgendetwas zwischen „Seepferd“, „Seehase“ und „See-Eber“ zu sein scheint.
Seepferdchen
Das Seepferdchen ist in der Heraldik eine gemeine Figur, die dem zu den Seenadeln gehörenden natürlichem Seepferdchen (Hippocampus) nachempfunden ist. Die Figur wird vergleichsweise wenig heraldisch stilisiert. Ihre Darstellung orientiert sich an der Grundform und der Körperhaltung des natürlichen Vorbildes. Der Schwanz ist leicht geringelt. Die Rückenflosse erscheint übertrieben groß (im Vergleich zum Rest der Wappenfigur). In Wappenbilderordnungen folgt die Figur nicht der biologischen Taxonomie, sondern wird der Gruppe der Fische zugeordnet. Das Motiv ist in den Wappen von Küstenstädten zu finden, erscheint aber auch in Familienwappen (zum Beispiel im Wappen der Familie Hänecke aus Samswegen, eingetragen am 20. Dezember 1971 in der Deutschen Wappenrolle unter der Nr. 6578/71 und im Wappen der Familie Marre aus Dortmund, eingetragen am 15. Oktober 1992 in der Deutschen Wappenrolle unter der Nr. 9535/92).
Wappenbilderordnung
- Das (heraldische) See-Pferd wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Fabelwesen: Tiere mit Fischleib, Fischschwanz unter der Nr. 6241 aufgenommen.
- Das Seepferdchen wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Fische unter der Nr. 3739 aufgenommen.
Symbolik
Als Symbol für eine erreichte Schwimmstufe wird das Seepferdchen dem erfolgreichen Schwimmer überreicht.
Paraheraldik
Sowohl das „Seepferd“ als auch das „Seepferdchen“ können als Motiv in der Paraheraldik erscheinen.
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Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie ( M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.
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