Efeu (Heraldik)

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Efeu
 
Drei Efeublätter (Wappen Eroli)
 
„Efeubaum“ im Großen Wappen von Amiens
Trivialnamen
Es gibt zahlreiche lokale Bezeichnungen beziehungsweise TrivialnamenW-Logo.png für Efeu, darunter zum Beispiel:
  • Abheu (alemannisch)
  • Äbheu (alemannisch)
  • Baumwinde
  • Boumwinde (mittelhochdt.)
  • Ebch
  • Ebheu (frühhochdeutsch)
  • Ebich
  • Ebix
  • Ebsch
  • Ewek
  • Ewich
  • Ewisch
  • Ewix
  • Ebx
  • Epheu (frühhochdeutsch)
  • Eppich
  • Gemeiner Efeu
  • Gewöhnlicher Efeu
  • Ifflōf (mittelniederdt.)
  • Iwlōf (mittelniederdt.)
  • Kletterer
  • Laubheu
  • Räbheu (alemannisch)

Efeu (ahd. ebihouwi, ebhouwe, ebihewe, ebah, ebahi, ebahboum, ebboum; mhd. ebehöu, ephöu; lateinisch hedera; französisch lierre; englisch ivy; italienisch edera, ellera) als ganze Pflanze sowie alle Teile des Gemeinen EfeusW-Logo.png (hedera helix) erscheinen in der Heraldik als Wappenfiguren in vielfältiger Weise. Sie werden in der Regel als gemeine Figuren aufgefasst und in Wappenbeschreibungen zum Beispiel als Efeu(pflanze), Efeuranke, Efeublatt oder ähnliches gemeldet.

Geschichte

1282: Efeuranken in den Freiflächen neben zwei Frauengestalten (Siegel der Margarete von Sponheim; geborene Margarete von Heimbach/Hengstbach genannt Hoen zu Lövenich; nach Korrespondenzblatt von 1862)[1]

Wann genau Efeumotive zum ersten Mal Eingang ins Wappenwesen fanden, ist unklar beziehungsweise nicht ausreichend erforscht. Belegbar ist, dass in der Früh-/Blütezeit der Heraldik (und vermutlich auch vorher) Freiflächen von Siegeln mit Darstellungen unter anderem von Arabesken, ornamentalem Blattwerk, Weidenruten und eben Efeubäumen/-ranken ausgefüllt wurden. Beispielsweise deuten die Autoren des Korrespondenzblatts die zwei Arabesken in der Freifläche neben zwei Frauengestalten des Siegels der Margarete von Sponheim (geborene von Heimbach/Hengstbach, genannt Hoen zu Lövenich) von 1282 als Efeuranken.[1] Das arabeske Siegel-/Wappenbeiwerk, welches eigentlich aus Gründen der Ästhetik angebracht wurde, konnte in Einzelfällen sukzessive zu einem wesentlichen Bestandteil eines Wappens werden.

Efeu im Wappen Amiens

Beispielsweise erfuhr das Wappen der Stadt AmiensW-Logo.png im Laufe seiner Geschichte viele Veränderungen. Seine Darstellung lehnt sich an ein Schöffensiegel an, welches Philipp II.W-Logo.png 1185 der Stadt verliehen hatte. Das untere Feld des Wappens war ursprünglich ledig beziehungsweise vollständig in Rot tingiert. Dann damaszierte man es mit Arabesken und später besetzte man es mit zwei „Weidenruten/-zweigen“, mit einem „Efeubaum“, mit einem Lorbeerkranz, mit einem Baumstumpf, zuletzt wieder mit einem „Efeubaum“ (zwischendurch fehlte ein Schildhaupt und der Schild zeigte ein Lamm mit Osterfahne).

Efeu im Wappen Güstrow

1293: Stier vor „Efeuranke“? (Wappen Güstrow; nach einem Siegel bzw. nach Siebmacher von 1883)[2]
alternative Beschreibung
ca. 1521-23: Wappen Güstrow mit Stier (Wolf?) vor Rosenstock mit 5 silbernen Rosen

Arabeskes Siegel-/Wappenbeiwerk, welches ursprünglich lediglich dazu diente, Siegelfreiflächen zu verschönern, wurde auch im Wappen GüstrowsW-Logo.png sukzessive zu einem wesentlichen Wappenbestandteil. Das Wappen beruht unter anderem auf einem überlieferten Stempelabdruck an einer Urkunde aus dem Jahre 1293, auf dem als zentrale Figur ein Stier vor einem heraldisch-sphra­gis­tisch nebensächlichen Rankenornament erscheint. Die Autoren des Neuen Siebmacher hielten es 1883 für möglich, dass das Rankenornament „Epheu“ darstellt (wofür der Augenschein spricht). Auf Sektretabdrücken zwischen 1367 und 1394 erscheint nicht mehr die „Efeuranke“ mit sechs ganzrandigen „Efeublättern“, sondern eine „Rosenranke mit Rosenblüten“. In der aktuellen Beschreibung des Güstrower Wappens (Stand 2020) wird das den Stier begleitende Motiv weder Efeu- noch Rosenranke genannt, sondern als nach rechts gelehnter grüner „Baum“ angezeigt, der oben mit vier fünfzackigen Blättern, unten mit einem fünfzackigen und einem dreizackigen Blatt ausgestattet ist[3]. Dieser sogenannte „Baum“ selbst ist in dem aktuellen Güstrower Wappen nicht mehr nebensächlich, sondern neben dem Stier ein zweites essenzielles Wappenelement.

Darstellung

Die Heraldiker Maximilian Gritzner und Walter Leonhard schränkten in der Vergangenheit Efeufiguren unnötigerweise auf die Motive „Efeuranke“ und „Efeublatt“ ein:

Epheu (Tafel XXIII. Figur 70.): sowohl in Ranken, wie auch nur in einzelnen Blättern vorkommend, zum Beispiel im Wappen der von Boslar(n) in Bayern.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[4]

„Vom Efeu sind nur Ranken und einzelne Blätter bekannt.“

Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst (1978/2000)[5]

Grundsätzlich können in Wappenbeschreibungen aber auch andere Efeuformen gemeldet werden. Beispielsweise unterscheidet sich die heraldische Darstellung einer schild-/felddeckenden Efeupflanze mit vier oder mehr SprossachsenW-Logo.png (in der Heraldik als „Ranken“, „Lianen“ oder ähnliches bezeichnet), wie sie in der Wappenbilderordnung des Herold unter der Nr. 2223 gezeigt wird, signifikant von der Darstelllung einer einzelnen „Efeuranke mit drei Blättern“ wie sie Leonhard in seinem Werk zeigt. Damit die Wappenbeschreibung eindeutig ist und alle heraldische Zeichner die signifikanten Unterschiede korrekt aufreissen, ist es zweckmäßig, für diese Figuren unterschiedliche Ausdrücke in der heraldische Kunstsprache zu verwenden.

Efeu

Efeu
 
in der Natur
 
in der Heraldik
(nach WBO, Nr. 2223)

Die Figur Efeu (auch Efeupflanze, Efeustrauch, Efeubaum[6] oder ähnlich genannt) ist heraldisch stilisiert der idealen strauch-W-Logo.png bis baumartigen Altersform des Gemeinen EfeusW-Logo.png (hedera helix) nachempfunden. Sie erscheint gewöhnlich mit einem kleinen (wurzelnden) Stamm, aus dem mehrere schlanke Lianen aufrecht oder schwungvoll verschnörkelt treiben, jeweils mit einer unbestimmten Anzahl charakteristischer, übertrieben großer Efeublätter. Ergänzen weitere Pflanzenteile (zum Beispiel Efeublüten oder ein Fruchtstand) die Gestaltung der Figur, sollte dies in der Wappenbeschreibung gemeldet werden. Alle heraldischen Farben sind möglich. Das Laub an den Lianen wird bevorzugt in Grün gezeigt. Die Figur steht gewöhnlich in Einzahl und schild-/feldfüllend im Wappen.

Efeuranke

Efeuranke
 
in der Natur
 
in der Heraldik
(nach Walter Leonhard)

Die Figur Efeuranke (auch Efeurebe oder ähnlich genannt; englisch ivy vine oder ivy tendril) ist heraldisch stilisiert einer idealen RankeW-Logo.png des Gemeinen EfeusW-Logo.png (hedera helix) nachempfunden. Sie erscheint gewöhnlich wie ein ornamentales, schwungvolles und verschnörkeltes Rankwerk mit drei bis sechs (selten mehr) charakteristischen Efeublättern und ohne Fruchstand. Alle heraldischen Farben sind möglich. Das Laub am Rankenstiel wird bevorzugt grün gezeigt. Die Figur kann in Einzahl und schildfüllend im Wappen stehen oder in Mehrzahl, wobei gegebenenfalls die Stellungen der einzelnen Ranken sowie die Form, in der sie gelegt sind, zu beschreiben sind.

Efeublatt

Efeublatt
 
in der Natur
 
in der Heraldik

Die Figur Efeublatt (französisch feuille de lierre) ist -- heraldisch stilisiert -- der idealen Jugendform der handförmig gelappten Laubblätter der Efeupflanze mit drei bis fünf dreieckigen, ganzrandigen Blattlappen mit herzförmigem bis länglichen Grund und charakteristischer Nervatur nachempfunden (cave: nicht den lanzettlich und lang zugespitzten, eiförmig bis rhombisch/rautenförmigen und ungelappten Altersformen der blühfähigen Pflanze). Sie können „mit“ oder „ohne Stiel“ erscheinen, was in der Wappenbeschreibung angezeigt werden sollte. Wenn das Motiv aus einem Zweig oder einer anderen Wappenfigur „wächst“, ist dies zu melden. In der Normalform und in der Praxis erscheint die Efeublattfigur gewöhnlich ohne Fruchtstand. Erscheint ein „Blatt mit Fruchtstand“ (Efeubeeren), sollte es im Vergleich zu diesem schild-/feldfüllender aufgerissen werden; erscheint dagegen ein „Efeufruchtstand mit Efeublättern“, sollten nicht die Blätter, sondern die Beeren im Vordergrund stehen und die Gestaltung dominieren.

Mit Efeu berankt

1518: Brennenden Baum­stamm, „mit drei Efeu­bän­dern/-lianen (schrägrechts) umflochten“ (Stammwappen derer von MiniscalchiW-Logo.png)

Der Ausdruck mit/von Efeu berankt/umrankt (auch mit/von Efeu umflochten, mit/von Efeu umschlungen oder ähnlich; französisch acculés de lierre) ist nach dem Heraldiker Biedenfeld Teil der heraldischen Kunstsprache.[7] Der Fachterminus beschreibt eine Wappenfigur (Baum, Bischofsstab oder ähnliches), an der Efeu in einer oder mehreren „Lianen/Bändern“ dekorativ „emporklettert“ (beispielweise wie im Stammwappen derer von MiniscalchiW-Logo.png).

Efeu als Nebenfigur

Efeumotive erscheinen im Wappen manchmal als Nebenfiguren. Zum Beispiel

  • wenn eine Efeuranke eine andere Hauptfigur wie im Wappen CaneçasW-Logo.png (kreisförmig) „umschließt“.
  • oder wenn eine Efeuranke von einer anderen Wappenfigur „gehalten“ wird (wie im Wappen PollestresW-Logo.png, wo eine Hahnfigur eine Efeuranke im Schnabel „hält“).

Abgrenzung

Efeufiguren, die im Wappen erscheinen, sind nur sehr schwer oder gar nicht von ähnlichen Motiven zu unterscheiden. So kommt es hin und wieder zu versehentlichen Fehl- oder gewollten Umdeutungen und sogar zu Änderungen von Wappen.

Erdefeu

1555: Mann, in den Händen je eine entwurzelte Gundelrebe (= Erdefeu) mit drei Blättern haltend (von GundlachW-Logo.png)

Cave: Die Wappenfigur Erdefeu (auch Gundelrebe, Gundermann, Echt-Gundelrebe oder ähnlich genannt) ist nicht dem gemeinen Efeu (hedera helixW-Logo.png) nachempfunden, sondern dem Idealbild der gleichnamigen Pflanze (glechoma hederaceaW-Logo.png). Beispielweise hält die Mannfigur im Wappen derer von GundlachW-Logo.png drei entwurzelte Gundelreben (= Erdefeu) mit drei Blättern.

Wappenbilderordnung

Symbolik

Bildnis eines Ehepaares von Frans Hals, um 1625

Außerhalb der Heraldik ist Efeu ein Sinnbild mit mehrdeutiger Aussage, sowohl positiv wie negativ. „Als typisches Beispiel kann das Bildnis eines Ehepaares von Frans HalsW-Logo.png dienen, entstanden um 1625. Das Paar wird unter einem von Efeu umrankten Baum dargestellt. Dieses häufig variierte Emblem-Motiv wurde als Sinnbild sowohl negativ (der Efeu würgt den Baum, der ihn gestützt hat) als auch, wie hier, positiv verwendet (der Baum stützt den Efeu, eine Metapher für die Dauerhaftigkeit der Liebe).“[8]

„Als Gewächs mit immergrünem Blattwerk legte sie (die Gift- und Heilpflanze -- Anmerkung der Redaktion) den Gedanken an Unsterblichkeit nahe, doch galt sie in anderem Zusammenhang auch als dämonisch. Die Thyrsosstäbe des Ekstasegottes Dionysos waren nicht nur mit Weinlaub, sondern auch mit Efeuranken umwickelt. Ihre Wirkung wurde als kühlend und zu tiefen Gedanken anregend beschrieben, wodurch die Hitze des Weines ausgeglichen werden sollte. Auch Thalia, die Muse der heiteren Dichtkunst, wurde mit einem Efeukranz dargestellt. Wegen des Anschmiegens und Festklammerns der Ranken wurde der Efeu auch ein Symbol der treuen Liebe und der Freundschaft. Die Vitalkraft der Pflanze machte sie überdies zum Sinnbild verstohlener Lebensfreude, zum Schmuck von Satyrn und Silenen, während sie auch im ägyptischen Kult des auferstehenden Osiris eine Rolle spielte. Efeukränze sollten bei Trinkgelagen die Stirn kühlen. Da sich Efeuranken an tote Bäume klammern und grünend fortleben, erhoben christliche Symboliker des Mittelalters den Efeu zum Sinnbild des Fortlebens der Seele über den Tod des Leibes hinaus. Der fromme Spruch Hohbergs (1675) über die allegorische Bedeutung der Pflanze lautet: »Der Epheu sich hoch auff an einer Eychen windet, abreissen kann ihn nicht des Windes Ungestümm. Wann Gottes Beystand sich bey einem Menschen findet, so kommt er bald empor; kein Unglück schadet ihm.«“

Lexikon der Symbole (1989, 1994, 1998)[9]

Weblinks

Commons: Efeu in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Beilage zum Korrespondenzblatt Nr. 2: Mittelalterliche Frauensiegel. II. In: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der Deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine. Nr. 2. Jahrgang 10. Stuttgart, 1862. S. 18. Nr. 16. (Google)
  2. Siegelbeschreibung (nach Siebmacher): Nach links gewendeter, den Kopf herumwendender, ungekrönter Stier vor einem schrägrechts auf der Siegelfläche liegenden Baume mit zwei zackigen Blättern am Abschnitte und vier dergleichen an der über dem Rücken des Stieres ausgebreiteten Krone (Epheu?), am oberen Rand ein Kreuz.
  3. 3,0 3,1 Wappenbeschreibung (§ 1 der Hauptsatzung von Güstrow, PDF): „In Gold ein stehender, nach links gewendeter, hersehender schwarzer Stier mit zwischen die Hinterfüße genommenem Schweif vor einem nach rechts gelehnten grünen Baum, oben mit vier fünfzackigen Blättern, unten mit einem fünfzackigen und einem dreizackigen Blatt.“
  4. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 106. Tafel 23. Figur 70. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
  5. Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung. Callway, München 1978, ISBN 3-8289-0768-7, S. 248, Figur 9 und 13 (Genehmigte Lizenzausgabe für Weltbild Verlag GmbH: Bechtermünz, Augsburg 2000).
  6. Blason ville fr Garidech (Haute-Garonne).svg Lemma Epheubaum. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
  7. Biedenfeld, Ferdinand, Freiherr von: Die Heraldik oder populäres Lehrbuch der Wappenkunde für (..). Weimar 1846. S. 40. (Google)
  8. Seite „Emblem (Kunstform)W-Logo.png“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 2. Oktober 2020, 18:04 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Emblem_(Kunstform)&oldid=204187117 (Abgerufen: 10. Dezember 2020, 02:11 UTC)
  9. Lexikon der Symbole: Efeu. Knaurs Lexikon der Symbole, S. 267 f. (vgl. LdS, S. 109) 1989, 1994, 1998