Vulkan (Heraldik)
Ausdrücke wie → Berg, → Fels/Felsen, → Schroffen, → Stein, → Steinhaufen, → Vulkan und so weiter werden in der heraldischen Literatur der Vergangenheit teilweise synonym verwendet, teilweise voneinander abgegrenzt. In der Früh-/Hochblüte der Wappenkultur ist die Gestaltung dieser Wappenfiguren keineswegs in jedem Fall eindeutig. Erst in der neueren heraldischen Literatur versucht man, die Ausdrücke und entsprechende Wappenfiguren möglichst exakt zu bestimmen.
(= feuerspeiender [grüner] Dreiberg)
(Wappen von Prennberg; nach Scheiblerschen Wappenbuch, 1450 bis 1480)
Vulkan (französisch volcan; englisch vulcano) ist im neueren Wappenwesen ein unpräziser Ausdruck für diverse gemeine Figuren, die im weitesten Sinn der gleichnamigen geologischen Struktur respektive einem Berg nachempfunden sind, die im Zusammenhang mit dem Ausstoßen von Magma (Gesteinsschmelze), heißen Gasen und/oder Gesteinsbrocken aus dem Planeteninneren an eine Planetenoberfläche (zum Beispiel der Erde) stehen.
In der Früh- und Hochblüte der Wappenkultur beziehungsweise zur Zeit der Gotik bis zum Anfang der Renaissance sind keine oder nur wenige Wappenmotive gebräuchlich, die zweifelsfrei einem „Vulkanmotiv“ zuzuordnen wären. Die ersten vulkanartigen Figuren erscheinen als brennender Dreiberg („Flammenberg“).
Darstellung
Grundsätzlich sind folgende Ausprägungen von vulkanartigen Figuren voneinander abzugrenzen:
- (gemeiner/heraldischer) Vulkan
- Vulkanausbruch
- Vulkankegel/-krater/-spitze/-gipfel
- Sogenannte „Vulkanwappen“
(Gemeiner/heraldischer) Vulkan
Der (gemeine/heraldische) Vulkan (auch Brennberg, Prennberg, feuerspeiender Berg, Flammenberg oder ähnlich genannt; engl.: mount inflamed) erscheint idealerweise in Wappen in Form eines heraldischen Bergs aus, auf oder über dem Flammen oder ein Feuer schlagen. Die genaue Art des Bergs (Dreiberg, Vierberg, Fünfberg et cetera) und die exakte Form des Feuers respektive der Flamme sollten gemeldet werden. Beispielsweise sollte man anzeigen, ob je eine einzelne Flamme aus jedem einzelnen Gipfel eines Dreibergs schlägt, ob ein Feuer mit drei Flammen aus dem mittleren Gipfel eines Dreibergs schlägt et cetera. Grundsätzlich sind zur Darstellung eines „heraldischen Vulkans“ alle heraldischen Farben erlaubt, bevorzugt werden ein grüner heraldischer Berg mit rotem/n Feuer/Flammen.
Dreiberg, auf dem mittleren Gipfel Feuer mit drei roten Flammen (Schwaderloch
)
In Silber grüner Dreiberg, aus jedem Gipfel eine rote Flamme schlagend (Brennberg
)
In Gold drei schwarze Hügel, aus jedem Gipfel eine rote Flamme ragend (hist. Wappen Hollerath
)
Fünfberg, auf dem höchsten Gipfel Feuer mit drei roten Flammen (Lauwil
)
Vulkanausbruch
In der heraldischen Literatur des 19. Jahrhunderts werden „Vulkanausbrüche“ (respektive „feuerspeiende Berge“) als „Auswüchse“ wahrgenommen:
„Vulkanausbruch (Tafel XXV. Figur 11.): (feuerspeiender Berg). Dieselben gehören – Gottlob – zu den noch seltenen modernen heraldischen Auswüchsen.“
Die Figur Vulkanausbruch unterscheidet sich vom heraldischen Vulkan im Grunde darin, dass im Platz oberhalb von Dreiberg und Feuer/Flamme einige „Stein-/Fels-/Gesteinsbrocken“ ohne besondere Ordnung erscheinen und/oder die Feuer-/Flammenfigur nicht mehr streng heraldisch stilisiert ist (beispielsweise indem das Feuer oder die Flammen durch zwei sich vermischende Tinkturen dargestellt sind oder die Feuer-/Flammenfigur mit einer zweiten heraldischen Farbe nach der Figur gerändert ist).
Vulkankegel/-krater/-spitze/-gipfel
Der Ausdruck Vulkankegel (beziehungsweise Vulkankrater, Vulkanspitze, Vulkangipfel oder ähnlich) bezeichnet in der neueren Heraldik Figuren, die den gleichnamigen natürlichen geologischen Strukturen nachempfunden sind. Die Figuren erscheinen nicht mehr in Form eines klassischen heraldischen Bergs (Dreiberg, Vierberg und so weiter), sondern in einer eher naturalistisch-geometrischen Darstellungsweise, wobei der Kraterrand einerseits elliptisch, andererseits mit einer geraden Linie angedeutet wird. Aufwölbungen, Hänge, Flanken und andere Charakteristika eines Vulkans werden bei dieser Figur teils gar nicht, teils durch regelmäßige, teils durch unregemäßige Konturlinien zeichnerisch angelegt.
Gewöhnlich erscheinen (natürliche) Vulkankegel/-krater/-spitzen/-gipfel ohne Feuer, Flammen, Rauch, Schnee oder ähnlichem. Diese Attribute sind gegebenenfalls zu melden.
Variierende Vulkanwappenaufrisse (am Beispiel Västmanland)
Die Darstellung eines Vulkans in einem Wappen variiert im Laufe der Wappengeschichte oder der Wappenderivate manchmal. Beispielsweise zeigt das Wappen Västmanland ursprünglich nur einen einzigen Flammenberg (als Referenz auf das Silberbergwerk Sala); spätere Aufrisse und Derivate des Wappens fügen zwei weitere Vulkangipfel hinzu (für die drei Minen Sala, Norberg und Skinnskatteberg) und lassen die Vulkan-, Feuer- respektive Flammenfiguren im Wappen mal natürlich, mal heraldisch, gewöhnlich ohne, manchmal aber auch mit Rauch darüber erscheinen.
ca. 1560: Natürlicher Flammenberg mit nur einem Gipfel (Grab Gustav I. Wasa
im Dom zu Uppsala)
1696: Insigne Ducatus Waesmanniae (aus Suecia antiqua et hodierna
)
Vulkanwappen
Von den oben genannen, eher heraldisch-traditionellen Vulkanfiguren sind die neueren, sogenannten „Vulkanwappen“[2] und Vulkanketten der Staaten von Mittelamerika abzugrenzen, die zwischen den Jahren 1823 und 1838/39 den Staatenbund der Vereinigten Provinzen von Mittelamerika bildeten. Die „Vulkanwappen“ sind eher heraldische Sonderfälle oder logoähnliche Hoheitszeichen, weil sie, streng genommen, keinen wappenkundlichen Regeln folgen und ihre Darstellung gewöhnlich gänzlich ohne Wappenschild erfolgt.
Drei grüne weiß rauchende natürliche Vulkane erheben sich aus grünen Grund (Wappen Costa Ricas)
Ein natürlicher Vulkan zwischen zwei goldenen Türmen (Wappen von Honduras)
Grüne Bergkette aus fünf natürlichen Vulkanen, die zwischen zwei blauen Meeren liegt (Wappen Nicaraguas)
Fünf natürliche Vulkane, die aus dem Meer ragen Wappen El Salvadors
Abgrenzung
Die Figur Vulkan ist von der Figur Vulcanus (auch Vulkan genannt) bzw. von der Figur Hephaistos abzugrenzen; letztere sind dem Gott der Schmiedekunst aus der römischen Mythologie bzw. dem äquivalenten griechischen Gott der Schmiedekunst nachempfunden.
Wappenbilderordnung
- Die Figuren Vulkan bzw. Berg, feuerspeiend wurden zusammen in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Erde unter der Nr. 1114 aufgenommen.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 112
- ↑ Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 411.