Lawine (Heraldik)

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In der Frühzeit des Wappenwesens sind Lawinenfiguren nicht gebräuchlich.
Lawine
in der Natur
 
1889: als gemeine Figur (nach Siebmacher)
Lawine im Familienwappen An der Lahn (nach Siebmacher 1859)

Die Lawine (auch Schneerutsch; regional Lan, Lahn, Lahne, Lähn oder ähnlich genannt; französisch avalanche; englisch avalanche) ist in der neueren Heraldik eine seltene gemeine Figur .

„Die Lawine (Tafel XXV. Figur 9.) ist selten, kommt zumeist in südtiroler Wappen vor (..)“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Darstellung

Die Lawinenfigur ist -- heraldisch stilisiert -- einer herabrutschenden, diffusen Schneewolke beziehungsweise den gleichnamigen Massen von Schnee oder Eis nachempfunden, die sich von Berghängen ablösen und zum Tal gleiten oder stürzen. Sie erscheint im Wappenschild gewöhnlich in Form von zwei mehr oder weniger parallel und wellenförmig bis chaotisch gezogenen Konturlinien, wobei die Fläche zwischen den beiden Linien mit einer unbestimmten Anzahl kleiner halbkreis- bis kreis- oder wolkenförmigen Konturen ohne besondere Ordnung ausgefüllt ist, von denen die äußeren in die Begrenzungslinien verschwinden. Eine Lawinenfigur sollte stets zusammen mit einer Berg-, Felsen- oder vergleichbaren Wappenfigur im Wappen erscheinen, um als solche erkennbar zu sein.

Geschichte

Es hat den Anschein, als ob der Ausdruck „Lawine“ vor dem 19. Jahrhundert selten oder gar nicht zur Beschreibung einer Wappenfigur verwendet wurde und er erst durch Otto Titan von Hefner (1859) in der Heraldik Fuß fassen konnte. Maximilian Gritzner (1889)[1] und Friedrich Warnecke (1879/1893)[2] übernahmen den Ausdruck vermutlich von Hefner.

Lawine im Familienwappen An der Lahn

Als Referenzenwappen für eine Lawinenfigur führen Otto Titan von Hefner und die Wappenbilderordnung des Herold das Wappen der Familie „An der La(h)n“ an, die zum landständigen Adel in Tirol gehörte.[3][4] Unklar ist, ob die Lawinenfigur ursprünglich eine wesentlicher oder ein unwesentlicher Bestandteil im Wappen „An der Lahn“ war, da sie nur im Aufriss erscheint, aber nicht im Blason erwähnt wird, worauf Hefner im Siebmacher von 1859 hinweist:

„An der Lahn (Tafel 9., 4. Sept[ember] 1793*): von Hochbrunn (an der Lahn) erhielten von Kaiser Leopold I.W-Logo.png dd. Wien 29. April 1694 den Adel, nachdem sie schon im Jahre 1547 von Kaiser Karl V.W-Logo.png einen Wappenbrief erhalten hatten. Der Schild roth »mit einem weissen Schroffen oder Fels«. In der Zeichnung des Diploms rutscht von dem Schroffen »ein Stein-Lan« (Lawine), welche jedoch im Text nicht erwähnt ist. Kleinod: sechs silbern, rote Straußenfedern. Decken: rot, silbern.“

Siebmacher/Hefner (1859)[5]

Zwei Jahre vorher, 1857, wird die Figur von Hefner im Siebmacher nicht als „Lawine“ beschrieben, sondern als heraldische Bach-/Flussfigur:

„(Das Wappen An der Lahn) hat im Schild einen aus dem Fuss wachsenden hohen Berg oder Felsen, über dessen Mitte, wie es scheint, senkrecht herab ein Bach oder Fluss läuft. Auf dem Helm ein Wulst, aus dem fünf Federn hervokommen.“

Siebmacher/Hefner (1857)[6]

Wappenbilderordnung

  • Die gemeine Figur Lawine wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Himmelskörper und unbelebte Erde: Wasser unter der Nr. 1204 aufgenommen.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 112. Tafel 25. Figur 9. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
  2. Friedrich Warnecke: Heraldisches Handbuch für Freunde der Wappenkunst, sowie für Künstler und Gewerbetreibende bearbeitet und mit Beihülfe des Kgl. Preuss. Cultusministeriums herausgegeben von F. Warnecke. Verlag Heinrich Keller, Frankfurt am Main. (1. Aufl. 1879). 6. Auflage. 1893. S. 14
  3. Vgl. zum Beispiel: Otto Titan von Hefner: Handbuch der theoretischen und praktischen Heraldik. Heraldisches Institut, München 1861, S. 90. Tabelle XVIII. Abbildung 614 (Digitalisat)
  4. Jürgen Arndt und Werner Seeger (Bearbeiter) mit Wappenskizzen von Lothar Müller-Westphal: Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo. Zit.: WBO - Wappenbilder. Hrsg.: Herold, Verein für Heraldik Genealogie und verwandte Wissenschaften (= J. Siebmachers Großes Wappenbuch. B). 2., ergänzte und berichtigte Auflage. Band I. Bauer & Raspe, Inh. Manfred Dreiss, Neustadt an der Aisch 1996, ISBN 3-87947-110-X, S. 112 (447 S., zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner; Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890).
    Jürgen Arndt und Werner Seeger (Bearbeiter): Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo. Zit.: WBO - General-Index. Hrsg.: Herold, Verein für Heraldik Genealogie und verwandte Wissenschaften (= J. Siebmachers Großes Wappenbuch. B). Band II. Bauer & Raspe, Inh. Manfred Dreiss, Neustadt an der Aisch 1990, ISBN 3-87947-100-2, S. 189 (393 S., zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner; Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890).
  5. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, VII. Band, 1. Abteilung; Ergänzungsband, enthaltend die Nachträge und Ergänzungen zu den Staatswappen von Russland und Baden, ferner zu dem Adel von Bayern (Grafen und Freiherren), Sachsen, Schwarzburg, Waldeck, Württemberg, Mecklenburg und Tyrol; Verfasser: O.T. von Hefner; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1859. S. 22. Tafel 9 Figur 2.
  6. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, IV. Band, 1. Abteilung; Der Adel der gefürsteten Grafschaft Tirol; Verfasser: O.T. von Hefner; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1857. S. 1. Tafel 1 Figur 6.