Hoher Adel

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Hoher Adel oder Hochadel bezeichnet gewöhnlich die Adelsgeschlechter zumindest fürstlichen Ranges (im weiteren Sinne des Begriffes Fürst). Der Hohe Adel ist jedoch kein einheitlich definierter Begriff und unterscheidet sich daher in den einzelnen europäischen Ländern zum Teil erheblich.

Deutscher Hochadel

Hoher Adel war in den deutschen Ländern bis 1918 ein rechtlicher Begriff und beruhte auf der Deutschen Bundesakte vom 8. Juni 1815 sowie weiteren Beschlüssen des Deutschen Bundes. Die Bestimmung in der Bundesakte ging ihrerseits auf die frühere Reichsstandschaft derjenigen Adelshäuser zurück, die im 1806 untergegangenen Heiligen Römischen Reich deutscher Nation die Landeshoheit über reichsunmittelbare Territorien innehatten. Damit verbunden war die Reichsstandschaft, also Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat des Reichstags. Zum Hohen Adel (Hochadel) zählten demnach regierende, ehemals regierende sowie standesherrliche Adelsgeschlechter.

Im Gothaischen Hofkalender (kurz „Gotha“ genannt), der von 1763 bis 1944 erschien und anschließend durch das Genealogische Handbuch des Adels (von 1951 bis 2015) sowie seit 2015 durch das Gothaische Genealogische Handbuch fortgeführt wird, werden in der Bandreihe Fürstliche Häuser

  1. alle regierenden (heute zum Teil ehemals regierenden) europäischen Souveräne als „Première Partie – Généalogie des Maisons Souveraines“ (Erste Abteilung) und
  2. die mediatisierten fürstlichen Häuser des Heiligen Römischen Reiches als „Deuxième Partie – Généalogie des Maisons seigneuriales médiatisées en Allemagne qui ont les droits d’égalité de naissance avec les maisons souveraines“ (Zweite Abteilung) geführt. Diese besaßen gemäß der Deutschen Bundesakte die Ebenbürtigkeit mit den Häusern der Ersten Abteilung, da auch sie einst – innerhalb des lockeren Reichsverbandes – souverän regiert hatten.
  3. Alle übrigen Herzöge und Fürsten in Europa sind in die „Troisième Partie“ (Dritte Abteilung) eingeordnet. Diese Häuser, gelegentlich auch als Titularfürsten bzw. Titularherzöge bezeichnet, gehörten oft zu den ersten Familien ihrer Länder, waren reich und einflussreich, regierten aber kein eigenes Territorium, sondern unterstanden einem Landesherrn. Bezüglich dieser Kategorie ist in den einzelnen Hausgesetzen des jeweils höherrangigen Hauses die Ebenbürtigkeit geregelt.

In der „Ersten Abteilung“ der Bandreihe Fürstliche Häuser des Gotha sind die bis heute regierenden sowie die vormals regierenden europäischen Monarchenfamilien aufgeführt, darunter auch die regierenden Souveräne des Deutschen Bundes (ab 1871 des Zweiten Deutschen Kaiserreiches) sowie der Österreich-Ungarischen Monarchie, also die beiden Kaiserhäuser Hohenzollern (zugleich Könige von Preußen) und Habsburg-Lothringen (zugleich Könige von Böhmen und Ungarn) sowie die vier weiteren Königshäuser (Bayern, Württemberg, Sachsen, Hannover) und die bis 1918 in Deutschland regierenden großherzoglichen, herzoglichen und fürstlichen Häuser.

Reichskrone des Heiligen Römischen Reiches

In der Rangfolge nach ihnen kommt die „Zweite Abteilung“ der fürstlichen Häuser, in der sich die Genealogien derjenigen Familien befinden, die in den deutschen und den fremdsprachigen[1] Gebieten des Heiligen Römischen Reiches als weltliche Kleinsouveräne (Herzöge, Reichsfürsten und gefürstete Reichsgrafen) regierten und die im Zuge der Auflösung des Alten Reiches zwischen 1803 (Reichsdeputationshauptschluss), 1806 (Ende des Reichs) und 1815 (Wiener Kongress) durch Mediatisierung ihre staatliche Unabhängigkeit verloren.

Das Kriterium der Mediatisierung um 1806 stellt für die einst reichsständischen Häuser natürlich nur eine Momentaufnahme des frühen 19. Jahrhunderts dar, da viele dieser Dynastengeschlechter schon in früherer Zeit erloschen sind[2] oder auch seit 1815. Andere haben ihre Reichsstandschaft schon vor der Ära der Mediatisierung an benachbarte Großterritorien verloren oder durch Verkauf ihrer reichsständischen Herrschaften aufgegeben.[3] Schon im Mittelalter gab es zahlreiche reichsunmittelbare Grafschaften, jedoch gelang diesen erst mit der Erlangung von Sitz und Stimme im Reichstag ab 1495 die institutionelle Festigung ihres Status, sodass man erst danach von einer Reichsstandschaft dieser Häuser spricht. (Die allermeisten gräflichen Familien waren jedoch nie reichsständisch und zählten daher auch nach 1815 nicht zu den Standesherren mit fürstlichem Rang, sondern – wie die Freiherren und der unbetitelte Adel – zum niederen Adel. Zu ihm zählte auch die – zwar reichsunmittelbare, aber nicht reichsständische – Reichsritterschaft).

Die Zuordnung der (zu keinem Zeitpunkt regierenden) europäischen Titularfürsten und -herzöge zum hohen (oder niederen) Adel ist nicht ganz eindeutig zu treffen. Allgemeiner Anschauung (und auch der Aufnahme in dieselben Bände des Gotha, die „Fürstlichen Häuser“) entspricht es wohl am ehesten, diese Häuser als „Europäischen Hochadel (dritter Abteilung)“ zu bezeichnen. Der Begriff „Hochadel“ wird allerdings nur in der deutschen Sprache verwendet und hat in den meisten anderen europäischen Sprachen keine direkte Parallele, da dort zumeist nur zwischen souveränen (bzw. vormals souveränen) Häusern sowie Adelshäusern diverser Ränge unterschieden wird. Jedoch waren auch die deutschen Hofrangordnungen insoweit nicht eindeutig, so ging beispielsweise gemäß dem Preußischen Hofrangreglement von 1878 am preußischen Hof im Zweiten Deutschen Kaiserreich ein Titularfürst der Dritten Abteilung einem Grafen der Zweiten Abteilung rangmäßig vor, obgleich er nicht die Ebenbürtigkeit mit den deutschen Häusern der Ersten Abteilung besaß.

Auch der Gotha behandelte die Frage widersprüchlich: Dort wurden ab 1841 die mediatisierten Grafen als eigene Abteilung III geführt, während die mediatisierten deutschen Fürsten, zusammen mit den europäischen Titularfürsten, die Abteilung II bildeten. Ab 1877 wurden dann die mediatisierten Fürsten und Grafen als Abteilung II zusammengefasst und die Titularfürsten in Abteilung III verschoben. Die Begründung dafür – die durch die Deutsche Bundesakte festgestellte Ebenbürtigkeit der „gefürsteten“ Grafen mit den (deutschen) regierenden Häusern – wurde bisweilen als „deutsch-zentrisch“ kritisiert. Auch wurde bemängelt, dass die reichsunmittelbaren Grafen im Alten Reich weder den deutschen noch den europäischen Königshäusern als ebenbürtig gegolten hätten und in ihrem historischen Rang auch hinter vielen der europäischen Titularfürstenhäuser zurückstünden.[4] Die Titel der mediatisierten Häuser wurden denn auch häufig zum Ausgleich für den Verlust der Souveränität um eine Rangstufe erhöht, aus vormals regierenden Grafen wurden dann Titularfürsten. Gleichwohl wurde die 1877 getroffene Einteilung des hohen Adels in die drei so zusammengestellten Abteilungen, auch im Genealogischen Handbuch des Adels und im aktuellen Gothaischen Genealogischen Handbuch, bis heute beibehalten.

Neben der Unterscheidung von hohem und niederem Adel gibt es noch das Begriffspaar UradelBriefadel, welches nicht auf den Rang, sondern auf das Alter des Adelsstandes abstellt (wobei das entscheidende Kriterium die Standeszugehörigkeit durch Ritterbürtigkeit bereits im Mittelalter oder durch Adelsbrief erst in der Neuzeit ist). Nur wenige Hochadelsgeschlechter gehören dem Briefadel an.[5]

Heraldisch erkennbar ist der Rang einer Familie durch die Rangkrone, die sie über ihrem Wappen führt und bei hochadeligen Familien zusätzlich durch den Wappenmantel. Ebenso sind für die Ränge unterschiedliche Anreden gebräuchlich: Majestät für Kaiser und Könige, Hoheit mit oder ohne Zusätze („Kaiserliche“, „Königliche“, „Großherzogliche“) für die übrigen Mitglieder regierender Häuser, Durchlaucht für Fürsten, Erlaucht für gefürstete Grafen. Voraussetzung zur Zugehörigkeit dieser Häuser war nach den Hausgesetzen in aller Regel die Abstammung von einem dem Hause angehörenden Vater aus ebenbürtiger – also nicht morganatischer – Ehe. Eine weitere Besonderheit des Hochadels ist die Stellung eines jeweiligen Chefs des Hauses als Familienoberhaupt, die auch bei den nicht (mehr) regierenden Häusern den hausgesetzmäßigen Thronfolgeregelungen folgt und ihren Ursprung in der einstigen Regierungsgewalt des Souveräns hat.[6] Sofern dem Haus-Chef oder seinem voraussichtlichen Nachfolger historisch ein Erstgeburtstitel (beispielsweise Fürst oder Erbprinz) zustand, wird dieser vom heutigen amtlichen Familiennamen häufig[7] abweichende Titel in der Öffentlichkeit und im gesellschaftlichen Verkehr meist noch verwendet. Weitere Eigentümlichkeiten sind bis heute das Tragen (und Verleihen) der Hausorden oder besonderer Kleidungsstücke wie der Witwenschneppe.

Österreichischer und böhmischer Hochadel

Der Österreichische Adel und der Böhmische Adel unterlagen bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 denselben Regeln wie der Adel in anderen Teilstaaten des Alten Reichs. Dadurch dass die römisch-deutschen Kaiser seit Albrecht II. fast immer dem Haus Habsburg angehörten und in Wien oder Prag residierten, erhielt der Adel der habsburgischen Erblande allerdings mehr Rangerhöhungen (Freiherren, Grafen, Fürsten) als der Adel in anderen Teilen des Reichs. Innerhalb der Habsburgermonarchie konnten deren Herrscher darüber hinaus, in ihrer Eigenschaft als Regenten ihrer Erblande, insbesondere als Könige von Böhmen und Ungarn, statt der Reichstitel auch erbländisch-österreichische, königlich böhmische bzw. ungarische Titel verleihen; häufig wurden die Titel sowohl fürs Reich als auch für eines der Erblande erteilt. Ein vom Kaiser erteilter Reichsfürstentitel führte allerdings nicht zur Reichsstandschaft (mit Sitz und Stimme im Reichstag), da dieser Status an den Besitz eines reichsständischen Territoriums gebunden war. Solche standen allerdings in den Erblanden selbst nicht zur Verfügung, da es in diesen, zumindest in der Spätzeit, keine reichsunmittelbaren Exklaven mehr gab, weil die Habsburger sie sämtlich an sich gebracht hatten. Daher mussten sich gefürstete Familien der Erblande anderswo um den Erwerb von Territorien mit solchem Status umsehen, wobei sie oft in den territorial zersplitterten Regionen Frankens und Schwabens fündig wurden und bei Aussterben oder Geldnot dortiger reichsständischer Familien zugriffen; die Übertragung eines solchen Fahnlehens durch den Kaiser war dann nur noch eine (allerdings kostspielige) Formalie. Manche Fürstenhäuser brachten es jedoch nie zur Reichsunmittelbarkeit.

Nach dem Ende des Reichs 1806 erfolgten die Verleihungen dann im Kaisertum Österreich und schließlich in Österreich-Ungarn rein erbländisch. Es wurde allerdings, als Ersatz für den alten Reichstag, der Reichsrat geschaffen und als dessen Oberhaus das Österreichische Herrenhaus. In diesem hatten (zuletzt) 106 Familien in genau festgelegter Rangfolge einen erblichen Sitz inne. Diese Familien wurden nun als „österreichischer Hochadel“ bezeichnet, obwohl (neben Angehörigen aller drei Abteilungen des Gothaischen Hofkalenders sowie den geistlichen Fürsten) auch zahlreiche „einfache“ gräfliche und sogar freiherrliche Häuser erblich im Herrenhaus saßen, die in keiner der drei fürstlichen Abteilungen, sondern vielmehr in den gothaischen Taschenbuchreihen „gräfliche Häuser“ oder „freiherrliche Häuser“ geführt wurden und werden, also nach „gothaischem“ Verständnis keineswegs dem Hochadel angehören. Der Rechtsbegriff „österreichischer Hochadel“ hat also eine spezielle Bedeutung und deckt sich nicht mit dem oben dargestellten Begriff „Hoher Adel“.

Ähnliches gilt für die „Freien Standesherren“ in Schlesien und den Lausitzen, wo ein ursprünglich durch die (habsburgische) böhmische Krone begründeter Sonderstatus bestimmter Gutsherrschaften in preußischer Zeit zu Sonderrechten führte, jedoch ebenfalls nicht die Zugehörigkeit zu den Reichsständen und damit im 19. Jahrhundert auch nicht zu den „Standesherren des Deutschen Bundes“ und damit zum Hochadel begründete.

Hochadelsgeschlechter in anderen europäischen Ländern

Im französischen Adel gab es keine Adelsmatrikel (was nicht selten fragwürdige Selbstnobilitierungen oder Rangerhöhungen zur Folge hatte) und wegen der seit dem Hochmittelalter bestehenden Einheitsmonarchie naturgemäß auch keine der Reichsunmittelbarkeit entsprechende Souveränitätsstellung einzelner Familien; die Rangunterschiede im mittelalterlichen Uradel, der gemeinsam mit dem neuzeitlichen Briefadel später in einem einheitlichen Hof- und Titularadel aufging, waren dort folglich einerseits umstrittener, andererseits aber auch deutlich weniger ausgeprägt als im Heiligen Römischen Reich (was sich auch an der durchgängigen Anrede „Monsieur de …“ oder „Madame de …“ ohne weitere Erwähnung des Rangtitels zeigt, die vom einfachen Ritter bis zum Herzog innerhalb des französischen Adels bis heute gebräuchlich ist); dennoch wird man die französischen Herzogs- und Fürstenhäuser (zweifellos die Pairs von Frankreich) dem Europäischen Hochadel (dritter Abteilung) zurechnen, während Marquis, Graf, Vicomte, Baron und Chevalier zum niederen Adel zählen. Entsprechendes gilt für den Italienischen Adel, den Spanischen Adel oder den Russischen Adel. Der Skandinavische Adel kennt – außer den dort regierenden Königshäusern – keinen Hochadel.[8] In Polen betrachtete sich die Szlachta, die Gesamtheit des polnischen Adels, als grundsätzlich gleichrangig; nur widerwillig und ohne Einräumung formeller Vorrechte gestand sie dem – faktisch vorhandenen – Hochadel, nämlich den reichen, zumeist litauischen Dynastengeschlechtern, ab 1569 die Führung ausländischer Fürstentitel zu, dem eigenen Wahlkönig jedoch nicht die Verleihung von Titeln. Völlig anders wiederum sind die Verhältnisse im Britischen Adel, wo die sogenannten Peers (in genauer Rangfolge) dem dortigen „hohen Adel“ zugerechnet werden, nicht aber die Kinder und die jüngeren Linien dieser Familien. Die herzoglichen Titelträger in England, Schottland und Irland (aufgelistet in der Kategorie:Duke) sind dem Europäischen Hochadel (dritter Abteilung) zuzurechnen, während die niedrigeren Peersränge, analog dem zu Frankreich Gesagten, nach „gothaischem“ Maßstab nicht dazugehören. Das letzte erbliche „Dukedom“ (im Unterschied zu „Duchy“, dem Territorium eines regierenden Herzogs) wurde 1889 dem Duke of Fife verliehen, seither nur noch Mitgliedern des Königshauses. In Spanien werden bis heute erbliche Herzogstitel verliehen, zumeist an verdiente Politiker, so 1981 an Adolfo Suárez.

Der Papst ist ein regierender europäischer Monarch (bis 1870 im Kirchenstaat, seit 1929 in der Vatikanstadt), wenn auch in einer Wahlmonarchie (wie einst die Kaiser des Heiligen Römischen Reichs oder die polnischen Könige) und daher auch in der I. Abteilung der Bandreihe Fürstliche Häuser seit jeher mit eigenem Artikel aufgeführt. Als Kirchenfürsten hingegen bezeichnete man im Heiligen Römischen Reich die regierenden geistlichen Fürsten und ferner bis heute die Kardinäle, zu denen im Gotha eine Erläuterung über den Geistlichen Fürstenstand enthalten ist, die jedoch dort nicht namentlich gelistet sind. Die Päpste schufen sich ihren eigenen päpstlichen Adel, aus dem sie häufig selbst hervorgingen.

In den ersten beiden Abteilungen des Gothaischen Hofkalenders wurden im Jahr 1930 folgende Häuser genannt:

Souveräne Häuser Europas (Erste Abteilung)

Zu den regierenden oder vormals regierenden europäischen Monarchen zählen die folgenden Dynastien. Die Familiennamen der regierenden Häuser sind in Klammern gesetzt, (†) bedeutet, die Souveränität als Staatsoberhaupt ist erloschen.

Souveränität erloschen in Frankreich: 1830 (Haus Bourbon); 1848 („Julimonarchie“ des Hauses Orléans); Bourbon-Sizilien im Königreich beider Sizilien: 1860; Bourbon-Parma im Herzogtum Parma: 1860 (durch Heirat wiederhergestellt 1964 in Luxemburg); Bourbon-Anjou in Spanien: 1870–1874, wiederhergestellt 1874–1931; erneuter Verlust: 1931–1975; wiederhergestellt 1975; Haus Orléans-Braganza: seit 1891 Thronprätendenten des Kaiserreichs Brasilien † 1889

Mediatisierte Häuser des Heiligen Römischen Reichs (Zweite Abteilung)

Zur Zweiten Abteilung zählen diejenigen Geschlechter, die im Heiligen Römischen Reich die Landeshoheit in kleineren Territorien ausübten, somit reichsunmittelbar waren und Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat des Reichstags innehatten (Reichsstandschaft).[9] Sie wurden gegen Ende des Alten Reiches um 1806 mediatisiert, verloren somit ihre Souveränität an größere, meist benachbarte Territorien, behielten jedoch ihre Titel, ihren Besitz,[10] einige standesherrliche Sonderrechte und gemäß der Deutschen Bundesakte auch die Ebenbürtigkeit mit den weiter regierenden Häusern der Ersten Abteilung. Die jeweiligen Chefs der noch existierenden standesherrlichen Familien sind seit 1864 bis heute Mitglieder im Verein der deutschen Standesherren.[11] Dessen Präsident ist seit 2016 Maximilian Fürst zu Bentheim-Tecklenburg.

Gesamthäuser sind in der Regel in einem gemeinsamen Wikipedia-Artikel zusammengefasst (ebenso im Gotha), viele von ihnen haben jedoch mehrere Linien, Äste und Zweige gebildet, die im Heiligen Römischen Reich jeweils eigene Territorien regierten (mit dem jeweiligen Inhaber des Fürsten- oder Grafentitels als eigenem „Chef des Hauses“) und deren Standesherrlichkeit daher von ihrer jeweils eigenen Rechtsstellung im Alten Reich abhing. Die noch heute bestehenden (oder zuletzt regierenden) Linien sind hier in Klammern hinzugesetzt, während zahlreiche abgestorbene Linien und Zweige nicht einzeln aufgeführt sind.

(†) bedeutet: Das Geschlecht ist im Mannesstamm erloschen.

Europäische Titularfürsten und -herzöge (Dritte Abteilung)

Die Häuser der Dritten Abteilung regierten kein eigenes, souveränes Territorium (mit wenigen Ausnahmen[16]), sondern unterstanden einem Landesherrn, von dem sie den Titel eines Herzogs oder Fürsten verliehen bekamen. Zu den bis heute blühenden – oder in jüngerer Zeit im Mannesstamme oder in fürstlicher Linie erloschenen (†) – titularfürstlichen Häusern Europas zählen im Wesentlichen die folgenden Geschlechter:

Hoher Adel außerhalb Europas

Es gibt regierende Dynastien und damit Hohen Adel auch außerhalb Europas, beispielsweise das Königshaus der Alawiden in Marokko, der Haschimiten in Jordanien, die Dynastie der Saud, die Said-Dynastie in Oman, die Emire von Bahrain, Katar, Kuwait und der Vereinigten Arabischen Emirate. In Asien herrschen bis heute das Japanische Kaiserhaus (die älteste ununterbrochene Erbmonarchie der Welt, der Legende nach seit 660 vor Christus, urkundlich nachweisbar seit etwa 540 nach Christus), die Chakri-Dynastie in Thailand, die Norodom in Kambodscha (seit 1993 wieder regierend), das Königshaus Wangchuk in Bhutan und die Sultane von Brunei. In Malaysia herrscht eine rotierende Wahlmonarchie von neun Sultansfamilien. Ferner gibt es kleine Königreiche wie Lesotho, Eswatini, Tonga. Das britische Königshaus stellt zugleich auch das Staatsoberhaupt in fünfzehn außereuropäischen Ländern und Territorien, den Commonwealth Realms.

Es gab auch in Europa regierende islamische Herrscherhäuser (die niemals in den „christlichen“ Gotha aufgenommen wurden), beispielsweise das Sultanshaus der Osmanen (das 1453 die im Byzantinischen Reich regierenden Palaiologen vertrieben hatte), die Krim-Khane aus dem Hause Giray oder die albanischen Fürsten Zogu. Ein außereuropäisches christliches Kaiserhaus war die Salomonische Dynastie in Äthiopien. Im Kaiserreich Brasilien regierte von 1822 bis 1889 eine Linie des portugiesischen Königshauses Braganza, während das Erste und Zweite mexikanische Kaiserreich nur kurzlebig waren. Eine historische Kuriosität ist die Aufnahme des 1520 von den Spaniern in Mexiko gestürzten aztekischen Herrscherhauses Moctezuma in den spanischen Hochadel. Zu den ehemals regierenden Häusern zählen ferner die bis 1912 (bzw. 1945) in China herrschende Qing-Dynastie, die Timuriden (bis 1857 Großmoguln von Indien), die Nguyễn-Dynastie in Vietnam oder das erst 2007 gestürzte Königshaus Malla in Nepal. Ferner gab und gibt es in vielen Erdteilen lokale Fürstenfamilien wie die indischen Maharadschas oder die afrikanischen Stammeskönige[17].

Siehe auch

Literatur

  • Liste der mediatisierten und standesherrlichen fürstlichen und gräflichen Häuser, in: Heinz Gollwitzer, Die Standesherren. Die politische und gesellschaftliche Stellung der Mediatisierten 1815–1918, 2. Auflage, Göttingen 1964, S. 352–354.
  • Almanach de Gotha, Gotha 1840, 1885, 1901 und 1930.
  • Georg von Alten: Handbuch für Heer und Flotte, Band IV. Berlin 1912.
  • Fredrik Ulrik Wrangel: Die souveränen Fürstenhäuser Europas, I–II. Stockholm und Leipzig 1899.

Belege

  1. Die Territorien reichsständischer Familien konnten sich somit auf dem Gebiet der heutigen Staaten Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Tschechien, Slowenien, Niederlande, Luxemburg, Teilen Belgiens, dem nördlichen Drittel Italiens (Reichsitalien) sowie in Teilen des heutigen Frankreichs befinden, und zwar in Lothringen, Elsass und Burgund; im heutigen Polen jedoch nur in den vormals zum deutschen Kaiserreich zählenden Gebieten Schlesien, Pommern, Ost- und Westpreußen sowie in den einst zur Habsburgermonarchie zählenden Territorien in Galizien (heute teils polnisch, teils ukrainisch) und der Bukowina (heute Ukraine), nicht aber beispielsweise in Ungarn.
  2. So erloschen etwa sämtliche reichsunmittelbaren Häuser der Schweiz bereits im Spätmittelalter, darunter die Habsburg-Laufenburger, Kyburger, Lenzburger, Thiersteiner, Rapperswiler, Toggenburger oder Werdenberger; die rheinischen Grafen von Katzenelnbogen 1479, die thüringischen Grafen und zuletzt Fürsten von Henneberg 1583, die Schenken von Limpurg 1713 und die ostfriesischen Fürsten aus dem Hause Cirksena 1744.
  3. So wurden die bis heute blühenden Dohna bereits um 1400 aus ihrer reichsunmittelbaren Grafschaft vertrieben; die Grafen von Mansfeld wurden 1580 in wirtschaftlicher Notlage von Kursachsen und Magdeburg mediatisiert, 1594 und 1696 erhielten Mansfelder Linien den Reichs(titular)fürstenstand; die kurzzeitige Grafschaft Rantzau wurde 1726 wieder aufgelöst; das Haus Ligne erreichte erst 1792 die Reichsstandschaft und verlor sie 1804 durch Verkauf schon wieder; 1803 verkauften auch die Grafen Nostitz ihren Anteil an der reichsunmittelbaren Grafschaft Rieneck an die Colloredo. Ein Sonderfall waren die Herzogtümer in Schlesien, die zwar zumeist von Zweigen der Schlesischen Piasten und damit des ursprünglichen polnischen Königshauses regiert wurden, sich jedoch bereits bei ihrer Loslösung aus dem Verband der polnischen Herzogtümer Mitte des 14. Jahrhunderts der Böhmischen Krone und damit einem der Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches lehnsrechtlich unterstellten; sie gelangten daher bereits als landesunmittelbare (und nicht reichsunmittelbare) Fürsten in das Reich und erlangten nie die Reichsstandschaft; sie waren daher nicht im Reichstag, sondern im Schlesischen Fürstentag vertreten.
  4. So stehen etwa die österreichischen Fürsten Orsini-Rosenberg in der II. Abteilung, die ungleich bedeutenderen römischen Fürsten Orsini (deren Namen die österreichische Familie sich angemaßt hatte) hingegen in der III. Abteilung.
  5. Nur sehr vereinzelt sind in der nachmittelalterlichen Neuzeit Geschlechter aus dem Bürgerstand bis in den Hohen Adel emporgestiegen, etwa die Medici zu Großherzögen von Toskana, einige sogar auf Kaiser- und Königsthrone, so die Bonaparte und ihre Anhänger (darunter die Bernadotte) oder auf dem Balkan die Häuser Karađorđević, Njegoš oder Zogu. Ansonsten gehören die (regierenden oder vormals regierenden) Häuser der „Ersten Abteilung“ des Hohen Adels Europas sämtlich dem Uradel an und zählten zumeist bereits im Hochmittelalter zu den führenden Dynastengeschlechtern. In der „Zweiten Abteilung“ (den mediatisierten deutschen Fürsten) befinden sich als einziges briefadeliges Geschlecht die Fugger (vergleichbar waren die ebenfalls aus dem Bürgerstand aufgestiegenen Eggenberg bis zu ihrem Erlöschen Anfang des 18. Jahrhunderts reichsunmittelbar). In der „Dritten Abteilung“ (bei den Titularfürsten) gibt es etwas mehr Beispiele, neben den Biron von Curland oder Wrede etwa die österreichischen Paar, die italienischen Torlonia oder die russischen Demidow. – In Österreich-Ungarn sprach man jedoch auf allerhöchste Anweisung statt vom „Uradel“ vom „alten Adel“, um die in der Habsburger Monarchie seit langem üblichen und übermäßig zahlreichen Nobilitierungen (siehe Briefadel) einschließlich inflationärer Standeserhöhungen aufzufangen, die zwar nicht dem konkret ausgelegten Begriff „Uradel“ gerecht werden konnten, aber zumindest teilweise einem weniger definierten Begriff „alter Adel“ zuordenbar sind.
  6. Die jeweilige Nachfolge in die Position des Oberhaupts eines Hauses des historischen Hochadels wird gemäß dem überlieferten Fürsten- und Hausrecht angetreten, welche ein Spezialgebiet des historischen Adelsrechts sind. Der Deutsche Adelsrechtsausschuss befindet über fürstenrechtliche Fragen nur auf besonderen Antrag und rein gutachterlich, jedoch folgen die Eintragungen im Gotha gegebenenfalls einer entsprechenden Stellungnahme.
  7. Zur konkreten Benutzung von Erstgeburtstiteln siehe: Benutzer:Stolp/Erstgeburtstitel
  8. Allerdings wurden die Grafen Putbus 1807 in den schwedischen Fürstenstand erhoben.
  9. Verzeichnis der deutschen Standesherren: 1869 in der Google-Buchsuche.
  10. Bis heute halten einige der mediatisierten Häuser der II. Abteilung die größten privaten Waldbesitze in Deutschland: Thurn und Taxis: 20.000 ha, Fürstenberg: 18.000 ha, Hohenzollern-Sigmaringen: 15.000 ha, Hatzfeldt-Wildenburg: 15.000 ha, Sayn-Wittgenstein-Berleburg: 13.100 ha, Oettingen-Wallerstein: 11.000 ha, Waldburg-Zeil: 10.000 ha sowie in Österreich: Esterházy: 28.300 ha, Liechtenstein: 24.000 ha, Schwarzenberg: 23.280 ha. Quelle: Waldprinz.de am 28. Juni 2014: Waldbesitzer: Wem gehört der Wald?
  11. Standesherren. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 18, Bibliographisches Institut, Leipzig/Wien 1909, S. 845–846.
  12. Die regierende Linie Limburg-Styrum-Gemen erlosch bereits vor der Mediatisierung 1800, die 1806 mediatisierte Linie Limburg-Styrum-Styrum erlosch 1809, weshalb das Geschlecht nicht im Verzeichnis der Deutschen Standesherren von 1869 und im Hofkalender 1917 aufgeführt war. Die einzige heute noch existierende Linie Limburg-Styrum-Bronkhorst-Borculo hatte ihre reichsunmittelbaren Herrschaften bereits im 18. Jahrhundert veräußert und wurde später in den niederländischen und belgischen Adel inkorporiert. Als direkte Nachfahrenlinie der Grafen von Berg-Altena gehören sie jedoch zu einem der ältesten reichsunmittelbaren Dynastengeschlechter Westfalens.
  13. Die Schlitz gen. von Görtz hatten seit 1726 reichsgräflichen, jedoch nicht reichsständischen Rang, sie bekamen diesen erst nachträglich 1829 vom Deutschen Bund zuerkannt.
  14. Sternberg-Manderscheid war nicht im Verzeichnis der Deutschen Standesherren 1869 und im Hofkalender 1917 aufgeführt, da die vormals reichsunmittelbare Linie 1835 erlosch und die bis heute existierenden böhmischen Linien keinen standesherrlichen Status besaßen.
  15. Die Toerring standen nicht im Verzeichnis der Deutschen Standesherren 1869, wohl aber im Hofkalender 1917, da die 1806 mediatisierte Linie Toerring-Gutenzell 1860 erlosch und der – zuvor nicht standesherrlichen – Linie Toerring-Jettenbach erst 1888 die Nachfolge zuerkannt wurde.
  16. Einige der Häuser der Dritten Abteilung haben in ihrer Geschichte allerdings doch zumindest zeitweise souverän (oder jedenfalls halb-souverän) regiert, beispielsweise Bagration in Georgien, Biron von Curland in Kurland, Dadiani in Mingrelien, Boncompagni im Herzogtum Sora und im Fürstentum Piombino, Murat in Berg und Neapel.
  17. In vielen afrikanischen Staaten spielen die Stammeskönige eine – oft auch verfassungsrechtlich verankerte – Rolle als traditionelle Oberhäupter und Repräsentanten ihrer Stämme sowie Verwalter von Ländereien, die diesen zugeordnet sind; ihre Hofhaltung wird meist aus staatlichen Budgets subventioniert, so etwa in der Republik Südafrika u. a. der König der Zulu.

Weblinks

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