Wappenmantel

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In der Frühzeit des Wappenwesens (12.-13. Jahrhundert) sind Wappenmäntel/Wappenzelte nicht gebräuchlich.

Die Ausdrücke Wappenmantel und Wappenzelt werden in der Literatur teilweise synonym verwendet, teilweise mit mehr oder weniger schlüssigen Argumenten voneinander abgrenzt; in beiden Fällen bezeichnen sie fakulative Prachtstücke hinter einem eigentlichen Wappen.

Wappenmantel

Wappen des Fürstentums Lichtenstein mit Wappenmantel

Der Wappenmantel ist ein heraldisches Prachtstück.

„Der Ursprung des Wappenmantels ist nicht sicher bekannt. Eine Theorie vermutet, daß er sich aus den kurzen Helmdecken des 14. Jahrhunderts entwickelt hat (Galbreath / Jéquier), die aus einem Stück bestanden und hochgebunden werden konnten. Eine andere Theorie sieht in dem sogenannten Thronmantel den Vorläufer des späteren Wappenmantels (und -zeltes -- Ottfried Neubecker ..)“

Václav Vok Filip (1999)[1]

Maximilian Gritzner geht Ende des 19. Jahrhunderts davon aus, dass Wappenmäntel „eine Erfindung der neueren Heraldik“ sind.[2]

Allgemein ist ein Wappenmantel ein ausgebreiteter prachtvoll gestalteter Umhang, der oben mit einer Rangkrone zusammengehalten wird und ein Wappenschild umschließt. Er war fürstlichen Wappen vorbehalten. Außen wird er meist in den heraldischen Farben rot oder purpurn dargestellt. Die Innenseite aus Pelzwerk ist regelgerecht das Hermelin. Aber auch andere heraldische Farben finden oft Verwendung. Zur Pracht werden die Ränder mit goldenen Fransen besetzt und goldene Quastenschnüre runden den Wappenmantel ab. Wenn ein Wappenmantel einen Schild umgibt, dürfen die Helmdecken nicht dargestellt werden.


Wappenzelt im großen Preussenwappen

Wappenzelt

Das Wappenzelt (auch Pavillon, Wappenpavillon, Thronzelt oder ähnlich genannt) umschließt ebenfalls das gesamte Wappen, also Podest, Schildhalter, Wappenschild usw. und ist ein BaldachinW-Logo.png mit Krone („bekrönter Baldachin“). Eine andere Bezeichnung ist Purpurbaldachin oder Pavillon.


„Vom Wappenmantel unterscheidet sich das Wappenzelt durch die Kuppel, auf der die Devise stehen kann.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[3]

Seine Außenseiten (innen und außen dem Wappenmantel gleich) werden oft mit dem Hauptwappen belegt oder besät. Beispiel ist in Preußen der Adler und in Frankreich die Lilie, welche die Außenseite schmücken. König Friedrich I. führte wohl das Wappenzelt in Preußen ein. Vorher war es in Frankreich aber schon im Gebrauch. Datieren muss man die heraldische Besonderheit auf etwa 1680.

„Wappenzelte kamen im 17. Jahrhundert auf, als Erfinder gilt der Franzose Philipp Moreau. Die Idee dürfte von den Vorhängen und Thronbaldachinen der alten Fürstensiegel stammen.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[3]
Johann VI. vor einem Zelt, das Außen in den Farben seines Wappens erscheint (Abbildung von ca. 1742 /1744)

Galbreath/Jéquier widersprechen der Theorie, daß Wappenzelte/-mäntel

„(..) von den wappengeschmückten Zelten abstammen, die manchmal von kleinen Persönchen in den Feldern einiger seltener fürstlicher Siegel des 14. Jahrhunderts gehalten werden (..)“

D. L. Galbreath; Léon Jéquier: 1942/1990[4]

weil diese Zelte vorgeblich auf der Innenseite heraldisch geschmückt sind. Darstellungen der bildenden Kunst zeigen manchmal Grenzfälle, in denen ein Zelt außen in gewissem Sinne ein Wappenbild zeigt (zum Beispiel beim Zelt von Johann VI. (Bretagne)W-Logo.png, welches auf der Außenseite in Hermelin bzw. der Tinktur seines Wappens erscheint).

Zur napoleonischen Zeit waren die Lilien auf dem Prachtstück durch Bienen ersetzt und je nach Adelsrang abweichend drapiert und mit Toque gekrönt.[5]


Mantelartige Helmdecke

Anstelle der Helmdecken einen Wappenmantel zu verwenden, wird von manchen Heraldikern als "unheraldisch" angesehen, ohne allerdings eine befriedigende Begründung dafür angeben zu können. Beispiele für die wappenmantelartige Drapierung von Helmdecken waren aber beispielsweise in der frühneuzeitlichen schwedischen Heraldik nicht ungewöhnlich.

Wappen des schwedischen Naturforschers Carl von Linné, wie es auf seiner Wappentafel im Riddarhuset dargestellt ist


Weblinks

 Commons: Wappenmantel in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Prunkstücke: Wappenmäntel und Wappenzelte

Einzelnachweis

  1. Filip, Václav Vok: Einführung in die Heraldik. Historische Grundwissenschaften in Einzeldarstellungen 3. Stuttgart 1999. S. 75.
  2. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 154
  3. 3,0 3,1 Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S.
  4. Galbreath, D. L.; Jéquier Léon: Handbuch der Heraldik. Augsburg 1990.
  5. Milian Buben, Heraldik, Albatros Praha,1986


Muster-Wappenschild-Info.png

Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Wappenmantel“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 19. April 2010 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.