Sonne (Heraldik)
Die Sonne (französisch soleil; englisch sun) ist im Wappenwesen eine weit verbreitete gemeine Figur, die hauptsächlich in zwei Formen erscheint:
- gesichtet (mit Menschengesicht): Sonne (gebildete/gemeine/gewöhnliche/heraldische)
- ungesichtet (ohne Menschengesicht): = ungebildete Sonne
Darstellung
Die Figur Sonne ist im Wappenwesen fast immer eine Zusammensetzung aus zwei Elementen: zum Einen besteht sie aus einer mehr oder weniger körperhaften Scheibenform („Sonnenkreis“, „Sonnenscheibe“, „Sonnenkugel“), zum anderen aus einer Angabe von „Glanz“ („Strahlen/Strahlung“ und/oder „Flammen[zungen]“)[1]. Die Anzahl der Strahlen/Flammen ist in der Normalform auf 16 begrenzt (abwechselnd acht gerade Strahlen und acht geschwungene Flammenzungen). Weicht die Anzahl von 16 ab, sollte die genaue Anzahl gemeldet werden. Ist die genaue Anzahl der Strahlen/Flammen unbestimmt oder nicht wesentlich für ein Wappen, so kann dies als „Sonne mit Glanz“, „Sonne mit Kranz“ oder ähnlich umschrieben werden. In diesem Fall obliegt die genaue Anzahl der Strahlen/Flammen der Freiheit des aufreißenden Wappenkünstlers, wobei ergänzende Angaben zur Form (z. B. „Sonne mit Kranz aus Strahlen und Flammenzungen“) beachtet werden müssen. Ein „Glanz“ mit geraden Konturlinien kann mit dem Ausdruck „strahlend“ beschrieben werden; mit gekrümmten oder gebogenen Konturlinienen mit „geflammt“. Die Gesamtfigur ist oft metall-tingiert, also in Gold oder Silber; erscheinen die Strahlen/Flammenzungen in unterschiedlichen Tinkturen oder in einer anderen heraldischen Farbe als die Scheibenform, ist die heraldische Farbgebung genau zu melden.
(Gemeine) Sonne
Gewöhnlich erscheint die Figur Sonne mit einem menschlichen Gesicht (Augen, Nase und Mund) im Sonnenkreis.
„(..) das alles belebende Element Sonne (Tafel XXIV. Figur 78.) nimmt (unter den Naturerscheinungen) den ersten Platz ein. Sie wird gewöhnlich dargestellt mit runder Scheibe, Augen, Nase und Mund und 16 Strahlen, von denen 8 gerade, 8 geflammt geformt sind. Sie erscheint sehr häufig in Wappen, theils ganz, theils hinter Bergen, teils in Wellen auf oder untergehend, theils aus den Oberecken hervorbrechend, meistens golden, aber auch roth, sowohl einzeln, wie zu zwei, drei und fünf vorkommend.“
Ungesichtete Sonne
Erscheint die Wappenfigur Sonne ohne Menschengesicht bzw. mit „leerem“ Sonnenkreis, so ist dies mit Zusätzen wie „ungesichtet“, ungebildet, „ohne Gesicht“ oder ähnlich zu blasonieren (italienisch Ombra di sole).
„Ungebildete Sonne (Tafel XXIV. Figur 79.) heißt eine Sonne ohne das Menschengesicht, überhaupt ohne Rund in der Mitte (..)“
Ungesichtete strahlende Sonne
Eine Sonne ohne Gesicht mit 16 Strahlen (und ohne Flammenzungen!) wird nach Gritzner zu Unrecht manchmal als „sechzehnstrahliger Stern“ beschrieben:
„Ungebildete Sonne (..) wird dann, wiewohl mit Unrecht, als „strahlender“ oder „sechzehnstrahliger Stern“ angesprochen. Eine solche Sonne führen zum Beispiel die Herzöge von Blacas im Wappen.“
In diesem Zusammehang zeigt Gritzner die Figur 79., die als achtzackiger Stern erscheint, der mit einem weiteren achtzackigen Stern in gleicher Tinktur belegt ist, wobei der obere um ein paar Grad versetzt ist, so dass alle 16 Strahlen ein harmonisches Ganzes bilden. Das Wappen der von Blacas wird auch als Komet aufgerissen und beschrieben.
Sechzehnstrahliger Stern
(nach WBO, Nr. 1026)
Auf- und untergehende Sonne
Erscheint die Figur Sonne im rechten Obereck , so ist sie als aufgehend zu beschreiben; im linken Obereck wird von einer untergehenden Sonne gesprochen.
„(..) ebenso braucht man den Ausdruck (sinkend) für die Sonne, sobald sie in das Meer (Tafel XI. Figur 76.) oder in das rechte oder linke Untereck verschwindet (..),“
„(.. den Ausdruck=) „hervorbrechend“ (wird gebraucht), wo (die Sonne) aus einem der Oberecken, oder hinter einem Berge, Balken oder dem Oberrand des Schildes (Tafel XII. Figur 109. 110.) hervorkommt (..)
Die Sonne in Tafel XII. Figur 109. bricht ais dem rechten Obereck, die in Tafel XII. Figur 110. aus dem Oberrand (..), was selbstredend besonders zu melden ist. Wenn, wie in Tafel XIII. Figur 1. ein Sonne hinter einem Dreiberg hervorbricht, so kann diese auch als aufgehend angesprochen werden.“
Mittagssonne
Eine als Mittagssonne bezeichnete Figur steht in der Mitte des Wappenschildes oder des Feldes.
Weiße Sonne
Mit dem Ausdruck „Weiße Sonne“ wird eine weiße zwölfstrahlige Sonne in Blau bezeichnet („blauer Himmel mit weißer Sonne“; chinesisch: 青天白日). Die Figur ist von 1928 bis 1949 im Hoheitszeichen der Republik China und bis heute Hoheitszeichen der Republik Taiwan.
Wappenbilderordnung
- Die Sonne (strahlend, gesichtet) wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Himmelskörper und unbelebte Erde unter der Nr. 1002 aufgenommen.
- Die Sonne (strahlend, ungesichtet) wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Himmelskörper und unbelebte Erde unter der Nr. 1001 aufgenommen.
Symbolik
Außerhalb der Heraldik wird Sonne in zahlreichen symbolischen Bedeutungen genutzt (zum Beispiel wird in der christlichen Bilderwelt die immer wieder im Osten aufgehende Sonne als „Symbol der Unsterblichkeit und Auferstehung“ Christi gedeutet und „mit Helios im Strahlenkranz auf dem Sonnenwagen gleichgesetzt oder der Weltenrichter mit einem sonnenartigen Nimbus umgeben“[3]).
Sonnenwagen (Wappen Odsherred Kommune)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Frutinger, Adrian: Symbole. Geheimnisvolle Bilder-Schriften. Zeichen. Signale. Labyrinthe. Heraldik. Bern, Stuttgart, Wien. 2008. ISBN 978-3-258-07323-1. S. 46/47, Lemma: „Sonne“
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 68, 73, 110
- ↑ Lexikon der Symbole: Sonne. Knaurs Lexikon der Symbole. 1989/1994/1998. S. 1021.