Jagdhorn (Heraldik)
Jagdhorn (Horn, das auf der Jagd geblasen wird[1], Horn des Jägers, Jägerhorn; frz.: cor de chasse, huchet oder trompe; engl.: hunting horn, hunter's horn oder bugle horn; ital.: corno da caccia) ist unspezifischer Ober-/Sammelbegriff, der im Zusammenhang mit dem Wappenwesen zur Beschreibung unterschiedlicher gemeiner Figuren („Jagdhornfiguren“) gebräuchlich ist.
Darstellung
Begriffsgeschichte
Die Bedeutung des Ausdrucks „Jagdhorn“ verändert sich über die Jahrhunderte. Ende des 18. Jahrhunderts hebt man hervor, dass in einem engen Sinn unter einem Jagdhorn ein Flügelhorn zu verstehen ist:
„Das Jāgdhorn, des -es, plur. die -hörner, ein jedes blasendes Instrument von Messing oder Horn, so fern dasselbe bey der Jagd gebraucht wird, und wohin das Parforce-Horn, das Waldhorn, das Flügelhorn, das Rüdenhorn, das Hiefhorn und der Jagdzink gehören. In engerer Bedeutung wird das Flügelhorn, als das kleinste unter den messingenen Jagdhörnern, mit diesem Nahmen belegt.“
Nach dem 19. Jahrhundert bezeichnet der Ausdruck „Jagdhorn“ in weiten Sinn alle Signalhörner, mit denen Jagdsignale geblasen werden.
„Vor mehr als 200 Jahren nannte man alle die Hörner, auf welchen bei großen »feierlichen« Jagden sogenannte Jagdstücke geblasen wurden, Jagdhörner oder Jägerhörner; auch die Hörner, welche man zu Signalen für Jäger und Hunde gebrauchte. Unter die Jagdhörner zählte man daher das Waldhorn (Cor de chasse), das Parforcehorn, das Hif- oder Hüfthorn, (..)“
Anfang des 20. Jahrhunderts verweist man auf Ähnlichkeiten zwischen Jagd- und Post-/Waldhörnern:
„Jagdhorn, meist ein post- oder waldhornähnliches, seit dem 18. Jh. mehrfach gewundenes Instrument mit durchaus konischen Verlauf und Kornettmundstück, in der Regel in Es.“
In einem engeren Sinn bezeichnet man Ende des 20. Jahrhunderts nur das (Fürst-)Pleßhorn und das Parforcehorn als Jagdhörner:
„Jagdhorn (..) heute in der am meisten verbreiteten Form des kleinen, an der Hüfte getragenen (Fürst-)Pleßhorns (..) oder als großwindiges, um die Schulter gelegtes Parforcehorn bekannt (..)“
Dem Bedeutungswandel Rechnung tragend, sind die Formen jener Figuren, die unter dem Ausdruck „Jagdhorn“ in der heraldischen Literatur subsumiert werden, entsprechend vielfältig.
(Gemeines) Jagdhorn
Wird in der heraldischen Literatur oder in Wappenbeschreibungen der Ausdrück „Jagdhorn“ ohne weitere Bestimmung verwendet, ist darunter stets ein → Hifthorn zu verstehen. Zwischen einer Jagdhornfigur und einer Hifthornfigur gibt es in der Heraldik keine signifikanten Unterschiede. Die Figur Hifthorn wird in einem eigenen Beitrag erläutert (siehe dort).
Ausschlaggebend für ein explizit geführtes Jagdhornwappenmotiv ist die Blasonierung. Sollte diese zur Bestimmung einer Figur nicht ausreichen oder nicht vorhanden sein, können Metainformationen helfen, um eine Figur in Hifthornform eindeutig als Jagdhorn zu identifizieren. Beispielsweise wird eine Familie namens „Jäger“, „Jägermann“ und so weiter vermutlich eher ein Jagd- als ein Post- oder anderes Horn im Wappen führen. Das gleiche gilt für Ortschaften, in deren Namen ein Morphem wie „-jagd-“, „-jägers-“, „-jager-“ oder ähnlich vorhanden ist.
Rechts: drei (1:2) abgewendete goldene Jagdhörner mit grünen Schnüren und Quasten (Wappen derer von Jaegersfeld)
Parforcehorn
In manchen Wappenaufrissen der neueren Heraldik erscheint ein Jagdhorn in Form eines Parforcehorns oder eines Trompe de chasse (wörtlich: „Jagdhorn“, das ist die französische Form des Parforcehorns); im älteren Wappenwesen ist diese Jagdhornform nicht gebräuchlich. Das Trompe de chasse wurde 1682 von Anton von Sporck in den deutschsprachigen Kulturraum eingeführt. Von dem böhmischen Hof der von Sporck gelangte es an den habsburgischen, sächsischen und brandenburgischen.
Wappen von Navalmoral de la Mata in Cáceres, Spanien
Fürst-Pless-Horn
Walter Leonhard zeigt in seinem Werk „Wappenkunst und Wappenkunde“ ein Jagdhorn in Form eines kleinen Fürst-Pless-Horns und bezeichnet die Figur als „Signalhorn“[6]; im älteren Wappenwesen ist diese Jagdhornform nicht gebräuchlich. Das Plesshorn wird ab 1880 in verschiedenen Bauausführungen als Jagdgebrauchsinstrument verwendet. Nahezu alle realen Ausführungen sind zumindest teilweise mit Lederband umwickelt, so dass dieses Merkmal obligatorisch für die heraldisch-stilisierte Umsetzung ist; erscheint die Plesshornfigur ohne Lederband, sollte dies angezeigt werden („Plesshorn ohne Lederband“). Weitere Besonderheiten sind zu melden („mit Ventilen“, „mit Stimmzug“, Trichtermundstück in einer anderen heraldischen Farbe als der Rest der Figur et cetera).
Jagdhorn (serpentförmig)
Vereinzelt sind Jagdhornfiguren in Wappenaufrissen eher „serpentförmig“ gebogen, weniger kreisförmig. Nach einer Überlieferung wurde der Serpent jedoch erst 1590 von einem Kanonikus Guillaume in Auxerre erfunden. Ob Wechselbeziehungen zwischen den seltsamen Jagd-/Waldhornfiguren in Wappen und der Serpent bestehen -- oder ob nur laienhafte Gestaltungen der Jagdhornfiguren vorliegen, ist unklar.
Jägerhorn als Nebenfigur
In einigen Wappen erscheint das Jägerhorn als Nebenfigur. Beispielsweise stößt ein Jäger in sein Jägerhorn oder es wird von einer anderen Wappenfigur in der Hand gehalten et cetera.
Oben: wachsender Jäger, in der rechten ein Jagdhorn (ehemaligen Gemeinde Valbert)
Förster, der ein goldenes Jagdhorn bläst (Wennebostel)
Reitender Jäger, der in ein Jagdhorn stößt (Syców, dt.: Groß Wartenberg; früher: Polnisch Wartenberg)
Jäger mit einem Jagdhorn an der rechten Hüfte (Wappen Jagerberg)
Jagdhorn als Prachtstück
Zwei Jagdhörner als Prachtstücke (Wappen des Großjägermeisters von Frankreich Henri II. de Bourbon)
Verbreitung
Gert Oswald erläutert, dass die Figur „Jagdhorn“ verbreitet ist; seine Anmerkung ist nur dann schlüssig, wenn man die Ausdrücke „Jagdhorn“ und „Hifthorn“ absolut synonym verwendet.
„Jagdhorn: Relativ häufiges Wappenbild.“
Jagdhorn (Fürstentum Orange)
Das Haus Oranien führt nach Oswald und anderen ein Jagdhorn vom Typ „Hifthorn“ im Wappen:
„Jagdhorn:: (..) So erscheint es zum Beispiel im Wappen des Hauses Oranien für das Fürstentum Orange in Frankreich (..)“
Verschränkung mittels Vierung: Wappen Fürstentum Orange mit Wappen Les Baux
Jagdhorn (Jägerndorf)
Die Figur Jagdhorn (Typ: „Hifthorn“) ist aus redenden Wappen überliefert, die im Zusammenhang mit dem Ort Jägerndorf (deutscher Name der tschechischen Stadt Krnov im Okres Bruntál) sowie dem Herzogtum/Fürstentum Jägerndorf stehen. Letzeres ist eine Herrschaft in Schlesien seit 1377 bis in das 19. Jahrhundert.
„(..) Das Horn im Staatswappen von Liechtenstein steht für die Herrschaft Jägerndorf, die Stadt Jägerndorf (Krnov) führte drei Jagdhörner im Wappen (..)“
Wappen des Hauses Liechtenstein (mit dem Jagdhorn für Jägerndorf)
Symbolik
Ein Jagdhorn kann die Herrschaft über Forst und Jagdgebiet symbolisieren, auf Jagdrechte verweisen, eine Anspielung auf einen Namen wie „Jäger“ sein und ähnliches mehr.
Wappenbilderordnung
- Die Figur Jagdhorn wurde mit dem Bild eines Hifthorns in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Gegenstände aus Kunst und Spiel unter der Nr. 9917 aufgenommen.
Weblinks
- Commons: Post- und Jagdhorn in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Literatur
- Flachs, Werner: Das Jagdhorn. Seine Geschichte von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Zug: Verlag Kalt-Zehnder, 1994
- Stief, Reinhold: Handbuch der Jagdmusik. Bd. 1-8. München: F. C. Mayer, 1969; München: BLV, 10. Aufl. 2001
Einzelnachweise
- ↑ Lemma Jagdhorn. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
- ↑ Adelung: Jagdhorn, das. In: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Band 2. Leipzig 1796, S. 1412.
- ↑ Schubert, Franz Ludwig: Die Blechinstrumente der Musik: ihre Geschichte, Natur, Handhabung und Verwendung in der Instrumental-Gesangs-Militair- und Tanzmusik erläutert. Merseburger. 1866. S. 32
- ↑ Sachs, Curt: Reallexikon der Musikinstrumente Berlin. 1913. S. 197
- ↑ Brockhaus-Riemann Musiklexikon: Jagdhorn. In vier Bänden und einem Ergänzungsband. 2. Aufl. Elektronische Ausgabe. S. 5002. Berlin. 2000. (vgl. 1995. BRM Bd. 2, S. 250)
- ↑ Vgl.: Leonhard, Walter: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung, Bechtermünz-Verlag 2003. ISBN 3-8289-0768-7. S. 272 Abbildung 6
- ↑ 7,0 7,1 7,2 Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S. 206.ISBN 978-3-411-02149-9