Hase (Wappentier)
Hase (lateinisch lepus; französisch lièvre; englisch hare) und Kaninchen (französisch lapin, garenne; englisch rabitt) sind als Wappentiere in der Heraldik unterschiedliche gemeine Figuren oder Schildhalter, die sich schwer unterscheiden lassen.
Geschichte
Nach Ralf von Retberg erscheint das Motiv Hase spätestens im 13. Jahrhundert im Wappenwesen.[1]
„Hase (..): das uralte Wappenbild der tirolischen Hassenried, sowie dann auch das Stammwappen der Haßenkop (..) in Mecklenburg 1221, welches gegen das Ende des 13. Jahrhunderts dem Stammwappen der Maltzan (einer Stechpalmstaude) zugestellt wurde, kommt im 14. Jahrhundert (..) als Helmzier sogar stehend in ganzer Gestalt vor.“
Darstellung
Die grundsätzliche Ausrichtung bei Hase und Kaninchen ist wie bei den anderen Wappentieren nach heraldisch rechts. Heraldische Tinkturen sind beim Hasen oder Kaninchen nicht beschränkt. Beiden werden zuweilen heraldische „Objekte“ (Rübe, Kleeblatt, Krone, Schwert und so weiter) in die Vorderläufe gelegt. Ist dies der Fall, so ist es bei der Wappenbeschreibung zu melden. Hase wie Kaninchen treten im Wappenschild auch im Oberwappen auf.
In der Regel sind Hase und Kaninchen in Wappen so gut wie nicht unterscheidbar. Welches Wappentier dargestellt wird, erschließt sich, wenn überhaupt, manchmal aus der Blasonierung. Körper- und Ohrenhaltung sind Anhaltspunkte, sind aber nicht immer schlüssig oder eindeutig in einem Wappen aufgerissen.
Hase
Grundsätzlich ist der Hase an seinen langen oft aufgestellten Ohren erkennbar. Auch die gestreckte Körperform ist für einen Hasen typisch. Dabei wird das Tier zum Beispiel im schnellen Lauf, aufspringend oder stehend dargestellt; die Figur erscheint im Wappenwesen jedoch auch aufrecht, sitzend und andere mehr.
„Hase ein in Wappen ebenfalls ziemlich seltenes Thier, es führen ihn z. B. aufrecht (Tafel XVII. Figur 27.) die von Stützlinger in Bayern, und von Haza-Radlitz in Schlesien, sitzend: die Freiss und Häseler in Oesterreieh und laufend die von Haasi in Bayern und von Haas in Thüringen.“
1909: Aufspringender Hase (nach nach Fox-Davies)
Springender Hase im Wappen von Neindorf/Wolfsburg (in „natürlicher“ Form dargestellt)[3]
Laufender Hase (Kahl am Main, bezugnehmend auf Sandhase, Ortsneckname)
Laufender Hase im Wappen von Hasenkrug[4]
Wachsender Hase in Naturfarbe im Wappen von Königswiesen, Österreich[5]
Sitzender Hase im Wappen von Hasenmoor[6]
Aufrecht sitzender Hase im Wappen von Herrieden[7]
Hasenkopf/Hasenrumpf
Hasenkopf und Hasenrumpf (das ist ein „gestümmelter“ Hase, also nur Hals und Kopf, ohne Vorderbeine) sind gebräuchliche Ausdrücke, für Wappenfiguren. Gewöhnlich wird im Wappenwesen weder in der Darstellung noch in der Wappenbeschreibung zwischen einem Halstück (Halskopf mit langem Hals bzw. Halsrumpf) und einem Kopfbild (nur Halskopf, ohne Halsansatz) differenziert. Die genaue Darstellung erfolgt im Rahmen der Gesamtharmonie eines Wappens/Wappeaufrisses und obliegt letzlich der künstlerischen Freiheit. „Hasenrümpfe", „Hasenkopf" werden im Wappenwesen bevorzugt „abgeschnitten" dargestellt, selten oder gar nicht „abgerissen". Hasenköpfe/-rümpfe erscheinen sowohl in Ein- als auch in Mehrzahl in Wappen:
„(..) 2 Hasenköpfe, abgeschnitten übereinander zeigt das vordere Feld des Wappens der Familie Maltzan, als das anererbte der † von Hasenkop.“
Hasenkopf
(Wappen Reilingen)Linksgewendeter Hasenkopf
(Unteröwisheim)Hasenkopf im Visier
(Rennau)Rechts zwei Hasenköpfe übereinander (Kummerow)
Dreihasenbild in der Heraldik
Drei springende Hasen erscheinen im Wappenwesen manchmal mittels ihrer Ohren miteinander in Kreisform kombiniert und zwar so, dass jeder Hase optisch zwei Ohren hat, im Gesamtmotiv insgesamt aber nur drei Ohren zu sehen sind („Dreipass aus laufenden Hasen mit gemeinsamen Ohren“). Dieses sogenannte → „Dreihasenbild“ ist in der Heraldik eine gemeine Figur; das Motiv ist aber auch in der bildenden Kunst gebräuchlich (beispielweise erscheint ein entsprechendes Bildwerk im sogenannten „Hasenfenster“ des Paderborner Doms). Drei Hasenfiguren, die sich nicht berühren beziehungsweise ohne gemeinsame Ohren in den Dreipass gestellt sind, erscheinen dagegen selten oder gar nicht in Wappen.
Das Dreihasenfenster im Paderborner Dom
„Dreihasenbild“ im Wappen von (Hasloch)
Kaninchen
Kanichen werden im Gegensatz zum Hasen grundsätzlich „gekrüpft“ oder „schmiegend“ dargestellt.[8] Die meisten Kaninchen befinden sich in einer Sitz- oder Kauerhaltung und haben kurze angelegte Ohren (im Unterschied zu stehenden oder sich in Bewegung befindenden Hasen mit langen und aufgestellten Ohren). Ein Kaninchen sollte immer als solches beschrieben werden, um Verwechslungen zu vermeiden.
Kaninchenfiguren können zum Beispiel in Fabelwappen erscheinen, um einen Bezug zu Spanien oder eine Region in Spanien zu versinnbildlichen (der Ausdruck „Spanien“ ist entlehnt von lateinisch Hispania und seiner seit dem 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung belegten Kurzform Spania; das Wort soll phönizischen Ursprungs sein und soviel heißen wie „Kaninchenküste“ bzw. „Land der Kaninchen“).[9]
Seehase
Eine Besonderheit ist der „fischgeschwänzte Hase“, genauer: der Seehase (frz.: lièvre mariné; engl.: sea-hare). Bei dieser fiktiven Figur erscheint das Hasenhinterteil als Fischschwanz.
Hase/Kaninchen als Jagdbeute
Manchmal erscheinen die Figuren Hase/Kaninchen in Wappen als eine Art „Jagdbeute“ eines anderen Wappentiers. Die Stellung beider Wappentiere zueinander ist zu melden (zum Beispiel: im Maule, Schnabel, Rachen oder mit den Vorderbeinen, Krallen und so weiter haltend/greifend/fangend).
Symbolik
„Hase und Kaninchen werden in der Symbolik wie im Volksglauben nicht unterschieden.“[10] Gewöhnlich bilden die realen oder legänderen Eigenschaften der Tiere ihren symbolischen Aussagewert.
Symbolik innerhalb der Heraldik
Der Hase erscheint bei vielen Wappen als redender Hinweis auf den Familiennamen (beispielsweise bei Nachnamen wie Haase, Hahse, Has oder Haas). Für den bildlichen Bezug genügt eine ähnliche Aussprache (Gleichklang) von Namen und Wappentierbezeichnung. Eine exakte orthographische Übereinstimmung von Name und Bild ist nicht unbedingt notwendig.
Symbolik außerhalb der Heraldik
Der Hase symbolisiert außerhalb der Heraldik hauptsächlich Wachsamkeit, Furchtsamkeit, Fruchtbarkeit, Paarungsbereitschaft, Lüsternheit, Gottvertrauen und Selbstaufgabe im Vertrauen auf die Erlösung und ist ein Symbol für langen Lebens und den Mond:
„In vielen alten Kulturen ist der Hase ein »Mondtier«, weil die dunklen Flecken (»mare«) auf der Scheibe des Vollmondes an einen springenden Hasen erinnern – so etwa bei den Azteken (..) und in Altchina (..) Auch im indo-buddhistischen Raum und bei den Kelten, bei Hottentotten und in Altägypten war der Hase mit dem Mond assoziiert.“
„Fast alle Arten der Hasenartigen spielen in den menschlichen Kulturen ihrer Heimat eine Rolle bei der Ernährung“.[11] Vermutlich gingen sie aufgrund dieser Beziehung in die Kulturgeschichte der Menschen ein und wurden Bestandteil vieler Mythen und Geschichten der Menschen. In der Antike vermutetet man beispielsweise, dass der Genuß eines Hasens für neun Tage Schönheit verleiht; und nach mittelalterlichen Ärzten verursacht der Verzehr von Hasenfleisch Schlaflosigkeit.[10] In den westlichen Kulturstaaten spielt der Hase eine bedeutende Rolle als Osterhase (Frühlingsbrauchtum)[10] und ist in zahlreichen Märchen und Fabeln wie beispielsweise Meister Lampe, Der Hase und der Igel ein wichtiger Protagonist.[11] „Antike Vorstellungen schreiben dem Hasen (..) vorwiegend positive Eigenschaften zu.“[10]
„Seine Schnelligkeit und Wachsamkeit hat nach Plutarch (..) »etwas Göttliches« Das Lieblingstier der Göttin Aphrodite ist nach Plinius (..) für Frauen von großem Nutzen: Hasenfleisch mache sterile Frauen fruchtbar, der Genuß von Hasenhoden begünstige die Empfängnis von Knaben. Der Magier Apollonius von Tyana (..) empfahl, um das Lager einer Gebärenden einen Hasen dreimal herumzutragen, um die Entbindung zu erleichtern.“
Auch in der christlichen Ikonographie wird der Hase häufig als Symboltier verwendet. Beispielsweise versinnbildlicht „ein weißer Hase, zu Füßen der Jungfrau Maria“ den Sieg über »Fleischlichkeit«.[10]
„Seine Wehrlosigkeit stempelt ihn zum Inbegriff des nur auf Gott vertrauenden Menschen. Hasen, die Weintrauben abknabbern, sind wohl Sinnbilder der in das Paradies aufgenommenen Seelen, die dort ungefährdet die Früchte des ewigen Lebens genießen können. – Gelegentlich treten Darstellungen von drei Hasen in einem Kreis auf, deren Ohren sich zu einem Dreieck verbinden – vielleicht ein Hinweis auf die Dreifaltigkeit Gottes oder auf die Flüchtigkeit der schnell vergehenden Zeit in ihren Kreisläufen.“
Wappenbilderordnung
- Hase und Kaninchen wurden zusammen in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Andere Wildtiere unter der Nr. 5251 aufgenommen.
- Der Seehase wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Fabelwesen: Tiere mit Fischleib, -schwanz unter der Nr. 6235 aufgenommen.
Paraheraldik
Kaninchen/Hasen erscheinen manchmal in Parawappen, zum Beispiel in den Zeichen von Zuchtvereinen oder Wildbrethändlern, kommen aber auch als Truppenkennzeichen und anderes mehr vor.
Weblinks
Literatur
- Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung. Callway, München 1978, ISBN 3-8289-0768-7, S. 224 f. (Genehmigte Lizenzausgabe für Weltbild Verlag GmbH: Bechtermünz, Augsburg 2000).
- Hofmann, M.: Der Hase im Wappen. In: Fränkische Landeszeitung. Neustadt a. d. Aisch. 23. September 1961.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Ralf von Retberg: Die Geschichte der deutschen Wappenbilder. Aus Ralf von Retbergs Nachlasse. 1884. Posthum in: Jahrbuch der k.k. heraldischen Gesellschaft Adler zu Wien. XIII./XIV. Jahrgang. Wien 1886/1887. Seite 12.
- ↑ 2,0 2,1 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie ( M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.
- ↑ Blason: „In Gold (Gelb) eine blaue rechte Seitenspitze, worin ein springender goldener (gelber) Hase.“
- ↑ Blason: „In Gold ein erniedrigter, flacher blauer Sturzsparren. Oben ein roter Hase im Lauf, unten zwei auswärts geneigte grüne Eichenblätter.“
- ↑ Blason: „Geteilt von Silber und Schwarz; oben ein naturfarbener (brauner), wachsender Hase.“
- ↑ Blason: „Von Grün und Gold schräglinks geteilt. Oben ein sitzender goldener Feldhase, unten fünf schwarze Grasbüschel.“
- ↑ Blason: „In Rot aufrecht sitzender goldener Hasen mit silbernen Pedum (Bischofsstab) in den Vorderpfoten.“
- ↑ Vgl. Gatterer, Johann Christoph: Abriß der Heraldik oder Wappenkunde: zum Nutzen der studierenden Jugend entworfen und zuerst mit acht Kupfertafeln erläutert. Raspe. 1774. S. 36.
- ↑ Rudolf Köster: Eigennamen im deutschen Wortschatz. Ein Lexikon. Walter de Gruyter, Berlin 2003, ISBN 978-3110177022, Seite 167
- ↑ 10,0 10,1 10,2 10,3 10,4 10,5 10,6 10,7 Lexikon der Symbole: Hase. Knaurs Lexikon der Symbole, S. 451(vgl. LdS, S. 181). 1989, 1994, 1998.
- ↑ 11,0 11,1 Seite „Hasenartige“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 23. Dezember 2020, 19:46 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hasenartige&oldid=206830100 (Abgerufen: 23. Oktober 2021, 10:37 UTC)
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