Schildhalter

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Schild-/Wappenhalter
 
1195: Früher Beleg (Siegel des Gilles de Trazegnies; nach Galbreath)
 
Vor 1519: (mit dem Wappen der Erzdiözese Salzburg, Lindenholz, gefasst)
alternative Beschreibung
1532: Turnierordner mit den Gesellschaftszeichen „Esel“ und „Wolf“ als Schildhalter (bei einem Turnier nach Georg Rüxner)
Konstitutive Wappenelemente/-begriffe in der Heraldik (Auswahl)
(Anmerkung: nur Anklick-Diagramm; in dieser Form kein „echtes“ Wappen)
Frühe Form eines Schildhalters von 1477: Wilder Mann mit umgehängtem Wappen
Zwei Löwen als Schildhalter

Der Ausdruck Schildhalter (Abkürzung: „SH“; auch Wappenhalter, Wappenhüter, Wappenknecht, Wappenstütze, Schildwächter, Schildträger, Schildhüter, Schildknecht, Schildbube, Garde oder ähnlich genannt; französisch tenant, support; englisch tenant, supporter) bezeichnet im Wappenwesen

  • einerseits sich hinter, neben oder unter dem Wappenschild eines Wappens befindliches dekoratives Beiwerk (Menschen-, Tier-, Fabelgestalten oder dergleichen), die denselben „halten“ („tragen“, „stützen“, „flankieren“ oder ähnliches);
  • andererseits ist der Ausdruck für wirkliche Personen gebräuchlich, die den Schild von anderen Personen „halten“ (ihnen „nachtragen“ oder ähnliches, zum Beispiel ein Schildknappe seinem Ritter, ein Turnierordner bei einem Turnier et cetera).

Darstellung

Heraldiker wie Maximilian Gritzner empfehlen, Schildhalter auf eine geeignete Basis, zum Beispiel auf eine ornamentale Ranke/Arabeske oder auf ein Postament zu stellen (beziehungsweise ein Stand gebendes Gestaltungsmittel wie Boden, Rasen, Gesims, Konsole, Podest oder ein ähnliches zu nutzen); frei schwebende oder nur auf einem Devisenband stehende Schildträger gelten Gritzner als weniger geeignet (mit Ausnahme von fliegenden Engelsfiguren oder anderen flugfähigen Figuren, bei denen eine Basis entfallen kann).

Schildhalter treten einzeln oder paarweise, gleichartig oder verschieden, neben oder hinter dem Schild auf. Ihre Darstellung ist oft nur beim Hauptwappen oder dem sogenannten Großen Wappen üblich. Der Zusammenhalt des Wappens wird oft mit dem Wappenzelt (kein Wappenmantel) unterstrichen.

Verbreitet als Schildhalter oder Wappenhalter sind die wilden Männer, dargestellt als nackte, bärtige, stark behaarte, Keulen haltende Wilde, die die Scham mit einem Blatt oder einem Blättergürtel verdecken. Diese Wappenhalter werden oft unheraldisch in Naturfarbe tingiert. Andere Formen sind Heilige oder Kirchenvertreter, die teilweise mit einem Heiligenschein (Nimbus) umgeben sind und einen Krummstab oder andere heilige Insignien halten.

Die Darstellung der Halter geschieht oft so, dass sie in einer Hand oder mit dem Vorderfuß bei Tieren Lanzen, Fahnen oder Kreuze zur Wappenaufwertung halten können. Nicht selten werden ihnen auch Orden oder Ordensketten umgehangen.

Von den Wappentieren werden zum Beispiel die Löwen, Einhorne, Greife oder Bären häufig gebraucht. Besonders sind die mystischen Wappentiere in Gebrauch. Bei der Blasonierung ist die Haltung und die Blickrichtung der Tiere zu beachten und folgt den Regeln der Schildbeschreibung. Sie können steigend, stehend, springend am Schild sein und den Betrachter ansehen (en face gestellt), widersehend oder rückgewendet sein. Häufig ist eine Bekrönung der Schildhalter vorgenommen. Selten werden liegende Figuren genommen. Die Tingierung unterliegt den heraldischen Farbregeln. Sind auf dem Hauptschild viele Helme aufgesetzt, hat sich eingebürgert, dass die äußeren Helme den Schildhaltern aufgesetzt werden.

Geschichte

Die Schildhalter sind aus dem Siegel hervorgegangen. Sie dienten auf ihnen zur Belebung der freien Flächen. Nach Galbreath ist das Siegel des Gilles de Trazegnies (Brabant) mit Wappendarstellung aus dem Jahre 1195 ist ein früher Beleg für einen Schildhalter.[1] Es zeigt einen Bären (teilweise als Löwe interpretiert) mit umgehängtem Schild.

Bedeutung

Schildhalter gehören gemäß den heraldischen Regeln zu den Pracht- oder Prunkstücken eines Wappens. Das heißt, sie waren ursprünglich nicht fest definierter Bestandteil des Vollwappens. Sie machten keine zusätzlichen Aussagen über den Wappeninhaber und waren nicht von bestimmten Rechten abhängig. Sie dienten lediglich als Dekoration und konnten jederzeit entfallen. Sie wurden gewöhnlich nicht an nachfolgende Wappenführende weitergegeben. Ungefähr seit Mitte des 17. Jahrhundert werden Schildhalter jedoch in Wappendiplomen erwähnt. Auch eine Reihe landesherrlicher Wappen haben bestimmte Schildhalter, die durch Verordnungen ein für allemal festgesetzt sind.

In England gelten die Schildhalter als besondere Ehrenzeichen, die nach wie vor amtlich verliehen werden.

Mit Landwächter werden die vier Wappenhalter des isländischen Staatswappens bezeichnet. Es sind Stier, Adler, Drache und Wikinger. Die Sage erzählt, dass diese Schildhalter die Insel vor dem König der Dänen geschützt haben.

Beispiele

Literatur

  • Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung. Callway, München 1978, ISBN 3-8289-0768-7, S. 335 f. und weitere (Genehmigte Lizenzausgabe für Weltbild Verlag GmbH: Bechtermünz, Augsburg 2000).
  • Heinrich Hussmann: Über deutsche Wappenkunst, Wiesbaden 1973. S. 72 f. und weitere
  • Johann Paul Reinhard: Von dem Ursprunge der Schildhalter. In: Erlanger gel. Anzeigen. 1746 n. 15. S. 113-117
  • Gottfried Daniel Hoffmann (1719-1780): Ueber die Wappen-Schild-Halter insonderheit des Römisch-Teutschen Reichs-Adlers die zween Greiffen: Vom Geheimen Rath Hoffmann zu Tübingen. Tübingen, Heerbrandt, 1779. (urn:nbn:de:gbv:32-1-10013996635)

Einzelnachweise

  1. Galbreath, D. L.; Jéquier Léon: Handbuch der Heraldik. Augsburg 1990. S. 195
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Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Schildhalter“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 17. April 2010 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.