Sechseck (Heraldik)
Ein Hexagon (von griechisch ἑξα héxa [hɛksaˈgoːn], deutsch ‚sechs‘ und γωνία gonía, deutsch ‚Winkel; Ecke‘; französisch hexagone oder écran; englisch hexagon) oder Sechseck (auch mißverständlich Schirmbrett oder ähnlich genannt) ist in der Heraldik eine polygone Wappenfigur, die in der Literatur
- den Heroldsbildern zugeordnet wird, wenn mindestens zwei gegenüberliegenden Spitzen oder zwei gegenüberliegenden Geraden der Figur bis zu den Feld- oder Schildrändern reichen respektive daran anstoßen und den Schild dadurch teilen);
- den gemeinen Figuren zugeordnet wird, wenn die Figur insgesamt schwebend beziehungsweise freistehend im Wappen/Feld erscheint.
Darstellung
Die heraldische Figur Sechseck ist in der Heraldik einem regelmäßigen Sechseck nachempfunden, wie es in mathematisch-geometrischen Zusammenhängen, Kunst, Kultur, Natur und Technik häufig anzutreffen ist. Auf die (schwebende) Figur Sechseck sind die heraldischen Regeln anzuwenden, die für eine gemeine Figur allgemein gelten. In der Normalform steht die Sechseckfigur auf einer der sechs Ecken und eine gegenüberliegende ist zum oberen Schildrand gerichtet („aufrechtes Sechseck“); verlaufen eine obere und untere Kante des Sechsecks parallel zum oberen Schildrand, kann die Figur als „gestürztes“ oder „liegendes Sechseck“ gemeldet werden. Gewöhnlich erscheint das Sechseck als reine Farbfläche („lediges Sechseck“); wird es mit einer Wappenfigur belegt oder ist es in irgendeiner Form geteilt, ist dies stets zu melden.
Die Figur Sechseck kann in einem Wappen in Einzahl, in einer bestimmten Anzahl (Zweizahl, Dreizahl oder ähnliches) respektive in einer unbestimmten, beliebigen Anzahl erscheinen. In Mehrzahl sind traditionelle Stellungen bevorzugt (zum Beispiel 2:1, 2:2, 3:2 oder anders gestellt). Es gibt keine bevorzugte heraldischen Farbe (Tinktur) für Sechsecke. Sie erscheinen in allen heraldischen Farben in Wappen. Manchmal nimmt die farbliche Darstellung einer Sechseckfigur Bezug auf die Farbe eines realen Vorbilds für welches sie in gewisser Weise steht. Soll beispielsweise mittels einer Sechseckfigur
- ⬢ eine Bienenwabenzelle dargestellt sein, erscheint die Sechseckfigur bevorzugt in Gold
- ⬢ eine Basaltsäule in Draufsicht dargestellt sein, erscheint die Sechseckfigur bevorzugt in Schwarz
Sechseck belegt mit Haspelradkranz
(Wibbecke)6 wabenförmig aneinander gestellte, aufrechte Sechsecke (Bergkamen)
Oben vorne: silbernes Sechseck, belegt mit Schlägel und Eisen (Nistertal)
Hinten oben: blaues Sechseck, unten drei solche, 2:1 gestellt (Bölsberg)
Wachsende Pyramide aus acht Sechsecken (Berzhahn)
Drache mit Sechseck (Kusmolowski)
Konstruktion
In der Heraldik muss ein regelmäßiges Sechseck nicht mathematisch oder geometrisch exakt im Wappen erscheinen, vielmehr ist es den Erfordernissen der Wappengesamtharmonie und eines in sich stimmigen Wappenaufrisses anzupassen. Grundsätzlich stehen zur Konstruktion eines Sechsecks mehrere Verfahrensweisen zur Verfügung (Konstruktion mit Zirkel und Lineal bei gegebenem Umkreis, Konstruktion aus zwei gleichseitigen Dreiecken, Konstruktion bei gegebener Seitenlänge, näherungsweise Konstruktion).
Weitere sechseckige Wappenmotive
In der Heraldik ist ein „Sechseck“ oder „sechseckig“ in ungezählten Zusammenhängen ein gestalterisches Element, darunter zum Beispiel (Auswahl):
Schirmbretter sind im Wappenwesen zuweilen sechseckig geformt. |
(1889: nach Siebmacher) | |
(sechseckig) | Pestravsky District | |
Säulenbasalt (sechseckig, in Draufsicht) Säulenbasalt erscheint in der Natur typischererweise hexagonal-geometrisch; in Wappen wird diese Form teilweise durch Sechsecke dargestellt (zum Beispiel im Wappen von Nüsttal: Acht schwarze Sechsecke, belegt mit silbernen Sternen) |
(Nüsttal) | |
Basaltsäule (sechseckig, perspektivisch) Hexagonal-geometrische Basaltsäulen erscheinen in Wappen auch perspektivisch und nur wenig heraldisch stilisiert (zum Beispiel im Wappen des Westerwaldkreises: Sieben sechseckige schwarze Basaltsäulen)[1] |
(Westerwaldkreis) | |
Die Figur Drehhaspel erscheint im Wappenwesen gewöhnlich mit einem Haspelradkranz mit sechs Armen und einem „im Sechseck“ aufgewickelten Faden. |
Nonne mit Drehhaspel | |
Festungs-/Mauersechseck Manchmal werden in Wappen -- heraldisch kaum stilisiert -- gemeine Figuren mit einem sechseckigen Mauerwerk/Grundriss gestaltet, teilweise angelehnt an regionale Bauwerke (Schanzen, Kastelle, Burgen, Türme und andere) selbst dann, wenn der Grundriss des Vorbildes viereckig oder anders überliefert ist. |
(Deutz, sechseckig) |
Hexagonalisiert
Hexagonalisiert / mit Sechseckgitter | ||
Basaltsteinpflaster | „Basaltparkettierung“ (Wappen von Lelystad) | |
„Bienenwabenmuster“ |
Hexagonalisiert (auch hexagonisiert, „mit Sechseckgitter“ [Sechseckraster, Hexraster] oder ähnlich; englisch hexagonized; niederländisch gezeshoekt) ist in der neueren Heraldik eine Bezeichnung für die lückenlose Füllung (Facettierung) eines Wappenschildes oder Feldes mit mehreren gleichförmigen, regelmäßigen Sechsecken (platonische Parkettierung mit Sechsecken); die einzelne Sechseckfigur in einer hexagonalen Parkettierung hat nur Nachbarn, die über vollständige Kanten verbunden sind, aber keine, die nur über Ecken oder Kantenteile verbunden sind. Das Gesamtmotiv ist ein Heroldsbild. Bevorzugt wird es verwendet
- im Zusammenhang mit Pflasterfiguren (insbesondere mit Basalt, Basaltparkettierung, Basaltpflaster, Basaltsteinpflasterung, Basaltmuster oder ähnlich genannt)
- im Kontext mit Bienenwabenfiguren (Bienenwabenmuster oder ähnlich genannt)
Für die Blasonierung (Wappenbeschreibung) gelten folgende Übereinkünfte: Bei mehr als neun sechseckigen Plätzen werden diese nicht gezählt. In diesem Fall spricht man von einem „ungezählt hexagonalisierten Schild/Feld“ beziehungsweise von „hexagonalisiert“ (ohne Zusatz). Bis zu neun sechseckigen Plätzen werden diese gezählt. Bei der Blasonierung eines Schildes/Feldes mit beispielsweise roten und silbernen (weißen) sechseckigen Plätzen beginnt man mit der Angabe des heraldisch rechts oben stehenden Platzes, z. B. im Falle, dass dieser rot ist: „Ein Sechseckgitter zu neun Plätzen von Rot und Silber“ oder „neunfach hexagonalisiert von Rot und Silber“. Sind die einzelnen sechseckigen Flächen nicht nur facettiert, sondern mit unterschiedlichen heraldischen Farben (beispielsweise „abwechselnd“) tingiert, ist dies zu melden.
Sechseck als Nebenfigur
Das Sechseckmotiv erscheint in Wappen teilweise auch als Nebenfigur, die von einem Tier, einem Menschen (Bauer), einem Arm oder einer anderen Hauptfigur gehalten, präsentiert oder „benutzt“ wird beziehungsweise diese in irgendeiner Form begleitet. Beispielsweise erscheinen im Wappen von Unkel vier kleine Sechsecke, die zwei schräggekreuzte goldene Schlüssel „begleiten“.
Begleitet von vier silbernen Sechsecken (Unkel)
Sechseck in Berufswappen, Zunftwappen/-zeichen
Das Sechseck ist als Handwerkszeichen gebräuchlich; das Motiv erscheint in unterschiedlichen Ausprägungen (gewöhnlich in Kombination mit anderen Symbolen) zum Beispiel in den Zunft-/Berufs-/Gesellschaftswappen der Goldschmiede und im Wappenschild der Royal Society of Chemistry.
Wappenschild der Royal Society of Chemistry
Sechsecke im Fächerkanon historischer Hilfswissenschaften und der bildenden Künste
Regelmäßige und unregelmäßige Sechsecke sowie hexagonale Strukturen sind nicht nur Gegenstände des Wappenwesens und der Heraldik, sondern auch anderer Gattungen der bildenden Künste und benachbarter historischer Hilfswissenschaften. Mit Blick auf die zu erforschenden Objekte, kann es vielfältige Überschneidungen geben. Beispielsweise zeigt ein Boden in Manises, Spanien aus den Jahren 1425 bis 1450 ein achteckige Parkettierung, deren Grundfigur eine Kombination aus vier länglichen Sechsecken mit rechteckigen Mittelteil (Alfardóns) und einem kleinen Quadrat darstellt, das mit einem Wappen belegt ist. Aus der Früh-/Blütezeit des Wappenwesens sind hexagonale Münzen, ebensolche Münzgewichte, Siegel und andere Objekte bekannt, die möglicherweise mit den Darstellungen von sechseckigen Wappenelementen in irgendeiner Form zusammenhängen.
Japanische Heraldik
Auch in der japanischen „Heraldik“, die prinzipiell mit der westlichen vergleichbar ist, erscheinen viele Mon („Wappen“), die in der einen oder anderen Form das Sechseck/Hexagon als gestalterisches Element nutzen (gewöhnlich als Umrandung („Schildkrötenpanzer“) von anderen heraldischen Motiven (Pflanze, Swastika oder ähnliches).
Mon der Azai
Mon der Suzaka-Hori (Swastika)[3]
Paraheraldik
Sechseck-Motive sind in der Paraheraldik als Logos, Schulembleme, Weltraum- und Sportvereinsabzeichen et cetera verbreitet.
Sechseckiges Abzeichen der STS-58 Crew
Abzeichen der ISS-Expedition 60
Historisches Logo der Dänischen Staatsbahnen
Monogramm von Eduard VIII.
Logo der Unternehmensgruppe Hexagon
Logo des Vereins TSV Haunstetten
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Westerwaldkreis: „In Silber ein grüner Schrägbalken; unten wachsend sieben silbern berandete, sechseckige schwarze Basaltsäulen von unterschiedlicher Höhe, oben eine zylindrische, altdeutsche Kanne mit silbernen Riffeln und drei silbernen ovalen Medaillons.“
- ↑ Owada, Yasutsune: Hachimangujo-jo in: Miura, Masayuki (Hrsg.): Shiro to jinya. Tokoku-hen. Gakken, 2006. ISBN 978-4-05-604378-5.
- ↑ Masayuki Miura (Hrsg.): Shiro to jinya. Tokoku-hen. Gakken, 2006. ISBN 4-05-604378-7.
- ↑ Furusawa, Tsunetoshi: Kamon daichō. Kin’ensha, o. J., ISBN 4-321-31720-7, S. 212.