Greif (Wappentier)

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Dieser Artikel stellt den Greif als Wappenfigur dar; zu mythologischen Darstellung des Greifen siehe Greif (Fabelwesen).
1509: Greif im Wappen Rei de Grifonia
(„König von Grifonia“ [Pommern])

Der Greif (französisch griffon; englisch griffin) steht in der Heraldik als Wappentier in der Reihe der gemeinen Figuren.

Geschichte

Wann zum allerersten Mal im Mittelalter das Fabelwesen Greif als gemeine Figur in einem Wappen des europäischen Wappenkulturraums erscheint, ist unklar bzw. nicht vollständig erforscht. Frühe Siegel mit dem Greifenmotiv werden gewöhnlich für diesen Kulturraum zwischen dem 12. und dem 14. Jahrhundert datiert. Sie sind in diesem Zeitraum vor allem auf den Britischen InselnW-Logo.png und im südlichen Ostseeraum, in Pommern und Mecklenburg nachzuweisen,[1] finden sich aber zum Beispiel auch beim Reichskanzler Rainald von Dassel (1156-1159/1167) oder bei dem Propst des Marienstiftes in Aachen, Wilhelm von Querfurt (1194/97-1213)[2].

Ein Greif im Wappen des Heinrich von FrauenbergW-Logo.png (Codex Manesse, zwischen 1305 und 1315)
Greifenrumpf, mit Menschenkopf am Genick bzw. durchbohrt (Familienwappen SaalhausenW-Logo.png; nach Siebmachers Wappenbuch)

Ralf von Retberg vermutet, dass die Greifenfigur in dieser Zeitspanne auch Eingang in das Wappenwesen fand, wobei er nicht an jeder Stelle präzise und eindeutig zwischen Siegel- und Wappenabbildungen unterscheidet und seine quantifizierenden Aussagen („am meisten“?) nicht wissenschaftlich exakt anhand nachweisbarer Quellenfunde belegt sind:

„Der Greif tritt zuerst gegen Ende des 12. und (..) im 13. Jahrhundert auf, am meisten in Norddeutschland, als Wappenbild Mecklenburg, Rostock, Pommern, Stettin, Rügen, schon um 1200 unter Borwin I. von Mecklenburg, und zwar bald wachsend oder als Rumpf, mit einem Drachenkamme oder gar Mohrenhaupte am Genick (Salhausen um 1208), bald benestelt (Wenden, Wolgast), bald auf einem Freiberge (Greifenstein; [Züricher Wappenrolle 74]), oder mit einem Mühlraderumpfe (..)“

Darstellung und Blason

Greifenwappen in der Kirche BehrenhoffW-Logo.png (Datierung unklar: nach Schilling zweite Hälfte des 13. Jhr.;[4] nach dem Handbuch der dt. Kunstdenkmäler und anderen Anfang 14. Jhr.;[5] nach Kunz um 1300[6])
1459: Greif im Wappen Griffenstain (nach Ingeram-Codex)
Greif, altertümlich[7]
Greif
(Woiwodschaft Westpommern (polnisch: województwo zachodniopomorskie)

Die Darstellung im Wappen erfolgt stets im Profil, gewöhnlich nach rechts (heraldisch) sehend und steigend. Er erscheint aber auch sitzend, was zu melden ist.

Der Kopf unterscheidet sich durch die spitzen Ohren vom Adler. Die vorgeworfenen Vorderfüße und die Flügel sind dem Adler, der ganze untere Teil des Körpers dem Löwen entlehnt. Der Schweif ist bald auf-, bald niedergeschlagen. Die Bewehrung (Krallen, Schnabel, Zunge und Vogelbeine) wird häufig andersfarbig tingiert.

Der Greif ist häufig Schildhalter und wird auch im Oberwappen aufsteigend gezeigt. Bei dieser Darstellung werden die Farben aus dem Wappenschild übernommen, aber nicht zwangsweise.

„(Der Greif) hat den Oberkörper eines Adlers, d. h. Vogelkrallen, Schnabel, (daran in älterer Zeit hakenförmiger Ansatz und Flügeln und den Unterteil eines Löwen; seine Ohren sind aber meist lang und spitz, oder auch wie die des Bracken; der Schwanz ist, wenn nicht anders gemeldet, stets zwischen die Hinterbeine geschlungen, in älterer Zeit aber nur als rückwärts abfliegender Stummelschweif dargestellt. Die Flügel sitzen nicht am Rücken, sondern an der Wurzel der Vorderbeine (den Schultergelenken); in älteren Abbildungen kommen sie vielfach wie in Fig. 15, 17, d. h. beiderseits des Kopfes sichtbar vor; nur bei sehreitenden Greifen (Tafel XXII. Fig. 19.) nie. Die Schwingen der Flügel sollen in die Höhe gesträubt sein, doch werden sie auch wie in Fig. 18. niedergeschlagen abgebildet (..)“

Siebmacher/Gritzner (1889)[8]

Galerie

Greifenkopf

Greifenkopf
(Stettin, von Otto Hupp)

„Greifenköpfe zeigt Tafel XXII. Fig. 20. 21. Die Köpfe im W. der Grafen v. Oppersdorf und v. Pückler sind, alten Siegeln zufolge, auch Greifen- (nicht Adlers-) Köpfe, ebenso der im Wappen der Stadt Stettin.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[8]

Greifenklaue

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Adlerfang

Die Greifenklau' (auch „Greifenfang“, „Greifenbein“, „Greif-Schenkelbein“ und anderes mehr genannt; frz.: griffe, serre de griffon; engl.: claw [of griffin]) ist in der Heraldik eine gemeine Figur, die sich in der Darstellung von der Figur Adlerfang nicht unterscheidet (siehe dort).

Sonderformen

Fischgreif

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Fischgreif

Eine Sonderform ist der Greif mit dem Unterteil als Fischschwanz. Er heißt dann Fischgreif.

Männlicher Greif / Keythong

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Keythong

Der Kethong oder männliche Greif ist im Gegensatz zum „normalen“ Greif flügellos und manchmal gehörnt. Aus seinem Körper brechen goldene Strahlen hervor.

Greifenlöwe

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Greifenlöwe

Die Figur Greifenlöwe ähnelt dem Kethong, besitzt aber keine goldenen Spitzen oder Strahlen, die an verschiedenen Stellen aus seinem Körper hervorbrechen würden.

Greif mit Drachenattributen

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Drachengreif

Je nach Drachenattributen kann man in der Heraldik unterschiedliche „Drachengreifen“ unterscheiden. Neben dem eigentlichen Drachengreif existieren Arbarten wie zum Beispiel der Greif, den die schwedische Stadt Östergötland im Wappen führt, der die Zunge, den Schwanz und die Flügel eines Drachen besitzt.

Opinicus

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Opinicus

In der Heraldik wird der Greif auch als sogenannter Opinicus dargestellt, wobei es von letzerem mehrere Varianten gibt. Meist erscheint er mit kurzem Schwanz oder Kamelschwanz und mit vier Löwenbeinen (statt der zwei Adlerkrallen und der zwei Löwenbeine des Greifen).

Pferdegreif/Hippogryph

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Hippogryph

Der Pferdegreif/Hippogryph ist in der Heraldik gewöhnlich eine Kombination aus den Wappentieren Pegasos (Unterteil, Hinterbeine) und Greif (Oberteil, Vorderbeine). Er erscheint zuweilen aber auch wie in der bildenden Kunst als Mischwesen aus Pferd (Unterteil, Hinterbeine) und Greif (Oberteil, Vorderbeine).

Greifenschlange

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Greifenschlange

Die Greifenschlange ist im Prinzip ein Greif mit vogel- oder adlerartigen Flügeln, ohne Vorder- oder Hinterpranken, aber mit (pfeilspitzen) Schlangeschwanz (WBO Nr. 6132).

Paraheraldik

Greifen sind in der Paraheraldik gebräuchliche Motive, zum Beispiel als Logos, Schulembleme, Militär- und Sportvereinsabzeichen, et cetera.

Wappenbilderordnung

  • Der Greif wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Fabelwesen: Andere Doppeltiere und fantastische Zusammenstellungen unter der Nr. 6611 aufgenommen.

Siehe auch

Literatur

  1. Ludwig Biewer: Der Greif in der pommerschen Kommunalheraldik. In: Der Herold. Vierteljahrsschrift für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften. Neue Folge Bd. 18, 2010, Heft 4, S. 121–135.
  2. Hubert de Vries: Griffin. In: www.hubert-herald.nl. 3. Oktober 2020, abgerufen am 17. Oktober 2022 (englisch).
  3. Ralf von Retberg: Die Geschichte der deutschen Wappenbilder. Aus Ralf von Retbergs Nachlasse. 1884. Posthum in: Jahrbuch der k.k. heraldischen Gesellschaft Adler zu Wien. XIII./XIV. Jahrgang. Wien 1886/1887. Seite 10.
  4. Christiane Schillig: Himmel & Hölle. Die Malerei in der Kirche von Behrenhoff droht unterzugehen. In: Monumente. 23 Jg. Februar 2013, S. 46–50 (Online).
  5. Kirche Behrenhoff auf der Website Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern (Memento vom 14. März 2017 im Internet Archive)
  6. Tobias Kunz: Die Chorausstattung der Patronatskirche Behrenhoff bei Greifswald. Ein Beispiel früher Wandmalerei und politischer Bildinhalte in Pommern. In: Bischofsresidenz Burg Ziesar und ihre Kapelle. Dokumentation der Wandmalereien im Kontext der spätmittelalterlichen Kunst- und Kulturgeschichte der Mark Brandenburg und angrenzender Regionen. Berlin, be.bra Wissenschaft Verlag 2009, S. 274–287 ISBN 978-3-937233-54-3 (Serie: Veröffentlichungen des Museums für Brandenburgische Kirchen- und Kulturgeschichte des Mittelalters; Band 4)
  7. Eugène Viollet-le-Duc: Dictionnaire raisonné de l'architecture française du XIe au XVIe siècle 1856)
  8. 8,0 8,1 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 99. Tafel 22. Figur 15-21. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.
  9. Vinycomb, John: Fictitious and Symbolic Creatures in Art. 1906.
  10. Parker, James: Parker's Heraldry. A glossary of terms used in heraldry. 1894.
  • Johann Siebmacher (Begr.), Horst Appuhn (Hrsg.): Johann Siebmachers Wappenbuch von 1605. Orbis, München 1999, ISBN 3-572-10050-X
  • Johann Siebmachers Wappen-Buch. Faksimile-Nachdruck der 1701/05 bei Rudolph Helmers in Nürnberg erschienenen Ausgabe. Alle 6 Teile mit Anhang, Register und allen Erweiterungen bis zum Abschluss der Stammausgabe von 1772. Battenberg-Verlag, München 1975, ISBN 3-87045-098-3
  • Johann Siebmachers Wappen-Buch. Supplemente 1753 bis 1806. Faksimile-Nachdruck der von 1753 bis 1806 im Verlag der Raspischen Handlung in Nürnberg erschienenen zwölf Supplemente. Battenberg-Verlag, München 1979, ISBN 3-87045-163-7
  • Hanns Jäger-Sunstenau: General-Index zu den Siebmacherschen Wappenbüchern 1605-1967. Neuausgabe Graz 1984

Weblinks

 Commons: Greifen in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Pomersche Greif – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Kaschubisch Greif – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Fischgreif – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
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Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Greif_(Wappentier)“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 29.Mai 2010 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.