Alpenkrähe (Wappentier)
Das Wappentier Alpenkrähe (französisch crave beziehungsweise crave à bec rouge; englisch Cornish chough ‚Cornwalldohle‘[1] bzw. ‚Cornische Dohle‘, ‚Dohle aus der Grafschaft Cornwall‘, auch red-billed chough oder nur chough) ist in der Heraldik eine gemeine Figur, die bevorzugt in der Heraldik der Britischen Inseln gebräuchlich ist.
Darstellung
Die Wappenfigur Alpenkrähe ist dem Idealbild des gleichnamigen Vogels (pyrrhocorax pyrrhocorax) nachempfunden, der trotz seines Namens keine Krähe ist. Die Darstellung der Figur erfolgt heraldisch stilisiert nach den heraldischen Regeln für Vogelfiguren. Die Figur kommt im Normalfall „stehend“ mit angelegten Flügeln vor, manchmal auch wie „flugbereit“, was in der Wappenbeschreibung angezeigt werden sollte, selten oder gar nicht in einer anderen Stellung.
Wird in der Wappenbeschreibung nichts anderes gemeldet, sollte die Alpenkrähenfigur stets in Naturfarben erscheinen, das heißt, mit schwarzem Alterskleid und mit einem roten Schnabel und roten Beinen ; in der heraldischen Praxis findet man sie gelegentlich komplett in Schwarz aufgerissen (Ausnahme von der Regel).
Abgrenzung von anderen Vogelfiguren
Allgemein ist die Alpenkrähenfigur nur schwer von ähnlichen Wappentieren (Rabe, Dohle, Krähe et cetera) zu unterscheiden. Insbesondere wenn diese Wappentiere – abweichend von ihren natürlichen Vorbildern – im Wappenwesen in Schwarz mit roten Beinen und rotem Schnabel dargestellt sind (in der Natur haben Raben, Krähen, Dohlen et cetera keinen roten Schnabel und keine roten Beine). Im Wappenkulturraum der Britischen Inseln, wo nach Fox-Davies überwiegend Alpenkrähen als Wappenfiguren gebräuchlich sind,[2] reicht die Rot-Bewehrung der Alpenkrähenfigur gemeinhin aus, um sie von anderen Wappenvögeln abzugrenzen. Anders sieht das in der kontinentaleuropäisch geprägten Wappenkultur aus, wo schwarze, rotbewehre Vogelfiguren nicht zwangsläufig eine Alpenkrähe darstellen. Beispielsweise erscheint im dem redenden Wappen von Rabenseifen (Hraběšice) in Silber auf einem grünen Hügel mit einer goldenen Krone ein rotbewehrter (schwarzer) Rabe.
Keine (!) Alpenkrähe, sondern ein rotbewehrter Rabe (Hraběšice)
Welche Vogelfigur in einem Wappen erscheint, ist letzlich der Wappenbeschreibung zu entnehmen, beim Wappenstifter/-führenden anzufragen oder durch Forschungsarbeiten zu belegen (falls dies möglich ist).
Alpenkrähe im Fabelwappen von Thomas Becket
Obwohl die Entstehung und Frühzeit des Wappenwesens in die Lebenszeit des heiligen Thomas Becket (1118-1170) fällt, führte dieser nie ein Wappen. Man dichtete ihm postum und erstmals zwei Jahrhunderte später Phantasie-/Heiligenwappen an, die je nach Quelle anders erscheinen.[3] Ein berühmtes Becket-Phantasiewappen, welches vorgeblich in Silber drei natürliche Alpenkrähen (‚argent three choughs proper‘) zeigt, ist in mehreren Wappenrollen aus dem vierzehnten Jahrhundert und im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts in Stein und Glas in der Kathedrale von Canterbury nachweisbar.[4]
Im vierzehnten Jahrhundert übernahm die Stadt Canterbury das Phantasiewappen des heiligen Thomas mit den vermeintlichen Alpenkrähen und vereinigte es mit dem Löwen aus dem königlichen Wappen von England im Schildhaupt.
Alpenkrähe als Schildhalter
Alpenkrähen werden in der Heraldik auch als Schildhalter dargestellt. Beispielsweise erscheinen im Wappen des Herzogtums Cornwall zwei Alpenkrähen-Schildhalter.
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Verbreitung
Wie der englische Name vermuten lässt, ist die Alpenkrähenfigur bevorzugt im Cornischen Wappenwesen zu finden. Nach John Henry Parker begann die Verbreitung der Alpenkrähefigur über Cornwall hinaus auf andere Familien der Britischen Inseln mit dem Garter Principal King of Arms Christopher Barker. Barker verlieh etliche Wappen mit Alpenkrähenfiguren, auch wenn keine Verbindungen zu Cornwall bestanden. Nach der Einschätzung von Fox-Davies gibt es im Wappenkulturraum der Britischen Inseln allgemein mehr Alpenkrähenfiguren in Wappen, als Krähen- und Rabenfiguren.[2]
Symbolik
Die Alpenkrähe ist ein Symbol von Cornwall und steht sinnbildlich für den heiligen Thomas Becket.
Wappenbilderordnung
Beim Verfassen des Beitrags ist nicht bekannt, ob die Figur Alpenkrähe in die aktuelle Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) aufgenommen wurde. In der Wappenbilderordnung (1990-1996) wird sie nicht erwähnt.[10]
Weblinks
- Commons: Alpenkrähen in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
- ↑ Herwig Brätz: Das Labyrinth von Tribsees. (Digitalisat; Erstellt: 1. August 2017. Abgerufen: 19. Mai 2022)
- ↑ 2,0 2,1 Arthur Charles Fox-Davies: A Complete Guide to Heraldry. Avenel, NJ: Gramercy Books. 1909/1978. S. 251. ISBN 0-517-26643-1 (Wikisource: A Complete Guide to Heraldry. Kapitel 14. Birds.; Free Download & Streaming: Internet Archive. Abgerufen am 31. Juli 2015. )
- ↑ Paul A. Fox: A Lost Canterbury Tale: A History of the Canterbury Cloister, Constructed 1408-14, with Some Account of the Donors and their Coats of Arms. Oxford, 2020. S. 124-125. (Google)
- ↑ Cecil Humphery-Smith: Heraldry and the Martyrdom of Archbishop Thomas Becket. 2020, abgerufen am 19. Mai 2022 (englisch, der ursprüngliche Vortrag zu diesem Thema wurde am 4. März 1970 vor der Heraldry Society in London gehalten.).
- ↑ 5,0 5,1 Briggs, Geoffrey: Civic and Corporate Heraldry. 1971. S. 122.
- ↑ Charles Boutell, John Philip Brooke-Little: Boutell's heraldry. F. Warne, 1978, ISBN 978-0-7232-2096-1, S. 219 (google.com).
- ↑ Royal Institution of Cornwall: Journal of the Royal Institution of Cornwall. Workers of Cornwall Limited, 1915, S. 115 (google.com).
- ↑ Edward, the Black Prince of Wales (1330-1376) [English History: Hundred Years' War]. Luminarium.org, abgerufen am 31. Juli 2015.
- ↑ Seeing Symbols: The origins of the Duchy Originals' logo. Mrssymbols.blogspot.com, abgerufen am 31. Juli 2015.
- ↑ Vgl. Jürgen Arndt und Werner Seeger (Bearbeiter): Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo. Zit.: WBO - General-Index. Hrsg.: Herold, Verein für Heraldik Genealogie und verwandte Wissenschaften (= J. Siebmachers Großes Wappenbuch. B). Band II. Bauer & Raspe, Inh. Manfred Dreiss, Neustadt an der Aisch 1990, ISBN 3-87947-100-2 (393 S., zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner; Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890).