Vögel (Hauptgruppe)

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Der gebräuchlichste Wappenvogel ist der Adler (hier: Wappen Römisch-deutscher Kaiser, c.1200-c.1300).

Vögel (auch vogelartige Fabelwesen) werden (heraldisch stilisiert) als Wappentiere beziehungsweise Wappenfiguren verwendet. Sie erscheinen im Wappenwesen sowohl als vollständige Figur als auch in Teilen, sowohl als Schildfigur, als auch als Schildhalter oder als Bestandteil der Helmzier.

Darstellung

In der neueren Heraldik erscheinen in der Gruppe der Wappenvögel praktisch alle Vögel des natürlichen Tierreiches und viele traditionelle „vogelartige“ Geschöpfe, Ungeheuer, Fabeltiere und so weiter, sowohl in ganzer Gestalt als auch in Form von Körperteilen, Verstümmelungen, Abnormitäten.

„(Vögel) erscheinen in ganzer Gestalt, wachsend oder nur in Teilen, besonders Kopf, Flügel und Federn.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[1]

In einem engeren, eher heraldisch-traditionellen Sinn zählen zu den Wappenvögel nur diejenigen Vogelfiguren, die in der Früh-/Blütezeit des europäischen Wappenwesens (ca. 11. bis 15. Jahrhundert) auf einem Schild als Wappenmotiv denkbar gewesen wären. Nach dieser Auffassung gelten beispielsweise Pinguine, die erst gegen Ende des 15. und mit Beginn des 16. Jahrhunderts durch die Erkundungsfahrten der portugiesischen Seefahrer unter Vasco da GamaW-Logo.png und Ferdinand MagellanW-Logo.png in Europa bekannt wurden, als unheraldisch; in einem weiteren heraldisch-neueren Sinn zählen Pinguine dagegen zu den Wappenfiguren, weil sie mittlerweile in einigen Wappen geführt werden (zum Beispiel als Schildhalter im Wappen von Edmund HillaryW-Logo.png).

Unbestimmter Wappenvogel

Ein Wappenvogel gilt als unbestimmt, wenn er lediglich mit einem Oberbegriff wie „(gemeiner) Vogel“ beschrieben wird. Dies kommt unter anderem vor, wenn man bei einem historischen Wappen nicht erkennen kann, um welche Vogelfigur es sich handelt.

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Heraldik-Wiki-These
Unbestimmter Vogel im Wappen des Berthold von Markdorf (nach Zürcher Wappenrolle, Nr. 423)
Unbestimmter Vogel im Wappen des Berthold von Markdorf

Ein „unbestimmter Vogel“ findet sich beispielsweise im Wappen des Berthold von MarkdorfW-Logo.png. Es wird in der Zürcher Wappenrolle aus dem 14. Jahrhundert gezeigt (Nr. 413). Die Heraldiker Runge, Clemmensen und andere Autoren konnten bislang das Wappen „nicht identifizieren“. Sie entziffern die schwer lesbare Legende zum Wappen mit der Vogelfigur nicht genau genug. Statt Berdolle von martdorf lesen sie: der dolle von martdorf. In Anbetracht der Tatsache, dass schon zwei Wappen der Herren von Markdorf überliefert sind (nämlich einerseits ein stehender roter Löwe in Silber, das ist die Nr. 186 in der Zürcher Wappenrolle und andererseits in Gold ein achtspeichiges rotes Rad ohne Felgen), dachte man womöglich, dass noch ein drittes Wappenbild im Zusammenhang mit einem Herrn von Markdorf nicht sehr wahrscheinlich ist. Wie dem auch sei. Runge verleitet der fehlgedeutete Ausdruck dolle zu der Bemerkung, dass er nicht zu entscheiden wagt, ob es sich bei der Vogelfigur im Wappen um eine „weiße Dohle“ handele.[2][3] Seyler und andere hielten die Vogelfigur für einen Kranich oder einen Storch,[4] was zwar denkbar ist, obwohl diese Vogelarten in Wappen gewöhnlich gut erkennbar sind und sich mehr oder weniger deutlich von vorliegenden Figur unterscheiden. Dem flüchtigen Augenschein nach scheint das Motiv eher eine Art Möwe darzustellen, doch bleibt es letztlich offen und unklar, welchem Vogel die Figur nachempfunden ist. Solange keine weitere Quellen oder eine schlüssige Namensherleitung etwas anderes belegen, sollte man die Figur als „Vogel unbestimmter Art“ beschreiben, wie es der Heraldiker Théodore de Renesse 1894 in seinem Werk Dictionnaire des figures héraldiques vorgemacht hat.[5]
– Andreas Janka (2021)

Bestimmter Wappenvogel

Ein bestimmter Wappenvogel wird in Wappenbeschreibungen mit einem gebräuchlichen Vogelnamen oder zumindest mit dem Namen einer Vogelart beschrieben (zum Beispiel „Adler“, „Hahn“, „Reiher“). Für die gemeldeten Vögeln gelten die allgemeinen heraldischen Regeln: Sie sind stilisiert darzustellen, wobei unterscheidende Merkmale besonders hervorzuheben sind, so dass der entsprechende Wappenvogel wiedererkennbar ist.

Eine Reihe von bestimmten Vögeln besitzen besondere Attribute, deren Fehlen gegebenenfalls zu melden ist. Beispielsweise ist dem Kranich grundsätzlich ein Stein bzw. eine Kugel beigegeben, dem Strauß ein Hufeisen[1]

Heraldische Gliederung

Die Wappenvögel werden in den Wappenbilderordnungen gewöhnlich in unterschiedlichen Gruppen zusammengefaßt, wobei die vogelartigen Fabelwesen meist nicht oder nur ausnahmsweise in diesen Gruppen erwähnt sind.

WBO
(4000-4999)
Mitglieder u. a.
4000-4001 Vogel, unbestimmt
4002-4149
4150-4899
4900-4999
--

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S. 410
  2. Heinrich Runge: Die Wappenrolle von Zürich. Ein heraldisches Denkmal des 14. Jahrhunderts. Antiquarische Gesellschaft in Zürich (Hrdsg.). Zürich, 1860. S. 15. Zitat:
    • „Ob (..) der Vogel bei Dolle von Martdorf No. 413 trotz der weissen Tinktur eine Dohle (.. bezeichnen) soll, wagen wir nicht zu entscheiden.“
  3. Steen Clemmensen: The Zürich armorial. (Wappenrolle von Zürich). Farum, 2009. S. 80, Nr. 413.
  4. Seyler, Gustav Adelbert: Geschichte der Heraldik. Wappenwesen, Wappenkunst, Wappenwissenschaft. In: J. Siebmachers großes Wappenbuch. Band A. Repgrografischer Nachdruck der Ausgabe Nürnberg 1885-1889 (1890). Neustadt an der Aisch. 1970. S. 175 (Google)
  5. Théodore de Renesse: Dictionnaire des figures héraldiques. Brüssel, 1894. Tafel IV. Figur 10. (Google)