Mannslöwe
Der Mannslöwe (auch Mannlöwe, „Löwe mit Mannskopf“, „oberer Teil Mann, unterer Teil Löwe“ oder mißverständlich Löwenmann genannt; französisch lion á tête d'homme; englisch lion with man's head, man-lion) ist in der Heraldik eine seltene gemeine Figur.
Geschichte
Der Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung von Mannlöwenfiguren im Wappenwesen ist Stand 2024 unklar. Die Ursprünge der fiktiven Wappenfigur gleichwie mögliche Gründe für ihre Verwendung in Wappen sind nicht hinreichend erforscht. Auch die Beziehungen zu anderen Löwen-Mensch-Mischwesen („Löwenmann“, „Satyral“, „Mantikor“ etc.) sind sowohl innerhalb als auch außerhalb der Heraldik derzeit wissenschaftlich nicht adäquat aufgeklärt. Unter Berücksichtigung der historischen Quellen lässt sich die fiktive Wappenfigur spätestens seit dem 15. Jahrhundert vermehrt im Wappenwesen nachweisen.
Mannlöwe im Wappen derer von Funk
Nach Siebmacher erlaubte Hans von den Brüdern, Bürger zu Hall, am 22. Mai 1384 dem Gmünder Endres Funk das Führen eines Wappens, in welchem ein „Mannslöwe“ dargestellt wird („in Silber eine schwarzer Löwe mit mit gekröntem goldenen Menschenkopf, der rechte Vorder- und der linke Hinterfuss golden; auf dem Helm »das Tier« wachsend; Decken: schwarz-golden“)[1].
Historische Aufrisse des Wappens derer von Funk | ||
Darstellung
Grundsätzlich wird der Mannslöwe als Mischwesen aus Mann und Löwe dargestellt. Die Mischung der Körperteile variieren je nach Wappenaufriss.
- Teilweise befinden sich nur der Kopf und evtl. der Hals eines Mannes auf einem Löwenkörper;
- teilweise besteht der Mannanteil des Mischwesens vom Mannkopf abwärts bis zum nackten Brust. Er geht im Extremfall aber bis hinunter zum Bauchnabel und evtl. sogar noch kurz darunter.
Der Unterkörper wird sets als Löwe dargestellt. Unabhängig von den Körperanteilen besitzt der Mannslöwe vier Löwenglieder/-pranken. Gewöhnlich steht er aufrecht auf den Hinterbeinen und streckt eine Vordertatze nach oben, eine nach unten oder geradeaus. Die Figur kommt aber auch schreitend oder in anderen Körperstellungen vor. Der Mannslöwe besitzt normalerweise einen Löwenschwanz und erscheint ohne Hörner und ohne Kopfbedeckung. Besondere Attribute sind zu melden.
„Mannslöwe (Tafel XXI. Figur 37.): Löwe mit rechtssehendem bärtigen Mannskopf.“
„Mannlöwe: schreitend; golden auf grünem Dreiberg in schwarz: Götschler, Salzburg (637)“
1548: Aufrechter Löwe mit haarlosem Männerkopf (Brutzernnky oder ähnlich; nach Vigil Raber)
1861: Schreitender widersehender Mannlöwe
(Familienwappen Götschler, nach Otto Titan von Hefner)1909: man-lion („Mann-Löwe“) (nach Arthur Charles Fox-Davies)
Varianten
Es gibt einige Varianten des Mannslöwen, die in ihrer Darstellung weder in der bildenden Kunst noch in der Heraldik einheitlich sind. Um Verwechslungen zu vermeiden, ist es ratsam, in der Wappenbeschreibung gegebenenfalls nicht nur die Mannslöwen-Variante, sondern auch die besonderen Attribute des jeweiligen Wappenwesens exakt zu nennen (Schwanz mit Skorpionstachel, langer Hals, kleine Hörner, Keilerstoßzähne et cetera).
Satyral
Satyral (auch „Manntiger“ genannt; englisch satyral, man-tyger, mantiger, montegre oder manticora) nennt sich in der englischen Heraldik ein „Mannslöwe“ mit einem männlichen, meist bärtigen Greisenkopf mit den Hörnern einer Antilope.
1906: Mantygr-Satyral (nach John Vinycomb)
Mantikor
Mantikor ist ein Fabelwesen, dessen Erscheinung je nach Quelle sehr unterschiedlich beschrieben wird (meist als Mischwesen aus Löwenkörper, mit langem Hals und einem menschlichen Gesicht und mit Skorpionschwanz).
Wappenbilderordnung
- Das Phantasiewesen „Mannslöwe“ wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) unter der Nr. 6751 aufgenommen.
Siehe auch
Literatur
- Carl Alexander von Volborth: Fabelwesen der Heraldik. in Familien- und Städtwappen. Belser AG für Verlagsgeschäfte & Co. KG, Stuttgart, Zürich 1996, ISBN 3-7630-2329-1.
Einzelnachweise
- ↑ Familie Funk: J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, VI. Band, 1. Abteilung, 1. Teil; Abgestorbener Bayrischer Adel; Verfasser: G.A. Seyler; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1884. S. 70. Tafel 69.
- ↑ Quelle: J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie ( M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889 - Menschen und Deren Körpertheile - Weibslöwe)
- ↑ Hefner, Otto Titan von: Handbuch der theoretischen und praktischen Heraldik. Weißenburg, Nordgau. 1861. S. 91. Tafel XVIII. Nummer 637