Lammlöwe

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In der Frühzeit des Wappenwesens ist eine spezielle Wappenfigur, die eigens zur Darstellung eines Lammlöwen verwendet wird, nicht gebräuchlich.
Lammlöwe

16. Jhr.: „Lammlöwe“ im Wappenschild des Wappens von David JorisW-Logo.png
(Aufriss Roderich von Haken, 1910; koloriert 2024)

Der Lammlöwe (auch „Lamm-Löwe“, „oberer Teil Lamm, unterer Teil Löwe“, als Variante „Löwe mit Lammkopf“ sowie irreführend „Löwenlamm“ oder ähnlich genannt; englisch lion the upper half in form of a lamb, lamb-headed lion oder ähnlich) ist in der Heraldik eine seltene gemeine Figur.

Darstellung

alternative Beschreibung
1550: Wappenschild von David Joris (nach einem Ölgemälde von einem unbekannten Künstler)

Die Figur des Lammlöwen ist einem Mischwesen (Chimäre) nachempfunden, welches sich aus dem Vorderteil eines Lammes, also dem Oberkörper mit Kopf und zwei Beinen (als Variante, die ausdrücklich in einer Wappenbeschreibung zu melden ist, nur mit Lammkopf) sowie dem Hinterteil eines Löwen zusammensetzt. Das Motiv ist für die Frühzeit der Heraldik nicht überliefert, erscheint jedoch spätestens im 16. Jahrhundert als „angedichtete“ oder wirklich geführte Wappenfigur.

Beispielsweise existieren historische Abbildungen, die eine entsprechende Figur im Wappenschild des Glasmalers David JorisW-Logo.png zeigen, der eine führende Person der TäuferbewgungW-Logo.png war. Im Jahre 1910 beschreibt der Wappenkünstler Roderich von Haken das Joris-Wappen folgendermaßen:

„David Joris genannt Johann von Brügge (*1502 +1556) führte ein ganz besonders merkwürdiges Wappen: Im r(oten) Schild ein Untier, dessen Vorderteil einem silb(ernem) Lamm, der Hinterkörper einem g(oldenen) Löwen entnommen ist, bepackt mit s(ilbernem) Ballen auf rotem Sattel mit b(lauer) Schabracke und schw(arzen) Brust- und Bauchgurten; vor oder zwischen den Hinterpranken liegt schräg ein b(lauer) Reichsapfel. Goldener Helm mit g(olden) r(oten) Pausch und Decken mit g(olden) und r(otem) Flug. – [Freundl(iche) Mitteilung des Herrn A. Vorsterman van Oyen, Rijswyk, Holl(and)]“

Da die Figur des Lammlöwens selten ist, gibt es für sie keine expliziten heraldischen Vorgaben für sie, abgesehen von denen, die für die Wappentiere Lamm beziehungsweise Löwe allgemein gelten. Die Farbgebung des Motivs, die Bewehrung, die Körperhaltung und so weiter erfolgen nach den heraldischen Regeln.

Abgrenzung („Lammlöwe“ versus „Löwenlamm“)

Die Ausdrücke „Lammlöwe“ und „Löwenlamm“ (oder ähnlich) sind nicht Teil einer wohldefinierten heraldischen Terminologie, sondern sind einem pragmatischen Sprachgebrauch im Umgang mit dieser besonderen Wappenfigur geschuldet. In Wappenbeschreibungen sollte man die Figuren gemeinhin genauer blasonieren (zum Beispiel: „die obere Hälfte eines Lamms, die untere eines Löwen“). Folgt man einigen historischen Benennungen für seltene Wappenfiguren, kann man die beiden phantastischen Wappentiere vageW-Logo.png und ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit oder Konsistenz beispielsweise folgendermaßen voneinander abgrenzen:

  • Der Lammlöwe besitzt einen Lammkopf/Lammoberkörper mit Löwenunterkörper und unterscheidet sich vom Löwenlamm, der sich genau andersherum aus einem Löwenkopf/Löwenoberkörper mit Lammunterkörper zusammensetzt.

Wappenbilderordnung

Beim Verfassen des Beitrags ist nicht bekannt, ob die Figur Lammlöwe in die aktuelle Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) aufgenommen wurde. In der Wappenbilderordnung (1990-1996) ist sie nicht gelistet.[2]

Einzelnachweise

  1. Roderich von Haken: Wappen Joris. In: Lorenz Max Rheude: Heraldica curiosa. Eine Sammlung absonderlicher Wappenbilder. Papiermühle (Sachsen-Altenburg) 1910. S. 74-75. (Google)
  2. Vgl. Jürgen Arndt und Werner Seeger (Bearbeiter): Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo. Zit.: WBO - General-Index. Hrsg.: Herold, Verein für Heraldik Genealogie und verwandte Wissenschaften (= J. Siebmachers Großes Wappenbuch. B). Band II. Bauer & Raspe, Inh. Manfred Dreiss, Neustadt an der Aisch 1990, ISBN 3-87947-100-2 (393 S., zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner; Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890).